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Versorgung von Geflüchteten und Reiserückkehrer:innen

Letzte Aktualisierung: 30.1.2025

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Aus dem Ausland nach Deutschland zurückkehrende bzw. erstmalig einreisende Personen können Krankheiten aufweisen, die für Deutschland ungewöhnlich sind. Essenziell ist daher die Durchführung einer detaillierten Reiseanamnese und die Feststellung der Herkunft. Nur so können auch seltene, für Deutschland ungewöhnliche Erkrankungen in der Differenzialdiagnostik berücksichtigt werden. Für die Diagnosefindung ist zudem ein fundiertes Wissen über die infrage kommenden Erkrankungen und eine spezielle Diagnostik erforderlich, was eine Absprache mit spezialisierten Zentren und eine Verlegung der Patient:innen erforderlich machen kann. Für eine adäquate Behandlung und Versorgung von Geflüchteten sind zusätzliche Punkte (Fluchtweg, Erstaufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte etc.) zu beachten.

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Grundsätzliches Vorgehentoggle arrow icon

Reiserückkehrer:innen

Da viele Infektionskrankheiten mit unspezifischen Beschwerden einhergehen, ist eine gründliche Anamnese von großer Bedeutung. Dabei kann insb. die Reiseanamnese wertvolle Hinweise für eine zielführende Diagnostik geben.

  • Reiseanamnese
    • Exakte Reiseroute
    • Genaues Ankunfts- und Abreisedatum
    • Reiseart
      • Abenteuer- oder Pauschalreise
      • Aufenthalt in ländlichen Regionen oder Städten
      • Hotel- oder Campingurlaub
    • Spezifische Expositionen
      • Tierkontakte
      • Insektenstiche
      • Verhalten bei Trinkwasser- und Nahrungsaufnahme
      • Baden in Süßwasser
      • Sexualanamnese
    • Impfanamnese
    • Eventuelle Einnahme einer Malariaprophylaxe

Geflüchtete und Vertriebene

Personen, die als Geflüchtete nach Deutschland kommen, haben oftmals einen langen und beschwerlichen Weg auf ihrer Flucht hinter sich gebracht und kommen aus instabilen Regionen, in denen keine adäquate medizinische Grundversorgung besteht. In diesem Rahmen können zusätzlich zu den Erkrankungen der einheimischen Bevölkerung in Deutschland auch seltene Infektionskrankheiten auftreten, die mit Herkunftsland, Fluchtweg und überfüllten Erstaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften assoziiert sind. Für eine adäquate medizinische Versorgung müssen neben einer Reiseanamnese daher bei Geflüchteten noch weitere Punkte berücksichtigt werden:

Du findest den aktuellen AMBOSS-Impfkalender und viele weitere hilfreiche Dokumente für den Umgang mit ausländischen Patient:innen (bspw. verschiedensprachige Anamnesebögen) unter „Tipps & Links“ (ganz unten in diesem Kapitel)!

Ansprechpartner:innen und Informationsquellen

Da für eine Diagnosestellung seltener importierter Erkrankungen teilweise Spezialwissen und -diagnostik erforderlich sind, sollte im Zweifelsfall Rücksprache mit Spezialist:innen gehalten und Betroffene ggf. überwiesen oder verlegt werden. Informative Websites:

  • Robert Koch-Institut
  • WHO (Weltgesundheitsorganisation)
  • Auswärtiges Amt - Reisen und Gesundheit
  • Nahegelegene infektiologische Kliniken und Tropeninstitute
  • Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (Nationales Referenzzentrum für tropische Infektionserreger)
  • Siehe auch: Tipps & Links
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Mögliche Erkrankungentoggle arrow icon

Häufige Erkrankungen

Die häufigsten Erkrankungen bei Patient:innen aus dem Ausland, Reiserückkehrer:innen und Geflüchteten sind Durchfall-, Haut- und Atemwegserkrankungen.

Grundsätzlich sollte bei diesen Personen nicht nur an seltene nicht-heimische Differenzialdiagnosen, sondern auch an hierzulande häufige Erkrankungen gedacht werden!

Durchfallerkrankungen

Auswahl häufiger Ursachen (umfassende Liste siehe: Ätiologie von Durchfallerkrankungen):

Erkrankung Erreger Charakteristika Vorkommen

Rotavirus-Infektion

  • Weltweit

Norovirus-Infektion

  • Wässrige Diarrhö
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Häufiger bei Jugendlichen und Erwachsenen

Lambliasis

Amöbiasis

Infektion mit darmpathogenen E. coli

Campylobacter-Enteritis
  • Weltweit
Salmonellose
  • Salmonella enteritidis und typhimurium
Shigellose
Wurmerkrankungen
  • Weltweit
Meldepflicht

Hautläsionen

Beim Vorliegen einer Hautläsion sollte immer die komplette Haut untersucht werden (siehe auch: Dermatologische Anamnese). Auswahl häufiger Ursachen:

Atemwegserkrankungen

Meist handelt es sich um Erkrankungen, die auch hierzulande vorkommen.

Spezifische Risikoexposition

Risikoexposition Region Erkrankung
Riskantes Sexualverhalten Weltweit

Sexuell übertragbare Krankheiten (z.B. Hepatitis B und C, HIV, Syphilis, Chlamydieninfektion)

Baden in Süßwassergewässern Tropen, Subtropen

Schistosomiasis

Barfußgehen Tropen, Subtropen

Hakenwurm-Infektion, Strongyloidiasis

Kontakt zu Hunden Insb. Mittelmeerregion, Türkei

Echinokokkose durch Hundebandwurm

Stiche von Raubwanzen

(Schlafen in einfachen Behausungen)

Mittel- und Südamerika Chagas-Krankheit
Stiche der Tsetse-Fliege Tropisches Afrika

Schlafkrankheit

Bei Geflüchteten zusätzlich zu beachten

Bei Geflüchteten besteht aufgrund von limitierten Sprachkenntnissen, eingeschränktem Zugang zu medizinischen Einrichtungen und niedrigem finanziellen Status ein deutlich erhöhtes Risiko für die Entwicklung von schweren Krankheitsverläufen mit Komplikationen!

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Differenzialdiagnosen von Fieber bei Patient:innen aus dem Auslandtoggle arrow icon

Eine Vielzahl von Erkrankungen geht unspezifisch mit Fieber einher. Eine unbehandelte Malaria tropica kann jedoch schon nach wenigen Tagen unbehandelt zum Tod führen.

Personen, die mit Fieber aus Malariaendemiegebieten einreisen, müssen notfallmäßig abgeklärt werden, um eine Malaria tropica auszuschließen!

Übersicht wichtiger Differenzialdiagnosen bei Fieber nach Aufenthalt im Ausland
Erkrankung Erreger Inkubationszeit Weitere Symptome neben Fieber Diagnostik Ausbreitungsrisiko in
Deutschland
Vorkommen Meldepflicht Prävention

Malaria

  • Je nach Erreger: 7–42 Tage
  • Nein
  • Tropisches Afrika, Asien, Mittel- und Südamerika
  • Nicht-namentlich bei Labornachweis
  • Schutz vor Mückenstichen
  • Medikamentöse Chemoprophylaxe
  • Notfallmäßige Selbstbehandlung (Stand-by-Therapie)
Dengue-Fieber
  • 2 Tage – 2 Wochen
  • PCR
  • Serologie
  • Nein
  • Tropen (insb. Südostasien, Brasilien)
  • Namentlich bei Verdacht, Erkrankung, Tod, Labornachweis
  • Schutz vor Mückenstichen
Gelbfieber
  • 3–7 Tage
  • PCR
  • Serologie
  • Nein
  • Namentlich bei Verdacht, Erkrankung, Tod, Labornachweis
  • Schutz vor Mückenstichen
  • Impfung
Typhus
  • Salmonella typhi
  • Bis zu 2 Monate, meist 1–3 Wochen
  • Namentlich bei Verdacht, Erkrankung, Tod, Labornachweis
  • Impfung
  • Lebensmittel- und Trinkwasserhygiene
Amöbenruhr
  • 1–4 Wochen
  • Stuhlprobe
  • PCR
  • Nein
  • Lebensmittel- und Trinkwasserhygiene
Amöbenleberabszess
  • Tage bis mehrere Jahre
  • Rechtsseitige Oberbauchschmerzen
  • Je nach Bundesland

Hepatitis A

  • 2–7 Wochen
  • Serologie
  • Leberenzyme
  • Weltweit
  • Namentlich bei Verdacht, Erkrankung, Tod, Labornachweis
  • Impfung
  • Lebensmittel- und Trinkwasserhygiene
Hepatitis E
  • 2–10 Wochen
  • Weltweit
  • Namentlich bei Verdacht, Erkrankung, Tod, Labornachweis
  • Lebensmittel- und Trinkwasserhygiene

Meningokokken-Meningitis

  • 2–10 Tage
  • Weltweit, besonders Afrika, Südamerika, Südostasien
  • Namentlich bei Verdacht, Erkrankung, Tod, Labornachweis
Tuberkulose
  • Mykobakterium tuberculosis
  • 4–8 Wochen
  • Weltweit
  • Namentlich bei Erkrankung, Tod, Labornachweis
Viszerale Leishmaniose
  • 3–6 Monate
  • Blut- und Knochenmarksausstrich
  • Serologie
  • PCR
  • Nein
  • Afrika, Indien, Südwest- und Zentralasien, Süd- und Mittelamerika, Mittelmeerraum
  • Nein
  • Schutz vor Mückenstichen
HIV-Infektion
  • Variabel
  • Weltweit (v.a. Subsahara Afrika)
  • Nicht-namentlich bei Labornachweis
Influenza
  • Wenige Stunden bis einige Tage
  • Weltweit (v.a. während Influenzasaison)
  • Namentlich bei Labornachweis
Diphtherie
  • 2–5 Tage
  • Direkter Erregernachweis
  • PCR
  • Weltweit (insb. Russland, Indien, Indonesien, Afrika)
  • Namentlich bei Verdacht, Erkrankung, Tod, Labornachweis
FSME
  • 3–28 Tage
  • PCR
  • Serologie
  • Nein
  • Europaweit (u.a. Mittel- und Südeuropa, Baltikum, Balkan), Russland
  • Namentlich bei Labornachweis

Weitere, seltenere Differenzialdiagnosen

Weitere Informationen zur Meldepflicht siehe: Infektionsschutzgesetz

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