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Multiple Sklerose

Letzte Aktualisierung: 18.11.2024

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Die Multiple Sklerose (Encephalomyelitis disseminata) ist die häufigste autoimmun vermittelte chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems. Kennzeichnend sind im Gewebe verteilte (örtlich disseminierte) herdförmige ZNS-Läsionen, die primär durch Demyelinisierung von Nervenfasern und durch sekundäre axonale Schäden entstehen. Die genaue Ursache der Erkrankung ist unbekannt. Je nach Lage der Läsionen sind vielfältige neurologische Symptome möglich. Häufige Erstsymptome sind Sehstörungen infolge einer Optikusneuritis sowie Sensibilitätsstörungen. Man unterscheidet schubförmige von progredienten Verlaufsformen, die beide durch eine Zunahme von Läsionen im Verlauf gekennzeichnet sind (zeitliche Dissemination). Am häufigsten ist die schubförmig-remittierende Multiple Sklerose, bei der neurologische Defizite schubweise auftreten und sich jeweils vollständig oder unvollständig zurückbilden. Diese Form kann in eine sekundär chronisch-progrediente Verlaufsform übergehen. Daneben gibt es auch eine primär progrediente Verlaufsform ohne zwischenzeitliche Remissionen. Mit der Zeit kommt es häufig zur Akkumulation dauerhafter Behinderungen. Die Diagnose wird bei entsprechender Symptomatik und Dynamik insb. über den MRT-Nachweis der Läsionen in Gehirn und Rückenmark sowie passende Laborbefunde gestellt. Akute Erkrankungsschübe werden mit hochdosierten Glucocorticoiden behandelt. Zur verlaufsmodifizierenden Therapie der Multiplen Sklerose sind zahlreiche immunsuppressive und immunmodulatorische Wirkstoffe zugelassen. Eine kurative Therapie existiert bisher nicht.

Du möchtest diesen Artikel lieber hören als lesen? Wir haben ihn für dich im Rahmen unserer studentischen AMBOSS-Audio-Reihe vertont. Den Link findest du am Kapitelende in der Sektion „Tipps & Links“.

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Epidemiologietoggle arrow icon

  • Verbreitung
    • Weltweit etwa 2,5 Millionen Erkrankte, Verteilung regional unterschiedlich [1]
    • Insb. gemäßigte Breiten der nördlichen und südlichen Hemisphäre, dabei insb. bei Europäer:innen bzw. deren Nachfahren
    • In Deutschland etwa 280.000 Erkrankte (Stand 2019) [2]
    • Deutliche Zunahme der Krankheitsprävalenz in den letzten Jahren
  • Prävalenz: 0,34% (Stand 2019) [2]
  • Geschlecht: > (2–3:1) bei RRMS [2]
  • Manifestationsalter: Häufigkeitsgipfel um 30. Lebensjahr (RRMS), selten auch im Kindesalter oder nach dem 55. Lebensjahr auftretend
    • PPMS: Häufigkeitsgipfel später (um 40. Lebensjahr)

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

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Definitionen und Verlaufsformentoggle arrow icon

Definitionen

  • Schub: Neu aufgetretene oder sich deutlich verschlechternde Symptome einer Multiplen Sklerose, die
    • Mind. 24 Stunden bestehen
    • Mind. 30 Tage nach Beginn eines vorherigen Schubes auftreten
    • Nicht im Rahmen einer Infektion oder erhöhter Körpertemperatur auftreten
  • Uhthoff-Phänomen („Pseudoschub“): Passagere Verschlechterung der Symptomatik im Zusammenhang mit erhöhter Körpertemperatur (etwa bei Fieber, körperlicher Anstrengung, heißen Bädern oder heißem Wetter)
  • Radiologisch isoliertes Syndrom (RIS): Läsionen im MRT einer asymptomatischen Person, die mit jenen einer Multiplen Sklerose vereinbar sind [2][3]

Verlaufsformen bzw. Phänotypen

  • Klinisch isoliertes Syndrom (KIS, englisch CIS): Erste klinische Manifestation einer möglichen Multiplen Sklerose (typische Symptome eines MS-Schubs wie Sensibilitäts- oder Gangstörung, einseitige Optikusneuritis), bei der nur das Diagnosekriterium der räumlichen Dissemination und nicht das Kriterium der zeitlichen Dissemination erfüllt ist
Multiple Sklerose - Klinische Verlaufsformen
MS-Verlaufsform Charakteristika Häufigkeit bei Erstdiagnose
Schubförmig remittierende MS (RRMS ) Auftreten neurologischer Defizite im Rahmen von Schüben, die sich vollständig oder unvollständig zurückbilden, zwischen den Schüben keine Behinderungszunahme

80% [2][4]

Sekundär progrediente MS (SPMS )

Progrediente Behinderungszunahme (mit oder ohne aufgesetzten Schüben) nach vorherigem schubförmigen Verlauf

15% [2]
Primär progrediente MS (PPMS ) Progrediente Behinderungszunahme seit Krankheitsbeginn (kein vorheriger schubförmiger Verlauf) [5] 5% [2]

Krankheitsaktivität schubförmiger Verlaufsformen

Krankheitsaktivität schubförmiger Verlaufsformen [2][6]
Wahrscheinlich (hoch‑)aktive MS bei Diagnosestellung (Hoch‑)aktive MS unter Therapie
Voraussetzungen
  • Therapienaive Patient:innen
  • Mind. 1 Kriterium ist erfüllt
  • 6 Monate nach Beginn der verlaufsmodifizierenden Therapie
  • Mind. 1 Kriterium ist erfüllt
Kriterien
  • Schub, der trotz Ausschöpfen der Schubtherapie zu einem schweren alltagsrelevanten Defizit geführt hat
  • Schlechte Erholung von den ersten 2 Schüben
  • Hohe Schubfrequenz
  • EDSS ≥3,0 im 1. Krankheitsjahr
  • Pyramidenbahnbeteiligung im 1. Krankheitsjahr
  • ≥2 kontrastmittelaufnehmende Läsionen und hohe T2-Läsionslast mit besonderer Gewichtung spinaler oder infratentorieller Läsionen in der MRT bei Diagnosestellung
  • Mind. 1 klinisch eindeutig objektivierbarer Schub
  • Klinisch/Zusatzdiagnostisch nicht eindeutiger Schub und ≥1 neue MS-typische Läsion in der MRT
  • Deutliche Zunahme der T2-Läsionslast in der MRT
  • Zu mind. 2 Zeitpunkten innerhalb von etwa 2 Jahren ≥1 neue MS-typische Läsion in der MRT

Konzentrische Sklerose Baló (Syn.: Encephalitis periaxialis concentrica, Morbus Baló) [7]

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Ätiologietoggle arrow icon

  • Die Ursache der Multiplen Sklerose ist noch nicht genau geklärt
  • Weitere Risikofaktoren: Genetische Prädisposition und Umweltfaktoren
    • Genetische Prädisposition
      • Familiäre Häufung und erhöhtes Erkrankungsrisiko für Familienmitglieder von Betroffenen
      • Erkrankungsrisiko assoziiert mit verschiedenen Genorten, u.a. Allelen des humanen Leukozytenantigen-Systems (HLA-System)
    • Mögliche weitere Umweltfaktoren
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Pathophysiologietoggle arrow icon

Trotz intensiver Forschung sind wesentliche Aspekte der Pathogenese und Pathophysiologie der Multiplen Sklerose noch ungeklärt. Die MS wird als Autoimmunerkrankung angesehen. Es kommt zur Entstehung von ZNS-Läsionen, die klinische Ausfallerscheinungen zur Folge haben.

  • Wesentliches Merkmal: ZNS-Invasion autoreaktiver, peripherer T-Lymphozyten, wobei die Ursache der Autoreaktivität unbekannt ist
  • MS-Läsion: Ort im ZNS, an dem es zur herdförmigen entzündlichen Schädigung (Inflammation), zum Verlust der neuronalen Myelinscheiden (Demyelinisierung) und zur axonalen und neuronalen Schädigung (Neurodegeneration) kommt
    • Betroffen sind insb. die weiße, aber auch die graue Substanz, je nach Lokalisation kommt es bei größeren Läsionen infolge einer gestörten Erregungsleitung zu unterschiedlichen Symptomen, die das variable Bild der MS prägen
    • Läsion ist geprägt von (begrenzter) Remyelinisierung und reaktiver Proliferation von Astrozyten, die zur gliösen Vernarbung führt (namensgebend für „Sklerose“)
    • Prädilektionsstellen für Läsionen
  • Im Verlauf
    • Statt fokalen entzündlichen Läsionen (mit klinischen Schüben) prägt fortschreitende diffuse Entzündungsaktivität die Erkrankung
    • Auch unabhängig von Demyelinisierung kommt es zu axonaler Schädigung, ZNS-Atrophie sowie klinisch zur Behinderungszunahme

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Symptomatiktoggle arrow icon

Die Multiple Sklerose geht mit individuell unterschiedlichen Verläufen und einer ausgeprägten heterogenen Symptomatik (je nach Ort der Läsion/Läsionen) einher.

Verlauf

Häufige MS-Symptome

Eine Optikusneuritis ist ein häufiges Frühsymptom der Multiplen Sklerose, kann aber auch andere Ursachen haben!

Retrobulbärneuritis: „Patient sieht nichts“ (Zentralskotom) „… und Arzt sieht auch nichts.“ (unauffällige Ophthalmoskopie)

Seltene Symptome

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Diagnostiktoggle arrow icon

Diagnostische Prinzipien

  1. Klinische Verdachtsdiagnose einer chronisch-entzündlichen ZNS-Erkrankung bei Hinweisen aus der Anamnese und/oder passenden neurologischen Untersuchungsbefunden
  2. Nachweis entzündlicher ZNS-Läsionen mit zeitlicher und örtlicher Dissemination („Streuung“) mittels genauer Anamnese, MRT- und Liquordiagnostik anhand der McDonald-Kriterien
  3. Ausschluss von Differenzialdiagnosen insb. anhand der MRT und mittels Labordiagnostik

Die MS ist eine Ausschlussdiagnose! Sie darf nur gestellt werden, wenn keine andere Ursache die Befunde besser erklären kann! [2]
Die MS ist keine klinische Diagnose, die durch paraklinische Befunde untermauert wird, sondern eine Diagnose, die i.d.R. von einem klinischen Verdacht ausgeht, aber nur anhand paraklinischer Befunde gestellt werden kann!

Anamnese

  • Zeitliche Dynamik der Beschwerden: Beginn, Dauer und Verlauf der Beschwerden?
  • Hinweise auf zurückliegende Schübe: Episoden mit Seh-, Sensibilitäts-, Koordinations-, Blasenstörungen und Paresen?
  • Familienanamnese: Chronisch-entzündliche ZNS- oder rheumatologische Erkrankungen in der Verwandtschaft?

Neurologische Untersuchung

Aufgrund der örtlichen Dissemination der ZNS-Läsionen kann die Multiple Sklerose ein sehr variables klinisches Erscheinungsbild haben, wenngleich einige Befunde vergleichsweise häufiger vorkommen.

Beim V.a. eine chronisch-entzündliche ZNS-Erkrankung ist eine vollständige neurologische Untersuchung unerlässlich, um die geschilderten zentralen neurologischen Defizite zu objektivieren!

MRT [2]

  • Verfahren: Kranielle und spinale MRT
  • Indikation
    • Erstdiagnose
    • Als regelmäßige Verlaufskontrolle
    • Änderungen der Krankheitsdynamik
    • Aus therapiespezifischer Indikation
  • Sequenzen
    • Kranielle MRT: FLAIR (axial und sagittal), T2 (axial), T1 (vor und nach Kontrastmittel), Schichtdicke max. 3 mm
    • Spinale MRT: T2 (axial und sagittal), T1 (sagittal vor und nach Kontrastmittel), Schichtdicke max. 3 mm sagittal bzw. 5 mm axial
  • Befund: Multilokuläre Läsionen
  • Lokalisation
    • Weiße und graue Substanz
    • Supra- und infratentoriell, spinal
    • Bevorzugt im periventrikulären Marklager, Balken, juxtakortikal
    • Perivenös: Läsion wird von Vene durchzogen (in SWI-Sequenz darstellbar)
  • Morphologie
    • Ovale oder rundliche Läsionen
    • Relativ scharf begrenzt, im späteren Verlauf konfluierend
    • Dawson Fingers: Radiologisches Erscheinungsbild „fingerförmig“ in Richtung periventrikuläres Marklager verlaufender Balkenläsionen, typisch für MS
    • T1: Läsionen iso- oder leicht hypointens
      • Im Verlauf häufig deutlich hypointens („black holes“): Ausdruck einer fortgeschrittenen, prognostisch ungünstigen Gewebedestruktion
    • T1 mit KM: Akute Läsionen hyperintens (Gadolinium-Aufnahme als Ausdruck der Schrankenstörung)
    • T2 und FLAIR: Läsionen hyperintens (hohe Sensitivität, geringe Spezifität)
      • FLAIR: Ist der T2-Wichtung bei der Detektion ventrikel- oder kortexnaher Läsionen überlegen

McDonald-MRT-Kriterien (2017) [9]

  • Örtliche Dissemination
    • Mind. eine T2-hyperintense Läsion in mind. zwei von vier MS-typischen Regionen (periventrikulär, kortikal bzw. juxtakortikal, infratentoriell, spinal)
  • Zeitliche Dissemination
    • MRT mit gleichzeitigem Nachweis von Gadolinium-anreichernden und nicht-anreichernden Läsionen oder
    • Verlaufs-MRT mit einer neuen T2- und/oder Gadolinium-anreichernden Läsion

MAGNIMS-Konsensus-Kriterien (2016, Auszug) [10]

  • Anpassung der McDonald-Kriterien (Version von 2010) im Hinblick auf die örtliche Dissemination (Auszug)
    • Nervus opticus wird als fünfte MS-typische Region definiert
    • Mind. drei periventrikuläre Läsionen (statt einer Läsion)
    • Erweiterung der juxtakortikalen Region auf kortikal-juxtakortikal (in McDonald-Kriterien 2017 berücksichtigt)
    • Berücksichtigung symptomatischer infratentorieller bzw. spinaler Läsionen (in McDonald-Kriterien 2017 berücksichtigt)

Liquordiagnostik

Blut- und Urindiagnostik

Die Blut- und Urindiagnostik dient nicht direkt der Diagnosestellung einer MS, sondern vielmehr dem Ausschluss (oder der Bestätigung) von Differenzialdiagnosen der MS. Laut aktueller DGN-Leitlinie werden diese Untersuchungen – mit Ausnahme von Borrelien-Serologie und TPHA – nur noch bei konkretem klinischen V.a. eine Differenzialdiagnose empfohlen. Aus Sicht der AMBOSS-Redaktion lässt sich dies nicht zwanglos in Einklang bringen mit der Aussage in derselben Leitlinie, dass es sich bei der MS um eine Ausschlussdiagnose handele. [2]

Neurophysiologische Diagnostik

McDonald-Kriterien (revidierte Fassung von 2017) [9]

Die McDonald-Kriterien ermöglichen nach Ausschluss von Differenzialdiagnosen (mittels Bildgebung, Labor- und Liquordiagnostik) die Diagnosestellung der Multiplen Sklerose.

Definitionen

  • Kriterien der örtlichen Dissemination (Entwicklung von MS-Läsionen in unterschiedlichen ZNS-Regionen)
    • Im MRT: Mind. eine T2-hyperintense Läsion an mind. 2 MS-typischen Lokalisationen (periventrikulär, kortikal bzw. juxtakortikal, infratentoriell, spinal) oder
    • Klinisch: Zweiter Schub, eine andere Lokalisation betreffend
  • Kriterien der zeitlichen Dissemination (Entwicklung von MS-Läsionen im zeitlichen Verlauf)
    • Im MRT
      • Gleichzeitiger Nachweis von Gadolinium-anreichernden und nicht-anreichernden Läsionen oder
      • Verlaufs-MRT mit einer neuen T2-hyperintensen und/oder Gadolinium-anreichernden Läsion oder
    • Klinisch: Zweiter Schub

McDonald-Kriterien der schubförmig-remittierenden MS

McDonald-Kriterien der schubförmig-remittierenden MS
Schübe Klinisch objektivierbare Läsion(en) Erforderliche Zusatzbefunde
≥2 ≥2
  • Keine
1
  • Nachweis der örtlichen Dissemination durch entweder
    • Mind. eine T2-hyperintense Läsion in mind. zwei von vier MS-typischen Regionen (periventrikulär, kortikal bzw. juxtakortikal, infratentoriell, spinal) oder
    • Schub eine andere Lokalisation betreffend
1 ≥2
1
  • Nachweis der örtlichen Dissemination durch entweder
    • Mind. eine T2-hyperintense Läsion in mind. zwei von vier MS-typischen Regionen (periventrikulär, kortikal bzw. juxtakortikal, infratentoriell, spinal) oder
    • Schub eine andere Lokalisation betreffend
  • UND Nachweis der zeitlichen Dissemination durch entweder
    • MRT mit gleichzeitigem Nachweis von Gadolinium-anreichernden und nicht-anreichernden Läsionen bzw. Verlaufs-MRT mit einer neuen T2- und/oder Gadolinium-anreichernden Läsion oder
    • Zweiter Schub

McDonald-Kriterien der primär progredienten MS

  • Klinische Progression >1 Jahr (retrospektiv oder prospektiv) plus
  • 2 von 3 weiteren Kriterien
    • Nachweis der örtlichen zerebralen Dissemination: ≥1 zerebrale T2-hyperintense Läsion(en) in mind. einem der folgenden Areale
      • Infratentoriell
      • Kortikal bzw. juxtakortikal
      • Periventrikulär
    • Nachweis der örtlichen spinalen Dissemination: ≥2 spinale T2-hyperintense Läsionen
    • Positiver Liquorbefund: Nachweis liquorspezifischer oligoklonaler Banden

Durch die revidierten McDonald-Kriterien ist die Diagnosestellung (und damit ggf. auch der Therapiebeginn!) einer MS nun früher möglich als zuvor. Diese erhöhte Sensitivität geht aber zu Lasten der Spezifität, sodass dem Ausschluss von Differenzialdiagnosen eine besonders große Bedeutung zukommt! [2]

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Klinische Scoring-Instrumentetoggle arrow icon

Expanded Disability Status Scale (EDSS) [12]

  • Erfasst systematisch den Schweregrad der Behinderung bei MS im Hinblick auf die Gehstrecke und in acht Funktionssystemen (FS, s.u.)
  • Skala (Ordinalskala) mit EDSS-Werten zwischen 0 (keine neurologischen Defizite) und 10 (Tod infolge MS)
    • Bis 3,5: Volle Gehfähigkeit
    • 4,0–6,5: Eingeschränkte Gehfähigkeit (ggf. mit Hilfsmitteln)
    • 7,0: Weitgehende Immobilität und Notwendigkeit der Nutzung eines Rollstuhls
  • Weltweite Verwendung in Klinik (sollte bei jeder Vorstellung erhoben werden) und im Rahmen von Studien
  • Funktionssysteme (FS)
  • Gradierung
    • Grad 0: Normal
    • Grad 1: Abnorme Zeichen ohne Behinderung
    • Grad 2: Leichte Behinderung
    • Grad 3: Mäßige Beeinträchtigungen
    • Grad 4: Ausgeprägte Beeinträchtigungen
    • Grad 5: Maximale Behinderung
  • Nachteile
    • Schwerpunkt auf Gehfähigkeit
    • Armfunktion, Kognition und Fatigue unzureichend abgebildet
Expanded Disability Status Scale (EDSS)
EDSS-Wert Behinderung
0,0
1,0
  • Keine Behinderung, minimale Symptome (Grad 1) in einem FS
1,5
  • Keine Behinderung, minimale Symptome (Grad 1) in mehr als einem FS
2,0
  • Minimale Behinderung (Grad 2) in einem FS
2,5
  • Minimale Behinderung (Grad 2) in zwei FS
3,0
  • Mäßige Behinderung (Grad 3) in einem FS oder
  • Leichte Behinderung (Grad 2) in drei bis vier FS, uneingeschränkt gehfähig
3,5
  • Voll gehfähig, aber
    • Mäßige Behinderung (Grad 3) in einem FS und leichte Behinderung (Grad 2) in ein bis zwei FS oder
    • Mäßige Behinderung (Grad 3) in zwei FS oder
    • Leichte Behinderung (Grad 2) in fünf FS
4,0
  • Ohne Hilfe und Pause gehfähig für 500 m, aktiv während etwa 12 Stunden pro Tag trotz ausgeprägter Behinderung (Grad 4) in einem FS (übrige 0 oder 1) oder Kombinationen geringerer Grade, welche die Grenzen der vorhergehenden Stufen überschreiten
4,5
  • Ohne Hilfe und Pause gehfähig für 300 m, ganztägig arbeitsfähig, gewisse Einschränkung der Aktivität, benötigt minimale Hilfe, relativ schwere Behinderung
  • Ausgeprägte Behinderung (Grad 4) in einem FS (übrige 0 oder 1) oder Kombinationen geringerer Grade, welche die Grenzen der vorhergehenden Stufen überschreiten
5,0
  • Ohne Hilfe und Pause gehfähig für 200 m, Behinderung ist so schwer, dass tägliche Arbeit beeinträchtigt wird
  • Grad 5 in einem FS (übrige 0 oder 1) oder Kombinationen geringerer Grade, welche 4,0 überschreiten
5,5
  • Ohne Hilfe und Pause gehfähig für 100 m, Behinderung ist so schwer, dass tägliche Arbeit beeinträchtigt wird
  • Grad 5 in einem FS (übrige 0 oder 1) oder Kombinationen geringerer Grade, welche 4,0 überschreiten
6,0
  • Vorübergehende oder ständige Unterstützung (Stützen, Schiene) auf einer Seite erforderlich, um etwa 100 m (mit oder ohne Pause) zu gehen
  • Kombination von Grad 3+ in mehr als zwei FS
6,5
  • Ständige beidseitige Unterstützung erforderlich, um circa 20 m (ohne Pause) zu gehen
  • Kombination von Grad 3+ in mehr als zwei FS
7,0
  • Unfähig, mehr als 5 m trotz Hilfe zu gehen
  • Weitgehend an den Rollstuhl gebunden, bewegt Rollstuhl selbst, selbstständiges Ein- und Aussteigen möglich, ist ca. 12 Stunden am Tag im Rollstuhl mobil
  • Kombination von Grad 4+ in mehr als zwei FS; sehr selten Grad 5 allein in der Pyramidenbahnfunktion
7,5
  • Unfähig, selbst mit Hilfe, mehr als ein paar Schritte zu gehen, auf den Rollstuhl angewiesen, benötigt Hilfe beim Transfer, bewegt Rollstuhl selbst, kann aber keinen vollen Tag darin verbringen, benötigt möglicherweise Elektrorollstuhl
  • Kombination von Grad 4+ in mehr als zwei FS
8,0
  • Weitgehend ans Bett oder einen Stuhl gebunden oder wird im Rollstuhl umhergefahren – ist aber große Teile des Tages außerhalb des Bettes, kann viele Verrichtungen selbstständig ausführen und die Arme effektiv nutzen
  • Kombinationen von Grad 4+ in mehreren FS
8,5
  • Für den Großteil des Tages ans Bett gebunden, kann einige Verrichtungen noch selbstständig ausführen und die Arme teilweise effektiv nutzen
  • Kombinationen von Grad 4+ in mehreren FS
9,0
  • Hilflos und bettlägerig, kann essen und kommunizieren
  • Kombinationen von Grad 4+ in den meisten FS
9,5
  • Völlig hilflos und bettlägerig, unfähig zu essen, zu schlucken und zu kommunizieren
  • Kombinationen von Grad 4+ in fast allen FS
10,0
  • Tod infolge MS

Weitere Instrumente

  • Multiple Sclerosis Functional Composite (MSFC)
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Pathologietoggle arrow icon

  • Neuropathologische Kennzeichen der MS
    • Inflammation
    • Demyelinisierung
    • Remyelinisierung
    • Neurodegeneration
    • Gliöse Vernarbung
  • Pathologischer Befund während des Schubes: Lymphozytäre Infiltrate und Markscheidenabbau durch Makrophagen (Fettkörnchenzellen) in den Entmarkungs- bzw. Demyelinisierungsherden

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Differenzialdiagnosentoggle arrow icon

Entzündlich-demyelinisierende Erkrankungen

Neuromyelitis optica (NMO, Dévic-Syndrom) / Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankungen (NMOSD)

MOG-IgG-Antikörper-assoziierte Erkrankungen

Akute disseminierte Enzephalomyelitis (ADEM, auch akute demyelinisierende Enzephalomyelitis)

Infektionskrankheiten

Metabolische Störungen

Systemische Autoimmunerkrankungen

Eine ZNS-Beteiligung ist bei zahlreichen Multisystemerkrankungen möglich; die Symptome können teilweise mit denen einer Multiplen Sklerose vereinbar sein. Auch die Bildgebung und/oder Liquordiagnostik kann im Einzelfall eine MS imitieren.

AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

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Therapietoggle arrow icon

Die Behandlung der Multiplen Sklerose umfasst drei Therapiesäulen:

  1. Schubtherapie der Multiplen Sklerose
  2. Verlaufsmodifizierende Therapie der Multiplen Sklerose
  3. Symptomatische Therapie der Multiplen Sklerose
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Schubtherapie der Multiplen Sklerosetoggle arrow icon

Allgemeine Hinweise zur Glucocorticoid-Hochdosistherapie bei MS

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Verlaufsmodifizierende Therapie der Multiplen Sklerosetoggle arrow icon

Allgemeines [2][13]

  • Grundprinzip: Langfristige immunmodulatorische Stufentherapie
  • Indikation
    • Alle Patient:innen, bei MS und KIS
    • Zuwarten nur in Ausnahmefällen
  • Ziele
    • Reduktion der Schubfrequenz
    • Verringerung der Krankheitsaktivität (MRT)
    • Verzögerung der Krankheitsprogression
    • Erhalt der Lebensqualität
  • Wirkstoffe
  • Therapieauswahl: Nach
    • Verlaufsform der MS
    • Krankheitsaktivität: Klinische Schübe und/oder Zeichen im MRT
    • Weiteren Faktoren: Begleiterkrankungen, Familienplanung, Nebenwirkungsspektrum und eventuelle Kontraindikationen, Ansprechen auf die Schubtherapie, Präferenz bei Applikationsform und -frequenz
    • Vergleichende Untersuchungen zwischen den einzelnen Therapieoptionen liegen kaum vor
  • Praktische Anwendung [2][13]
    • Keine Kombinationstherapien (außer im Rahmen der Schubbehandlung mit Glucocorticoid-Hochdosistherapie)
    • Zahlreiche Therapien sehen ausgedehnte Vor-, Begleit- und Nachuntersuchungen vor
    • Bei der Umstellung von Therapien sind ggf. Wartezeiten, Laborkontrollen und weitere Kontrolluntersuchungen zu beachten
  • Therapiepause/-ende [2]
    • Immer individuelle Entscheidung
    • Nur nach entsprechender Aufklärung und unter klinischem/bildgebendem Monitoring
    • Ggf. erwägen bei
      • Patientenwunsch
      • Älteren Personen [14]

Therapiealgorithmus je nach Verlaufsform

Je nach Verlaufsform unterscheiden sich die Therapieoptionen. Für die Auswahl der Wirkstoffe bei RRMS unterteilt die aktuelle DGN-Leitlinie die Substanzen nach aufsteigender Wirkstärke in Kategorie 1, 2 und 3.

Verlaufsmodifizierende MS-Therapie - Therapiealgorithmus je nach Verlaufsform [2]
Verlaufsform Indikation Wirkstoffauswahl [2]

Radiologisch isoliertes Syndrom (RIS)

und

Demyelinisierendes Ereignis unklarer Signifikanz

  • I.d.R. zunächst keine Therapie
  • Abwarten unter regelmäßiger Kontrolle von Klinik und MRT-Befunden
  • Ggf. Therapiebeginn bei oligoklonalen Banden im Liquor und wiederholt entzündlicher Aktivität im MRT
Klinisch isoliertes Syndrom (KIS/CIS)
  • Ungünstige Prognose und/oder
  • Hohe anhaltende Krankheitsaktivität
  • Substanz aus Kategorie 1*
Schubförmig remittierende MS (RRMS oder erster Schub)
  • Grundsätzlich anzustreben
  • Zuwarten nur in Ausnahmefällen sinnvoll
Sekundär progrediente MS (SPMS)
  • Nur bei aktiver SPMS
  • Insb. in jungem Alter, bei kurzer Krankheitsdauer, rasche Zunahme der Behinderung
Primär progrediente MS (PPMS)
  • Zurückhaltend zu stellen bei erhöhtem Lebensalter (>50 Jahre) und fehlender Entzündungsaktivität im MRT

Wirksamkeitskategorien [2]



Gut zu wissen: Namensgebend für Glatirameracetat sind die in diesem synthetischen Peptidgemisch enthaltenen Aminosäuren: Glutaminsäure, Lysin, Alanin und Tyrosin!

Verlaufsmodifizierende Therapie der Multiplen Sklerose - Wirkstoffe

Verlaufsmodifizierende Therapie der Multiplen Sklerose - Wirkstoffe [2][13]
Substanz Wirkmechanismus/Wirkstoffgruppe Anwendung
Wirksamkeitskategorie 1
Dimethylfumarat (z.B. Tecfidera®)
  • Fumarsäurederivate
    • Immunmodulatoren
    • Wirkungsweise im Detail unverstanden
Diroximelfumarat (z.B. Vumerity®)
Glatirameracetat (z.B. Copaxone®, Clift®)
  • Immunmodulator
  • Wirkungsweise im Detail unverstanden
  • Rote-Hand-Brief zu Glatirameracetat: Risiko für anaphylaktische Reaktionen unmittelbar nach der Gabe (auch Monate bis Jahre nach Behandlungsbeginn möglich) [19]
  • s.c.
Interferon-β-1a (z.B. Avonex®, Rebif®)
  • Interferon-β
    • Immunmodulatoren
    • Wirkungsweise bei MS im Detail unverstanden
Interferon-β-1b (z.B. Betaferon®, Extavia®)
  • s.c.
PEG-Interferon-β-1a (z.B. Plegridy®)
  • s.c.
Teriflunomid (z.B. Aubagio®)
  • Immunsuppressivum
  • Dihydroorotatdehydrogenase-Hemmstoff → Hemmung der Pyrimidinsynthese → Störung der Immunzellproliferation, u.a. von T-Lymphozyten
Wirksamkeitskategorie 2
Cladribin (z.B. Mavenclad®)
Fingolimod (z.B. Gilenya®)
  • Sphingosin-1-phosphat-Rezeptor-Modulatoren
    • Selektive Immunsuppressiva
    • Bindung an Sphingosin-1-phosphat-Rezeptor → Downregulation des Rezeptors durch Internalisierung → Reduziert Migration von Lymphozytenpopulationen aus den Lymphknoten (und damit ins ZNS)
Ozanimod (z.B. Zeposia®)
Ponesimod (z.B.Ponvory®) [17]
Wirksamkeitskategorie 3
Alemtuzumab (z.B. Lemtrada®)
Natalizumab (z.B. Tysabri®)
  • i.v.
  • Beachte
    • Vor Therapiestart: Anti-JCV-Antikörper-Index bestimmen
      • Weitere Kontrollen bei Seronegativität
        • Halbjährlich: Serologische Kontrolle
        • Jährlich: cMRT-Kontrolle
Ocrelizumab (z.B.Ocrevus®)
Ofatumumab (z.B.Kesimpta®)
  • s.c.
Rituximab
Ublituximab (Briumvi® )
Ohne Kategorie
Azathioprin
  • p.o.
  • Reservemedikament
Mitoxantron (z.B. Mitoxantron HEXAL MS®)
  • i.v.
    • Beachte: Anwendung generell nicht mehr empfohlen!
    • Ggf. Umstellung auf andere Therapeutika anstreben
      • Kontrolluntersuchungen beachten!
Siponimod (z.B. Mayzent®)
  • Sphingosin-1-phosphat-Rezeptor-Modulator
    • Selektives Immunsuppressivum
    • Bindung an Sphingosin-1-phosphat-Rezeptor → Downregulation des Rezeptors durch Internalisierung → Reduziert Migration von Lymphozytenpopulationen aus den Lymphknoten (und damit ins ZNS)

Rote-Hand-Briefe zu den verlaufsmodifzierenden Medikamenten (Disease Modifying Therapies, DMT)

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Symptomatische Therapie der multiplen Sklerosetoggle arrow icon

Allgemein

Spastik

Gehfähigkeit

  • Verbesserung der Gehfähigkeit: Fampridin/4-Aminopyridin
    • Reversibler Kaliumkanalblocker → verbesserte Impulsweiterleitung in demyelinisierten Axonen
    • Indikation: Multiple Sklerose (alle Verlaufsformen) mit EDSS von 4 bis 7
    • Absetzen bei ausbleibender Verbesserung der Gehstrecke um mind. 20% nach zwei Wochen

Fatigue

  • Ausdauertraining niedriger bis mäßiger Intensität
  • Widerstandstraining
  • Kognitive Verhaltenstherapie, Energiemanagement-Programme, Aufmerksamkeits- und Achtsamkeitstraining
  • Kühlende Maßnahmen
  • Ggf. computergestützte Interventionen (siehe auch: DiGA-Verzeichnis unter Tipps & Links)
  • Keine gute Datenlage für medikamentöse Therapie

Blasenstörung

Sexuelle Dysfunktion

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Prognosetoggle arrow icon

  • Individueller Verlauf: Nicht vorhersagbar
    • Prognostisch eher günstige Faktoren (weitere prognostische Faktoren: s.u.) [2]
      • Beginn vor dem 35. Lebensjahr [28][29][30]
      • Monosymptomatischer Beginn mit sensiblen Symptomen
      • Gute Remission nach erstem Schub
    • Veränderbare, Prognose-beeinflussende Faktoren [2]
  • Behinderung (Definition hier: Notwendigkeit einer Gehhilfe und/oder darüber hinaus gehende Einschränkungen [EDSS ≥6]) [2]
    • <10% nach ca. 10–15 Jahren
    • <40% nach ca. 30 Jahren
  • Lebenserwartung: Durchschnittlich 6–7 Jahre reduziert [31][32]
Prognostische Faktoren für den Krankheitsverlauf bei MS [33]
Prognostisch eher günstige Faktoren Prognostisch eher ungünstige Faktoren
Beginn Zeitpunkt [28][29][30]
  • <35. Lebensjahr
  • >35. Lebensjahr
Symptomatik
  • Monosymptomatisch: Nur sensible Symptome
Schübe Dauer
  • Kurz (wenige Tage)
  • Lang (einige Wochen)
Rückbildung
  • Vollständig
  • Unvollständig
Klinische Befunde
  • Erhaltene Gehfähigkeit
  • Früher Verlust der Gehfähigkeit
Diagnostische Befunde Bildgebung
  • Erst spät sichtbare Läsionen
  • Initial hohe Läsionslast
Elektrophysiologie
  • Erst spät auffällige Befunde
  • Früh pathologische SEPs und MEPs
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Besondere Patientengruppentoggle arrow icon

Die Multiple Sklerose im Kindes- und Jugendalter (pädiatrische Multiple Sklerose) unterscheidet sich klinisch z.T. von der Erkrankung des Erwachsenen. Zur verlaufsmodifizierenden Therapie stehen weniger Optionen zur Verfügung. Auch im Rahmen einer Schwangerschaft bei Multipler Sklerose sind in den verschiedenen Phasen (Kinderwunsch, Schwangerschaft, Stillzeit) zahlreiche therapeutische Besonderheiten und Einschränkungen zu beachten.

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Multiple Sklerose bei Kinderwunsch, Schwangerschaft und Stillzeittoggle arrow icon

Vorbemerkungen [13]

  • Schwangerschaft beeinflusst den langfristigen Krankheitsverlauf nicht negativ
  • Erkrankungsrisiko des Kindes bei einem erkrankten Elternteil: Ca. 2%
  • Unzureichende Datenlage zur Sicherheit der Therapien in der Schwangerschaft

Kinderwunsch [2][13][34]

  • Fertilität: Nicht von Erkrankung beeinflusst
  • Therapieauswahl individuell abwägen
  • Künstliche Befruchtung: Möglicherweise erhöhte Schubrate, nicht kontraindiziert
  • Konzeption vorzugsweise in Phase geringer Krankheitsaktivität
  • Kein Schwangerschaftsabbruch aufgrund laufender verlaufsmodifizierender Therapie

Umgang mit verlaufsmodifizierenden Therapien (erkrankte Mütter)

Multiple Sklerose und Kinderwunsch – Umgang mit verlaufsmodifizierenden Therapien (erkrankte Mütter)
Wirkstoff Vorgehen
Alemtuzumab
  • Anwendung nur unter Kontrazeption
  • Kontrazeption bis 4 Monate nach Therapieende
  • Vorzugsweise sollte der 2-jährige Therapiezyklus vor der Schwangerschaft komplettiert werden

Interferon-β

  • Bis zur Bestätigung der Schwangerschaft weiterführen
  • Weiterbehandlung bei hoher Krankheitsaktivität unter strenger Risiko-Nutzen-Abwägung möglich
Cladribin
  • Anwendung nur unter Kontrazeption
  • Fehlende Angaben zum Vorgehen bei geplanter Schwangerschaft
Dimethylfumarat
Fingolimod

Glatirameracetat

  • Bis zur Bestätigung der Schwangerschaft weiterführen
  • Weiterbehandlung bei hoher Krankheitsaktivität unter strenger Risiko-Nutzen-Abwägung möglich
Mitoxantron
  • Anwendung nicht mehr empfohlen! Umstellung auf andere Therapeutika anstreben
  • Bei noch bestehender Therapie
Natalizumab
Ocrelizumab
  • Anwendung nur unter Kontrazeption
  • Kontrazeption bis 6 Monate nach Therapieende
Teriflunomid
  • Anwendung nur unter Kontrazeption
  • Absetzen bei Kinderwunsch
  • Plasmakonzentration <0,02 mg/L vor Befruchtung nötig
  • Bei ungewollter Schwangerschaft unter Therapie: Therapieende, beschleunigte Elimination mit Cholestyramin
Ofatumumab

Umgang mit verlaufsmodifizierenden Therapien (erkrankte Väter)

Schwangerschaft [2][13][34]

Geburt [13]

Stillzeit [2][13][34]

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Multiple Sklerose im Kindes- und Jugendaltertoggle arrow icon

Unterschiede zur Erkrankung des Erwachsenen [35][36][37]

  • Symptomatik
    • Kindesalter: Häufig polysymptomatische und schwere Erstmanifestation
    • Jugendalter: Ähnliche Erstmanifestation wie bei Erwachsenen
  • Verlauf: Fast ausschließlich schubförmig
    • Hohe Schubfrequenz und größere Läsionslast
    • Symptomrückbildung schneller und häufiger ohne Residualsymptomatik
  • Therapie: Weniger Optionen zur verlaufsmodifizierenden Therapie

Epidemiologie [6]

  • Selten (3–5% aller MS-Fälle)
  • Inzidenz [38]
    • Altersgruppe der unter Zehnjährigen: 0,09 Fälle/100.000 Personen pro Jahr
    • Altersgruppe der 14–15-Jährigen: 2,6 Fälle/100.000 Personen pro Jahr

Klinische Verlaufsformen [35][37]

Für Definitionen siehe: MS-Verlaufsform

Symptome/Klinik [37]

Diagnostik [6]

Differenzialdiagnosen

Therapie [6][35]

Schubtherapie der pädiatrischen Multiplen Sklerose

Die Schubtherapie sollte möglichst frühzeitig innerhalb von 2 bis 5 Tagen nach Beginn der Symptomatik eingeleitet werden.

1. Wahl: Glucorticoid-Hochdosistherapie

2. Wahl: Apheresetherapie

Verlaufsmodifizierende Therapie der pädiatrischen Multiplen Sklerose

Ein frühzeitiger Beginn der verlaufsmodifizierenden Therapie kann die Prognose entscheidend verbessern. Die Therapie soll daher unmittelbar nach Diagnosestellung eingeleitet und durch ein spezialisiertes Zentrum weiter begleitet werden.

  • Therapieprinzipien
    • Wirkstoffauswahl: Abhängig von Krankheitsaktivität und Verlaufsform
    • Bei fortbestehender oder progredienter Krankheitsaktivität unter Therapie: Eskalation auf höhere Wirksamkeitskategorie
    • Bei Unverträglichkeit: Wechsel auf ein Medikament derselben Wirksamkeitskategorie
Wirkstoffübersicht für die pädiatrische schubförmige Multiple Sklerose [6][13]
Milde/Moderate Krankheitsaktivität: Wirksamkeitskategorie 1
Zulassung ab 2 Jahren
  • IFN-ß1a (Rebif®)
10 Jahren
12 Jahren
13 Jahren
Wahrscheinlich (hoch‑)aktive MS bei Diagnosestellung oder (Hoch‑)aktive MS unter Therapie: Wirksamkeitskategorie 2 oder 3
Zulassung ab 10 Jahren
Off-Label Use

Prognose

  • Günstigerer Verlauf im Hinblick auf Schubrückbildung als beim Erwachsenen
  • Mit Erwachsenen vergleichbare Behinderung wird durchschnittlich 10 Jahre früher erreicht (durch früheren Krankheitsbeginn)
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Meditrickstoggle arrow icon

In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.

Multiple Sklerose

Multiple Sklerose – Teil 1 (frei verfügbar)

Multiple Sklerose – Teil 2

Inhaltliches Feedback zu den Meditricks-Videos bitte über den zugehörigen Feedback-Button einreichen (dieser erscheint beim Öffnen der Meditricks).

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AMBOSS-Podcast zum Thematoggle arrow icon

Multiple Sklerose: Paradigmenwechsel in Forschung und Therapie (Juli 2022)

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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025toggle arrow icon

G35.-: Multiple Sklerose [Encephalomyelitis disseminata]

  • Inklusive: Multiple Sklerose:
  • Die folgenden fünften Stellen sind bei den Subkategorien G35.1G35.3 zu benutzen:
  • G35.0: Erstmanifestation einer multiplen Sklerose
  • G35.1-: Multiple Sklerose mit vorherrschend schubförmigem Verlauf
  • G35.2-: Multiple Sklerose mit primär-chronischem Verlauf
  • G35.3-: Multiple Sklerose mit sekundär-chronischem Verlauf
  • G35.9: Multiple Sklerose, nicht näher bezeichnet

G36.-: Sonstige akute disseminierte Demyelinisation

G37.-: Sonstige demyelinisierende Krankheiten des Zentralnervensystems

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

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