Zusammenfassung
Die Elektrokardiografie (EKG) ist ein bedeutendes Standarddiagnostikum in der Erkennung kardialer Erkrankungen. Durch Anlage externer Elektroden wird die kardiale Erregungsausbreitung abgeleitet und in Form einer charakteristischen Linie festgehalten. Zu den Beurteilungskriterien gehören Lagetyp, Frequenz und Regelmäßigkeit des Ausschlags sowie Abstände und Amplituden der einzelnen Komplexe (z.B. P-Welle, PQ-Strecke, QRS-Komplex, ST-Strecke). In diesem Kapitel erfolgt ein Überblick über die wichtigsten Beurteilungskriterien, während spezielle Befunde im Rahmen der jeweiligen Erkrankungen abgehandelt werden.
Grundlagen
Im EKG wird elektrische Spannung zwischen Kardiomyozyten über einen Zeitraum aufgezeichnet. Während der Erregungsausbreitung und -rückbildung im Myokard sind die Ionen in verschiedenen Bereichen des Herzens unterschiedlich verteilt. So entstehen Potenzialdifferenzen, die sich als elektrische Spannung messen lassen und eine Beurteilung der Herzerregung ermöglichen.
x-Achse: Zeit
- Schreibgeschwindigkeit (Papiervorschub): Legt fest, wie viele mm auf der x-Achse einer Sekunde entsprechen
- Standard in Deutschland für 12-Kanal-EKGs: 50 mm/s
- Alternativ (insb. zur Überwachung und Rhythmusanalyse) und in vielen anderen Ländern: 25 mm/s
- Praxistipp: Anhand der Kästchen des Millimeterpapiers lassen sich die Zeiten unter Beachtung der Schreibgeschwindigkeit auszählen
- Bei 25 mm/s
- Ein kleines Kästchen = 1 mm ≙ 40 ms
- Ein großes Kästchen = 5 kleine Kästchen = 5 mm ≙ 200 ms
- 10 große Kästchen = 50 kleine Kästchen = 50 mm ≙ 2 s
- Bei 50 mm/s
- Kleines Kästchen = 1 mm ≙ 20 ms
- Großes Kästchen = 5 kleine Kästchen = 5 mm ≙ 100 ms
- 10 große Kästchen = 50 kleine Kästchen = 50 mm ≙ 1 s
- Bei 25 mm/s
Bei der Zeitmessung im EKG muss unbedingt die Schreibgeschwindigkeit beachtet werden!
Wenn nicht explizit angegeben, kann man die Schreibgeschwindigkeit bspw. anhand der QRS-Komplexe erkennen: Sie sind normalerweise ca. 100 ms lang, passen also bei einer Schreibgeschwindigkeit von 50 mm/s ungefähr in ein großes Kästchen (5 mm).
y-Achse: Spannung
- Standard-Kalibrierung: 10 mm ≙ 1 mV
- Eichzacke: Ausschlag, der durch eine Spannung von 1 mV entsteht
Ableitung
- Messung der Spannung zwischen 2 oder mehr Elektroden
- Differente Elektroden: Spannungsmessende Elektroden
- Indifferente Elektroden: Als Referenz dienende Zusammenschaltung mehrerer differenter Elektroden
- Entspricht der Spannung in einer bestimmten Richtung
- Durch Wahl verschiedener Elektroden entstehen unterschiedliche Ableitungen
- Bipolare Ableitung: Ableitung zwischen zwei gleichberechtigten differenten Elektroden
- Unipolare Ableitung: Ableitung zwischen einer differenten und einer indifferenten Elektrode
Ableitungen
Damit EKGs vergleichbar sind, haben sich aus der Vielzahl an theoretisch möglichen Ableitungen standardisierte Kombinationen ergeben. Am bedeutendsten ist das sog. 12-Kanal-EKG.
AMBOSS-Video-Tutorial zum Schreiben eines 12-Kanal-EKG:
12-Kanal-EKG
- Definition: Standardisierte Kombination von 12 Ableitungen, die sich für die meisten klinischen Fragestellungen eignet
- Elektroden: 9 Messelektroden plus eine Erdungselektrode = 10 Elektroden insg.
- Anlage
- Extremitätenelektroden
- Rot: Rechter Arm
- Gelb: Linker Arm
- Grün: Linkes Bein
- Schwarz: Rechtes Bein (Erdungselektrode)
- Brustwandelektroden
- V1 (Rot): 4. ICR parasternal rechts
- V2 (Gelb): 4. ICR parasternal links
- V3 (Grün): Mittig zwischen V2 und V4
- V4 (Braun): 5. ICR medioklavikulär links
- V5 (Schwarz): Vordere Axillarlinie, gleiche Höhe wie V4
- V6 (Violett): Mittlere Axillarlinie, gleiche Höhe wie V4
- Extremitätenelektroden
In der Praxis ist mit „EKG“ meist ein 12-Kanal-EKG gemeint.
Zur Aufzeichnung eines 12-Kanal-EKG werden inkl. der Erdung 10 Elektroden benötigt.
Verdeckt das Brustgewebe die anatomischen Landmarken zur korrekten Elektrodenplatzierung, sollten diese dennoch möglichst nah an den Standardpositionen angebracht werden. Insb. bei großen Mammae empfiehlt sich ggf. die Anlage der Elektroden V4–V6 unterhalb der Brust. [1][2]
Ableitungen des 12-Kanal-EKG
- Extremitätenableitungen: 6 Ableitungen in der Frontalebene
- Einthoven-Ableitungen: 3 bipolare Extremitätenableitungen
- Ableitung I: Rechter Arm zu linkem Arm
- Ableitung II: Rechter Arm zu linkem Bein
- Ableitung III: Linker Arm zu linkem Bein
- Goldberger-Ableitungen: 3 unipolare Extremitätenableitungen
- aVL: Rechter Arm und linkes Bein zu linkem Arm
- aVR: Linker Arm und linkes Bein zu rechtem Arm
- -aVR: An der x-Achse gespiegelte Ableitung aVR
- aVF: Linker Arm und rechter Arm zu linkem Bein
- Cabrera-Kreis: Zusammenfassende Darstellung der verschiedenen Extremitätenableitungen
- Einthoven-Ableitungen: 3 bipolare Extremitätenableitungen
- Brustwandableitungen
- Wilson-Ableitungen: 6 unipolare Ableitungen in der Horizontalebene (V1–V6)
- Benachbarte Ableitungen: Anatomisch direkt nebeneinander liegende Ableitungen
- Extremitäten: Winkel von 30°, am einfachsten über den Cabrera-Kreis beurteilbar
- Brustwand: Entsprechend der Nummerierung
Übersicht: EKG-Formen
EKG-Geräte mit weniger als 12 Kanälen (Anzahl simultan registrierter Ableitungen) ermöglichen keine vollständige Erfassung der Brustwandableitungen und sind daher zur differenzierten Diagnostik nicht geeignet. Sie können jedoch zur Überwachung des Herzrhythmus eingesetzt werden und hilfreich zur Diagnose von Herzrhythmusstörungen sein.
Eigenschaften verschiedener EKG-Formen | ||||
---|---|---|---|---|
Form | EKG-Elektroden | Anzahl simultan registrierter Ableitungen (Kanäle) | Anwendungsgebiete | |
Anzahl Messelektroden | Position | |||
1-Kanal-EKG | 1 | Extremitäten (variabel) | 1: Einthoven-Ableitung |
|
3-Kanal-EKG | 3, zusätzlich ggf. eine Elektrode zur Messung der Atemfrequenz | Extremitäten (variabel) |
| |
4-Kanal-EKG | 4, zusätzlich ggf. eine Elektrode zur Messung der Atemfrequenz | Extremitäten und Brustwand (variabel) | 4: Einthoven-Ableitungen plus eine Wilson-Ableitung (je nach Position der Brustwandelektrode) |
|
6-Kanal-EKG | 3 | Extremitäten (variabel) | 6: Einthoven- und Goldberger-Ableitungen | |
7-Kanal-EKG | 4 | Extremitäten und Brustwand (variabel) | 7: Einthoven- und Goldberger-Ableitungen plus eine Wilson-Ableitung (je nach Position der Brustwandelektrode | |
12-Kanal-EKG | 10 | Extremitäten und Brustwand (siehe: Ableitungen des 12-Kanal-EKG) | 12: Einthoven-, Goldberger- und Wilson-Ableitungen |
|
Zur differenzierten Diagnostik ist ein 12-Kanal-EKG notwendig. Alle anderen Formen dienen primär der Rhythmusüberwachung!
Spezielle Ableitungen
- Lewis-Ableitung [3]
- Modifizierte Ableitung I zur Hervorhebung der P-Wellen
- Elektroden: Rot (rechter Arm) ans Manubrium sterni, gelb (linker Arm) 5. ICR rechts parasternal
- Skalierung: 20 mm/mV
- Linksdorsale Ableitungen (posteriore Ableitungen): Bei V.a. posterioren Hinterwandinfarkt
- V7: Hintere Axillarlinie auf Höhe von V4
- V8: Skapularlinie auf Höhe von V4
- V9: Paravertebral links auf Höhe von V4
- Rechtsthorakale Ableitungen: Bei V.a. Myokardinfarkt des rechten Ventrikels oder Situs inversus
- V3–V6 spiegelbildlich auf der rechten Seite
- V3R: Punkt zwischen V1 und V4R
- V4R: 5. ICR medioklavikulär rechts
- V5R: Vordere Axillarlinie Höhe V4R
- V6R: Mittlere Axillarlinie Höhe V4R
Zur verbesserten Ableitungsqualität bei Lungenemphysem und damit einhergehendem „Fassthorax“ können die Brustwandelektroden versuchsweise einen ICR tiefer angelegt werden!
Projektionen der Extremitätenableitungen [4]
Projektionen der Extremitätenableitungen | ||
---|---|---|
Ableitungen | Bezeichnung | Projektion |
I, aVL | Hohe laterale Ableitungen | Hohe Lateralwand (Seitenwand) des linken Ventrikels |
II, III, aVF | Inferiore (diaphragmale) Ableitungen | Inferiore Hinterwand des linken Ventrikels |
Projektionen der Brustwandableitungen [4]
Projektionen der Brustwandableitungen | ||
---|---|---|
Ableitung | Bezeichnung | Projektion |
Standardableitungen | ||
V1 | Septale Ableitungen | Interventrikuläres Septum und Vorderwand des linken Ventrikels, ggf. rechter Ventrikel |
V2 | ||
V3 | Anteriore Ableitungen | Vorderwand und Apex des linken Ventrikels |
V4 | ||
V5 | Tiefe laterale Ableitungen | Tiefe Lateralwand (Seitenwand) des linken Ventrikels |
V6 | ||
Spezielle Ableitungen | ||
V7 | Linksdorsale (posteriore) Ableitungen | Posteriore Hinterwand des linken Ventrikels |
V8 | ||
V9 | ||
V3R–V6R | Rechtsventrikuläre Ableitungen | Rechter Ventrikel |
Befundung
- EKG ggf. wiederholt ableiten (insb. bei Auftreten und Veränderung von Symptomen)
- Mit Vorbefunden vergleichen (wenn möglich)
- Feste Reihenfolge einhalten, bspw.
- REBLIQ-Schema (aus der AMBOSS-Fortbildung „EKG | Grundlagen praxisnah & fallbasiert“)
- Rhythmus
- Extrasystolen
- Blockbild
- Lagetyp
- Ischämiezeichen
- QT-Intervall
- Individuelles Schema
- Rhythmus
- Herzfrequenz
- Lagetyp
- Morphologie
- Zeiten
- REBLIQ-Schema (aus der AMBOSS-Fortbildung „EKG | Grundlagen praxisnah & fallbasiert“)
- Siehe auch: Praxistipp EKG-Befundung
Rhythmusanalyse und Frequenzbestimmung
Rhythmusanalyse
- Regelmäßige P-Wellen vorhanden?
- Folgt auf jede P-Welle ein QRS-Komplex?
- Normale PQ-Zeit?
Ein Sinusrhythmus liegt vor, wenn regelmäßige P-Wellen vorhanden sind, auf die immer ein QRS-Komplex folgt.
Übersicht wichtiger Herzrhythmusstörungen | |
---|---|
Rhythmusstörung | EKG-Zeichen |
| |
AV-Block III° |
|
Vorhofflimmern |
|
Kammerflimmern |
|
Asystolie |
|
Herzfrequenz
- Berechnung
- Papiervorschub 50 mm/s: HF = 300/RR-Abstand in cm
- Papiervorschub 25 mm/s: HF = 150/RR-Abstand in cm
- Grobe Abschätzung: Anzahl der QRS-Komplexe, die sich innerhalb einer Ableitung auf dem DIN-A4-Blatt im Querformat befindet, mit 10 multipliziert
- Interpretation
- Normale Herzfrequenz: 50–100/min
- Tachykardie: >100/min (siehe auch: Tachykarde Rhythmusstörungen)
- Bradykardie: <50–60/min (siehe auch: Bradykarde Rhythmusstörungen)
Die automatische Frequenzberechnung durch das EKG-Gerät ist gerade bei pathologischen EKGs unzuverlässig, sodass im Zweifel eine manuelle Bestimmung erfolgen sollte!
Bestimmung der Herzfrequenz im EKG (Rechner)
Bestimmung der Zykluslänge im EKG (Rechner)
Lagetyp
Grundlagen
- Definition: Einteilung nach Richtung der elektrischen Herzachse in der Frontalebene
- Relevante Ableitungen: Nur Ableitungen der Frontalebene
- Normale Lagetypen: Die Herzachse verschiebt sich im Laufe des Lebens nach links
- Rechtstyp: Bei Neugeborenen/Säuglingen
- Steiltyp: Bei Kindern und schlanken Jugendlichen/Erwachsenen
- Indifferenztyp (Normaltyp): Klassischer Lagetyp bei Erwachsenen
- Linkstyp: Bei älteren Personen
- Sonderfälle
- SISIISIII-Typ: In allen Extremitätenableitungen sind sowohl R- als auch S-Zacken vorhanden
- Sagittaltyp: Zusätzlich haben R- und S-Zacken eine ähnlich hohe Amplitude
- SIQIII-Typ: Tiefe S-Zacke in Ableitung I und tiefe Q-Zacke in Ableitung III
- SISIISIII-Typ: In allen Extremitätenableitungen sind sowohl R- als auch S-Zacken vorhanden
Ein QRS-Vektor von 0° bedeutet, dass die elektrische Herzachse horizontal nach links zeigt, und entspricht einem Linkstyp!
Die sagittalen Lagetypen (SISIISIII-Typ und SIQIII-Typ) können Folge einer Rechtsherzbelastung wie bspw. bei einer Lungenembolie sein!
Lagetypbestimmung
Bestimmung mittels Cabrera-Kreis
- Prinzipien
- Ableitung mit größtem positiven Ausschlag → Herzachse zeigt ungefähr in die Richtung dieser Ableitung
- Positiver Anteil des QRS-Komplexes ist in einer Ableitung größer als der negative Anteil („überwiegend positive Ableitung“) → Herzachse liegt auf der Hälfte des Cabrera-Kreises, in die diese Ableitung zeigt
- Positiver Anteil des QRS-Komplexes ist in einer Ableitung kleiner als der negative Anteil („überwiegend negative Ableitung“) → Herzachse liegt auf der Hälfte des Cabrera-Kreises, in die die betrachtete Ableitung nicht zeigt
- Ableitung mit etwa gleich großen positiven und negativen Anteilen des QRS-Komplexes → Herzachse liegt ca. im rechten Winkel zu dieser Ableitung
- Mögliches Vorgehen
- Ableitung mit größtem positiven Ausschlag in der Frontalebene suchen → Elektrische Herzachse entspricht ungefähr der Richtung dieser Ableitung
- Betrachten der anderen Ableitungen → Auf welcher Seite der in Schritt 1 gefundenen Ableitung liegt der Hauptvektor?
Vereinfachte Lagetypbestimmung
In der Praxis haben sich vereinfachte Methoden bewährt, die ohne den Cabrera-Kreis und ohne Messung auskommen. Die hier vorgestellte Methode basiert ausschließlich auf den Ableitungen I, II und III.
- Einteilung der Ableitungen I, II und III in überwiegend positiv („+“) und überwiegend negativ („-“)
- Zuordnung gemäß folgender Tabelle
Vereinfachte Lagetypbestimmung über die Einthoven-Ableitungen | |||
---|---|---|---|
Lagetyp | Ableitung | ||
I | II | III | |
Überdrehter Linkstyp (ÜLT) | + | - | - |
Linkstyp (LT) | + | + | - |
Indifferenztyp* (IT) | +* | + | + |
Steiltyp* (ST) | + | + | +* |
Rechtstyp (RT) | - | + | + |
Überdrehter Rechtstyp (ÜRT) | - | - /+ | + |
*Wenn alle Ableitungen positiv sind, gilt: I>III = Indifferenztyp, III>I = Steiltyp |
Klinische Bedeutung
- Im Laufe des Lebens physiologische Änderung des Lagetyps von rechts nach links (bis etwa +90°)
- Verschiebung der Herzachse nach links oder rechts → Hypertrophie des entsprechenden Herzanteils möglich
- Rechtsverschiebung oder sagittale Herzachse → Rechtsherzbelastungszeichen, bspw. bei Lungenembolie
- Störungen der ventrikulären Erregungsausbreitung → Häufig Veränderungen der elektrischen Herzachse
Sensitivität und Spezifität von Lagetypveränderungen sind sehr gering, bei der Interpretation müssen andere Befunde einbezogen werden!
Überblick der EKG-Bestandteile
P-Welle
- Definition: P-Welle entspricht der Erregungsausbreitung in den Vorhöfen
- Ausgangspunkt der Erregung: Sinusknoten
- Ausbreitung: Vom rechten über den linken Vorhof
- Vektor: Richtung Herzspitze
- Endpunkt: Vorhöfe vollständig erregt → EKG-Linie geht zurück zur isoelektrischen Linie
- Dauer: ≤110 ms
- Amplitude: <0,25 mV
Das Erkennen der P-Welle ist insb. für die Rhythmusanalyse essenziell!
PQ-Zeit und PQ-Strecke
- PQ-Zeit
- Definition: Zeit zwischen Anfang der P-Welle und Beginn des QRS-Komplexes (intraatriale Erregungsausbreitung und atrioventrikuläre Überleitung)
- Dauer: ≤200 ms
- PQ-Strecke
- Definition: Zeit zwischen Ende der P-Welle und Beginn des QRS-Komplexes (isoelektrische Linie)
- Dauer: ≤100 ms
Verlängerungen und Schwankungen der PQ-Zeit sind Hinweise auf einen AV-Block I° oder II°!
QRS-Komplex
- Definition: QRS-Komplex entspricht der Erregungsausbreitung in den Herzkammern
- Innenschicht der Herzkammern wird vor der Außenschicht erregt
- Am Ende des QRS-Komplexes sind beide Kammern vollständig erregt
- Morphologie und Bedeutung
- Q-Zacke: Initialer negativer Ausschlag des QRS-Komplexes
- R-Zacke: Jeder positive Ausschlag des QRS-Komplexes
- S-Zacke: Jeder negative Ausschlag nach dem ersten positiven Ausschlag
- R-Progression: Physiologische Zunahme der R-Zacken-Amplitude von V1/V2 bis V5/V6
- R/S-Umschlag: Brustwandableitungen, bei denen die größte Zacke von S auf R wechselt
- Normalerweise bei V2/V3 oder V3/V4
- Dauer: ≤100 ms
- Nomenklatur: Für die genaue Beschreibung der QRS-Komplexe in einzelnen Ableitungen haben sich bestimmte Schreibweisen etabliert
- Definition Zacke: Der initiale Ausschlag und jede Richtungsänderung mit Überschreitung der isoelektrischen Linie
- Jede Zacke wird mit einem Buchstaben bezeichnet, Richtungsänderungen ohne Überschreitung der Nulllinie („Knotungen“) jedoch nicht
- Relative Höhe der Zacke: Ausschläge des QRS-Komplexes werden entweder groß- oder klein geschrieben, je nachdem ob sie im Vergleich zu den anderen Ausschlägen des selben Komplexes groß oder klein sind
- Zusätzliche Ausschläge: Gibt es mehr als einen positiven oder mehr als zwei negative Ausschläge, so werden die zusätzlichen Zacken mit einem Strich (') bzw. mehreren Strichen gekennzeichnet
- Definition Zacke: Der initiale Ausschlag und jede Richtungsänderung mit Überschreitung der isoelektrischen Linie
Verbreiterungen und Deformierungen des QRS-Komplexes sind typische Zeichen einer intraventrikulären Erregungsausbreitungsstörung. Siehe hierzu auch: Schenkelblock.
ST-Strecke
- Definition: Strecke zwischen dem Ende der S-Zacke bis zum Beginn der T-Welle, entspricht der vollständigen Erregung der Ventrikel
- Verlauf: Isoelektrische Linie vom Ende der S-Zacke bis zum Beginn der T-Welle
Veränderungen der ST-Strecke wie ST-Hebungen und ST-Senkungen sind wichtig für die Ischämiediagnostik! Siehe hierzu auch: EKG bei Myokardinfarkt.
T-Welle
- Definition: T-Welle entspricht der Rückbildung der Kammererregung
- Verlauf: Physiologisch besteht sog. Konkordanz der T-Welle zum QRS-Komplex
- Positive Amplitude, wenn QRS-Komplex positiv
- Negative Amplitude, wenn QRS-Komplex negativ
Mit dem Begriff „Erregungsrückbildungsstörungen“ werden pathologische Veränderungen sowohl der ST-Strecke als auch der T-Welle bezeichnet! Beiden ist gemeinsam, dass sie durch eine Ischämie verursacht sein können.
Diskordant negative T-Wellen sind ein unspezifischer, potenziell pathologischer Befund, der bspw. bei akuten Ischämien auftreten kann!
Kaliumstörungen können über Veränderungen der T-Welle auffallen: Hypokaliämie führt typischerweise zu einer Abflachung, während Hyperkaliämie hohe und spitze T-Wellen verursacht!
QT-Zeit
- Definition: Zeit vom Anfang der Q-Zacke bis zum Ende der T-Welle; entspricht der gesamten intraventrikulären Erregungsdauer, inkl. Depolarisation und Repolarisation der Kammern
- Dauer: Ca. 350–440 ms
- QT-Zeit ist abhängig von der Herzfrequenz
- Anstieg der Herzfrequenz → Verkürzung der QT-Zeit
Verlängerungen der QT-Zeit (Long-QT-Syndrom) können zu lebensbedrohlichen Torsade-de-Pointes-Tachykardien führen!
Bei QT-Zeit-Verlängerung und positiver Familienanamnese für plötzlichen Herztod oder Long-QT-Syndrom (LQTS) muss an ein angeborenes LQTS gedacht werden!
P-Welle und PQ-Strecke
Definitionen
- P-Welle: Erste Welle eines Erregungszyklus
- Korrelat: Erregungsausbreitung im Vorhofmyokard
- PQ-Strecke: Distanz zwischen Ende der P-Welle und Beginn des QRS-Komplexes
- PQ-Intervall: Distanz zwischen Beginn der P-Welle und Beginn des QRS-Komplexes
- Korrelat: Erregungsausbreitung im Vorhofmyokard mit nachfolgender Überleitungszeit im AV-Knoten
- PQ-Zeit: Dauer des PQ-Intervalls
Die PQ-Zeit entspricht der Dauer des PQ-Intervalls und ist die Summe der Dauer von P-Welle und PQ-Strecke!
Elektrophysiologischer Hintergrund
Entstehung der normalen P-Welle [5]
- Beginn: Spontandepolarisation des Sinusknoten im rechten Vorhof, die angrenzendes Vorhofmyokard erregt
- Potenzialdifferenz: Zwischen erregtem und noch nicht erregtem Vorhofmyokard
- Summenvektor der Potenzialdifferenzen im EKG als Ausschlag sichtbar
- Rechtsatrialer Vektor: Nach vorne, unten, rechts
- Linksatrialer Vektor: Nach hinten, unten, links
- Vektoren des rechten und linken Vorhofs überlagern sich
- Erregung des rechten Vorhofs ca. 30 ms vor Erregung des linken
- Summenvektor der Potenzialdifferenz: Vom Sinusknoten entsprechend der Ausbreitung Richtung AV-Knoten
- Summenvektor der Potenzialdifferenzen im EKG als Ausschlag sichtbar
- Ende: Vollständige Depolarisation aller Vorhofkardiomyozyten
- Dauer: Abhängig von Leitungsgeschwindigkeit im Vorhof und Vorhofgröße
Entstehung der PQ-Strecke
- Beginn: Vollständige Depolarisation aller Vorhofkardiomyozyten
- Potenzialdifferenz: Keine; Vorhofmyokard vollständig depolarisiert, Ventrikelmyokard noch nicht depolarisiert
- Kein Ausschlag im EKG
- Isoelektrische Linie
- Ende: Überleitung der Erregung auf das ventrikuläre Septum
Physiologische Polarität, Morphologie und Dauer
Sinusale P-Welle [4]
- Definition: P-Welle, die dem Sinusknoten entstammt
- Kennzeichen: Normale Achsen, Morphologie und Zeiten
Achsen [4]
- Achse in der Frontalebene: Links-inferior (ca. 70°)
- Polarität in den frontalen Ableitungen
- Achse in der Horizontalebene: Links-anterior
- Polarität in den horizontalen Ableitungen
- In V2–V6 positiv, größter Ausschlag zwischen V2 und V4
- In V1 biphasisch bis positiv
- Polarität in den horizontalen Ableitungen
Morphologie [4]
- Allgemein
- Glatte Welle, keine Zacken
- Monophasisch bis auf V1
- Deutlich kleinere Amplitude als QRS-Komplex
- In Ableitung II
- Monophasisch positiv
- Leichte Doppelgipfligkeit möglich (Abstand der Gipfel <40 ms)
Messwerte
- Dauer: 90–110 ms
- Amplitude: <0,25 mV in allen Ableitungen
Die normale, d.h. sinusale, P-Welle ist in der Ableitung I immer positiv und in der Ableitung aVR immer negativ!
PQ-Strecke
- Morphologie: Isoelektrische Linie
- Amplitude: 0 mV
- Dauer: <100 ms
- PQ-Zeit: 130–200 ms
Die Relevanz der PQ-Strecke liegt v.a. in der Festlegung der isoelektrischen Linie als Referenzwert! Zur Einschätzung der atrioventrikulären Überleitung wird die PQ-Zeit benutzt.
Differenzialdiagnostik bei Veränderungen der P-Welle
Achsenabweichung [4]
- Definition: P-Achse weicht deutlich von 70° in der Frontalebene bzw. links-anterior in der Horizontalebene ab
- Negative P-Welle in I: Meist verursacht durch falsche Polung
- Negative P-Welle in V1, negative oder biphasische P-Welle in V2
- Häufige Ursache: Zu kraniale Platzierung der entsprechenden Brustwandelektroden [6]
- Andere atypische Richtungen des P-Vektors
- Nicht-sinusale P-Welle: P-Welle entstammt nicht dem Sinusknoten, sondern einem ektopen atrialen Fokus
- Supraventrikuläre Extrasystolen
- Ektope atriale Tachykardien
- Retrograde Vorhoferregung
- Nicht-sinusale P-Welle: P-Welle entstammt nicht dem Sinusknoten, sondern einem ektopen atrialen Fokus
Eine veränderte Achse des P-Vektors deutet auf eine Erregungsbildung außerhalb des Sinusknotens hin!
Veränderungen der Morphologie und Größe [4][7][8]
Verbreiterung (verlängerte Dauer)
- Definition: P-Wellen-Dauer >110 ms
- P-mitrale : Spezialfall einer P-Verlängerung mit zusätzlicher Doppelgipfligkeit
- Merkmale
- Dauer: >110 ms
- Doppelgipfligkeit insb. in I, II und V6
- Verstärkte terminale Negativität in V1, terminale Negativität in V2
- Merkmale
- P-mitrale : Spezialfall einer P-Verlängerung mit zusätzlicher Doppelgipfligkeit
- Ursachen: Vergrößerung des linken Vorhofs oder Störung der intraatrialen Erregungsleitung , bspw. durch
- Kardiomyopathien
- Arterielle Hypertonie
- Aorten- oder Mitralklappenvitien
- Intraatriale Leitungsblockierung
- Historisch: Mitralstenose
- Nicht bei akuter linksatrialer Überlastung
Erhöhung (erhöhte Voltage)
- Definition: P-Voltage >0,25 mV
- Ursachen
- Normvariante, insb. bei asthenischem Typus und Jugendlichen [4]
- Erhöhter Sympathikotonus
- Chronische Vergrößerung des rechten Vorhofs, bspw. durch
- Ausgeprägte Hypokaliämie [4]
Kombination von Verbreiterung und Erhöhung [4]
- Definition: P-Dauer ≥110 ms und P-Voltage >0,25 mV
- Sehr selten
- P-biatriale: Kombination von P-pulmonale und P-mitrale
- Merkmale
- Dauer: ≥110 ms, insb. in Ableitung II
- Voltage >0,25 mV, insb. in Ableitung II, III oder aVF
- Überhöhte spitze, terminal negative P-Wellen in V1 und V2
- Merkmale
- Ursachen
- Kombinierte Links- und Rechtsherzerkrankungen, bspw.
- Komplexe angeborene Herzfehler
- Cor pulmonale und Aortenstenose
- Kombinierte Links- und Rechtsherzerkrankungen, bspw.
Knotungen [4][9]
- Definition: Kleiner zusätzlicher Ausschlag in die entgegengesetzte Richtung
- Ursachen
- Störungen der intraatrialen Erregungsausbreitung, bspw. durch
- Vorhofinfarkte [9]
- Degeneration des atrialen Leitungssystems [4]
- Störungen der intraatrialen Erregungsausbreitung, bspw. durch
Keine typische P-Welle abgrenzbar
- P-Welle nicht vorhanden
- Vorhofflimmern
- Sinusarrest mit Ersatzrhythmus der Ventrikel
- Schwere Hyperkaliämie [4]
- P-Welle in anderen EKG-Bestandteilen verborgen
- Junktionaler Rhythmus
- Ventrikuläre Tachykardie
- Regelmäßige veränderte P-Wellen mit hoher Frequenz [4]
- Vorhofflattern
- Atriale Tachykardien
Differenzialdiagnostik bei Veränderungen der PQ-Strecke und der PQ-Zeit [4]
- Abweichende Dauer: Betrachtung der PQ-Zeit
- Verlängerung
- Definition: PQ-Zeit >200 ms
- Ursachen
- AV-Block I°
- AV-Block II°
- Intraatriale Erregungsleitungsstörung
- Verkürzung
- Definition: PQ-Zeit <120 ms
- Ursachen
- Normvariante [4]
- Präexzitationssyndrome (WPW)
- Verlängerung
- Abweichende Morphologie: Betrachtung der PQ-Strecke
- PQ-Hebung [4][9]
- Definition: PQ-Strecke >0 mV
- Ursachen
- Vorhofinfarkte
- Begleitveränderungen bei atrialen Herzrhythmusstörungen (bspw. Vorhofflattern)
- PQ-Senkung
- Definition: PQ-Strecke <0 mV
- Ursachen
- Akute Perikarditis
- Vorhofinfarkte
- Begleitveränderungen bei atrialen Herzrhythmusstörungen (bspw. Vorhofflattern)
- PQ-Hebung [4][9]
QRS-Komplex
Definition [4]
- QRS-Komplex: Abschnitt des elektrokardiografisch dargestellten Herzzyklus zwischen dem Ende der PQ-Strecke und dem Beginn der (normalerweise) isoelektrischen ST-Strecke
- Bildet die Ausbreitung der elektrischen Erregung des Ventrikelmyokards ab
Elektrophysiologischer Hintergrund [4]
- Beginn: Depolarisation von Kardiomyozyten im mittleren Teil des interventrikulären Septums
- Ende: Depolarisation von Kardiomyozyten in den hochlateralen Ventrikelwänden und im oberen Teil des interventrikulären Septums
- Detaillierter Ablauf der Erregungsausbreitung
- Vektor 1 (septaler Vektor ): Entspricht der Q-Zacke in I, II, aVL, V5, V6, Dauer ca. 15 ms, Richtung i.d.R. nach rechts, vorne und leicht unten
- Vektor 2 (Kombination der links- und rechtsventrikulären Vektoren ): Entspricht der R-Zacke in I, Dauer ca. 60 ms, Richtung i.d.R. nach links, unten und leicht hinten
- Vektor 3 (basaler linksventrikulärer Vektor ): Entspricht der S-Zacke in I, Dauer ca. 15 ms, Richtung i.d.R. nach rechts, oben und hinten
Physiologische Dauer und Morphologie [4][10]
- Dauer: ≤100 ms
- Q-Zacke
- Ableitungen: Physiologischerweise in den Ableitungen I, II, aVL, V5, V6 als sog. septale Q-Zacke
- Ableitung III: Gelegentliches Auftreten einer Q-Zacke als Normvariante
- Dauer: <25 ms
- Amplitude: Deutlich kleiner als die R-Zacke
- Ableitungen: Physiologischerweise in den Ableitungen I, II, aVL, V5, V6 als sog. septale Q-Zacke
- R-Zacke
- Ableitungen: Physiologischerweise in allen Ableitungen zu sehen
- Dauer: R-Zacken-Spitzenzeit (das Zeitintervall vom Beginn des QRS-Komplexes bis zur maximalen Amplitude der R-Zacke)
- V1 und V2: <35 ms
- V5 und V6: <45 ms
- Amplitude: ≤2 mV in I, II und III
- Pseudo-Deltawelle
- Definition: Auftreten einer positiven Deltawelle in Ableitung III und aVF sowie V2 und/oder V3 bei normaler PQ-Dauer
- Bedeutung: Normvariante aufgrund individueller elektrophysiologischer Gegebenheiten, die zu kleineren Veränderungen des Vektors führen
- S-Zacke
- Ableitungen: Physiologischerweise in allen Ableitungen zu sehen (außer Ableitung III und V6, dort evtl. sehr klein oder fehlend)
- Dauer: Terminal Activation Duration (TAD; das Zeitintervall zwischen dem negativsten Punkt der S-Zacke und dem Ende des QRS-Komplexes)
- In V1 und V2: <55 ms
- Amplitude: Physiologischerweise stetige Abnahme der S-Amplitude von V1 und V2 bis V5 und V6
Morphologische Variabilität
- Frontalebene
- Extremitäten-Ableitungen (I, II, III, aVR, aVL, aVF) sind ausschlaggebend für die Messung der Potenzialdifferenzen in der Frontalebene
-
QRS-Komplex in diesen Ableitungen sehr variabel
- Variabilität führt zu den verschiedenen Lagetypen
- Horizontalebene
- Brustwand-Ableitungen (V1–V6) sind ausschlaggebend für die Messung der Potenzialdifferenzen in der Horizontalebene
-
QRS-Komplex in diesen Ableitungen vergleichsweise konstant
- R-Progression und R/S-Umschlag können daher als Kriterien benutzt werden
Mit zunehmendem Alter und Gewicht verschiebt sich die Herzachse von rechts nach links, sodass die alleinige Betrachtung des Lagetyps keine sichere Beurteilung über pathologische Veränderungen erlaubt!
Insb. Sagittal- und (überdrehter) Rechtstyp sollten bei Erwachsenen an eine Rechtsherzbelastung denken lassen!
Differenzialdiagnostik bei Veränderungen des QRS-Komplexes [4][10][11]
Veränderungen des gesamten QRS-Komplexes
Es gibt einige typische Konfigurationen des QRS-Komplexes, die auf spezielle Krankheitsbilder hinweisen können. Die Spezifität ist allerdings gering, da alle auch als Normvarianten auftreten.
- SISIISIII-Typ: S-Zacken in allen Einthoven-Ableitungen (I, II, III) sichtbar
- Differenzialdiagnosen
- Normvariante, insb. bei jungen Personen
- Lungenembolie
- Chronische Rechtsherzbelastung (z.B. chronisches Cor pulmonale)
- Apikaler Vorderwandinfarkt
- Trichterbrust mit Verlagerung des Herzens nach dorsal
- Differenzialdiagnosen
- SIQIII-Typ: Tiefe S-Zacke in I und tiefe Q-Zacke in III, ggf. zusätzlich negative T-Welle in III (McGinn-White-Muster)
- Differenzialdiagnosen
- (Ausgeprägte) Lungenembolie (dann akutes Auftreten)
- Rechtsventrikuläre Hypertrophie (dann langsame Entstehung)
- Differenzialdiagnosen
- QIII-Typ: QS- oder QR-Konfiguration in III
- Differenzialdiagnosen
- Normvariante
- Inferiorer Myokardinfarkt (oft kombiniert mit persistierenden symmetrisch negativen T-Wellen )
- Systolische Überlastung / linksventrikuläre Hypertrophie (oft kombiniert mit einer positiven T-Welle)
- Präexzitation (kombiniert mit einer negativen Deltawelle)
- Linksschenkelblock (kombiniert mit einer Verbreiterung des QRS-Komplexes )
- Differenzialdiagnosen
- QSV1/V2-Typ: QS-Muster in V1 und/oder V2
- Differenzialdiagnosen
- Normvariante
- Elektroden zu kranial platziert [6]
- Anteroseptaler Myokardinfarkt (i.d.R. kombiniert mit zusätzlicher Q-Zacke in V3 oder QRS-Knotung in >2 präkordialen Ableitungen plus T-Negativierung in V3)
- Differenzialdiagnosen
Einige Konfigurationen wie bspw. der SISIISIII- und SIQIII-Typ werden manchmal auch als spezielle Lagetypen interpretiert!
Veränderungen der Dauer
- Verbreiterung: QRS-Dauer ≥120 ms
- Differenzialdiagnosen
- Faszikelblock
- Schenkelblock
- Hyperkaliämie
- Medikamente (insb. Klasse-I-Antiarrhythmika, trizyklische Antidepressiva)
- Präexzitationssyndrome
- Vorhofflimmern mit Aberrationen
- Ventrikulärer Rhythmus oder ventrikuläre Extrasystolen
- Kammertachykardie (dann oft ≥140 ms)
- Ventrikuläre Ektopie
- Ventrikulärer Schrittmacher
- Differenzialdiagnosen
- Verschmälerung: Supraventrikuläre Tachykardien
Veränderungen der Amplitude
- Erhöhung: Auffällig hohe R- und tiefe S-Zacken
- Differenzialdiagnosen
- Normvariante (insb. bei jungen schlanken Männern)
- Kachexie
- Myokardiale Hypertrophie (für Details siehe Hypertrophiezeichen)
- Differenzialdiagnosen
- Verringerung: Amplitude des QRS-Komplexes <0,5 mV in den Extremitäten oder <0,7 mV in den Brustwandableitungen (sog. Niedervoltage)
- Differenzialdiagnosen: siehe Niedervoltage
Veränderungen der Q-Zacke
- Pathologisches Q
- Morphologie:
- Jede Q-Zacke in V2–V3 >20 ms oder QS-Komplex in V2–V3
- Q-Zacke ≥30 ms und ≥1 mm Tiefe oder QS-Komplex in den Ableitungen I, II, aVL, aVF oder V4–V6, in mind. zwei Ableitungen einer Ableitungsgruppe (I, aVL; V1–V6; II, III, aVF)
-
R-Zacke >40 ms in V1–V2 und R/S-Verhältnis >1 mit konkordant positiver T-Welle ohne Überleitungsstörung
- Größte Spezifität bei
- Q-Zacken in denselben Ableitungen wie ST-Abweichungen oder T-Wellen-Veränderung
- Q-Zacken in mehreren Ableitungen oder Ableitungsgruppen oder >40 ms
- Größte Spezifität bei
- Differenzialdiagnosen
- Myokardinfarkt
- Kardiomyopathie
- Schenkelblock
- Faszikelblock
- Pneumothorax links
- Amyloidose
- Präexzitationssyndrome
- Ventrikuläre Hypertrophie
- Akutes Cor pulmonale
- Bland-White-Garland-Syndrom [12]
- Morphologie:
Veränderungen der R- und/oder S-Zacke
Veränderte Morphologie
- Initial verbreiterter Aufstrich der R-Zacke
- Differenzialdiagnosen
- Präexzitationssyndrom bei akzessorischer Leitungsbahn (sichtbar als sog. Deltawelle)
- Hinweise: Typischerweise Auftreten in I, V5 und/oder V6, gleichzeitige Verkürzung der PQ-Zeit
- Bedeutung: Auslösung von tachykarden Herzrhythmusstörungen möglich (WPW-Syndrom)
- Normvariante (sog. Pseudo-Deltawelle)
- Hinweise: Typischerweise Auftreten in Ableitung III, und aVF sowie V2 und/oder V3 bei normaler PQ-Zeit
- Bedeutung: Variante aufgrund individueller elektrophysiologischer Gegegebenheiten, die zu kleineren Veränderungen des Vektors führen
- Präexzitationssyndrom bei akzessorischer Leitungsbahn (sichtbar als sog. Deltawelle)
- Differenzialdiagnosen
- Kleiner positiver Ausschlag am Ende des QRS-Komplexes oder zwischen dem Ende des QRS-Komplexes und dem Beginn der T-Welle (Epsilonwelle) [13]
- Differenzialdiagnose: Arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie (ARVC)
- Knotung im aufsteigenden Schenkel der S-Zacke in den präkordialen Ableitungen, meist V2–V4(Cabrera-Zeichen)
- Differenzialdiagnosen (bei gleichzeitigem Linksschenkelblock)
- Abgelaufener anteriorer Myokardinfarkt
- Schwere hypertrophe Kardiomyopathie
- Differenzialdiagnosen (bei gleichzeitigem Linksschenkelblock)
Veränderungen der Dauer
- R-Zacke: Verbreiterung
- >100 ms
- Differenzialdiagnosen
- >400 ms: Posteriorer Myokardinfarkt
- >100 ms
- S-Zacke: Verlängerung der Terminal Activation Duration
- >55 ms in V1/V2: Arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie (ARVC)
Veränderungen der Amplituden
- Veränderte Amplitude der R-Zacke
- R-Verlust: Ausbleibende Zunahme der R-Amplitude in den Brustwandableitungen
- Gestörte R-Progression: Verzögerte Zunahme der R-Amplitude in den Brustwandableitungen
- Differenzialdiagnosen
- Veränderte Amplitude der S-Zacke
- S-Persistenz: Verbleiben einer deutlichen S-Zacke bis V6
- Differenzialdiagnosen
- Rechtsherzbelastung
- Linksanteriorer Hemiblock
ST-Strecke
Definition
- Strecke zwischen Ende des QRS-Komplexes und Anfang der T-Welle
Elektrophysiologischer Hintergrund
- Entspricht der Plateauphase des Myokardzellen-Aktionspotenzials
- Beginn: Bei vollständiger Depolarisation der ganzen Kammer
- Potenzialdifferenz: Keine
- Ende: Beginn der Kammerrepolarisation (T-Welle)
Physiologische Dauer und Morphologie
- Beginn: J-Punkt
- Ende: Bis zum Beginn der T-Welle
- Dauer: Keine relevanten Normwerte, abhängig von der Herzfrequenz
- Morphologie: I.d.R horizontaler Verlauf entlang der isoelektrischen Linie
- Extremitätenableitungen: Meist isoelektrisch
- Brustwandableitungen V1–V3: Häufig physiologische ST-Hebung mit ggf. langsam aszendierendem Verlauf ohne klaren Übergang in die T-Welle
- ST-Hebungen oder -Senkungen <0,1 mV sind unabhängig von der Ableitung als unspezifisch zu werten
Bestimmung pathologischer Veränderungen
- Messung von ST-Hebungen und -Senkungen: Am J-Punkt; hierbei gilt die PQ-Strecke vor dem QRS-Komplex als isoelektrisches Nullniveau
- Lokalisation von Veränderungen: Diffus ubiquitär oder einem bestimmten Versorgungsgebiet zugeordnet
- Voraussetzung für den EKG-Verdacht auf eine Ischämie sind ST-Strecken-Veränderungen in zwei benachbarten Ableitungen
- Spiegelbildliche Darstellung: Von ST-Hebungen bzw. ST-Senkungen in den jeweils gegenüberliegenden Extremitätenableitungen
- Weniger eindeutige Spiegelbilder in den Brustwandableitungen
Differenzialdiagnostik bei Veränderungen der ST-Strecke
ST-Hebungen
- Signifikant ab einer Höhe von >0,1 mV am J-Punkt
Pathologische Ursachen
- Myokardinfarkt
- ST-Strecken-Veränderungen in zwei benachbarten Ableitungen
- In 90% der Fälle geht die ST-Hebung beim Myokardinfarkt von dem absteigenden R ab; Ausnahmen mit einem Abgang aus der S-Zacke sind aber möglich
- Für Details und weitere Differenzierung siehe auch: EKG bei Myokardinfarkt
- Bei einem Linksschenkelblock bzw. Rechtsschenkelblock können ST-Hebungen maskiert sein → Heranziehen der Sgarbossa-Kriterien zur Diagnose eines STEMI
- Perimyokarditis
- In 80% der Fälle geht die ST-Hebung von der S-Zacke ab; insb. in den Extremitätenableitungen und in V5–V6 ist seltener aber auch ein Abgang aus der R-Zacke möglich
- ST-Hebung <0,3 mV, typischerweise in l und aVF, konkav, ohne pathologische Q-Zacken, meist diffuse Verteilung in mehreren auch nicht benachbarten Ableitungen, evtl. Osborn-Welle
- Bei begleitendem größeren Perikarderguss Niedervoltage möglich
- Prinzmetal-Angina
- Meist ST-Hebung aus dem absteigenden R
- Reversible ST-Hebungen, die nach ca. 20 min von selbst oder nach Gabe von Calciumantagonisten oder Nitraten verschwinden
- Brugada-Syndrom
- Gewölbte/sattelförmige ST-Hebungen in V1–V3 mit Anhebung des J-Punktes ≥0,2 mV (meist aus der aufsteigenden S-Zacke) [12][14]
- Weitere kardiale Ursachen
- Linksventrikuläre Überlastung oder Linksschenkelblock: Spiegelbild einer ST-Senkung mit ST-Hebung <0,4 mV in V1–V3
- Linksventrikuläre Hypertrophie: Insb. in V1–V2
-
Tako-Tsubo-Kardiomyopathie
- ST-Hebungen (wie beim STEMI) in 44% der Fälle
- Jedoch häufig über den seitlichen und präkordialen Ableitungen, ohne Zuordnung zu einem koronaren Versorgungsgebiet
-
Ventrikelaneurysma
- Hinweisend sind persistierende ST-Hebungen nach Myokardinfarkt
- Meist an der Ventrikelspitze (V2–V5), häufig auch negative T-Welle
- Hypertrophe obstruktive Kardiomyopathie
- Mitralklappenprolaps
- Gefäßerkrankungen
- Pulmonale Ursachen
- Lungenembolie: Insb. in III, V1
- Pneumothorax
- Elektrolytstörungen
- Hyperkalzämie: Leichte ST-Hebung, meist aus der R-Zacke abgehend
- Hyperkaliämie
- Weitere Ursachen: Vagotonie bei Sinusbradykardie , akute Blutungsanämie
Frühe Repolarisation [15][16][17][18]
- Bedeutung
- Häufig physiologische Normvariante („gutartige frühe Repolarisation“), in seltenen Fällen aber Assoziation mit Arrhythmien bis hin zum plötzlichen Herztod beschrieben
- Zählt zusammen mit dem Brugada-Syndrom und anderen Kammertachykardien mit J-Punkt-Veränderungen zu den sog. J-Wellen-Syndromen
- Prävalenz: Ca. 1–13%, insb. junge, sportliche Männer betroffen, die Prävalenz scheint bei African Americans höher zu sein
- EKG-Veränderung und Klinik
- Konstante Hebung von 0,2–0,4 mV des J-Punktes und der ST-Strecke in den anterioren präkordialen Ableitungen und/oder in den inferioren Ableitungen III und aVF
- Meist asymptomatisch: Im Gegensatz zu Myokardinfarkt und Prinzmetal-Angina keine Brustschmerzen und keine Veränderung der ST-Hebung in kurzer Zeit
Die wichtigste Ursache einer ST-Streckenhebung aus einem absteigenden R ist der Myokardinfarkt. In selteneren Fällen kann die ST-Streckenhebung bei Myokardinfarkt aber auch aus der S-Zacke abgehen!
ST-Senkungen
- Signifikant ab einer Senkung von >0,1 mV am J-Punkt
Formen der ST-Senkung
- Aszendierende ST-Senkung: Bei geringer Ausprägung meist Normvariante, z.B. bei Tachykardie; bei starker Ausprägung Hinweis auf eine KHK
- Muldenförmige ST-Senkung: Bei Digitalis-Einwirkung charakteristisch, meist ca. 0,1 mV
- Deszendierende oder horizontale ST-Senkung: Hinweis auf eine subendokardiale Minderversorgung oder Schädigung des Myokards
- Ursachen
- Möglicher Hinweis auf einen akuten transmuralen ST-Hebungsinfarkt
- NSTEMI (Innenschichtischämie)
- Auftreten unter Belastung: Hinweis auf KHK
- Bei ventrikulärer Hypertrophie
- Linksherzhypertrophie: ST-Senkungen mit präterminalen T-Negativierungen in V4–V6
- Rechtsherzhypertrophie: ST-Senkungen mit präterminalen T-Negativierungen in V1–V3(V4)
- Bei Schenkelblöcken
- Linksschenkelblock: ST-Senkung <0,2 mV in den Ableitungen, wo die rSR'-Formation vorliegt (I, (II), aVL, V5–V6)
- Rechtsschenkelblock: Minimale ST-Senkung in V1, III; aVF
- Lungenembolie: Insb. in V1–V3
- Selten: Tako-Tsubo-Kardiomyopathie
- Ursachen
Weitere Pathologien der ST-Strecke
- Verkürzte oder fehlende ST-Strecke: Hyperkalzämie (QT-Zeit-Verkürzung)
- Osborn-Welle (J-Welle): Deutliche Anhebung und wellenförmige Transformation des J-Punktes, der physiologischerweise den Übergang von S-Zacke zu ST-Strecke markiert
- Ursachen
- Hypothermie
- Gelegentliche Normvariante (<0,1 mV) in V5–V6
- Assoziation mit früher Repolarisation möglich
- Sonderform Storchenbeinzeichen: Kurzer positiver Ausschlag von ca. 0,1 mV am J-Punkt in V4–V6
- Hinweis auf akute Perimyokarditis (in ca. 30% der Fälle vorhanden)
- Ursachen
T- und U-Welle
Definition
- T-Welle: EKG-Abschnitt, der auf die ST-Strecke folgt
- U-Welle: Fakultativer Ausschlag nach der T-Welle
Elektrophysiologischer Hintergrund
- T-Welle: Erregungsrückbildung des Ventrikels
- U-Welle: Am ehesten Repolarisation der Purkinje-Fasern
Physiologische Dauer, Morphologie und Polarität
T-Welle
- Dauer: Keine Normwerte [4]
- Morphologie: Asymmetrisch [4]
- Langsamer Aufstieg
- Schneller Abfall
- Amplitude
- Größte Amplitude: Meistens am R/S-Übergang in V3/V4 [19]
- In Relation zur R-Zacke
- Extremitätenableitungen und V5 und V6: T-Amplitude zwischen 1/6–2/3 der R-Zacke [19]
- V2 und V3: T-Amplitude darf höher als 2/3 R sein [20]
Polarität: Überwiegend positiv
- Konkordanz der T-Welle zum QRS-Komplex: Bei einem insg. positiven QRS-Komplex (dominante R-Zacke) ist auch die T-Welle positiv, bei einem insg. negativen QRS-Komplex (dominante S-Zacke) ist sie negativ. In den meisten Ableitungen ist die T-Welle daher entsprechend des QRS-Komplexes positiv. Verhält sich die T-Welle gegensätzlich zum QRS-Komplex, spricht man von „diskordant“ (siehe auch: Differenzialdiagnosen diskordant negativer T-Wellen).
- Physiologische negative T-Wellen [4]
- Extremitätenableitungen
- Brustwandableitungen
- Häufig negativ oder isoelektrisch in V1
- Selten negativ in V2 (und V3) bspw. bei jungen Erwachsenen (Männer ≤25 Jahre und Frauen ≤35 Jahre)
- Sehr selten negativ in anderen Ableitungen
- Physiologische positive überhöhte T-Wellen [4]
- Brustwandableitungen
- In V2–V4 (ggf. mit Sinusbradykardie): Möglich bei hohem Vagotonus, insb. bei jungen Männern („vegetatives T“)
- Brustwandableitungen
U-Welle
- Definition: Fakultativer Ausschlag nach der T-Welle [21]
- Dauer: Keine Normwerte
- Morphologie
- Asymmetrisch
- Schneller Aufstieg
- Langsamer Abfall
- Flach , am ausgeprägtesten in den Brustwandableitungen
- Asymmetrisch
- Amplitude: U-Amplitude max. 50% der T-Amplitude [19]
- Polarität: Positiv, entsprechend der T-Welle
Differenzialdiagnostik bei Veränderungen der T- bzw. U-Welle
T-Welle [4]
- Pathologische positive T-Wellen
- Überhöht, spitz, „zeltförmig“
- Vorübergehendes frühestmögliches Infarktzeichen („Erstickungs-T“ )
- Hyperkaliämie
- Überhöht, spitz, „zeltförmig“
- Pathologische abgeflachte T-Wellen
- Abgeflacht: Hypokaliämie
- Pathologische negative T-Wellen (T-Negativierung, T-Inversion) [4][19][21][22]
- Negative T-Wellen sollten immer im Kontext der Anamnese und weiterer EKG-Befunde interpretiert werden
- Formen der T-Negativierung
- Differenzialdiagnosen diskordant negativer T-Wellen
- Einem Versorgungsgebiet entsprechend (ggf. mit ST-Hebungen oder -Senkungen)
- KHK („koronare“ T-Wellen)
- Akuter Myokardinfarkt (Zwischenstadium, ggf. mit Q-Zacke)
- Postischämisch
- Diffus (in mehreren Brustwandableitungen, insb. V3–V6
- Perikarditis, Myokarditis
- Aneurysma
- Akute Pankreatitis
- Ausgeprägte Anämie
- Medikamente (insb. Digitalis)
- Hyperventilation
- Subarachnoidalblutung, zerebraler Insult
- Tachykardie, Posttachykardiesyndrom
- SM-Erregung
- In I, aVL (sowie V5–V6)
- Linksventrikuläre Überlastung bzw. Hypertrophie
- Linksschenkelblock
- In V1–V3
- Riesige negative T-Wellen (Amplitude 5–15 mm): Sehr selten
- Nach Subarachnoidalblutung, zerebralem Insult, epileptischem Anfall
- Isoliert (ohne QRS-Veränderung): Klassischer Non-Q-Infarkt, zerebrale Krankheiten, Post-pacing-T-Negativität (Chatterjee-Phänomen), Lungenödem, „globale T-Wellen-Inversion“
- Mit entsprechenden QRS-Veränderungen: Bei linksventrikulärer Hypertrophie, hypertropher Kardiomyopathie, apikaler Hypertrophie
- Einem Versorgungsgebiet entsprechend (ggf. mit ST-Hebungen oder -Senkungen)
Jede nicht-konkordante T-Negativierung außerhalb von V1 und aVR ist suspekt (insb. wenn nicht vorbekannt) und bedarf differenzialdiagnostischer Überlegungen, ggf. Diagnostik!
U-Welle [4]
- Negativ: Ggf. bei akuter Myokardischämie, schwerer Aortenklappeninsuffizienz, linksventrikulärer Überlastung bzw. Hypertrophie
- Amplitudenzunahme
- Hypokaliämie
- Medikamente: Digitalis, Amiodaron
TU-Welle (TU-Verschmelzung, TU-Fusion) [4]
- Flaches oder negatives T, betontes U
- Typisch für schwere Hypokaliämie
- Medikamente [22]
- Verlängert
- Long-QT-Syndrome (Messung eines QTU-Intervalls) , QT-verlängernde Medikamente
- Tako-Tsubo-Kardiomyopathie
QT-Zeit
Definition
- Die QT-Zeit repräsentiert die gesamte intraventrikuläre Erregungsdauer; gemessen wird vom Anfang der Q-Zacke bis zum Ende der T-Welle
Bestimmung
- Die QT-Zeit ist abhängig von der Herzfrequenz, sodass eine Frequenzkorrektur erforderlich ist → Frequenzkorrigierte QT-Zeit = QTc
Differenzialdiagnostik bei Veränderungen der QT-Zeit
- Verlängerte QT-Zeit bei Hypokalzämie, Hypokaliämie , entzündlichen Herzerkrankungen (Myokarditis, Perikarditis), Schenkelblöcken, hohem Vagotonus, seltenen angeborenen Syndromen (z.B. kongenitales Long-QT-Syndrom wie das Romano-Ward-Syndrom), Hypothyreose oder als Medikamentennebenwirkung (Antiarrhythmika, Antidepressiva, Antibiotika u.a.)
- Siehe auch → Erworbenes Long-QT-Syndrom
- Verkürzte QT-Zeit
- Primär: Bei Short-QT-Syndrom
- Sekundär: Bei Hyperkalzämie, Digitalis-Einnahme oder erhöhtem Sympathikotonus (z.B. durch Hyperthyreose oder Fieber)
Jede QT-Zeit >440 ms sollte aus Sicherheitsgründen dokumentiert werden. Ggf. muss dieser Umstand bei der Verordnung berücksichtigt werden!
QTc-Zeit (Rechner)
Praxistipp EKG-Befundung
Aufgrund seiner Komplexität empfiehlt sich bei der EKG-Befundung ein strukturiertes Vorgehen. Folgende Schritte und dazugehörige Fragen können dabei helfen, alle gängigen Pathologien zu erfassen.
- Rhythmus (i.d.R. bestmögliche Beurteilung der P-Welle in Ableitung II)
-
Sinusrhythmus und regelmäßige QRS-Komplexe?
- P-Wellen mit sich verändernden Abständen zum QRS?
- Gleiche oder verschiedenartige QRS-Komplexe?
- Haben andersartig aussehende QRS-Komplexe eine sich wiederholende Abfolge (z.B. 1:1 oder 2:1)?
-
Sinusrhythmus und regelmäßige QRS-Komplexe?
- Herzfrequenz (in jeder Ableitung beurteilbar)
- Annäherungsweise kann bei EKGs mit einer Schreibgeschwindigkeit von 50 mm/s die Frequenz abgeschätzt werden, indem die Anzahl der QRS-Komplexe mit 10 multipliziert wird, die sich innerhalb einer Ableitung auf dem DIN-A4-Blatt befindet.
- Bradykardie <50–60/min, Tachykardie >100/min
- Annäherungsweise kann bei EKGs mit einer Schreibgeschwindigkeit von 50 mm/s die Frequenz abgeschätzt werden, indem die Anzahl der QRS-Komplexe mit 10 multipliziert wird, die sich innerhalb einer Ableitung auf dem DIN-A4-Blatt befindet.
- Lagetypbestimmung nach vereinfachter Methode (Ableitungen I–III wegweisend, siehe: vereinfachte Lagetypbestimmung)
- Passt der Lagetyp zur Person?
- Ist das EKG richtig abgeleitet?
- Zeiten (i.d.R. bestmögliche Beurteilung der P-Welle in Ableitung II)
- PQ-Zeit ≤200 ms und konstant? → AV-Block ausgeschlossen
- QRS-Komplex ≤100 ms? → Schenkelblock ausgeschlossen
- Frequenzkorrigierte QT-Zeit <440 ms? → Long QT-Syndrom unwahrscheinlich
- Morphologie (jede der 12 Ableitungen einzeln betrachten )
- Tiefe Q-Zacken (Q-Pardee-Q) bzw. QS-Komplexe vorhanden?
- Signifikante ST-Streckenhebungen (≥0,1 mV) in benachbarten Ableitungen?
- Horizontale oder deszendierende ST-Senkungen?
- Korrelieren ST-Senkungen und Hebungen anatomisch?
- Sind alle ST-Strecken verändert?
- Liegen diskordante T-Negativierungen vor?
EKG-Normalbefund und Notation: Sinusrhythmus mit einer Frequenz von X/min, Linkstyp, PQ-Zeit nicht verlängert, QRS nicht verbreitert, keine signifikanten ST-Streckenveränderungen, keine Erregungsrückbildungsstörungen.