Abstract
Die Meningitis ist eine Entzündung der Hirn- und Rückenmarkshäute, wobei die Abgrenzung zu einem Befall des Gehirns (Meningoenzephalitis) insb. bei Kindern oft nicht möglich ist. Als Ursache kommen zahlreiche verschiedene Viren infrage; bei den bakteriellen Erregern dominieren v.a. Meningokokken und Pneumokokken. Klinisch muss auf die Leitsymptome Fieber, Kopfschmerzen, Meningismus und Bewusstseinstrübung geachtet werden, die bei Kleinkindern und Säuglingen allerdings meist fehlen. Bedeutende Sonderformen sind die tuberkulöse Meningitis und die Neuroborreliose, die sich beide zumeist mit einem subakuten Verlauf über Wochen bis Monate präsentieren.
Diagnostisch wegweisend sind insb. Klinik und Liquoruntersuchung. Zum Ausschluss von erhöhtem Hirndruck wird bei entsprechender Klinik vor der Liquorpunktion ein kraniales CT durchgeführt. Während eine bakterielle Meningitis sowie Meningoenzephalitiden durch HSV oder VZV absolute Notfälle darstellen und so schnell wie möglich kalkuliert antibiotisch/antiviral therapiert werden müssen, heilt eine unkomplizierte virale Meningitis spontan und meist folgenlos aus.
Die am meisten gefürchtete Komplikation der akuten bakteriellen Meningitis (insb. der Meningokokken-Meningitis) ist das Waterhouse-Friderichsen-Syndrom, das mit einer schweren Verbrauchskoagulopathie und Nebennierenrindeninsuffizienz und i.d.R. auch mit einem letalen Ausgang einhergeht.
Für das Notfallmanagement des meningitischen Syndroms siehe: Meningitisches Syndrom - AMBOSS-SOP
Definition
- Meningitis: Entzündung der Hirnhäute (genauer der Pia mater und der Arachnoidea mater)
- Enzephalitis: Entzündung des Gehirns
- Meningoenzephalitis: Kombinierte Entzündung von Gehirn und Hirnhäuten
- Myelitis: Entzündung des Rückenmarks
- Enzephalomyelitis: Kombinierte Entzündung von Gehirn und Rückenmark
Epidemiologie
- Bakterielle Meningitis [1]
- Inzidenz: 1–10 Fälle/100.000 Einwohner pro Jahr in Deutschland
- Meningokokken-Meningitis: 0,5 Fälle/100.000 Personen pro Jahr weltweit, insb. im Meningitisgürtel (s.u.)
- Tuberkulöse Meningitis [2]
- Inzidenz: Etwa 2 Fälle/100.000 Einwohner pro Jahr
- Altersgipfel: 6 Monate bis 4 Jahre [3]
- Virale Meningitis [2]
- Inzidenz: Etwa 20 Fälle/100.000 Einwohner pro Jahr
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
Akute bakterielle Meningitis
- Infektionsweg
- Direkte Übertragung von Mensch zu Mensch über Tröpfcheninfektion (10% der europäischen Bevölkerung haben eine Besiedelung mit Meningokokken im Nasen-Rachen-Raum, ohne Krankheitserscheinungen zu entwickeln)
- Hämatogene Streuung (insb. bei Nasen-Rachen-Infekt)
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Kontinuierliche Ausbreitung
- Infektionen angrenzender Regionen, insb. Ohr oder Augenhöhle
- Offenes Schädelhirntrauma oder perioperativ
- Erregerspektrum abhängig vom Erkrankungsalter [4][5]
- Kinder
- Alter ≤6 Wochen: Streptococcus agalactiae (Gruppe-B-Streptokokken) und E. coli, gefolgt von Listerien, Staphylokokken, Klebsiellen, Pseudomonas, Salmonellen und gramnegativen Erregern
- Alter >6 Wochen: Pneumokokken, Meningokokken (und Haemophilus influenzae)
- Erwachsene: Pneumokokken, Meningokokken, Listerien, Haemophilus influenzae, Staphylokokken, gramnegative Enterobakterien, Pseudomonas aeruginosa
- Kinder
Akute virale Meningitis
- Theoretisch können fast alle humanpathogenen Viren eine virale Meningitis auslösen
- Häufigste: Entero- (bzw. Coxsackie‑), Arbo-, Influenza-, HI-, Mumps- und FSME-Viren sowie die Herpesviren CMV, VZV, EBV und HSV (siehe: HSV-Enzephalitis)
Weitere Formen
- Bakterien: Tuberkulöse Meningitis, Neuroborreliose
- Pilze: Candidose, Aspergillose, Kryptokokkose
- Parasiten: Echinokokkose, Toxoplasmose
- Nicht-infektiös: U.a. Sarkoidose, Metastasierungen (Meningeosis neoplastica)
Symptome/Klinik
- Allgemein
- Kopfschmerzen, Meningismus und hohes Fieber
- Ggf. Übelkeit, Erbrechen, Lichtscheu, Unruhe, Verwirrtheit, Vigilanzstörung, Hyperästhesie, Paresen, Krampfanfälle, Opisthotonus
- Bei Meningokokken-Meningitis in ca. 60% der Fälle Hautveränderungen: Makulopapulöse oder petechiale Exantheme bis hin zur ausgedehnten Purpura fulminans mit Hautnekrosen [5]
- Bei Säuglingen und Kleinkindern [6]
- Fieber, Erbrechen
- Bei 40% gespannte Fontanelle
- Weitere Symptome: Unruhe oder Apathie, Lichtscheu, Vigilanzstörung, Krampfanfälle, Trinkschwäche, plötzliches Schielen, Hautblutungen, blasses Hautkolorit, schrilles Schreien, Wimmern, Bewegungsarmut, Berührungsempfindlichkeit
- Der sonst typische Meningismus kann fehlen
- Bei Neugeborenen
- Atemstörung, blass-graues Hautkolorit, Krampfanfälle, Erbrechen
- Bei 20% Berührungsempfindlichkeit oder Fieber
- Weitere Symptome: Gespannte Fontanelle, Opisthotonus , Schlaffheit, Hyperexzitabilität, Vigilanzstörung, Ödeme, geblähtes Abdomen, Hypothermie, Ikterus, schrilles Schreien, Trinkschwäche
- Der sonst typische Meningismus kann fehlen
Insb. bei Neugeborenen, Säuglingen und Kleinkindern kann der sonst typische Meningismus fehlen!
Besonderheiten
Inkubationszeit | Klinischer Verlauf | Weiteres | |
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Bakterielle Meningitis |
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Virale Meningitis |
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Tuberkulöse Meningitis |
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Diagnostik
Das meningitische Syndrom ist ein Notfall! Diagnostik und Therapie müssen eng verzahnt erfolgen!
- Siehe hierzu: Meningitisches Syndrom - AMBOSS-SOP
Klinische Untersuchung
- Prüfen auf Meningismus
- Reflektorische Nackensteifigkeit
- Brudzinski-Zeichen: Bei der Prüfung auf Nackensteifigkeit kommt es zum reflexartigen Anziehen der Beine. Dadurch wird die mit Schmerzen verbundene Spannung der Meningen und v.a. der lumbosakralen Nervenwurzeln reduziert.
- Kernig-Zeichen
- Lasègue-Zeichen
- Kniekuss
- Dreifuß-Zeichen (auch: Amoss-Zeichen)
Labor/Mikrobiologische Untersuchungen
Liquordiagnostik/Liquorpunktion: Differentialdiagnose Meningitis [1][7][8]
- Unverzichtbar: Zellzahl, Zelldifferenzierung, Protein, Grampräparat, Liquorkultur, Glucose, Laktat
- Wenn möglich: 0,5–1 mL Nativliquor asservieren, um Erreger-PCR nachzumelden bei negativem Kulturergebnis
- Bei Erregernachweis immer Resistogramm und Bestimmung der Serogruppen bzw. -typen, bei Pneumokokken zusätzlich MIC
- Typische Liquorbefund-Konstellation bei bakterieller Meningitis
- Granulozytäre Pleozytose mit über 1.000 Zellen/μL
- Liquorglucose↓, Liquor/Serum-Quotient: <0,5
- Liquorprotein↑ (meist >2.000 mg/L)
- Liquorlaktat↑ (>3,5 mmol/L)
- Positives Grampräparat
Erscheinung | Zellart | Zellzahl/μL | Laktat | Eiweiß (Gesamtprotein) | Glucose | |
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Referenzwerte [9] |
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Virale Meningitis1) |
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Tuberkulöse Meningitis2) |
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Neuroborreliose |
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- Bei Therapiebeginn mit Antibiotika vor primärer Liquorpunktion: Latexagglutinationstest zum Antigen-Nachweis insb. von Meningokokken, Haemophilus influenzae und Pneumokokken
- Mikroskopische Untersuchung
- Meningokokken: Gramnegative Diplokokken
- Pneumokokken: Grampositive Diplokokken
- Listerien: Grampositive Stäbchen
- Haemophilus influenzae: Gramnegative Stäbchen
- Mykobakterium tuberculosis: Säurefeste Stäbchen in Ziehl-Neelsen-Färbung
Bei neu auftretenden Kopfschmerzen, Schwindel, Hörminderung/Tinnitus und Übelkeit nach Liquorpunktion ist an ein Liquorunterdrucksyndrom zu denken!
Die Liquorproben müssen sofort bei Raumtemperatur ins Labor transportiert werden! Es sollten sowohl nativer Liquor als auch mit Liquor beimpfte Blutkulturflaschen eingesendet werden!
Blutuntersuchung
- Differentialblutbild
- CRP, (Procalcitonin), Elektrolyte, Glucose
- Blutkultur
- Serologie für spez. Erreger (spez. IgG, IgA, IgM) mittels ELISA, Blot und Immunfluoreszenztest oder AI (Antikörper-spezifischer Index; Nachweis der intrathekalen Synthese spezifischer Antikörper)
Typischerweise zeigen sich im Falle einer bakteriellen Meningitis eine Leukozytose mit Neutrophilie und Linksverschiebung sowie eine CRP- (und Procalcitonin‑)Erhöhung!
Pathologie
Bakterielle Meningitis
- Eitrige Meningitis
- Makroskopie
- Veränderungen typischerweise über der frontalen und parietalen Großhirnrinde
- Verdickte und trübe erscheinende, grünlich-gelbe Hirnhäute: Sog. Haubenmeningitis
- Ödematöse Schwellung des Hirnparenchyms
- Ggf. gestaute Gefäße und Einblutungen (z.B. in Form von Petechien) im Bereich der Hirnhäute und/oder des Hirnparenchyms
- Mikroskopie: Massenhaft granulozytäre Infiltrate im Subarachnoidalraum
- Makroskopie
- Hirnabszess
- Makroskopie: Gelblich-grüne, abgekapselte Nekroseherde, meist in den Großhirnhemisphären und im Kleinhirn
- Mikroskopie: Granulozyten und abgestorbene Zellbestandteile (Zelldetritus) in der Abszesshöhle, außen fibrotischer Randsaum
Tuberkulöse Meningitis
- Makroskopie
- Basale Meningitis: Veränderungen sind v.a. in den basalen Zisternen lokalisiert
- Weißlich-grünes, gelatineartiges Netz, das die basale Hirnoberfläche bedeckt
- Mikroskopie: Verkäsende Granulome, Epitheloidzellen, lymphozytäres Infiltrat
Virale Meningitis
- Sehr vielfältig in der Morphologie
- Makroskopie: Evtl. generalisiertes Hirnödem
- Mikroskopie: Lymphozytäre Infiltrate
- Je nach Virus: Enzephalitis als Komplikation (z.B. HSV, VZV)
Sonstige Meningitiden
- Zerebrale Toxoplasmose
- Makroskopie: Multiple Abszesse im Marklager der Großhirnhemisphären
- Mikroskopie: Umschriebene Gewebsnekrosen
- Kryptokokken-Meningitis
- Makroskopisch: Basale Meningitis (ähnlich der tuberkulösen Meningitis)
- Mikroskopisch: PAS-positive Kryptokokken
Therapie
Initiales Management
- Für das Notfallmanagement des meningitischen Syndroms siehe: Meningitisches Syndrom - AMBOSS-SOP
- Grundsätzliches Vorgehen
- Blutkulturen → Glucocorticoide i.v. vor der 1. Antibiotikagabe → Kalkulierte Antibiotikatherapie → Schädel-CT → Liquorpunktion, wenn keine Kontraindikation im CT („erst CT, dann Liquor!“)
Die Antibiotikagabe ist die absolut wichtigste, weil einzig lebensrettende Maßnahme und muss so schnell wie möglich erfolgen, jede Verzögerung ist prognostisch ungünstig!
Erwachsenen Patienten mit Verdacht auf bakterielle Meningitis sollen nach der Blutkulturentnahme noch vor einer eventuellen Bildgebungsdiagnostik Dexamethason und Antibiotika verabreicht werden. (DGIM - Klug entscheiden in der Notaufnahme 2)
Weiteres Vorgehen
- Überwachung und supportive Therapie: Aufnahme auf die Intensivstation und Behandlung von Komplikationen (bspw. Ausgleich evtl. auftretender Elektrolytstörungen, Behandlung eines Endotoxinschocks bei Meningokokken-Meningitis)
- Bei erhöhtem Hirndruck: Hirndrucksenkende Maßnahmen (Oberkörperhochlagerung um 30°, Osmotherapie, ggf. Liquordrainage)
- Bei Krampfanfällen/Epilepsie-typischen Potentialen im EEG: Antikonvulsive Therapie
- Bei septischer Sinusvenenthrombose: Antikoagulation
- Siehe auch: Therapeutische Antikoagulation - klinische Anwendung
- Fokussuche
- Schutz von Kontaktpersonen: Postexpositionsprophylaxe bei Meningitis bedenken und Kontaktpersonen dokumentieren (Postexpositionsprophylaxe von Kontaktpersonen o.ä. wird nach Meldung durch das Gesundheitsamt organisiert)
- Reevaluation nach 2 Tagen
- Bei unveränderter oder verschlechterter Klinik: Hinterfragen
- der Wirksamkeit der begonnenen Antibiotikatherapie
- eines unter der Therapie persistierenden Infektfokus
- eines etwaigen Vorliegens intrakranieller Komplikationen
- Bei stabiler bzw. bessernder Klinik: Ggf. Deeskalation der Antibiotikatherapie nach Erregernachweis bzw. Resistogramm
- Bei unveränderter oder verschlechterter Klinik: Hinterfragen
Akute virale Meningitis
- Unkomplizierte Virusmeningitis
- Symptomatische Therapie
- Analgetika/Antipyretika: Ibuprofen oder Paracetamol
- Siehe auch: Medikamentöse Antipyrese bei Kindern
- Ggf. Volumensubstitution
- Analgetika/Antipyretika: Ibuprofen oder Paracetamol
- Symptomatische Therapie
- Bei Enzephalitis mit Verdacht auf eine Herpesvirus-Ätiologie
- Bei VZV- und HSV-Enzephalitis: Sofortige Gabe von Aciclovir i.v.!
- Weitere spezifische antivirale Therapien
- Bei CMV: Ganciclovir, Valganciclovir oder Foscarnet
- Bei HIV: Siehe HIV-Therapie
Therapie der tuberkulösen Meningitis [10]
- Tuberkulostatische Kombinationstherapie: Gesamttherapiedauer 12 Monate
- Initial 4er-Kombination über 2 Monate: Isoniazid + Rifampicin + Pyrazinamid + Streptomycin
- Anschließend 2er-Kombination über weitere 10 Monate: Isoniazid + Rifampicin
- plus adjuvante Steroidgabe, z.B. Prednisolon
- Alternative: Dexamethason
- Siehe auch
- Therapie der Tuberkulose
- Tuberkulostatika – Dosierungen für Erwachsene
Bei Therapieende
- Bei komplikationsloser Heilung keine Lumbalpunktion zur Kontrolle nötig
- Bei Kindern: Immer EEG und Hörprüfung
Kalkulierte Antibiotikatherapie bei Meningitis
- Kalkulierte Antibiotikatherapie bei ambulant erworbener Meningitis
- Kombinationstherapie [11]
- Cephalosporin der 3. Generation i.v. (z.B. Ceftriaxon oder Cefotaxim): Wirksam gegen Meningokokken, Pneumokokken, Haemophilus
- und Ampicillin i.v. bei Erwachsenen und Neugeborenen: Zur Abdeckung von Listerien
- Bei Herkunft aus oder nach Reisen in Gegenden mit hoher Penicillinresistenz von Meningokokken oder Pneumokokken : Zusätzlich Vancomycin oder Rifampicin
- Bei Nachweis von Listerien: Zusätzliche Gabe von Gentamicin empfohlen
- Kombinationstherapie [11]
- Kalkulierte Antibiotikatherapie bei nosokomial erworbener Meningitis (bspw. nach neurochirurgischer Operation, Schädel-Hirn-Trauma bzw. bei Shunt-Infektion) [11]
- Vancomycin + Meropenem
- oder Vancomycin + Ceftazidim
- Zusätzlich Metronidazol (falls infolge einer Operation, bei der ein Zugang über die Schleimhäute erfolgte)
- Siehe auch: Antibiotikadosierung bei Meningitis
Kalkuliertes Therapieschema nach Altersgruppen (für Dosierungen siehe: Antibiotikadosierungen bei Meningitis) [5][12]
- Neugeborenenmeningitis
- Neugeborene ≤3 Tagen: Ampicillin (oder Piperacillin) + Cefotaxim (+ Gentamicin) i.v.
- Neugeborene >3 Tage: Ampicillin + Cefotaxim (+ Gentamicin) i.v.
- Meningitis im Kindesalter: Monotherapie mit einem Cephalosporin der 3. Generation (z.B. Ceftriaxon 100 mg/kgKG pro Tag oder Cefotaxim 200 mg/kgKG pro Tag)
- Bei Herkunft aus oder nach Reisen in Gegenden mit hoher Penicillinresistenz von Meningokokken oder Pneumokokken : Zusätzlich Vancomycin oder Rifampicin
- Bei Allergie gegen β-Laktam-Antibiotika oder bei Hirnabszessen: Chloramphenicol
- Im Jugend- und Erwachsenenalter: Kombination Ampicillin + Cephalosporin der 3. Generation (z.B. Ceftriaxon oder Cefotaxim) [11]
- Bei Herkunft aus oder nach Reisen in Gegenden mit hoher Penicillinresistenz von Meningokokken oder Pneumokokken : Zusätzlich Vancomycin oder Rifampicin
- Bei nosokomialen Infektionen oder Shuntinfektionen: Vancomycin + Meropenem oder Vancomycin + Ceftazidim (bei Infektion infolge einer Operation mit Zugang durch die Schleimhäute zusätzlich Metronidazol)
Nach einer Cephalosporintherapie über 24 Stunden gelten Patienten nicht mehr als kontagiös!
Gezielte Antibiotikatherapie bei Meningitis mit Erregernachweis (für Dosierungen siehe: Antibiotikadosierungen bei Meningitis) [12]
- Neugeborene/Säuglinge 0–6 Wochen
- B-Streptokokken: Ampicillin (oder Penicillin G) + Gentamicin
- Listerien: Ampicillin + Gentamicin
- E. coli, Klebsiellen
- Cefotaxim + Gentamicin
- Oder Piperacillin-Tazobactam + Gentamicin
- MRGN : Meropenem (oder Imipenem) + Aminoglykosid
- Pseudomonas aeruginosa: Ceftazidim (oder Piperacillin-Tazobactam oder Meropenem) + Tobramycin (oder Amikacin)
- Staphylokokken
- Koagulasenegative Staphylokokken: Vancomycin
- MSSA: Cefuroxim (oder Cefazolin oder Flucloxacillin) + Gentamicin
- MRSA: Vancomycin (oder Teicoplanin) + Linezolid
- Kinder >6 Wochen und Erwachsene
- Haemophilus influenzae b: Cefotaxim bzw. Ceftriaxon
- Meningokokken: Cefotaxim bzw. Ceftriaxon (oder Penicillin G)
- Pneumokokken: Cefotaxim bzw. Ceftriaxon (oder Penicillin G)
- Bei Penicillinresistenz (MIC >0,06 μg/mL)
- Cefotaxim (bzw. Ceftriaxon) + Vancomycin
- oder Cefotaxim (bzw. Ceftriaxon) + Rifampicin
- oder Cefotaxim (bzw. Ceftriaxon) + Meropenem
- Bei Penicillinresistenz (MIC >0,06 μg/mL)
- Staphylokokken (Methicillin-sensibel, MSSA)
- Cefazolin oder Flucloxacillin
- oder Vancomycin + Fosfomycin
- oder Vancomycin + Rifampicin
- oder Vancomycin + Linezolid
- MRSA
- Vancomycin + Fosfomycin
- oder Vancomycin + Rifampicin
- oder Vancomycin + Linezolid
- Pseudomonas aeruginosa
- Fosfomycin + Ceftazidim
- oder Fosfomycin + Meropenem
- oder Fosfomycin + Cefepim
- Bacteroides fragilis: Metronidazol oder Meropenem oder Clindamycin
- Vancomycin-resistente Enterokokken: Linezolid
- Multiresistente Enterobacteriaceae: Meropenem
Mindestdauer der Antibiotikatherapie im Kindesalter [12][13]
- Neugeborene: ≥14 Tage
- Enterobacteriaceae (z.B. E. coli): ≥21 Tage
- Säuglinge/Kinder
- Kein Erregernachweis (ab dem Alter von 6 Wochen): ≥7–10 Tage
- Enterobacteriaceae (z.B. E. coli): ≥21 Tage
- Haemophilus influenzae Typ b: ≥7–10 Tage
- Pneumokokken: ≥7–10 Tage
- Meningokokken: ≥5 Tage
Antibiotika- und Aciclovir-Dosierung bei Meningitis
- Besonderheiten der Antibiotikatherapie bei Meningitis
- Dosierungen können abweichen: Die Dosierung bzw. das Dosierungsintervall eines Antibiotikums weicht häufig von den allgemeinen Dosierungsempfehlungen ab
- Liquorgängigkeit: Relevant sind die Konzentrationen eines antibiotischen Wirkstoffes am Wirkort
Bei Meningitis werden Antibiotika bzw. Aciclovir immer intravenös verabreicht!
Ceftriaxon bei Meningitis
- Standarddosierung für Erwachsene [5][11]
- Pädiatrische Dosierung: Zugelassen ab 7 Wochen (für diese Indikation)
- Kinder 7 LW–12 J.
- Jugendliche
- Für weitere Informationen siehe auch: Ceftriaxon (pädiatrisch)
Cefotaxim bei Meningitis
- Standarddosierung für Erwachsene [5][11]
- Pädiatrische Dosierung: Zugelassen ab Geburt [12][13]
- Neugeborene/Säuglinge <3 Mon.
- Säuglinge/Kinder 3 Mon.–12 J.
- Jugendliche: Entsprechend der Standarddosierung für Erwachsene
- Für weitere Informationen siehe auch: Cefotaxim (pädiatrisch)
Ampicillin bei Meningitis
- Standarddosierung für Erwachsene [5][11]
- Pädiatrische Dosierung: Zugelassen ab Geburt [12][13]
- Neugeborene/Säuglinge <3 Mon.
- Säuglinge/Kinder 3 Mon.–12 J.
- Jugendliche
- Für weitere Informationen siehe auch: Ampicillin (pädiatrisch)
Ceftazidim bei Meningitis
- Standarddosierung für Erwachsene [5][11]
- Pädiatrische Dosierung: Zugelassen ab Geburt [12][13]
- Neugeborene/Säuglinge <3 Mon.
- Säuglinge/Kinder 3 Mon.–12 J.
- Jugendliche: Entsprechend der Standarddosierung für Erwachsene
Vancomycin bei Meningitis
- Standarddosierung für Erwachsene [5][11]
- Pädiatrische Dosierung: Zugelassen ab Geburt [12][13]
- Neugeborene
- Säuglinge/Kinder ≤12 J.
- Jugendliche
- Für weitere Informationen siehe auch: Vancomycin (pädiatrisch)
- Zu Beachten: Talspiegelkontrolle vor der 3. Gabe, ggf. Dosis- oder Intervallanpassung, bei längerfristiger Gabe Talspiegelkontrolle mind. 1× pro Woche, Hörprüfung nach Therapieende, die Gabe von Glucocorticoiden kann die Vancomycin-Bioverfügbarkeit am Wirkort beeinträchtigen
Linezolid bei Meningitis
- Standarddosierung für Erwachsene [5]
- Pädiatrische Dosierung: Nicht zugelassen für Kinder (nur bei fehlender Alternative anzuwenden, dann Off-Label-Use mit Elterninformation!)
- Frühgeborene und Neugeborene 1. LW
- Neugeborene/Säuglinge/Kinder 2. LW–12 J.
- Jugendliche: Entsprechend der Standarddosierung für Erwachsene
Flucloxacillin bei Meningitis
- Standarddosierung für Erwachsene
- Pädiatrische Dosierung: Zugelassen ab Geburt [12]
- Neugeborene/Säuglinge <3 Mon. [14]
- Säuglinge 3–11 Mon.
- Kinder 1–12 J.
- Jugendliche
Fosfomycin bei Meningitis
- Standarddosierung für Erwachsene [5]
- Pädiatrische Dosierung: Zugelassen ab Geburt [12]
- Neugeborene/Säuglinge <3 Mon.
- Säuglinge/Kinder 3 Mon.–12 J.
- Jugendliche
Gentamicin bei Meningitis
- Standarddosierung für Erwachsene [5]
- Pädiatrische Dosierung: Zugelassen ab Geburt [12]
- Frühgeborene <3 Mon.
- Reifgeborene <3 Mon.
- Säuglinge
- Kinder und Jugendliche
- Für weitere Informationen siehe auch: Gentamicin (pädiatrisch)
- Zu Beachten: Talspiegelkontrolle vor der 3. Gabe, ggf. Dosis- oder Intervallanpassung, bei längerfristiger Gabe Talspiegelkontrolle mind. 1× pro Woche, Hörprüfung nach Therapieende
Aciclovir bei (Meningo‑)Enzephalitis
- Standarddosierung bei Erwachsenen
- Pädiatrische Dosierung: Zugelassen ab Geburt [12]
- Neugeborene
- Säuglinge und Kinder ≤12 J.
- Jugendliche
- Für weitere Informationen siehe auch: Aciclovir im Kindes- und Jugendalter
Meropenem bei Meningitis
- Standarddosierung für Erwachsene [5][11]
- Pädiatrische Dosierung: Zugelassen ab 3 Monaten (nur bei fehlender Alternative früher anzuwenden, dann Off-Label-Use mit Elterninformation!) [12]
- Neugeborene <2.000 g
- Neugeborene/Säuglinge <3 Mon. (Off-Label!)
- Säuglinge/Kinder 3 Mon.–12 J.
- Jugendliche: Entsprechend Standarddosierung für Erwachsene
- Für weitere Informationen siehe auch: Meropenem (pädiatrisch)
Penicillin G bei Meningitis
- Standarddosierung für Erwachsene [5]
- Pädiatrische Dosierung: Zugelassen ab Geburt [12][13]
- Neugeborene/Säuglinge <3 Mon.
- Säuglinge/Kinder 3 Monate–12 J.
- Jugendliche
- Für weitere Informationen siehe auch: Penicillin G (pädiatrisch)
Piperacillin bei Meningitis
- Standarddosierung für Erwachsene
- Pädiatrische Dosierung: Zugelassen ab Geburt [12][13]
- Neugeborene/Säuglinge <3 Mon.
- Säuglinge/Kinder 3 Mon.–12 J.
- Jugendliche
- Für weitere Informationen siehe auch: Penicilline im Kindes- und Jugendalter
Rifampicin bei Meningitis
- Standarddosierung für Erwachsene [5]
- Pädiatrische Dosierung: Zugelassen ab Geburt
- Neugeborene <2.000 g
- Neugeborene >2.000 g, 1. LW
- Kinder 2. LW–12 Mon.
- Kinder >1–12 J. und Jugendliche
Tobramycin bei Meningitis
- Standarddosierung für Erwachsene
- Pädiatrische Dosierung: Zugelassen ab Geburt [12]
- Frühgeborene <3 Mon.
- Reifgeborene <3 Mon.
- Säuglinge/Kinder 3 Mon.–12 Jahre
- Jugendliche >12 Jahre
- Zu Beachten: Talspiegelkontrolle vor der 3. Gabe, ggf. Dosis- oder Intervallanpassung, bei längerfristiger Gabe Talspiegelkontrolle mind. 1× pro Woche, Hörprüfung nach Therapieende
Metronidazol bei Meningitis
- Standarddosierung für Erwachsene [5][15]
- Pädiatrische Dosierung: Zugelassen ab Geburt [12][13]
- Früh- und Neugeborene
- Säuglinge/Kinder bis 12 J.
- Jugendliche
Chloramphenicol bei Meningitis
- Pädiatrische Dosierung: Zugelassen ab Geburt
- Neugeborene Geburt–2. LW
- Neugeborene 3.–4. LW
- Kinder >1 Mon. und Jugendliche
- Zu Beachten: Kontrolle der Retikulozytenzahl alle 2 Tage, Talspiegelkontrolle vor der 3. Gabe, Zielkonzentration 10–25 mg/L, ggf. Dosis- oder Intervallanpassung, bei längerfristiger Gabe Talspiegelkontrolle mind. 1×/Woche, Hörprüfung nach Therapieende
Komplikationen
Allgemeine Komplikationen der bakteriellen Meningitis
- Neurologisch
- Hirnödem
- Vestibulokochleäre Schädigung (Taubheit, Schwindel)
- Seltener: Hirnabszess, Hydrozephalus, subdurales Empyem, Arteriitis (Gefahr für Hirninfarkte und Sinusvenenthrombose), Ventrikulitis, Zerebritis
- Internistisch
Waterhouse-Friderichsen-Syndrom
Das Waterhouse-Friderichsen-Syndrom ist eine gefürchtete Komplikation verschiedener Erkrankungen; es tritt aber meist in Zusammenhang mit der Meningokokken-Meningitis auf. Das Syndrom beruht pathophysiologisch auf einer durch Endotoxine ausgelösten Verbrauchskoagulopathie mit massiven Blutungen in der Haut, Schleimhaut und inneren Organen sowie einem septischen Schock. Infolge der Blutungen kommt es zur Nekrose der Nebennierenrinden mit entsprechender Nebennierenrindeninsuffizienz. Die Entzündungsreaktion im Gehirn führt zum Hirnödem mit neuronaler Schädigung und schließlich zur Atemlähmung. Auch eine Beteiligung des Herzmuskels kann infolge einer toxischen myokardialen Depression zum Tod führen.
Epidemiologie
- In jedem Alter möglich
- Insb. Kleinkinder und Menschen mit Immunsuppression oder funktioneller/anatomischer Asplenie
Ätiologie
- Meist bei schweren Infektionen durch Meningokokken, aber auch bei Pneumokokken-, Hämophilus-influenzae- oder schweren Staphylokokken-Infektionen möglich
Pathophysiologie
- Freisetzung von Endotoxinen → Bindung an Zielzellen → Zytokinfreisetzung → Aktivierung des Gerinnungs- und Komplementsystems → Septischer Schock
- Disseminierte intravasale Gerinnung (DIC) → Thrombosen und Embolien, ggf. Schlaganfall und Einblutung in Haut, Schleimhaut und parenchymale Organe, insb. der Nebennierenrinde → Nekrose → Akute Nebennierenrindeninsuffizienz
- Bei Herzbeteiligung: Toxische myokardiale Depression
- Bei Überschreiten der Blut-Hirn-Schranke durch die Erreger: Bindung der Endotoxine an zerebrale Endothelzellen, Astrozyten und Makrophagen im Subarachnoidalraum → Zytokinfreisetzung → Meningeale Entzündungsreaktion mit Einwandern von Granulozyten → Freisetzen von entzündungsaktiven Substanzen durch die Granulozyten → Blut-Hirn-Schranken-Störung → Vasogenes Hirnödem → Spasmolytische Gefäßveränderungen und Vasospasmen → Kapilläre Minderperfusion → Ischämie und zytotoxisches Hirnödem → Zellnekrosen und Hirndruckanstieg → Neuronale Schädigung und Einklemmung → Tod durch Atemlähmung
Die Schwere der Dysregulation korreliert mit der Erregerlast im Blut!
Klinik
- Klassische Meningitissymptome (insb. Kopfschmerzen, Fieber, Meningismus, Photophobie, Übelkeit)
- Petechiale Haut- und Schleimhauteinblutungen bis zur Purpura fulminans mit ausgedehnten Nekrosen
- Schocksymptomatik mit Multiorganversagen
- Bewusstseinstrübung
- Respiratorische und/oder kardiale Insuffizienz
Bei Verdacht auf Meningitis muss immer das gesamte Integument nach Petechien untersucht werden!
Diagnostik und Therapie
- Immer intensivmedizinische Behandlung!
- Kalkulierte Antibiotikatherapie: Cephalosporin der 3. Generation i.v. (z.B. Ceftriaxon oder Cefotaxim) plus Ampicillin
- Weitere Maßnahmen
- Dexamethason i.v.
- Volumenersatztherapie
- Katecholamine, insb. Noradrenalin (zur Kreislaufstabilisierung)
- Ultima Ratio bei schweren Nekrosen: Amputation von Gliedmaßen
Prognose
- Unbehandelt immer letal, i.d.R. innerhalb von 12–24 Std.
- Unter Maximaltherapie meist auch letal
Da die Letalität auch unter adäquater Maximaltherapie extrem hoch ist, sind das frühzeitige Erkennen und die sofortige Einleitung einer antibiotischen Therapie bei Verdacht auf eine bakterielle Meningitis entscheidend!
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Prognose
- Bakterielle Meningitis [5]
- Letalität
- Unbehandelt fast 100%
- Unter Therapie abhängig von Allgemeinzustand, Immunkompetenz und Alter des Patienten sowie ursächlichem Erreger
- Bei Pneumokokken- und Listerien-Meningitis: 15–20% bzw. 20–30%
- Bei Meningokokken-Meningitis: 3–10%
- Neurologische Residuen: 10–40% der Meningitisfälle
- Hörstörungen treten insb. nach Pneumokokken-Meningitis auf [16]
- Letalität
- Tuberkulöse Meningitis [3]
- Letalität: Unbehandelt fast 100%, unter Therapie bis zu 30%, abhängig von Therapiebeginn, Allgemeinzustand, Immunkompetenz und Alter des Patienten
- Prognose insgesamt
- Stadium I: Fast immer folgenlose Abheilung
- Stadium II: 75% folgenlose Abheilung
- Stadium III: Schlechte Prognose; Überlebende haben meist neurologische Residuen
- Virale Meningitis: Bei unkompliziertem Verlauf meist spontane Abheilung
Prävention
Meningokokken-Impfung
Aufgrund des fulminanten Verlaufs der Meningokokken-Meningitis ist insb. die Impfung gegen Meningokokken von Bedeutung.
Impfstoffe (Totimpfstoffe)
- Konjugatimpfstoff gegen Subtyp C (zweithäufigster Meningokokken-Typ in Deutschland)
- Spaltimpfstoff gegen Subtyp B (häufigster Meningokokken-Typ in Deutschland), erst seit Januar 2013 zugelassen
- Polysaccharid- oder Konjugatimpfstoff gegen die Subtypen A, C, W135 und Y
STIKO-Empfehlung [17]
- Standardimpfung: Grundimmunisierung aller Kinder gegen Subtyp C seit 2006 (einmalige Impfung im Alter von 12 Monaten)
- Nachholimpfung
- Personen <18 Jahre: Einmalige Impfung mit Meningokokken-C-Impfstoff
- Personen ≥18 Jahre: Nur bei besonderer Indikation (s.u.)
- Auffrischungsimpfung: Nicht generell empfohlen
- Bei einzelnen Impfstoffen (bspw. bei Mencevax® ACWY): Auffrischungsimpfung bei fortbestehendem Expositionsrisiko
- Indikationsimpfung: ACWY-Konjugat-Impfstoff und MenB-Impfstoff
- Personen mit angeborener oder erworbener Immunschwäche mit T- und/oder B-zellulärer Restfunktion
- Komplement- oder Properdindefizienz
- Hypogammaglobulinämie
- Funktionelle oder anatomische Asplenie (zur Prävention eines OPSI)
- Eculizumabtherapie
- Bei Epidemien: Impfung nach Empfehlung der Gesundheitsbehörden
- Personen mit angeborener oder erworbener Immunschwäche mit T- und/oder B-zellulärer Restfunktion
- Berufsbedingte Impfung: Einmalige Impfung mit ACWY-Konjugat-Impfstoff und MenB-Impfstoff
- Laborpersonal
- Reiseimpfung: Einmalige Impfung mit ACWY-Konjugat-Impfstoff und nach Empfehlung der Zielländer
- Reisen in Endemiegebiete
- Regionen: Meningitisgürtel in Afrika, Mekka (Pilgerreisende), USA/Kanada/Australien (Schüler und Studenten)
- Postexpositionelle Impfung: Bei Infektion des Indexpatienten mit den Serogruppen A, C, W, Y oder B für
- Ungeimpfte Haushaltskontakte
- Enge Kontakte mit haushaltsähnlichem Charakter
- Siehe auch: Meningokokken-Impfstoffe
Haemophilus-influenzae-Typ-b-Impfung (Hib-Impfung) [17]
Seit der Aufnahme der Hib-Impfung in den Impfkalender sind bakterielle Meningitiden durch Haemophilus influenzae Typ b stark zurückgegangen.
- Standardimpfung: Grundimmunisierung im 1. Lebensjahr
- 3 Impfdosen im Alter von 2, 4 und 11 Monaten
- Mit Sechsfach-Impfstoff empfohlen (Totimpfstoff in Kombination mit Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Poliomyelitis und Hepatitis B)
- Siehe auch: Haemophilus-influenzae-Typ-b-Impfung
Pneumokokken-Impfung [17]
Seit der Aufnahme der Pneumokokken-Impfung in den Impfkalender ist ein deutlicher Rückgang invasiver Pneumokokkeninfektionen zu verzeichnen.
- Standardimpfung
- Grundimmunisierung im 1. Lebensjahr: 3 Impfdosen im Alter von 2, 4 und 11 Monaten mit Pneumokokken-Konjugatimpfstoff
- Standardimpfung ab 60 Jahren: Einmalige Impfung mit 23-valentem Polysaccharidimpfstoff
- Siehe auch: Pneumokokken-Impfung
FSME-Impfung [17]
- Bei entsprechender Indikation sollte eine Frühsommermeningoenzephalitis-Impfung erfolgen
- Für Details siehe: FSME-Impfung
Umgebungsprophylaxe nach Empfehlungen der STIKO
- Indikation: Für alle Personen, die in engem Kontakt zu der betroffenen Person standen
- Ggf. postexpositionelle Aktivimpfung, wenn Serotyp durch Impfung abgedeckt
- Isolation des Betroffenen für 24 Stunden nach Therapiebeginn
- Die Chemoprophylaxe sollte innerhalb von 7 (Hib) bis 10 Tagen (Meningokokken) nach Symptombeginn des Indexpatienten erfolgen
Umgebungsprophylaxe | Bei Meningokokken | Bei Haemophilus influenzae b |
---|---|---|
Erwachsene |
| |
Säuglinge, Kinder und Jugendliche |
| |
Schwangere |
- Für Dosierungen siehe: Postexpositionsprophylaxe bei Meningitis
Postexpositionsprophylaxe bei Meningitis
- Isolation des Betroffenen bis 24 Stunden nach Beginn einer wirksamen Antibiotikatherapie
- Bei Meningokokkennachweis oder -verdacht: Information von transportierendem Rettungsdienst, etwaigen Vorbehandlern und Gemeinschaftseinrichtungen
Postexpositionsprophylaxe bei Meningokokken-Meningitis oder -Sepsis
Antibiotische Postexpositionsprophylaxe
- Indikation: Eine Chemoprophylaxe ist indiziert nach engem Kontakt zu dem an Meningokokken-Meningitis erkrankten Indexpatienten innerhalb von 7 Tagen vor Symptombeginn bis 24 Std. nach Beginn einer antibiotischen Therapie
- Die Chemoprophylaxe sollte so schnell wie möglich erfolgen, sinnvoll ist sie innerhalb von höchstens 10 Tagen nach entsprechendem Kontakt
- Beachte die aktuellen Empfehlungen des RKI [18]
- Für alle Personen, ausgenommen Schwangere: Rifampicin
- Neugeborene
- Kinder ≥1 Monat
- Jugendliche und Erwachsene
- Alternative: Ceftriaxon
- Kinder 2 Mon.–12 J.
- Kinder >12 J., Jugendliche und Erwachsene
- Schwangere: Immer Ceftriaxon
- Alternative bei Personen ≥18 J.: Ciprofloxacin
Postexpositionelle Impfung [17]
- Bei einzelner Infektion durch impfpräventable Stämme
- Impfung ungeimpfter Haushaltskontakte und enger Kontakte mit haushaltsähnlichem Charakter
- Bei Ausbrüchen von Meningokokken-Erkrankungen durch impfpräventable Stämme
- Impfung enger Kontaktpersonen in Haushalt und Gemeinschaftseinrichtungen
- Bei regional gehäuftem Auftreten ggf. ausgedehntere Impfempfehlung durch die Gesundheitsbehörden
Postexpositionsprophylaxe bei Meningitis durch Haemophilus influenzae b
- Indikation: Eine Chemoprophylaxe ist indiziert nach engem Kontakt zu Patienten mit invasiver Hib-Infektion
- Für alle Haushaltsmitglieder, wenn sich folgende Personen im Haushalt befinden
- Kinder ≤4 J. ohne vollständige Grundimmunisierung
- Immunsupprimierte Personen
- Für alle ungeimpften exponierten Kinder ≤4 J. in Gemeinschaftseinrichtungen
- Die Chemoprophylaxe sollte innerhalb von 7 Tagen nach Symptombeginn des Indexpatienten erfolgen
- Für alle Haushaltsmitglieder, wenn sich folgende Personen im Haushalt befinden
- Für alle Personen, ausgenommen Schwangere: Rifampicin
- Neugeborene [19]
- Kinder ≥1 Mon.–12 J.
- Kinder >12 J. und Jugendliche
- Schwangere: Immer Ceftriaxon
- Siehe auch: Postexpositionsprophylaxe bei invasiver Hib-Infektion
Meldepflicht
- Arztmeldepflicht
- Nach § 6 IfSG: Namentliche Meldepflicht bei Verdachts-, Krankheits- oder Todesfällen einer Meningokokken-Meningitis oder -Sepsis
- Nach IfSGMeldeVO (nur in Sachsen ): Namentliche Meldepflicht bei Erkrankungs- und Todesfällen durch Listerien
- Labormeldepflicht nach § 7 IfSG
- Namentliche Meldepflicht nur bei direktem Nachweis von
- Meningokokken und Listerien aus Liquor, Blut, hämorrhagischen Hautinfiltraten oder anderen normalerweise sterilen Substraten
- Haemophilus influenzae aus Liquor oder Blut
- Namentliche Meldepflicht nur bei direktem Nachweis von
- Meldepflicht für Leiter von Gemeinschaftseinrichtungen § 33 und § 34 IfSG
- Namentliche Meldepflicht bei Verdachts- und Krankheitsfällen von Meningokokken- oder Haemophilus-influenzae-b-Meningitis (§ 34 (1) IfSG)
Besondere Patientengruppen
Neugeborenenmeningitis [20][21]
- Ätiologie
- Die neonatale Sepsis wird in eine Early-Onset-Sepsis (≤72 Lebensstunden) und eine Late-Onset-Sepsis (>72 Lebensstunden) unterteilt, was auf unterschiedliche Erregerspektren schließen lässt
- Early-Onset-Sepsis: Streptococcus agalactiae (Gruppe-B-Streptokokken), Listeria monocytogenes (meist intrauterine Infektion)
- Late-Onset-Sepsis: E. coli, Enterobacter cloacae (postnatale Infektion)
- Die Meningitis beim Neugeborenen entsteht meist im Rahmen einer Sepsis
- Erregerspektrum: Streptococcus agalactiae (Gruppe-B-Streptokokken) und E. coli, gefolgt von Listerien, Staphylokokken, Klebsiellen, Pseudomonas, Salmonellen und gramnegativen Erregern
- Die neonatale Sepsis wird in eine Early-Onset-Sepsis (≤72 Lebensstunden) und eine Late-Onset-Sepsis (>72 Lebensstunden) unterteilt, was auf unterschiedliche Erregerspektren schließen lässt
- Klinik/Diagnostik: Bei Neugeborenen und Säuglingen ist die Diagnose der Meningitis sehr schwierig. Hier findet sich kein Meningismus! Daher muss klinisch auf andere Zeichen geachtet werden.
- Frühphase: Lethargie, Erbrechen, Irritabilität, Trinkschwäche, Atemstörungen (sehr unspezifisch)
- Spätphase : Vorgewölbte Fontanelle, schrilles Schreien, Lethargie, Krampfanfälle
- Therapie
Meditricks
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2021
G00.-: Bakterielle Meningitis, anderenorts nicht klassifiziert
- Inklusive: Arachnoiditis, Leptomeningitis, Meningitis, Pachymeningitis (jeweils bakteriell)
- Exklusive: Bakterielle: Meningoenzephalitis (G04.2), Meningomyelitis (G04.2)
- G00.0: Meningitis durch Haemophilus influenzae
- G00.1: Pneumokokkenmeningitis
- G00.2: Streptokokkenmeningitis
- G00.3: Staphylokokkenmeningitis
- G00.8: Sonstige bakterielle Meningitis
- Meningitis durch: Escherichia coli, Klebsiella, Klebsiella pneumoniae [Friedländer]
- G00.9: Bakterielle Meningitis, nicht näher bezeichnet
- Meningitis: eitrig o.n.A., purulent o.n.A., pyogen o.n.A.
G01*: Meningitis bei anderenorts klassifizierten bakteriellen Krankheiten
- Inklusive: Meningitis (bei) (durch):
- Anthrax [Milzbrand] (A22.8†), Gonokokken (A54.8†), Leptospirose (A27.-†), Listerien (A32.1†), Lyme-Krankheit (A69.2†), Meningokokken (A39.0†), Neurosyphilis (A52.1†), Salmonelleninfektion (A02.2†), tuberkulös (A17.0†), Typhus abdominalis (A01.0†)
- Syphilis: konnatal (A50.4†), sekundär (A51.4†)
- Exklusive: Meningoenzephalitis und Meningomyelitis bei anderenorts klassifizierten bakteriellen Krankheiten (G05.0*)
G02.-*: Meningitis bei sonstigen anderenorts klassifizierten infektiösen und parasitären Krankheiten
- Exklusive: Meningoenzephalitis und Meningomyelitis bei sonstigen anderenorts klassifizierten infektiösen und parasitären Krankheiten (G05.1-G05.2*)
- G02.0*: Meningitis bei anderenorts klassifizierten Viruskrankheiten
- Meningitis (bei) (durch): Adenoviren (A87.1†), Enteroviren (A87.0†), Herpesviren [Herpes simplex] (B00.3†), infektiöser Mononukleose (B27.-†), Masern, (B05.1†), Mumps (B26.1†), Röteln (B06.0†), Varizellen [Windpocken] (B01.0†), Zoster (B02.1†)
- G02.1*: Meningitis bei anderenorts klassifizierten Mykosen
- Meningitis bei: Kandidose (B37.5†), Kokzidioidomykose (B38.4†), Kryptokokkose (B45.1†)
- G02.8*: Meningitis bei sonstigen näher bezeichneten anderenorts klassifizierten infektiösen und parasitären Krankheiten
- Meningitis durch: afrikanische Trypanosomiasis (B56.-†), Chagas-Krankheit (chronisch) (B57.4†)
G03.-: Meningitis durch sonstige und nicht näher bezeichnete Ursachen
- Inklusive: Arachnoiditis Leptomeningitis Meningitis Pachymeningitis (jeweils durch sonstige und nicht näher bezeichnete Ursachen)
- Exklusive: Meningoenzephalitis (G04.‑), Meningomyelitis (G04.‑)
- G03.0: Nichteitrige Meningitis
- Abakterielle Meningitis
- G03.1: Chronische Meningitis
- G03.2: Benigne rezidivierende Meningitis [Mollaret-Meningitis]
- G03.8: Meningitis durch sonstige näher bezeichnete Ursachen
- G03.9: Meningitis, nicht näher bezeichnet
- Arachnoiditis (spinal) o.n.A.
Meningitis nach Erreger
- A02.-: Sonstige Salmonelleninfektionen
- A02.2: Lokalisierte Salmonelleninfektionen
- Meningitis† (G01*) durch Salmonellen
- Arthritis† (M01.3-*), Osteomyelitis† (M90.2-*), Pneumonie† (J17.0*), Tubulointerstitielle Nierenkrankheit† (N16.0*) (jeweils durch Salmonellen)
- A02.2: Lokalisierte Salmonelleninfektionen
- A17.-†: Tuberkulose des Nervensystems
- A17.0†: Tuberkulöse Meningitis (G01*)
- Tuberkulöse Leptomeningitis
- Tuberkulose der Meningen (zerebral) (spinal)
- A17.0†: Tuberkulöse Meningitis (G01*)
- A20.-: Pest
- A20.3: Pestmeningitis
- A32.-: Listeriose
- A32.1†: Meningitis und Meningoenzephalitis durch Listerien
- Meningitis (G01*)
- Meningoenzephalitis (G05.0*)
- A32.1†: Meningitis und Meningoenzephalitis durch Listerien
- A39.-: Meningokokkeninfektion
- A39.0†: Meningokokkenmeningitis (G01*)
- A50.-: Syphilis connata
- A50.4: Konnatale spätauftretende Neurosyphilis [Juvenile Neurosyphilis]
- Konnatale spätsyphilitische: Enzephalitis† (G05.0*), Meningitis† (G01*), Polyneuropathie† (G63.0*)
- Dementia paralytica juvenilis
- Juvenile: progressive Paralyse, Tabes dorsalis, taboparalytische Neurosyphilis
- Exklusive: Hutchinson-Trias (A50.5)
- A50.4: Konnatale spätauftretende Neurosyphilis [Juvenile Neurosyphilis]
- A51.-: Frühsyphilis
- A51.4: Sonstige sekundäre Syphilis
- Sekundäre syphilitische:
- Meningitis† (G01*)
- Augenkrankheit, anderenorts nicht klassifiziert† (H58.8*), Entzündung im weiblichen Becken† (N74.2*), Iridozyklitis† (H22.0*), Lymphadenopathie, Myositis† (M63.0-*), Periostitis† (M90.1-*)
- Sekundäre syphilitische:
- A51.4: Sonstige sekundäre Syphilis
- A52.-: Spätsyphilis
- A52.1: Floride Neurosyphilis
- A54.-: Gonokokkeninfektion
- A54.8: Sonstige Gonokokkeninfektionen
- Meningitis† (G01*) durch Gonokokken
- Endokarditis† (I39.8*), Hautläsionen, Hirnabszess† (G07*), Myokarditis† (I41.0*), Perikarditis† (I32.0*), Peritonitis† (K67.1*), Pneumonie† (J17.0*), Sepsis (jeweils durch Gonokokken)
- Exklusive: Gonokokkenpelviperitonitis (A54.2)
- A54.8: Sonstige Gonokokkeninfektionen
- A87.-: Virusmeningitis
- Exklusive: Meningitis durch: Herpes-Virus [Herpes simplex] (B00.3), Masern-Virus (B05.1), Mumps-Virus (B26.1), Poliomyelitis-Virus (A80.‑), Varizella-Zoster-Virus (B02.1)
- A87.0†: Meningitis durch Enteroviren (G02.0*)
- Meningitis durch Coxsackieviren
- Meningitis durch ECHO-Viren
- A87.1†: Meningitis durch Adenoviren (G02.0*)
- A87.2: Lymphozytäre Choriomeningitis
- A87.8: Sonstige Virusmeningitis
- A87.9: Virusmeningitis, nicht näher bezeichnet
- B00.-: Infektionen durch Herpesviren [Herpes simplex]
- B00.3†: Meningitis durch Herpesviren (G02.0*)
- B02.-: Zoster [Herpes zoster]
- B06.-: Röteln [Rubeola] [Rubella]
- B26.-: Mumps
- B37.-: Kandidose
- B45.-: Kryptokokkose
- B45.1: Kryptokokkose des Gehirns
- Kryptokokkose der Hirnhäute und des Gehirns
- Meningitis durch Kryptokokkosen† (G02.1*)
- B45.1: Kryptokokkose des Gehirns
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2021, DIMDI.