Zusammenfassung
Die Lymphknoten sind die „Filterstationen“ des Lymphsystems und an der Aktivierung des Immunsystems beteiligt. Eine Lymphknotenschwellung findet sich daher in erster Linie im Rahmen von Entzündungen sowie bei malignen Erkrankungen. Benigne Ursachen sind zwar wesentlich häufiger, maligne Ursachen müssen jedoch aufgrund ihrer schwerwiegenden Konsequenzen immer mitbedacht werden. Hierbei spielt die klinische Untersuchung die wichtigste Rolle. Ist ein Lymphknoten akut schmerzhaft vergrößert und liegen Zeichen für eine lokale oder systemische Infektion vor, spricht dies eher für eine infektiöse/benigne Lymphknotenschwellung. Bei einer schmerzlosen, progredienten Lymphknotenschwellung ist ein malignes Geschehen zu bedenken. Weiterführende Diagnostik (z.B. Serologien, Bildgebung) ist bei Unklarheiten bzgl. der Diagnose und der therapeutischen Konsequenz indiziert. Lässt sich eine Malignität nicht sicher ausschließen, muss die Exstirpation und histologische Untersuchung des bzw. eines der betroffenen Lymphknoten erfolgen.
Pathophysiologie
- Physiologische Funktionen von Lymphknoten
- „Filterstation“ des Lymphsystems: Makrophagen innerhalb des Lymphknotens phagozytieren Bakterien, virusinfizierte Zellen, maligne entartete Zellen und Fremdpartikel
- Aktivierung des Immunsystems: Antigen-Präsentation mit folgender Vermehrung und Differenzierung von Lymphozyten (B- und T-Zellen)
- Aufbau physiologischer Lymphknoten
- Lymphknotenstationen
- Regionäre Lymphknoten: Erhalten und filtern die Lymphe direkt aus einem umschriebenen Gebiet
- Sammellymphknoten: Erhalten bereits „gefilterte“ Lymphe aus den vorgeschalteten regionären Lymphknoten
- Lymphgefäß-Hauptstämme
- Von den Lymphknoten gelangt die Lymphe in größere Lymphgefäße, die sie in Richtung der beiden Lymphgefäß-Hauptstämme bringt:
- Ductus thoracicus: Sammelt Lymphe aus allen Körperregionen mit Ausnahme des rechten Armes, der rechten Thoraxhälfte und des rechten Kopf-Hals-Bereichs
- Ductus lymphaticus dexter: Sammelt Lymphe aus dem Bereich des rechten Armes, der rechten Thoraxhälfte und des rechten Kopf-Hals-Bereichs
- Von den Lymphknoten gelangt die Lymphe in größere Lymphgefäße, die sie in Richtung der beiden Lymphgefäß-Hauptstämme bringt:
- Pathophysiologie einer Lymphknotenvergrößerung
- Proliferation und Ansammlung von Zellen des Immunsystems im Rahmen einer lokalen/systemischen Entzündungsreaktion
- Maligne Proliferation von Zellen, die sich im entsprechenden Lymphknoten abgesiedelt haben
- Speicherkrankheiten: Ablagerung von Stoffwechselprodukten
Diagnostik
Der Vorstellungsgrund „tastbare Schwellung“ (wie ein vergrößerter Lymphknoten) ist eine häufige klinische Situation, die mit großen Ängsten verbunden sein kann. Die überwiegende Anzahl von Lymphknotenvergrößerungen ist zwar benigner Natur, die Herausforderung besteht allerdings darin, übertriebene Ängste zu reduzieren und gleichzeitig die seltenen malignen Fälle zu erkennen!
Anamnese bei Lymphknotenschwellung
- Dauer der Lymphknotenveränderung
- Schmerzhaftigkeit
- Begleitsymptome
- Akutes Fieber, Hautveränderungen
- Verletzungen/Entzündungen im Lymphknoten-Zustromgebiet
- B-Symptome (Gewichtsverlust, rezidivierendes/intermittierendes Fieber, Nachtschweiß)
- Grunderkrankungen
- Medikamenteneinnahme
- Reise- und Impfanamnese
- Sexual- und Drogenanamnese
- Kontakt mit Tieren
Körperliche Untersuchung bei Lymphknotenschwellung
- Allgemeine körperliche Untersuchung
- Untersuchung aller peripheren Lymphknotenstationen
- Inspektion
- Sichtbare Vergrößerung?
- Lokale Rötung?
- Zeichen einer Lokalinfektion/Verletzung im Abflussgebiet?
- Zeichen einer Lymphangitis?
- Palpation
- Vorsichtig mit den Fingerspitzen
- Zur Abgrenzung von umliegenden Strukturen (z.B. Muskeln und Sehnen) sollte die Untersuchungsregion entspannt sein
- Einschätzung von Größe, Dolenz, Konsistenz, Verschieblichkeit und ggf. Progress im zeitlichen Verlauf
- Unterscheidung zwischen lokalisierter und generalisierter Lymphknotenschwellung
- Inspektion
- Vollständige HNO-ärztliche Untersuchung bei zervikaler Lymphadenopathie
- Inspektion der Mundschleimhaut sowie des Rachens
- Lupenlaryngoskopie zur Beurteilung von Hypopharynx und Larynx
- Nasen-/Nasenrachenendoskopie
- Ohrmikroskopie
- Palpation des äußeren Halses
Jeder tastbare Lymphknoten gilt als vergrößert!
Charakteristika benigner und maligner Lymphknotenschwellungen | ||
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Charakteristika | Aspekt bei wahrscheinlich benigner bzw. entzündlicher Ursache | Aspekt bei wahrscheinlich maligner Ursache |
Dolenz | Dolent | Häufig indolent |
Konsistenz | Weich | Häufig derb |
Verschieblichkeit | Gut | Häufig schlecht |
Hinweise aufgrund der Lokalisation | Zervikal , inguinal | Zervikal , supraklavikulär, axillär |
Auftreten und Progress | Akutes Auftreten ohne langfristig progrediente Vergrößerung | Langsame Entstehung mit progredienter Vergrößerung |
Weiteres Vorgehen [1]
Nicht malignitätsverdächtige Lymphknotenschwellung
- Akut aufgetretene, schmerzhafte (lokale oder systemische) Lymphknotenschwellung, die mit einer Verletzung/Infektion in Zusammenhang gebracht werden kann
- Klinische Diagnose und/oder fehlende therapeutische Konsequenz (z.B. Pharyngitis, Herpes labialis): I.d.R. keine weitere Diagnostik erforderlich
- Bei Unklarheit bzgl. Diagnose und therapeutischer Konsequenz: Labordiagnostik
- Entzündungsparameter bei schwerer Entzündungsreaktion
- Erreger-/Infektionsnachweis (PCR, Kultur, Serologien) bei V.a. Infektion (z.B. EBV, Syphilis, HIV, Toxoplasmose)
- Bei schwerer Entzündungsreaktion mit V.a. bakterielle Genese: Ggf. empirische antibiotische Therapie [2]
- Lokale Lymphknotenschwellung, die seit längerer Zeit besteht und nicht progredient ist
- I.d.R. keine weitere Diagnostik erforderlich
Malignitätsverdächtige Lymphknotenschwellung
- Indikation: Generalisierte oder lokale, schmerzlose Lymphknotenschwellung, die langsam progredient ist, oder bei jeglicher Form von unklarer Lymphknotenschwellung mit Malignitätsverdacht
- Labordiagnostik: Blutbild mit Differenzialblutbild, Leber- und Nierenwerte, ggf. Tuberkulose-Abklärung, ggf. Blutausstrich, ggf. LDH und Harnsäure
- Bildgebung
- Sonografie
- Abgrenzung von Lymphknotenschwellungen gegenüber anderen Pathologien wie Zysten o.ä.
- Hinweise auf Genese der Lymphknotenschwellung
- Entzündlich veränderter/physiologischer Lymphknoten: Meist homogen, glatt begrenzt, länglich , echoreiches Hiluszeichen vorhanden , radspeichenartiges Gefäßmuster , elastografisch weich
- Maligne veränderter Lymphknoten: Oft inhomogen, kugelig , unscharf begrenzt, Hiluszeichen fehlend , echoarm, Kapselruptur mit Infiltration umliegender Strukturen , zentrale Nekrosen, heterogenes Vaskularisationsmuster, elastografisch hart
- Maligne Lymphome: Kräftiger Hilus mit zahlreichen Gefäßen, intakte Kapsel, „perlschnurartige“ Ansammlung/Konglomerate vieler Lymphknoten nebeneinander
- Röntgen-Thorax
- Indikation: Bei unklarer, generalisierter Lymphknotenvergrößerung zur Beurteilung der mediastinalen Lymphknoten und bei V.a. eine Tuberkulose
- Befund: Ein verbreitertes oberes Mediastinum, vergrößerte Hili, ein verbreiterter paratrachealer Streifen oder ein nach lateral konvexes aortopulmonales Fenster können auf eine Lymphknotenvergrößerung hinweisen
- Ggf. CT/MRT mit Kontrastmittel zur weiteren Abklärung und ggf. Primariussuche
- Sonografie
- Primariussuche bei zervikaler Lymphadenopathie
- Vollständige HNO-ärztliche Untersuchung, inkl. 90°-Lupen-Pharyngo-Laryngoskopie sowie Nasenracheninspektion
- Panendoskopie in Vollnarkose
- Histopathologische bzw. zytologische Untersuchung [3]
- Indikation: Malignität des Lymphknotens anhand der klinischen Untersuchung, Bildgebung und Labordiagnostik nicht sicher auszuschließen und kein Hinweis auf verdächtigen Primarius
- Feinnadelaspiration: Zytologische Beurteilung zur Abschätzung, ob es sich eher um einen benignen oder malignen Prozess handelt
- Ablauf
- Ultraschallgesteuerte Punktion mit Nadel und 10-mL-Spritze
- Mittels Punktionsnadel wird die Raumforderung angestochen und Zellen zur Untersuchung ruckartig aspiriert
- Unter Aufrechterhaltung des Sogs fächerförmiges Vor- und Rückziehen der Nadel
- Zurückgleiten des Spritzenkolbens und Herausziehen der Nadel
- Lumen der Nadel enthält das verwertbare Zellmaterial
- Nachteile
- Häufig erschwerte Beurteilungsmöglichkeiten
- Erfahrener Zytopathologe erforderlich
- Ablauf
- Grobnadel-Stanzbiopsie: Beurteilung von zusammenhängendem Gewebe
- Ablauf
- Kleine Hautinzision in örtlicher Betäubung
- Ultraschallgesteuertes Einführen des Stanzbiopsiegeräts mit Stanznadel in die Raumforderung
- Auslösen der Stanzbiopsie
- Mehrere Stanzbiopsien empfohlen zur Verbesserung der Trefferwahrscheinlichkeit
- Nachteile: Periprozedurale Verletzung umliegender Gefäße möglich
- Ablauf
- Exstirpation: Komplette Entnahme des Lymphknotens mitsamt der Kapsel
- Indikation: Malignität des Lymphknoten anhand von klinischer Untersuchung, Bildgebung, Labordiagnostik sowie Feinnadelaspiration bzw. Stanzbiopsie nicht sicher auszuschließen
- Vorteile
- Beste Beurteilungsverhältnisse für den Pathologen
- Ausreichend Material vorhanden zur kompletten immunhistochemischen Beurteilung
- Nachteile
- Operativer Eingriff, meist in Vollnarkose
- Verletzung umliegender Strukturen
- Ggf. weitere Untersuchungen: Bei unklarer Genese der Lymphknotenschwellung (z.B. bei uneindeutiger Histologie) oder V.a. Leukämie
- Immunhistochemische Untersuchungen
- Knochenmarksbiopsie
Differenzialdiagnosen
Differenzialdiagnostische Grundüberlegungen
Zur Einordnung der Lymphknotenvergrößerung können folgende Aspekte hilfreich sein:
- Ausbreitung
- Generalisiert
- Virale Infektionen: Mononukleose, CMV, HIV, Mumps, Masern, Röteln, Varizellen
- Bakterielle Infektionen: Tuberkulose, Listeriose, Brucellose, Syphilis
- Parasitäre Infektionen: Toxoplasmose, Malaria, Schistosomiasis
- Neoplastische Erkrankungen: Maligne Lymphome (NHL, Hodgkin-Lymphom), Leukämien
- Sarkoidose
- Lokalisiert
- Generalisiert
- Beschaffenheit
- Weich, verschieblich, dolent → Höchstwahrscheinlich benigne
- Derb, nicht/gering verschieblich, indolent → Möglicherweise maligne (Ausnahmen: Tuberkulose, Sarkoidose)
- Zeichen für einen Infekt
- Lokal (um den Lymphknoten selbst und im zugehörigen Abflussgebiet): Rötung, Schwellung, Verletzung/Wunde
- Systemisch: Fieber, Hautausschlag, Entzündungsparameter↑
Differenzialdiagnosen nach Ausbreitung und Dolenz des Lymphknotenbefundes
Von einer generalisierten Lymphadenopathie spricht man, wenn ≥2 nicht benachbarte Lymphknotenstationen betroffen sind!
Differenzialdiagnosen nach Lokalisation der vergrößerten Lymphknoten
Differenzialdiagnosen von Lymphknotenschwellungen der Zervikalregion | |||
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Lymphknotengruppe | Palpationsort | Drainagegebiet | Mögliche Verdachts-/Differenzialdiagnosen bei lokalisierter Lymphadenopathie |
Retroaurikuläre LK | Im Bereich des Proc. mastoideus | Hinterkopf, Scheitel, Ohrmuschel | Röteln |
Präaurikuläre LK | Vor dem Tragus | Parotis, Nase, Augenlider | Herpes zoster, Konjunktivitis, sonstige Lokalinfektionen im Einzugsgebiet |
Submandibuläre LK | Im Bereich des Kieferwinkels und zwischen Kinn und Kieferwinkel | Zunge, Zahnfleisch, Wange, Lippen | Tumoren der Mundhöhle, Tonsillitis |
Submentale LK | Unterhalb des Kinns | Mundboden, Zunge, Unterlippe | Tumoren der Mundhöhle, Lokalinfektion im Einzugsgebiet |
Nuchale/okzipitale LK | Im Bereich des Nackens und Hinterkopfes | Hinterkopf, Nacken | Lokalinfektionen der Kopfhaut, Röteln, Masern |
Tiefe Hals-LK | Ventral und dorsal des M. sternocleidomastoideus | Drainage der Lymphe aller oberflächlichen Gruppen | Lokalinfektion im gesamten Einzugsgebiet, Tumorerkrankungen im Kopf-/Hals-Bereich |
LK des lateralen Halsdreieckes | Im Dreieck zwischen M. sternocleidomastoideus, M. trapezius und Clavicula | Nacken und seitlicher Hals | Lokalinfektion im gesamten Einzugsgebiet |
Supraklavikuläre LK | Oberhalb der Clavicula | Arme, Kopf-/Hals-Bereich, Brust und Brustwand | Häufig Malignom-assoziiert: Bronchien, Ösophagus, GI-Trakt |
Differenzialdiagnosen von Lymphknotenschwellungen der Axillarregion | |||
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Lymphknotengruppe | Palpationsort | Drainagegebiet | Mögliche Verdachts-/Differenzialdiagnosen bei lokalisierter Lymphadenopathie |
LK der zentralen Gruppe | Axillabasis | Zusammenfluss der Lymphe der Axilla | Lokalinfektion im gesamten Einzugsgebiet, Mammakarzinom |
LK der anterioren (pektoralen) Gruppe | Vordere Axillarfalte | Brust und Brustwand | |
LK der posterioren (subskapulären) Gruppe | Hintere Axillarfalte | Arm und hintere Brustwand | Lokalinfektionen der oberen Extremität/Brustwand |
LK der lateralen (brachialen) Gruppe | Medialer proximaler Oberarm | Großteil des Armes | Lokalinfektion der oberen Extremität |
LK der apikalen (subklavikulären) Gruppe | Infraklavikulär | Drainage aller o.g. axillären Lymphknotengruppen vor Einmündung in den Venenwinkel | Lokalinfektion im gesamten Einzugsgebiet, Mammakarzinom |
Differenzialdiagnosen von Lymphknotenschwellungen der Inguinalregion | |||
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Lymphknotengruppe | Palpationsort | Drainagegebiet | Mögliche Verdachts-/Differenzialdiagnosen bei lokalisierter Lymphadenopathie |
LK der horizontalen Gruppe | Unterhalb des Leistenbandes | Bauchwand, Rücken, Teile des äußeren Genitale | Lymphogranuloma venereum, Herpes genitalis, Ulcus molle, Syphilis |
LK der vertikalen Gruppe | Medialer Oberschenkel (Trigonum femorale), parallel zum Mündungsgebiet der V. saphena magna in die V. femoralis | Untere Extremität | Oberflächliche Lokalinfektionen der unteren Extremität |
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Zervikale Lymphadenektomie
Allgemeines [7][8]
- Definition: Entfernung eines/mehrerer Lymphknoten am Hals zur histopathologischen Untersuchung
- Level zervikaler Lymphknoten: Topografische Einteilung der zervikalen Lymphknoten in Level [7]
- Level I: Submentale und submandibuläre Lymphknoten
- Level Ia: Lymphknoten zwischen dem Venter anterior des M. digastricus, Zungenbein und der medianen Halsebene
- Level Ib: Lymphknoten zwischen dem vorderen und hinteren Bauch des M. digastricus, vor dem M. stylohyoideus und kaudal des Corpus mandibulae
- Level II: Lymphknoten zwischen dem Hinterrand des M. stylohyoideus und dem Hinterrand des M. sternocleidomastoideus sowie kaudal der Schädelbasis. Die kaudale Grenze ist der Unterrand des Zungenbeins bzw. die Karotisbifurkation („obere Jugulariskette“)
- Level IIa: Vor (medial) dem N. accessorius
- Level IIb: Hinter (lateral) dem N. accessorius
- Level III: Lymphknoten vom Unterrand des Zungenbeins (bzw. Karotisbifurkation) bis zum kaudalen Ende des Ringknorpels (bzw. Kreuzung des M. omohyoideus mit der V. jugularis interna) und vom M. sternohyoideus bis zum Hinterrand des M. sternocleidomastoideus („mittlere Jugulariskette“)
- Level IV: Lymphknoten vom Unterrand des Ringknorpels (bzw. Kreuzung des M. omohyoideus mit der V. jugularis interna) bis zur Clavicula und vom M. sternohyoideus bis zum Hinterrand des M. sternocleidomastoideus („untere Jugulariskette“)
- Level V: Lymphknoten des hinteren Halsdreiecks zwischen Hinterrand des M. sternocleidomastoideus und Vorderrand des M. trapezius inkl. okzipitaler Lymphknoten
- Level Va: Kranial einer gedachten Linie des Unterrandes vom Ringknorpel
- Level Vb: Kaudal einer gedachten Linie des Unterrandes vom Ringknorpel
- Level VI: Prä- und paralaryngeale sowie paratracheale und perithyreoidale Lymphknoten (vom Zungenbein bis zum Jugulum) in der Medianebene des Halses, die lateral von den Aa. carotides communes begrenzt werden.
- Level I: Submentale und submandibuläre Lymphknoten
Operative Verfahren [7]
- Singuläre Lymphknotenexstirpation
- Bei persistierenden, therapierefraktären Lymphknotenschwellungen unklarer Dignität
- Neck Dissection
- Radikale Neck Dissection
- Ausräumung der Lymphknoten im Level I–V am Hals sowie Resektion von M. sternocleidomastoideus, N. accessorius und V. jugularis interna
- Hohe Morbidität
- Meist nur noch im Rahmen von ausgedehnten Tumorresektionen
- Modifiziert radikale Neck Dissection
- Ausräumung der Lymphknoten im Level I–V am Hals unter Erhalt einer oder mehrerer nicht-lymphatischer Strukturen (M. sternocleidomastoideus, N. accessorius und/oder V. jugularis interna)
- Reduzierte Morbidität
- Meist bei V.a. zervikale Lymphknotenmetastasen
- Selektive Neck Dissection
- Ausräumung von Lymphknoten am Hals in weniger als 5 Leveln
- Deutlich reduzierte Morbidität
- Radikale Neck Dissection
OP-Vorbereitung [9]
- Narkoseverfahren: Meist in Intubationsnarkose, aber bei superfizieller Lage auch in Lokalanästhesie möglich
- Rückenlage mit Kopfreklination und Kopfdrehung zur kontralateralen Seite
- Applikation des Lokalanästhetikums entlang des geplanten Hautschnittes
- Steriles Abwaschen und Abdecken des OP-Gebietes
- Anatomische Landmarken einzeichnen je nach Lage des Lymphknotens: Prominentia laryngea, Mastoid, Mandibula, Jugulum, Vorderrand des M. sternocleidomastoideus sowie Clavicula
Singuläre Lymphknotenexstirpation [9]
- Zervikaler Hautschnitt entlang der Hautspannungslinien („relaxed skin tension lines“) je nach Lage des Lymphknotens
- Durchtrennung des subkutanen Fettgewebes, des Platysma und der oberflächlichen Halsfaszie
- Lösen des Lymphknotens aus dem zervikalen Fett durch stumpfes Aufspreizen
- Bei submandibulären Lymphknoten: Gefahr der Nervenläsion des R. marginalis des N. fazialis
- Im hinteren seitlichen Halsdreieck: Gefahr der Nervenläsion des N. accessorius
- Herausluxieren und Entnahme des Lymphknotens nach Koagulation der einstrahlenden Gefäße
- Kein Quetschen des Lymphknotens mit Instrumenten
- Subtile Blutstillung, Einlage einer Redondrainage und mehrschichtiger Wundverschluss, ggf. mit Platysmanaht
Modifiziert radikale Neck Dissection [9][10][11]
- Hautinzision entlang des Vorderrandes des M. sternocleidomastoideus, bogenförmig auslaufend Richtung Jugulum
- Ggf. Entlastungsschnitt der Haut bogenförmig nach submandibulär auslaufend, insb. bei V.a. Lymphknotenmetastasen im Level I
- Durchtrennung des subkutanen Fettgewebes und Platysma zur Bildung eines Haut-Platysma-Lappens; dabei Schonung des N. auricularis magnus sowie der V. jugularis externa soweit möglich
- Inzision der oberflächlichen Halsfaszie am Vorderrand des M. sternocleidomastoideus und scharfe Präparation entlang der Muskelunterseite („unwrapping the fascia“)
- Level II–IV
- Darstellung des Venter posterior des M. digastricus
- Stumpfes Darstellen des N. accessorius im kranialen Anteil des M. sternocleidomastoideus
- Exstirpation des Fettgewebes im Level IIb (zwischen Schädelbasis und M. sternocleidomastoideus) und kaudalwärts Schlagen des Präparates unter dem N. accessorius („Pull-through-Technik“)
- Darstellung und Skelettierung der V. jugularis interna durch Inzision und Ablösung der Vagina carotica
- Ablösung des Fett-Lymphknoten-Pakets von der Gefäß-Nerven-Scheide und der tiefen Halsfaszie nach kaudal unter Lateralisation des M. sternocleidomastoideus
- Erhaltung des M. omohyoideus, falls möglich
- Kaudale Absetzung des Fett-Lymphknoten-Pakets en bloc mittels Ligatur kranial der Clavicula
- Cave: Gefahr der Verletzung des Ductus thoracicus auf der linken Halsseite
- Level V
- Mobilisation des lymphknotenhaltigen Fettgewebes bis zum Vorderrand des M. trapezius
- Schonung des im lateralen Bereich oberflächlich verlaufenden N. accessorius
- Dorsolaterale Absetzung mittels Ligatur und Klemme
- Level I
- Ggf. Neuromonitoring des N. facialis sinnvoll
- Darstellung des N. hypoglossus und Skelettierung der V. fazialis
- Präparation des Weichgewebes zwischen den Bäuchen des M. digastricus und der Mandibula
- Schonung des R. marginalis des N. fazialis durch Darstellung der V. fazialis, die ligiert und nach kranial geschlagen wird
- Bei onkologischer Indikation zur Neck Dissection sollte die Gl. submandibularis mitentfernt werden
- Subtile Blutstillung und Spülung der Wunde
- Einlage einer Redon-Saug-Drainage und Fixierung an der Haut
- Mehrschichtiger Wundverschluss mit Platysmanaht
Nachsorge [9]
- Redondrainage für 2–3 Tage, je nach Fördermenge
- Fadenzug nach etwa 7– 10 Tagen
- Keine standardmäßige antibiotische Therapie
- Postoperative stationäre Überwachung zur Larynxkontrolle
Komplikationen und Risiken [8]
- Wundinfektion
- Hyp-/Anästhesie zervikal, insb. im Bereich des Lobulus bei Verletzung des N. auricularis magnus
- Nervenläsion
- Verletzung der großen Halsgefäße (A. carotis und V. jugularis interna)
- Hämatom-/Ödembildung mit konsekutiver Verlegung des Kehlkopfes
- Lymphödeme
- Chylusfistel
- Pleuraverletzung, evtl. mit Pneumothorax (sehr selten)
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
R59.-: Lymphknotenvergrößerung
- Inklusive: Drüsenschwellung
- Exklusive:
- R59.0: Lymphknotenvergrößerung, umschrieben
- R59.1: Lymphknotenvergrößerung, generalisiert
- Lymphadenopathie o.n.A.
- R59.9: Lymphknotenvergrößerung, nicht näher bezeichnet
L04.-: Akute Lymphadenitis
- Inklusive: Abszess (akut); Lymphadenitis, akut
- Exklusive:
- L04.0: Akute Lymphadenitis an Gesicht, Kopf und Hals
- L04.1: Akute Lymphadenitis am Rumpf
- L04.2: Akute Lymphadenitis an der oberen Extremität
- L04.3: Akute Lymphadenitis an der unteren Extremität
- Hüfte
- L04.8: Akute Lymphadenitis an sonstigen Lokalisationen
- L04.9: Akute Lymphadenitis, nicht näher bezeichnet
I88.-: Unspezifische Lymphadenitis
- Exklusive: Akute Lymphadenitis, ausgenommen mesenterial (L04.‑), Generalisierte Lymphadenopathie infolge HIV-Krankheit (B23.8), Lymphknotenvergrößerung o.n.A. (R59.‑)
- I88.0: Unspezifische mesenteriale Lymphadenitis
- Mesenteriale Lymphadenitis (akut) (chronisch)
- I88.1: Chronische Lymphadenitis, ausgenommen mesenterial
- Adenitis
- Lymphadenitis
- I88.8: Sonstige unspezifische Lymphadenitis
- I88.9: Unspezifische Lymphadenitis, nicht näher bezeichnet
- Lymphadenitis o.n.A.
B23.-: Sonstige Krankheitszustände infolge HIV-Krankheit [Humane Immundefizienz-Viruskrankheit]
- B23.8: Sonstige näher bezeichnete Krankheitszustände infolge HIV-Krankheit
- (Persistierende) generalisierte Lymphadenopathie
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.