Abstract
Die systemischen Veränderungen im Rahmen einer Arteriosklerose betreffen neben den peripheren Gefäßen (pAVK), Herzkranz- (KHK) und Hirngefäßen auch Arterien des Bauchraums. Bei Einengung der Mesenterialgefäße kommt es typischerweise im Anschluss an die Nahrungsaufnahme zu rezidivierenden dumpfen Bauchschmerzen. Durch Fortschreiten des chronischen Verschlusses oder akute thromboembolische Ereignisse (meist kardialer Genese) kann zudem eine akute Mesenterialischämie entstehen.
Der Mesenterialinfarkt ist ein höchst bedrohliches Krankheitsbild und nimmt einen typischen stadienhaften Verlauf: Im etwa 6 h andauernden Initialstadium treten stärkste (ischämiebedingte) Abdominalschmerzen auf, an die sich eine meist symptomarme Phase mit Absterben des Darms und Durchwanderungsperitonitis anschließt. Diese Phase wird auch „fauler Frieden“ genannt. Im Spätstadium (>12 h) entwickelt sich dann ein akutes Abdomen mit stärksten Schmerzen, blutigen Durchfällen und paralytischem Ileus.
Diagnostisch steht die bildgebende Darstellung der Stenose oder des Verschlusses im Vordergrund – idealerweise mittels CT-Angiografie. Aufgrund der anatomischen Verhältnisse ist meist die A. mesenterica superior betroffen. Laborchemisch gibt es im Frühstadium keine verlässlichen Parameter, erst später steigen Entzündungswerte oder Parameter des Zelluntergangs an.
Die Therapie bei der chronischen Verschlusskrankheit besteht zum einen in einer schonenden Diät, zum anderen kann eine interventionelle oder operative Revaskularisationstherapie indiziert sein (z.B. PTA oder Bypass-OP). Beim akuten Mesenterialinfarkt hingegen ist ein schnelles Vorgehen indiziert, da die Ischämietoleranz des Darms nur bei etwa 6 h liegt. Ein Verdacht sollte also zügig durch bildgebende Verfahren bestätigt oder ausgeschlossen werden. Eine akute Mesenterialischämie stellt eine absolute Notfallindikation für die interventionelle bzw. operative Therapie dar und hat selbst bei schneller Versorgung eine schlechte Prognose.
Epidemiologie
- Allgemein [1]
- Insg. steigende Fallzahlen durch höhere Lebenserwartung und steigende Zahl an Bildgebungen
- Trotz zunehmender Häufigkeit relativ selten abdominelle Beschwerden bei chronischen Prozessen
- Einem akuten Abdomen liegt in ca. 1% der Fälle eine mesenteriale Ischämie zugrunde
- Akuter Mesenterialarterienverschluss [2][3][4][5]
- Altersgipfel: 45–70 Jahre
- Geschlechterverteilung: ♀ > ♂
- 20% zeigen Schocksymptomatik
- Ursachen einer akuten Mesenterialischämie
- Embolie einer Mesenterialarterie: Ca. 50%
- Thrombose einer Mesenterialarterie: Ca. 25%
- NOMI: Ca. 20%
- Akute Mesenterialvenenthrombose: <10%
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
Chronischer Mesenterialarterienverschluss [4]
- Ursachen
- Arteriosklerotischer Wandumbau (98%)
- Chronisch-entzündliche Prozesse der Arterien
- Selten: Stoffwechselpathologien
- Risikofaktoren
- Allgemeine Risikofaktoren für die Entstehung einer Arteriosklerose
- Für Dekompensation [1]
- Hohes Alter (meist >60 Jahre)
- Darmparalyse über längere Zeit
- A. mesenterica superior betroffen
- Dialysepflichtige Niereninsuffizienz
- Folge
- Chronische arterielle Mesenterialischämie bzw. Angina abdominalis
- Bei akutem thrombotischen Verschluss: Akute arterielle Mesenterialischämie
Die mesenteriale Arteriosklerose zeigt eine rasche Progredienz und kann durch sekundäre Thrombosierung zu einem Akutgeschehen werden!
Akuter Mesenterialarterienverschluss [2][3][4][6]
Akuter embolischer Verschluss
- Ursache: Arterielle Embolie
- Risikofaktoren
- Folge: Akute arterielle Mesenterialischämie
Akuter thrombotischer Verschluss [4]
- Ursache: Arterielle Thrombose (meist aufgrund vorbestehender Stenose)
- Risikofaktoren
- Atherosklerotische Plaques
- Z.n. endovaskulärem Eingriff der Aorta
- Z.n. operativem Eingriff mit Aortenklemme
- Folge: Akute arterielle Mesenterialischämie
Akute nicht-okklusive Perfusionsstörung [2][4][5]
- Ursache: Funktionelle Verminderung der Durchblutung
- Risikofaktoren/Auslöser
-
Herzzeitvolumen↓
- Pumpfunktion↓: Herzinsuffizienz, Herzinfarkt, Tachyarrhythmie bei dekompensierten Aortenklappenvitien
- Hypovolämie: Nach Hämodialyse oder durch massive Diurese, Schock
- Z.n. Operation des Herzens mit extrakorporaler Zirkulation
-
Vasokonstriktion/Vasospasmen der Splanchnikusgefäße
- Einnahme von Digitalis oder Ergotamin
- Katecholamingabe (Intensivpatient:innen)
- Phäochromozytom
-
Herzzeitvolumen↓
- Folge: Nicht-okklusive Mesenterialischämie (NOMI)
Mesenterialvenenthrombose (MVT) [4]
- Ursachen
- Hyperkoagulabilität: Angeborene Thrombophilie (bspw. AT-III-, Protein-C- oder Protein-S-Mangel)
- Malignome: Pankreaskarzinom, Leberzellkarzinom, paraneoplastisch
- Z.n. abdominellem Trauma oder Operationen
- Pankreatitis
- Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen
- Risikofaktor: Rauchen
- Folge: Abhängig vom Ausmaß der Thrombose
Weitere Ursachen [3][5][7]
- Aneurysma/Dissektion der Aorta oder Viszeralarterien
- Arteriitis (Panarteriitis nodosa, Takayasu-Arteriitis, Aortitis)
- Embryonale Entwicklungsstörungen
Anatomische und physiologische Grundlagen
Mesenteriale Gefäßversorgung [1][8]
- Hauptarterien
- Wichtige Anastomosen [1][8][9]
- Pankreatikoduodenale Arkaden
- Gefäße: Aa. pancreaticoduodenales
- Verbindung von Truncus coeliacus und A. mesenterica superior
- Riolan-Anastomose
- Gefäße: A. colica media und A. colica sinistra
- Verbindung von A. mesenterica superior und inferior
- Sudeck-Anastomose
- Gefäße: A. rectalis superior und A. rectalis media
- Verbindung von A. mesenterica inferior und A. iliaca interna
- Bühler-Anastomose
- Gefäße: Persistierende Embryonalgefäße
- Verbindung: Truncus coeliacus und proximale A. mesenterica superior
- Pankreatikoduodenale Arkaden
- Mikrozirkulation [9]
- Darmarterien → Vasa recta → Submuköser Gefäßplexus → Arteriolen in den Zotten → Kapillaren des Schleimhautepithels
- Hoher Energiebedarf der Schleimhaut durch Absorption und Resorption
Physiologische Grundlagen [3]
- Hoher Stoffwechsel abdomineller Organe
- Großer Anteil am HZV (ca. 20% ) im Magen-Darm-Trakt
- Venöser Blutpool im Splanchnikusgebiet
- Abhängigkeit der Darmperfusion vom Blutdruck
- Geringe Ischämietoleranz
Die Ischämietoleranz des Dünndarms beträgt ca. 6 h!
Pathophysiologie
Chronischer Mesenterialarterienverschluss [8]
- Pathologie: Langsame Stenosierung durch sklerotischen Wandumbau
- Kompensation: Kollateralisierung hält Zirkulation aufrecht
- Dekompensation
- Postprandiale Steigerung der Durchblutung bei Dehnung des Darms erhöht Strömungswiderstand → Minderperfusion → Schmerzattacken bzw. Angina abdominalis (intermittierender postprandialer Schmerz)
- Fortschreitende Stenose bzw. mehrere Gefäßstenosen → Ischämische Kolitis
Akuter Mesenterialarterienverschluss [2][3][4][6]
Akuter embolischer Verschluss
- Pathologie: Akuter Gefäßverschluss durch arteriellen Embolus
- Kompensation: Kollateralisierung für manche Gebiete möglich
- Dekompensation: Keine Kollateralisierung für Endstrombahngebiete → Akute arterielle Mesenterialischämie
- Lokalisation
- In ca. 85–90% der Fälle: Stromgebiet der A. mesenterica superior betroffen [5] → Gefahr einer Ischämie von Jejunum und Ileum , evtl. mit Dickdarmischämie
- Seltener: Stromgebiet des Truncus coeliacus betroffen
- Sehr selten: Stromgebiet der A. mesenterica inferior betroffen [5]
Durch den akuten Verschluss ist eine Versorgung über Kollateralen in den Endstrombahngebieten nicht gewährleistet!
Akuter thrombotischer Verschluss
- Pathologie: Vorbestehende Mesenterialarteriosklerose mit akuter arterieller Thrombose
- Kompensation: Durch langsame Progression meist gute Kollateralisierung
- Dekompensation: Zusätzlicher Verschluss (akute Thrombose) ohne Kollateralisierung für Endstrombahngebiete → Akute arterielle Mesenterialischämie
Durch die langsame Progression der chronischen Erkrankung bis zum völligen Verschluss können oft Kollateralen ausgebildet werden!
Akute nicht-okklusive Perfusionsstörung [2][4][5]
- Pathologie: HZV↓ und/oder gleichzeitige Vasokonstriktion der Splanchnikusgefäße
- Kompensation: Lokal ausreichende Perfusion bei unterschiedlich starker Ausprägung der Vasokonstriktion im Gefäßverlauf
- Dekompensation: Nicht-okklusive Mesenterialischämie (NOMI)
Mesenterialvenenthrombose [4]
- Pathologie: Thrombosierung einer Mesenterialvene
- Dekompensation: Je nach Ausmaß venöse Stauung → Zunahme des venösen Blutvolumens → Drucksteigerung → Arterielle Spasmen → Minderperfusion → Mesenteriale Ischämie, portale Hypertension
Symptome/Klinik
Chronische arterielle Mesenterialischämie [1][5][10]
Chronische arterielle Mesenterialischämie – Stadieneinteilung | |
---|---|
Stadium | Symptomatik |
I |
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II |
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III |
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IV |
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Leitsymptom: Angina abdominalis = Hypoxisch bedingter Bauchschmerz im Anschluss an Nahrungsaufnahme!
Die akute arterielle Mesenterialischämie kann auch das Endstadium eines chronischen Mesenterialarterienverschlusses darstellen!
Akute arterielle Mesenterialischämie [4][5]
Akute arterielle Mesenterialischämie – Stadieneinteilung | |
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Stadium | Befund |
Initialstadium (0–6 h) |
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Latenzstadium (6–12 h) |
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Spätstadium (>12 h) |
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- Besonderheiten der Symptomatik je nach Ätiologie
- Embolische Verschlüsse: Symptomatik abhängig vom betroffenen Gefäß
- Truncus coeliacus: Häufig asymptomatisch
- A. mesenterica superior: Ausgeprägtes Ischämiesyndrom mit Verlauf in Stadien
- A. mesenterica inferior: Häufig asymptomatisch [5]
- Thrombotische Verschlüsse: Symptomatik abhängig von vorbestehender Arteriosklerose und Kollateralisierung [4][5]
- Embolische Verschlüsse: Symptomatik abhängig vom betroffenen Gefäß
Die Trias Abdominalschmerz, Leukozytose und positive Herzanamnese muss an einen akuten Mesenterialarterieninfarkt denken lassen! [5]
Im typischen IMPP-Fall besteht eine Tachyarrhythmia absoluta mit Vorhofflimmern (bzw. Herzrhythmusstörungen) und plötzlich kommen Bauchschmerzen hinzu!
Nicht-okklusive Mesenterialischämie (NOMI) [2]
- Symptomatik: Zunehmender unspezifischer Abdominalschmerz, je nach Lokalisation
- Untersuchungsbefund
- Aufgetriebenes Abdomen
- Sepsiszeichen
Mesenterialvenenthrombose [2][4]
- Symptomatik: Abhängig vom Ausmaß der Thrombose
- Eher unspezifische Abdominalschmerzen, ähnlich einer chronischen Mesenterialarterienischämie
- Fieber
- Distension des Abdomens
- Übelkeit, Erbrechen
- Blutige Stühle
- Untersuchungsbefund: Selten Peritonitiszeichen
Diagnostik
Anamnese [3]
- Symptomverlauf
- Vorangegangene Episoden postprandialer Abdominalschmerzen
- Hämatemesis bzw. Hämatochezie
- Vorhandene Prädispositionen
- Risikofaktoren der Arteriosklerose: Bspw. Hypertonie, Nikotinabusus, Diabetes mellitus, Hypercholesterinämie
- Risikofaktoren für Thromboembolien: KHK, Vorhofflimmern (absolute Arrhythmie, ggf. auffällig im EKG bei Aufnahme)
- Risikofaktoren für Gefäßspasmen: Digitalis-/Ergotamineinnahme
Die Kombination aus akuten Abdominalschmerzen und Herzrhythmusstörungen sollte an eine akute Mesenterialischämie denken lassen!
Körperliche Untersuchung [3]
- Allgemein: Blässe, erhöhte Körpertemperatur
- Auskultation des Abdomens
- Evtl. pulssynchrones Stenosegeräusch im Epigastrium
- Fehlende Darmgeräusche aufgrund eines paralytischen Ileus („Totenstille“)
- Palpation: Abwehrspannung des Abdomens bei Peritonitis
- Digital-rektale Untersuchung: Blut am Fingerling bzw. Hämatochezie
Bei Anzeichen einer Kreislaufinstabilität muss die Diagnostik so kurz wie möglich sein, um die Therapiemaßnahmen nicht zu verzögern!
Die Ischämietoleranz des Dünndarms beträgt ca. 6 h, weshalb bis zur Diagnosestellung nicht viel Zeit vergehen sollte!
Laboruntersuchungen
- Entzündungswerte↑: Leukozytose [5], CRP↑
- Hinweise auf Zelluntergänge: D-Dimer↑ , Lactat↑ , LDH↑, CK↑
- Metabolische Azidose: pH<7,2 und Base Excess (BE) –7 bis –8
- Hinweise für Leberschädigung: Leberwerte↑ [5]
Es gibt keine spezifischen Laborparameter für den Verschluss von Mesenterialgefäßen, sondern nur Zeichen der fortgeschrittenen Barrierestörung! [4]
Apparative und interventionelle Diagnostik [2][4][6]
Bei Verdacht auf eine chronische Mesenterialischämie
- Sonografie [2][4]
- Durchführung
- Sonografie Abdomen
- Farbduplexsonografie
- Mögliche Befunde, insb. bei ischämischer Kolitis
- Freie Flüssigkeit im Abdomen
- Darmwandödem bzw. aufgehobene Wandschichtung
- Motilitätsstörung
- Distendierte Darmschlingen
- Fehlende Doppler-Signale als Zeichen von Gefäßabgangsstenosen
- Durchführung
- Endoskopie
- Durchführung: Koloskopie (und ergänzende Angiografie!)
- Mögliche Befunde (als Hinweis für eine ischämische Kolitis)
- Schleimhaut: Blass, ödematös
- Gefäßzeichnung aufgehoben
- Ulzera mit livide verfärbter Umgebung und Fibrinbelag
Bei Verdacht auf akute Mesenterialischämie
Explorative Laparotomie
- Indikation: Akute Mesenterialischämie mit Peritonitis oder beginnendem Schock [6]
- Durchführung: Mediane Laparotomie mit Inspektion des gesamten Bauchraums
- Beurteilung von Peristaltik, Farbe und Pulsationen im Mesenterium
- Ggf. Farbduplexsonografie
- Ggf. Fluorescein-Injektion und Beurteilung der Perfusion unter UV-Licht
- Siehe auch: Chirurgische Therapie bei akuter Mesenterialischämie
- Mögliche Befunde
- Bei Mesenterialarterienverschluss: Darmischämie mit Verfärbungen bzw. Nekrosen der Darmwand , Peritonitis
- Bei NOMI: Ggf. keine Pathologien erkennbar, ggf. Darmischämie
- Bei thrombotischem Verschluss der Mesenterialvenen: Venöse Stauung, ggf. Darmischämie
Bei V.a. einen akuten Mesenterialinfarkt ist eine zügige Gefäßdarstellung entscheidend, bei Peritonitis oder Schockgefahr kann jedoch auch eine Notfall-OP ohne apparative Diagnostik notwendig sein!
Angio-CT von Aorta und Intestinalgefäßen
- Indikationen: Goldstandard bei V.a. akuten Gefäßverschluss
- Durchführung: Biphasisch mit i.v. Kontrastmittel
- Mögliche Befunde
- Zeichen der Darmischämie
- Darmschlingen: Dilatation, Kalibersprung, vermindertes KM-Enhancement
- Darmwand: Verdickung, Ödem, Pneumatosis intestinalis
- Portalvenöse Gefäße: Gasembolie
- Aszites
-
Nachweis von Gefäßstenosen
- Mesenterialarterien: Stenosen oder Verschluss, bei NOMI ggf. Gefäßspasmen bzw. Wurstketten-Zeichen
- Mesenterialvenen: Thrombosen und/oder venöse Stauung, ggf. schießscheibenartige Darstellung der V. mesenterica superior
- Zeichen der Darmischämie
- Vorteile: Höchste Bildqualität der diagnostischen Instrumente , ubiquitäre Verfügbarkeit
- Nachteil: Strahlenbelastung
Katheterangiografie [4]
- Indikationen: Option der direkten interventionellen Therapie, fehlende Verfügbarkeit eines Angio-CT
- Durchführung siehe: DSA
- Mögliche Befunde: Gefäßstenosen
- Vorteil: Direkte interventionelle Therapie möglich (bspw. PTA)
- Nachteil: Ggf. Verzögerung weiterer Therapiemaßnahmen, Komplikationen einer invasiven Diagnostik (Blutung, Fistelbildung etc.) [4]
Weitere Bildgebung [3][4]
- Abdomen-Röntgen
- Indikation: Initiale Bildgebung zum Ausschluss freier Luft
- Durchführung: Röntgen im Stehen oder in Linksseitenlage
- Mögliche Befunde
- Erweiterte Dünndarmschlingen mit Luft-Flüssigkeits-Spiegeln
- Ggf. intramurale Lufteinschlüsse
- Ggf. freie intraperitoneale Luft
- Angio-MRT [4]
- Indikation: Mesenterialarterienverschluss bei bekannter chronischer Nierenfunktionsstörung
- Durchführung: Angio-MRT mit i.v. Kontrastmittel (Gadolinium)
- Mögliche Befunde: Gefäßstenosen
- Vorteil: Keine Strahlenbelastung
- Nachteile: Niedrigere Auflösung als CT, lange Messzeiten, ggf. Artefakte durch bereits vorhandene Stents
Differenzialdiagnosen
- Entzündliche Veränderungen im Sinne einer Kolitis
- Andere Ursachen eines akuten Abdomens, bspw. [6]
- Perforation eines Hohlorgans
- (Mechanischer) Ileus
- Intraabdominelle Entzündungen, bspw. Appendizitis, Pankreatitis
- Myokardinfarkt
- Aortenaneurysma [4]
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Therapie
Chronische arterielle Mesenterialischämie
Konservative Therapie
- Indikationen
- Asymptomatische Verschlussprozesse
- Begleitend bei symptomatischen Verschlussprozessen
- Vorgehen
- Kardiovaskuläre Prävention
- Bei Angina abdominalis: Diät (häufige kleine Mahlzeiten, ballaststoffarme Kost)
- Bei ischämischer Kolitis: Thrombozytenaggregationshemmer
- Regelmäßige Kontrollen
Interventionelle Therapie
Operative Therapie
- Indikation: Symptomatische Verschlussprozesse
- Vorgehen: Elektive operative Revaskularisation
- Thrombendarteriektomie
- Bypassanlage
Akute arterielle Mesenterialischämie
Die akute Mesenterialischämie ist ein Notfall; die rasche Wiederherstellung der mesenterialen Durchblutung ist die einzige kausale Therapie! [8]
Interventionelle Therapie [1][2]
- Allgemeine Indikation: Akute Mesenterialgefäßverschlüsse ohne Peritonitis oder Darmwandnekrose
- Bei akutem Mesenterialarterienverschluss
- Perkutane transluminale Angioplastie
- Katheterlyse: Fraktionierung des Thrombus mittels Führungsdraht und anschließende lokale Verabreichung von rt-PA
- Aspirationsembolektomie: Angiografisch gesteuerte Bergung des Embolus mittels spezieller Katheter über transfemoralen Zugang
- Pharmakospülperfusion: Intraarterielle Gabe von vasodilatativen Prostaglandinen plus Heparin über einen transfemoralen Katheter
- Bei akuter Mesenterialvenenthrombose
- Portalvenöse Rekanalisation
- Transjugulärer intrahepatischer portosystemischer Shunt (TIPS)
- Bei NOMI: Intraarterielle Gabe vasodilatatorischer Substanzen
Chirurgische Therapie [3][4][8][11]
- Indikationen
- Zentraler Verschluss der A. mesenterica superior
- Nicht erfolgreiche interventionelle Therapieversuche
- Peritonitis oder Darmwandnekrose
- Kritischer Allgemeinzustand, Schocksymptome
- Akute Darmischämie
- Durchführung
- Revaskularisierung: Katheterembolektomie bzw. Thrombektomie , Bypassanlage oder direkte Gefäßreimplantation in die Aorta
- Resektion avitaler und nicht-revitalisierbarer Darmabschnitte
- Rekonstruktion: Anastomose
- Reevaluation: Second Look nach 12–24 h zur Beurteilung der Vitalität
Therapiebegleitende intensivmedizinische Behandlung
- Stabilisierung der Vitalparameter
- Intravasale Flüssigkeitssubstitution
- Optimierung der Oxygenierung
- Medikamentöse Kreislaufstabilisierung
- Elektrolytausgleich (bspw. bei Hyperkaliämie oder Azidose)
- Therapeutische Antikoagulation mit unfraktioniertem Heparin [2][3]
- Antibiotikagabe
- Bereits bei klinischem V.a. eine Peritonitis
- Siehe: Antibiotische Therapie bei sekundärer Peritonitis
- Sicherstellung einer adäquaten Analgesie
- Beginn der kardiovaskulären Prävention [12]
Komplikationen
Allgemeine Komplikationen der Mesenterialischämie
- Peritonitis
- Abdominelles Kompartmentsyndrom
- Sepsis
- Multiorganversagen
Komplikationen der interventionellen Therapie [8]
- Restenosierung
- Thrombusverschleppung und Embolisation
- Gefäßperforation
- Dislokation des Stents
- Thrombosierung des Stents
- Dissektion von Gefäßen
Komplikationen der operativen Revaskularisierung [1][4][8]
- Gefäßverschluss (insb. der Rekonstruktion)
- Thromboembolie
- Nachblutung
- Abdominelles Kompartmentsyndrom
- Austritt von Lymphe in den Bauchraum
- Schädigung des vegetativen Nervensystems
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Prognose
Letalität
- Ischämische Kolitis 9–17%
- Akuter Mesenterialinfarkt: 60–80%
- NOMI: 50–70%
Prognostische Faktoren
Behandlungsspezifische Faktoren
- Behandlungszeitpunkt: Entscheidend ist v.a. die schnelle Behandlung (Prognose ist abhängig von der Dauer der Ischämie) [13]
- Management der Darmischämie [8]
Patientenspezifische Faktoren
- Lokalisation: Periphere Verschlüsse sind aufgrund der besseren „Restblutversorgung“ des Darmes über Kollateralen im Vergleich zu zentralen Verschlüssen mit einer besseren Prognose verbunden
- Ausmaß des betroffenen Darms [4]
- Alter und Komorbidität [2]
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2023
- K55.-: Gefäßkrankheiten des Darmes
- Exklusive: Enterocolitis necroticans beim Fetus und Neugeborenen (P77)
- K55.0: Akute Gefäßkrankheiten des Darmes
- Akut:
- Darminfarkt
- Dünndarmischämie
- fulminante ischämische Kolitis
- Mesenterial (Arterien) (Venen):
- Subakute ischämische Kolitis
- Akut:
- K55.1: Chronische Gefäßkrankheiten des Darmes
- Chronisch, ischämisch:
- Enteritis
- Enterokolitis
- Kolitis
- Ischämische Darmstriktur
- Mesenterial:
- Atherosklerose
- Gefäßinsuffizienz
- Chronisch, ischämisch:
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2023, DIMDI.