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Impfungen allgemein
Abstract
Impfungen sind eine effiziente Maßnahme zur Prävention von Infektionskrankheiten und gelten damit als einer der größten Erfolge der modernen Medizin. Die Durchführung einer Impfung gehört zum Alltag vieler Ärzte und erfordert Kenntnisse über die korrekte Impftechnik sowie Indikationen, Kontraindikationen und Nebenwirkungen der jeweiligen Impfstoffe. Zusätzlich sind die für Deutschland geltenden Impfempfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut zu beachten.
Formen der Impfung
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, den Organismus gegen einen Erreger zu immunisieren.
- Aktivimpfung: "Schult" das Immunsystem zur Ausbildung einer eigenständigen und länger anhaltenden Immunität
- Lebendimpfstoffe: Attenuierte, d.h. abgeschwächte Erreger
- Totimpfstoffe: Einzelne Partikel oder ganze Erreger
- Passivimpfung: Antikörper werden direkt injiziert
Sofern die jeweils vorgegebenen zeitlichen Abstände und eventuelle Kontraindikationen beachtet werden, sind Impfstoffe i.d.R. gut verträglich.
Aktivimpfung
Überblick
Bei einer Aktivimpfung reagiert das Immunsystem des Körpers durch Antikörperproduktion auf die Antigene des Impfstoffs. Die Impfstoffe sind i.d.R. miteinander kombinierbar.
Lebendimpfungen | Totimpfungen |
---|---|
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- Empfohlene Impfungen der STIKO siehe: Impfkalender
Lebendimpfung
Ein Lebendimpfstoff enthält vermehrungsfähige (aktive), aber abgeschwächte (attenuierte) Krankheitserreger. Die einmalige Impfung bietet bereits einen Impfschutz. Eine zweite Impfung dient nicht der Auffrischung, sondern soll vereinzelte Impfversager erreichen.
- Kombination
-
Lebendimpfstoffe können gleichzeitig mit anderen Lebendimpfstoffen verabreicht werden (z.B. MMRV) oder mit einem Impfabstand von mindestens 4 Wochen
- Ausnahme: Typhus oral
- Lebendimpfstoffe können mit Totimpfstoffen gleichzeitig und ohne bestimmten Zeitabstand verabreicht werden
-
Lebendimpfstoffe können gleichzeitig mit anderen Lebendimpfstoffen verabreicht werden (z.B. MMRV) oder mit einem Impfabstand von mindestens 4 Wochen
- Durchführung
- I.d.R. als Injektion in den M. deltoideus (alternativ: M. vastus lateralis, insb. bei Säuglingen), seltener als Schluckimpfung bzw. nasal
- Nach STIKO-Empfehlung ab dem 12. Lebensmonat
- In Ausnahmefällen kann die Lebendimpfung schon ab dem Alter von 9 Monaten erfolgen (z.B. MMRV-Impfung vor Kindergarteneintritt)
- Vor dem 9. Lebensmonat ist eine Lebendimpfung generell nicht sinnvoll, da noch vorhandene maternale Antikörper die abgeschwächten Erreger neutralisieren können
- Ausnahme: Rotavirus-Impfung
- Unerwünschte Wirkungen: Treten in der Regel 1–2 Wochen nach der Impfung auf (siehe auch: Unerwünschte Wirkungen von Impfungen)
Verschiedene Lebendimpfstoffe müssen entweder gleichzeitig geimpft werden oder es muss ein Mindestabstand von 4 Wochen dazwischen liegen!
Immunglobulinpräparate, bspw. zur Behandlung schwerer Verläufe einer Autoimmunerkrankung, interferieren ähnlich einer Passivimpfung mit der Wirksamkeit von Lebendimpfstoffen – ein Abstand von mind. 3 Monaten zur letzten Verabreichung von Immunglobulinen ist bei einer Lebendimpfung zu beachten!
Totimpfung
Im Gegensatz zu den Lebendimpfungen reicht die einmalige Impfung bei einem Totimpfstoff i.d.R. nicht aus. Um einen langanhaltenden Impfschutz zu gewährleisten, werden Totimpfungen in mehreren Teilimpfungen durchgeführt und ggf. aufgefrischt.
- Impfstoffe
- Ganzpartikelimpfstoff: Inaktivierte (nicht-vermehrungsfähige, „tote“) Krankheitserreger
- Spaltimpfstoff: Inaktive Antigenbestandteile eines Erregers
- Polysaccharidimpfstoff: Polysaccharidketten der Erregerhülle
- Konjugatimpfstoff: Polysaccharidketten der Erregerhülle, die an Trägerproteine gekoppelt ("konjugiert") sind
- Konjugatimpfstoffe existieren bspw. gegen Pneumokokken, Meningokokken und Haemophilus influenzae Typ b
- Toxoidimpfstoff: Inaktive Bestandteile der Erregertoxine
- Adsorbatimpfstoff: Totimpfstoff, bei dem Erreger bzw. Antigenbestandteile an Adsorptionsmittel gebunden sind, bspw. an Aluminiumhydroxid, Aluminiumphosphat oder Calciumphosphat
- Kombination: Totimpfstoffe können ohne Zeitabstand mit allen anderen Impfungen kombiniert werden
- Durchführung: I.d.R. als Injektion in den M. deltoideus (alternativ: M. vastus lateralis, insb. bei Säuglingen)
- Unerwünschte Wirkungen: Treten i.d.R. in den ersten 48–72 Stunden nach der Impfung auf (siehe auch: Unerwünschte Wirkungen von Impfungen)
Passivimpfung
Bei einer Passivimpfung werden direkt Antikörper gegen den Krankheitserreger injiziert. Es handelt sich streng genommen nicht um eine Impfung, da der Körper keine Gedächtniszellen bildet und damit keine langfristige Immunisierung erfolgt.
- Indikation
- Akute therapeutische Maßnahme, um nach Exposition eine schnelle Erregereliminierung zu erreichen (z.B. Masern- oder Rötelninfektion während der Schwangerschaft)
- Kombination
- Gabe von zwei unterschiedlichen Passivimpfstoffen gleichzeitig möglich
- Nach einer Passivimpfung sollte für mindestens drei Monate keine Lebendimpfung gegen denselben Krankheitserreger durchgeführt werden
- Applikation
- Es stehen Präparate zur intramuskulären oder intravenösen Behandlung zur Verfügung
Simultanimpfung
- Definition: Gleichzeitige Impfung mit einem Aktiv- und Passivimpfstoff
- Indikation: Als Postexpositionsprophylaxe, z.B. gegen Hepatitis A, Hepatitis B, Tollwut und Tetanus
- Durchführung: Grundsätzlich nur mit Totimpfstoffen [1]
Eine Simultanimpfung mit einem Passiv- und einem Lebendimpfstoff ist nicht(!) sinnvoll!
Impfen - Praktische Aspekte
Allgemein
- Kombinationsimpfstoffe (polyvalent) sind Einzelimpfstoffen (monovalent) vorzuziehen
- Empfohlene Impfabstände sind einzuhalten
Bei unvollständigem Impfschutz
- Berücksichtigung lange zurückliegender Impfungen: Jede Impfung zählt!
- I.d.R. kein erneuter Beginn der Grundimmunisierung nötig
- Individuellen Impfplan zur Vervollständigung des Impfschutzes erstellen
Bei fehlender oder unklarer Impfdokumentation
- Im Zweifelsfall empfohlene Impfungen verabreichen bzw. Grundimmunisierung neu beginnen
- I.d.R. kein Risiko durch zusätzliche Impfungen (auch bei Mehrfachimpfungen mit Lebendimpfstoffen)
Serologische Kontrollen
- Nicht sinnvoll bei unklarem Impfschutz
- Indikationen
- Patienten mit Immundefizienz oder -suppression
- Nach Indikationsimpfung gegen Hepatitis B
- Unklarer Impfschutz gegen Varizellen bei Frauen mit Kinderwunsch
Jeder Arztkontakt sollte zum Überprüfen des Impfschutzes und Schließen von Impflücken genutzt werden!
Indikationen für Impfungen
- Grundimmunisierung (G): Gabe aller Impfstoffdosen, die zum Erlangen eines Impfschutzes notwendig sind
- Nachholimpfung (N): Grundimmunisierung aller noch nicht Geimpften bzw. Komplettierung einer unvollständigen Impfserie
- siehe auch: Impfplan für Nachholimpfungen
- Auffrischimpfung (A): Einzelne Impfdosis, die i.d.R. Jahre nach der Grundimmunisierung zur erneuten Verstärkung der Immunantwort verabreicht wird
- Standardimpfung (S): Impfungen, die gemäß aktueller STIKO-Empfehlungen für alle Menschen empfohlen werden, unabhängig von individuellen Risikofaktoren (siehe auch: Impfkalender )
- Indikationsimpfung (I): Impfungen für Risikogruppen bei individuell erhöhtem Expositions-, Erkrankungs- oder Komplikationsrisiko sowie zum Schutz Dritter
- Reiseimpfung (R): Impfung bei Reisen in bestimmte Regionen
- Berufsbedingte Impfung (B): Impfung bei berufsbedingt erhöhtem Erkrankungsrisiko
- Postexpositionelle Impfung: Passive und/oder aktive Immunisierung nach Exposition gegenüber bestimmten Erregern
Du kannst dir den aktuellen AMBOSS-Impfkalender als PDF-Dokument unter „Tipps & Links“ (ganz unten in diesem Kapitel) herunterladen!
Kontraindikationen für Impfungen
Kontraindikationen[2]
- Schwere, akute Erkrankung (z.B. Infekt mit Fieber >38,5°C)
- Allergien gegen Bestandteile des Impfstoffes (insb. Neomycin, Streptomycin und Hühnereiweiß ) oder allergische Reaktion bei letzter Impfung
-
Schwangerschaft
- Ausnahme: Influenza-Impfung
- Absolute Kontraindikation: Lebendimpfstoffe (insb. MMRV)
- Nach strenger Nutzen-Risiko-Analyse: Gelbfieberimpfung
- Relative Kontraindikation: Totimpfstoffe
- Stillzeit: Gelbfieberimpfung
- Angeborener oder erworbener Immundefekt
- Nach strenger Nutzen-Risiko-Analyse: Impfungen mit Lebendimpfstoff
- Ausnahme: Impfungen mit Totimpfstoff sind immer möglich
- Nach jeder Impfung: Erfolg mittels Titerbestimmung überprüfen
- Relative Kontraindikation: Geplanter operativer Eingriff
- Nach erfolgter Impfung
- Totimpfstoff: 3 Tage warten bis zum operativem Eingriff
- Lebendimpfstoff: 14 Tage warten bis zum operativen Eingriff
- Ausnahmen
- Dringliche Operationen nicht aufschieben
- Impfung nach erfolgter Operation möglich, sobald stabiler Allgemeinzustand hergestellt ist
- Dringliche Impfungen (z.B. Tetanus, Tollwut, Hepatitis B) jederzeit möglich
- Nach erfolgter Impfung
- Nach strenger Nutzen-Risiko-Abwägung: Impfung von Kindern seronegativer, schwangerer Mütter
- Hintergrund: Risiko eines konnatalen Varizellensyndroms durch Übertragung von Impfvarizellen des geimpften Kindes auf die schwangere Mutter
- Andererseits: Risiko für die Schwangere durch den Kontakt zum ungeimpften, ansteckungsgefährdeten Kind ist höher als das Risiko einer Übertragung von Impfvarizellen
Keine Kontraindikationen [2]
Folgende Punkte werden fälschlicherweise als Kontraindikationen für eine Impfung angesehen.
- Banaler Infekt mit subfebrilen Temperaturen (<38,5°C)
- Fieberkrämpfe in der Vorgeschichte
- Fieberhafte Impfreaktionen können einen Fieberkrampf triggern, daher ist eine antipyretische Prophylaxe zu erwägen
- Bei Totimpfstoffen: 0, 4 und 8 Stunden nach der Impfung
- Bei MMR-Impfung zwischen dem 7. und 12. Tag bei Entwicklung febriler Temperaturen
- Fieberhafte Impfreaktionen können einen Fieberkrampf triggern, daher ist eine antipyretische Prophylaxe zu erwägen
- Positive Familienanamnese für Epilepsie
- Unerwünschte Arzneimittelreaktionen im Zusammenhang mit einer Impfung
- Antibiotika- oder niedrigdosierte Corticosteroideinnahme
- Ekzeme und andere Dermatosen
- Schwangere Mutter des zu impfenden Kindes
- Kinder von schwangeren Müttern können generell geimpft werden
- Ausnahme: Strenge Nutzen-Risiko-Abwägung bei Varizellenimpfung
- Frühgeburtlichkeit
- Stillenden Frauen
- Stillende Frauen können alle notwendigen Impfungen erhalten
- Ausnahme: Gelbfieber-Impfung
- Gestillte Säuglinge
Bei Kontraindikationen kann nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung in Ausnahmefällen eine Impfung durchgeführt werden!
Vorbereitung
Aufklärungspflicht des Arztes
Eine Aufklärung des Impflings bzw. des Sorgeberechtigten über folgende Punkte ist unabdingbar, um eine wirksame Einwilligungserklärung abgeben zu können .
- Inhalt der Aufklärung
- Zu verhindernde Krankheit und Therapiemöglichkeiten
- Nutzen und Risiken der Impfung
- Kontraindikationen
- Durchführung der Impfung
- Beginn und Dauer des Impfschutzes
- Verhaltensmaßnahmen im Anschluss an die Impfung
- Mögliche Arzneimittelnebenwirkungen
- Notwendige Folge- und Auffrischimpfungen
- Bedingungen der Aufklärung
- Aufklärung durch einen Arzt oder eine Person, die für die Durchführung von Impfungen ausgebildet ist
- Aufklärung muss mündlich erfolgen und dem Impfling bzw. Sorgeberechtigten die Möglichkeit zum Fragenstellen lassen
- Aufklärungsmerkblätter und mehrsprachige Impfinformationen sind zusätzlich sinnvoll
- Minderjährige Impflinge
- Kinder <14 Jahre: Immer Einwilligung der Sorgeberechtigten
- Jugendliche 14–15 Jahre: Graubereich
- Jugendliche ≥16 Jahre: Können i.d.R. selbst einwilligen
- Off-Label-Use: Ausführliche Aufklärung und Dokumentation
- Impfdokumentation: Siehe Impfpass
- Umgang mit Impfkritikern
- Für Antworten des Robert Koch-Instituts auf Einwände und Befürchtungen gegen Impfungen siehe: Tipps & Links
Auch eine Impfung stellt im juristischen Sinn eine Körperverletzung dar und darf (außer in Notfällen) nur mit entsprechender Aufklärung sowie Einwilligung des Impflings bzw. der Sorgeberechtigten erfolgen!
Applikationsformen
- Intramuskuläre Injektion (i.m.)
- Indikationen: Die meisten Impfstoffe werden intramuskulär (i.m.) verabreicht
- Injektion senkrecht zur Hautoberfläche (90° Winkel)
- Bevorzugt in M. deltoideus (in muskelstärkstes Areal ca. drei Querfinger unterhalb vom Akromion)
- Bei noch unzureichend ausgebildetem M.deltoideus (wie bspw. bei Säuglingen): M. vastus lateralis (anterolateraler Oberschenkel)
- Keine Impfung in den M. gluteus!
- Jeweils den schwächer beanspruchten Arm verwenden
- Bei subkutaner Injektion von intramuskulär zu injizierenden Impfstoffen
- Risiko für schmerzhafte Entzündung und Granulom- oder Zystenbildung
- Risiko eines verringerten Impferfolgs
- Subkutane Injektion (s.c.)
- Mögliche Indikationen
- Lebendimpfstoffe
- Blutgerinnungsstörungen
- Injektion im 45° Winkel zur Hautoberfläche
- In subkutanes Fettgewebe am dorsalen Oberarm, beim Säugling ggf. in den anterolateralen Oberschenkel
- Mögliche Indikationen
- Schluckimpfung
- Impfstoffe gegen Rotaviren, Cholera, Typhus
- Nasale Impfung
Bereitstellen von Material
- Keimarme Tupfer
- Desinfektionsmittel
- Untersuchungshandschuhe
- Impfstoff in Spritze mit Kanüle
- Abwurf
- Pflaster
Vorbereitung des Impfstoffs
- Anweisungen des jeweiligen Herstellers beachten!
- Zwei gängige Varianten
- Impfstoff ist bereits aufgelöst und in Spritze aufgezogen: Impfstoff ist flüssig und wird in sofort verwendbaren Spritzen vom Hersteller geliefert
- Impfstoff in Form von Pulver in separatem Behälter: Hersteller liefert den Impfstoff als Pulver getrennt vom Lösemittel, die Impfflüssigkeit muss zunächst aus dem Pulver und dem Lösemittel hergestellt werden
- Impfstoff durch Schwenken homogenisieren
- Impfstoff möglichst auf Zimmertemperatur
Lagerung von Impfstoffen
- Impfstoffe (insb. Lebendimpfstoffe) sind empfindlich!
- Lagerung im Kühlschrank
Durchführung
Schmerzreduktion
- Bei Säuglingen ab 4 Monaten und Kleinkindern kann im Einzelfall ein Lidocain-haltiges Schmerzpflaster oder eine Creme zur Schmerzvermeidung verwendet werden (Einwirkzeit 30–60 min)
- Ablenkungsmanöver immer sinnvoll
- Nicht empfohlen: Erwärmung des Impfstoffs, manuelle Stimulation der Injektionsstelle, Gabe von Analgetika
- Bei Verabreichung mehrerer Impfungen: Schmerzhafteste Impfung zuletzt, bspw. gegen Pneumokokken oder MMR(V)
Durchführung
- Impfling bequem platzieren, Arm entspannt herabhängen lassen, angenehme Atmosphäre schaffen
- Injektionsstelle desinfizieren und Desinfektionsmittel einwirken lassen
- Keine Impfflüssigkeit an Außenseite der Injektionskanüle!
- Rasches Durchstechen der Haut
- Kanüle wie eine Schreibfeder oder einen Dartpfeil zwischen Daumen und Zeigefinger halten
- Intramuskuläre Injektion: 90°-Winkel
- Subkutane Injektion: 45°-Winkel
- Altersunabhängig ohne Aspiration [3]
- Impfflüssigkeit injizieren
- Sobald die Impfkanüle entfernt wurde, eventuell austretendes Blut oder Gewebeflüssigkeit mit einem Tupfer abwischen
- Impfkanüle im Abwurf entsorgen: „Never recap a needle!“
- Pflaster auf Injektionsstelle aufkleben
Nach der Impfung
- Beobachten des Impflings: (Prä‑)Synkope rechtzeitig erkennen
- Dokumentation der Impfung
- Eintragen von Chargennummer, Handelsname, Impfdatum, Name der Krankheit sowie Stempel und Unterschrift des Arztes in
- Impfausweis, z.B. „Internationale Bescheinigungen über Impfungen und Impfbuch“
- Alternatives Dokumentationsformular bei fehlendem Impfausweis (siehe: Tipps & Links)
- Siehe auch: Impfpass
- Eintragen von Chargennummer, Handelsname, Impfdatum, Name der Krankheit sowie Stempel und Unterschrift des Arztes in
- Beratung des Impflings
- Am Tag der Impfung
- Starke körperliche Anstrengungen (Leistungssport) vermeiden
- (Übermäßigen) Konsum von Alkohol vermeiden
- Körperliche Schonung bis eventuelle Nebenwirkungen der Impfung sistieren
- Am Tag der Impfung
Unerwünschte Wirkungen von Impfungen
Impfreaktion (nicht meldepflichtig)
- Prävalenz: ca. 1:100
- Definition: Bemerkbare Reaktion des Körpers auf den Impfstoff
- Auftreten: Meist innerhalb der ersten 72 Stunden nach Impfung
- Dauer: ca. 1–3 Tage
- Symptome
- Lokale Rötung, Schwellung oder Schmerzhaftigkeit
- Fieber <39,5°C (rektal)
- Kopf- und Gliederschmerzen, Mattigkeit, Unwohlsein, Übelkeit, Unruhe, regionale Lymphknotenschwellung
Moderne Impfstoffe unterliegen einem strengen Zulassungsverfahren und sind sehr gut verträglich. Komplikationen, die über die lokalen Impfreaktionen hinausgehen, sind daher äußerst selten!
Impfkrankheit (nicht meldepflichtig)
- Definition: Abgeschwächter Verlauf einer Erkrankung nach Impfung mit einem Lebendimpfstoff (z.B. „Impfmasern“) [4]
- Auftreten: 1–4 Wochen nach Lebendimpfung
- Symptome: Die Symptome unterscheiden sich je nach Patient und Impfstoff und können der Erkrankung ähneln (z.B. Exanthem nach Masernimpfung); eine Übertragung des Impfvirus ist aber unwahrscheinlich
- Bei MMR-Impfung: Parotisschwellung, Arthralgien, erhöhte Temperatur und/oder flüchtiges Exanthem
- Bei Varizellen-Impfung (bzw. MMRV): Ggf. flüchtiges Exanthem; Übertragung des Varizellen-Impfvirus durch Geimpfte (mit oder ohne Exanthem) an empfängliche Personen möglich
- Bei Rotavirus-Impfung: Milde gastrointestinale Beschwerden
- Bei Influenza-Lebendimpfung: Leichte Grippesymptome; Übertragung des Impfvirus an empfängliche Personen möglich
Impfkomplikation (meldepflichtig)
- Prävalenz: ca. 1:1.000
- Definition: Eine über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion bzw. einer Impfkrankheit hinausgehende gesundheitliche Schädigung
- Beispiele
- Fieberkrampf
- Allergische Reaktionen (insb. gegen Hühnereiweiß) bis hin zum allergischen Schock (äußerst selten!)
- Symptome: Übelkeit, Exanthem, Hitzegefühl, geschwollene Augenlider, Schluckbeschwerden, Atemnot, Schwindel, Kreislaufversagen
- Vermeidbare Komplikationen
- Aufgrund mangelhafter Impftechnik
- Versehentliche Injektion von i.m.-Impfstoffen ins subkutane Fettgewebe mit Entzündung, Granulombildung, reduzierter Impfwirkung
- Blutung, Verletzung eines Nerven
- Aufgrund mangelnder Hygiene: Entzündungen oder Abszesse
- Aufgrund mangelhafter Impftechnik
- Meldepflicht bei Impfkomplikationen
- Namentliche Meldepflicht an das Gesundheitsamt durch den Arzt
- Vom Gesundheitsamt weitere Meldung in pseudonymisierter Form an die Bundesoberbehörde (Paul-Ehrlich-Institut) [5]
- Meldebogen siehe: Tipps & Links
- Siehe auch: Fachinformation des jeweiligen Impfstoffes
Impfschaden (namentliche Meldepflicht an das Gesundheitsamt)
- Prävalenz: ca. 1:1.000.000
- Definition: Gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Impfung
- Versorgungsamt entschädigt Patienten mit Impfschaden
Vorgehen bei Verdacht auf eine über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung
- Namentliche Meldung an das Gesundheitsamt (Meldepflicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 IfSG)
- Informieren von Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft und ggf. Hersteller
- Entnahme von Untersuchungsmaterialien zur weiteren Diagnostik (z.B. Blutserum oder Stuhlproben)
- Aufklärung über die gesetzlichen Bestimmungen zur Versorgung nach Impfschäden (§§ 60–64 IfSG)
Impfungen - Alphabetische Übersicht
Impfungen A–G
Impfungen A–G | Impfstoff | Applikationsart | Zeitraum des Impfschutzes | Indikationen und Besonderheiten |
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Cholera |
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Diphtherie |
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Frühsommer- (FSME) |
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Gelbfieber |
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Impfungen H
Impfungen | Impfstoff | Applikationsart | Zeitraum des Impfschutzes | Indikationen und Besonderheiten |
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(Hib) |
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(HA) |
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(HB) |
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Herpes zoster |
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Humanes Papillomvirus (HPV) |
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Impfungen I–O
Impfungen I–O | Impfstoff | Applikationsart | Zeitraum des Impfschutzes | Indikationen und Besonderheiten |
---|---|---|---|---|
Influenza |
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| ||||
Japanische Enzephalitis |
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Masern |
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Impfungen P–R
Impfungen P–R | Impfstoff | Applikationsart | Zeitraum des Impfschutzes | Indikationen und Besonderheiten |
---|---|---|---|---|
|
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Pneumokokken |
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Poliomyelitis |
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Röteln |
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Rotavirus (RV) |
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Impfungen S–Z
Impfungen S–Z | Impfstoff | Applikationsart | Zeitraum des Impfschutzes | Indikationen und Besonderheiten |
---|---|---|---|---|
Tetanus |
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Tollwut |
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| |
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| ||
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Varizellen |
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Generell werden Lebendimpfstoffe primär subkutan und Totimpfstoffe primär intramuskulär appliziert.
Impfstoffe ohne Impfempfehlung in Deutschland
-
BCG-Lebendimpfstoff gegen Tuberkulose: Zur intradermalen Applikation
- Seit 1998 in Deutschland keine Empfehlung mehr für die Tuberkulose-Impfung
- In Deutschland ist aktuell kein BCG-Impfstoff zugelassen
- Impfung gegen Dengue-Fieber (Dengvaxia®----------) [7]
- Bisher nur in einzelnen Endemieländern zugelassen (nicht zugelassen in Deutschland)
- Nicht geeignet als Reiseimpfung
- Menschen, die noch nie Dengue-Fieber hatten und geimpft werden, erkranken bei Neuinfektion oft schwerer als Ungeimpfte
- Bei Patienten, die bereits eine Dengue-Infektion hatten, wird durch die Impfung i.d.R. ein anhaltender Schutz erreicht
- Pocken-Lebendimpfstoff: Zur s.c. Applikation ab 18 Jahren (Imvanex®--------)
- Anthrax-Totimpfstoff: Zur i.m. oder s.c. Applikation ab 18 Jahren (BioThrax®---------)
Besondere Impfungen
Pneumokokkenimpfung[3]
- Die STIKO empfiehlt im Impfkalender die Pneumokokkenimpfung allen Kindern im Rahmen der Grundimmunisierung sowie allen Personen >60 Jahren als Standardimpfung
- Impfstoff: Zwei Totimpfstoffe stehen zur Auswahl
- Polyvalenter Polysaccharidimpfstoff (PPSV23: gegen 23 Pneumokokkensubtypen)
- Polyvalenter Konjugatimpfstoff (PCV13: gegen 13 Pneumokokkensubtypen)
- Grundimmunisierung
- Reifgeborene Säuglinge 6 Wochen bis 6 Monate: 3 Impfungen im Kindesalter mit PCV13 (1. Impfung im Alter von 2 Monaten, 2. Impfung im Alter von 4 Monaten, 3. Impfung im Alter von 11–14 Monaten), siehe auch: Impfkalender
- Frühgeborene (<37. SSW) erhalten eine zusätzliche Impfung mit 3 Monaten (insgesamt also 4 Impfungen)
- Auffrisch-/Nachholimpfung
- Auffrischimpfungen sind nicht generell empfohlen
- Bei Personen >60 Jahre und/oder mit erhöhtem Risiko: Nachhol- bzw. Auffrischimpfung nach Indikation (s.u.)
- Sequentielle Impfung: Initial Impfung mit PCV13, nach 6–12 Monaten Impfung mit PPSV23
- Standardimpfung
- Indikationsimpfungen
- Bei angeborener oder erworbener Immunsuppression bzw. Immundefizienz (bspw. Asplenie, immunsuppressive Therapie): Sequentielle Impfung
- Bei immunkompetenten Patienten mit Grunderkrankung (bspw. chronische Erkrankung des Herzens oder der Lunge)
- Alter 2–15 Jahre: Sequentielle Impfung (wenn sie nicht bereits eine Grundimmunisierung mit PCV13 erhalten haben)
- Alter ≥16 Jahre: Impfung mit PPSV23
- Bei anatomischen oder Fremdkörper-assoziierten Risiken für eine Pneumokokkenmeningitis (bspw. Cochleaimplantat, Liquorfistel): Sequentielle Impfung
- Berufsbedingte Impfung
Sequenzielle Pneumokokken-Indikationsimpfung je nach Impfstatus (ab dem Alter von 2 Jahren) [8]
Impfstatus | Empfohlenes Impfschema | PPSV23-Wiederholungsimpfung im Abstand von mind. 6 Jahren zur letzten PPSV23-Impfung | |
---|---|---|---|
1. Impfung | 2. Impfung | ||
Keine Impfung | PCV13 | PPSV23 im Abstand von 6–12 Monaten | Ja, in allen Fällen! |
PCV13 | PPSV23 im Abstand von 6–12 Monaten | entfällt | |
PCV7 oder 10 | PCV13 | PPSV23 im Abstand von 6–12 Monaten | |
PPSV23 vor <6 Jahren | PCV13 im Abstand von 12 Monaten | PPSV23 im Abstand von 6 Jahren zur letzten PPSV23-Impfung | |
PPSV23 vor ≥6 Jahren | PCV13 | PPSV23 im Abstand von 6–12 Monaten | |
PCV13 + PPSV23 | entfällt | entfällt |
Impfung gegen Japanische Enzephalitis
- Indikation: Keine generelle Impfempfehlung
- Impfstoff: Totimpfstoff (siehe auch: Impfstoff gegen Japanische Enzephalitis)
- Reiseimpfung
- Aufenthalt in Endemiegebieten, insb. bei Aktivitäten in den Abendstunden
- Region: Südostasien
- Grundimmunisierung: 2 Impfdosen an Tag 0 und 28
- Auffrischimpfung: Nach 1–2 Jahren
Du kannst dir den aktuellen AMBOSS-Impfkalender als PDF-Dokument unter "Tipps & Links" (ganz unten in diesem Kapitel) oder unter www.miamed.de/impfkalender herunterladen!
Reiseimpfungen Übersicht
Reiseimpfungen | Typisches Vorkommen | Weiterführende Inhalte |
---|---|---|
Cholera |
| |
FSME |
| |
Gelbfieber |
| |
Hepatitis A |
| |
Japanische Enzephalitis |
| |
Meningokokken (ACWY) |
| |
Poliomyelitis |
| |
Tollwut |
| |
Typhus |
|
Internationaler Impfausweis (Impfpass)
Dokumentation
- Übersicht über alle bisher erfolgten Impfungen einer Person
- Vermeiden überflüssiger Impfungen
- Rechtzeitige Durchführung fälliger Impfungen
- Was muss immer aufgeführt werden?
- Chargennummer
- Bezeichnung des Impfstoffs (Handelsname)
- Impfdatum
- Krankheit, gegen die geimpft wird
- Außerdem immer: Stempel und Unterschrift des Arztes
Inhalt
- Gängige Reihenfolge des Inhalts
- Gelbfieberimpfung
- Impfungen für Säuglinge und Kinder
- Impfungen für Jugendliche
- Standardimpfungen für Erwachsene
- Impfungen gegen Influenza
- Indikations- und Reiseimpfungen
- Ergebnisse von Antikörperuntersuchungen (Hep. A und B, Röteln) und Tuberkulinproben
- Passive Immunisierungen
- Bestandteile eines Eintrags
- Chargenaufkleber (Vignetten): Enthalten Chargenbezeichnung, Handelsname , evtl. Hersteller und Dosis
- Angaben zum Impfenden (für Rückfragen): Name und Stempel des Arztes, Datum der Impfung
Gängige Abkürzungen von Impfungen und Handelsnamen
Abkürzung | Bedeutung | Beispiel für Handelsnamen |
---|---|---|
T | Tetanus | Tetanol pur®---- |
aP oder ap | Pertussis | PaCO Mérieux®-------- |
D oder d | Diphtherie | Diphtherie-Adsorbat-Impfstoff Behring |
DT oder Td | Td-pur®---- | |
DTaP oder Tdap | Boostrix®--------- | |
IPV | Imovax Polio®------ | |
Tdap-IPV | Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Poliomyelitis | Repevax®-------- |
Td-IPV | Tetanus, Diphtherie, Poliomyelitis | Revaxis®-------- |
Hib | Haemophilus influenzae Typ b | Act-Hib®---- |
DTaP-HepB-IPV + Hib | Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Hepatitis B, Poliomyelitis, Haemophilus influenzae Typ b | Infanrix®--------- |
MMR | Priorix®-------- | |
MMR-V | Priorix-Tetra®------ | |
FSME | Frühsommer-Meningoenzephalitis | Encepur®-------- |
HPV | Humane Papillomviren | Gardasil®---------9 |
Beurteilung der Wirksamkeit eines Impfstoffes
Die Wirksamkeit einer Impfung kann formal über epidemiologische Maßzahlen angegeben werden. [9]
- Vaccine Efficacy: Wirksamkeit einer Impfung unter Studienbedingungen (Idealbedingungen)
- Erhebung: I.d.R. im Rahmen einer randomisierten kontrollierten Studie
- Vaccine Effectiveness (Impfeffektivität): Wirksamkeit einer Impfung unter Normalbedingungen
- Erhebung: Prospektiv möglich, i.d.R. aber retrospektiv
- Berechnung
- Ansatz: Bestimmung der relativen Risikoreduktion, die durch die Impfung erreicht wird
- Formel: Relative Risikoreduktion = (Erkrankungsrisiko der ungeimpften Gruppe - Erkrankungsrisiko der geimpften Gruppe) / Erkrankungsrisiko der ungeimpften Gruppe = 1 - Relatives Risiko (RR)
- Ersatzweise Berechnung über die Odds: : (Odds der ungeimpften Gruppe - Odds der geimpften Gruppe) / Odds der ungeimpften Gruppe = 1 - Odds Ratio