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Das neugeborene Kind

Letzte Aktualisierung: 27.11.2024

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Ein reifes Neugeborenes wird zwischen vollendeter 37. und Ende der 42. Schwangerschaftswoche (SSW) geboren. Bei drohender Frühgeburt mit Wehen kann zwischen der 24. und 34. SSW medikamentös eine Wehenhemmung (Tokolyse) durchgeführt werden, um die Schwangerschaft zu verlängern. Ist die Schwangerschaftsdauer unklar, kann der Kinderarzt nach der Geburt das Reifealter des Neugeborenen durch die vorhandenen Reifezeichen abschätzen. Der klinische Zustand des Neugeborenen wird jeweils 1, 5 und 10 min nach der Geburt standardisiert mithilfe des sogenannten APGAR-Scores bestimmt. Der Score berücksichtigt Herzfrequenz, Atmung, Hautfarbe, Muskeltonus und Gesichtsbewegungen des Neugeborenen.

Du möchtest diesen Artikel lieber hören als lesen? Wir haben ihn für dich im Rahmen unserer studentischen AMBOSS Audio-Reihe vertont. Den Link findest du am Kapitelende in der Sektion “Tipps & Links".

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Frühgeburttoggle arrow icon

Generell gilt: Je geringer das Geburtsgewicht und je kürzer die Schwangerschaft, umso höher ist das Risiko für die genannten Komplikationen!

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Normwerte eines Neugeborenentoggle arrow icon

  • Körpergröße: ca. 50 cm
  • Körpergewicht: ca. 3–3,5 kg
  • Kopfumfang: ca. 35 cm
  • Atemfrequenz: ca. 40/min
  • Herzfrequenz: 110–180/min
  • Körpertemperatur: 36,6–37,3 °C
  • Blutdruck (jeweils 50. Perzentile)[2]
    • Systolisch: 60 mmHg
    • Diastolisch: 35 mmHg
  • Direktes Bilirubin: <1 mg/dL
  • Gesamt-Bilirubin
    • Bei Frühgeborenen
      • Aus Nabelschnurblut: <2 mg/dL
      • Alter <24 Stunden: 1–6 mg/dL
      • Alter 1–2 Tage: 6–8 mg/dL
      • Alter 3–5 Tage: 10–12 mg/dL
    • Bei Reifgeborenen
      • Aus Nabelschnurblut: <2 mg/dL
      • Alter <24 Stunden: 2–6 mg/dL
      • Alter 1–2 Tage: 6–7 mg/dL
      • Alter 3–5 Tage: 4–12 mg/dL
  • Glucose [3]
    • <2 Lebensstunden: 36–126 mg/dL (2,0–7,0 mmol/L)
    • ≥2 Lebensstunden: 45–126 mg/dL (2,5–7,0 mmol/L)
  • Hämoglobin [4]
    • 1.–4. Lebenstag: 16,2–21,2 g/dL
    • 1.–2. Lebenswoche: 15,5–19,6 g/dL
    • 3.–4. Lebenswoche: 12,6–17,2 g/dL
    • 5.–12. Lebenswoche: 10,5–12,6 g/dL
    • >12 Lebenswochen: 11,0–14,4 g/dL
    • Fetales Hämoglobin (HbF) [5]
  • Blutvolumen: Ca. 85 mL/kgKG [5]
  • Nabelschnur-pH [6]
    • Bestimmung: Wird postnatal aus der Nabelschnurarterie abgenommen
    • Bewertung
    • Maßnahmen: Je nach klinischem Zustand des Neugeborenen und pH-Wert abwägen
  • Erste Urinausscheidung innerhalb von 24 Stunden nach Geburt
  • Mekoniumabgang (erster Stuhl des Neugeborenen) innerhalb von 48 Stunden nach Geburt
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Reifezeichentoggle arrow icon

Es gibt somatische und neuromuskuläre Reifezeichen des Neugeborenen. Zur Bestimmung des Reifegrades und Abschätzung des Gestationsalters nach Geburt stehen verschiedene Scores zur Verfügung. [7]

Reifezeichen

Scores zur Reifegradbestimmung und Abschätzung des Gestationsalters [4][8][9]

Petrussa-Index

  • Definition: Häufig angewandter einfacher Score anhand somatischer Reifezeichen
  • Anwendung: Umso genauer, je höher das Reifealter; anwendbar ab der 30. SSW
  • 5 Kriterien: Haut, Mamillen, Ohr, Fußsohle, Genitale
  • Auswertung: Je 0–2 Punkte pro Kriterium, Ergebnis 0–10 Punkte, die Summe addiert mit 30 ergibt die Gestationswoche
Petrussa-Index
0 1 2
Haut durchsichtig (hellrot, durchscheinend, verletzlich, sehr dünn) dünn (rosig, zunehmend Fältelung, etwas fester) rosig und fest (deutlich sichtbare Falten, Hautabschilferungen)
Mamillen roter Punkt (kaum Drüsengewebe) Areola <5 mm (Drüsengewebe tastbar, Mamille und -hof erkennbar) Areola >5 mm (Brustdrüsen über dem Hautniveau, Drüsenkörper und -hof palpabel)
Ohr ungeformt (geringes Profil, weich, kaum Knorpelgewebe) weich (Knorpel in Tragus und Antitragus, zunehmendes Profil) fest (ausgebildeter Helixknorpel, spontanes Rückstellphänomen)
Fußsohle kaum Falten (glatt, Fältelung nur vorderes Drittel) distale Falten (Fältelung vorderes und mittleres Drittel) Fältelung der gesamten Fußsohle
Genitale Labia majora < minora / Hoden nicht tastbar (inguinal) Labien gleich groß / Hoden inguinal oder hoch im Skrotum Labia majora überragen Labia minora / Hoden deszendiert

Finnström-Score

  • Definition: Zuverlässigster und genauester Score zur Berechnung des Gestationsalters
  • Anwendung: Zwischen der 28. und 43. SSW
  • 7 Kriterien: Hautdurchsichtigkeit, Ohrmuschelknorpel, plantare Hautfältelung, Durchmesser des Brustdrüsengewebe, Brustwarzenbildung, Fingernägel (Daumen), Kopfhaar
  • Auswertung: Je 1–4 (teils nur 1–3 oder 1–2) Punkte pro Kriterium, Ergebnis 7–23 Punkte, 7 Punkte entsprechen der 27+2 SSW, 23 Punkte entsprechen 42+1 SSW

Ballard-Score [10]

  • Definition: Score zur Berechnung des Gestationsalters anhand somatischer und neuromuskulärer Reifezeichen
  • Synonyme bzw. ähnliche Begriffe: Dubowitz/Ballard-Score, neuer Ballard-Score, Dubowitz-Farr-Score
  • Anwendung: Alle Neu- und Frühgeborenen 20.–44. SSW, besonders hilfreich <30. SSW
  • Kriterien
    • 6 somatische Kriterien: gleiche Kriterien wie Petrussa plus Lanugobehaarung, detaillierter eingeteilt in 6 Stufen
    • 6 neuromuskuläre Kriterien (Position und Flexionsmöglichkeit der Extremitäten; das Frühgeborene zeigt einen geringen Muskeltonus, der mit der Reifung zunimmt)
      • Körperhaltung
      • Hypothenar-Vorderarm-Winkel
      • Zurückschnellen des Armes
      • Popliteal-Winkel
      • Halstuch-Zeichen
      • Ferse-Ohr-Abstand
  • Auswertung:
    • Für die Auswertung benötigt man eine Punktetabelle mit Zeichnung der jeweiligen Körper-/Extremitätenpositionen (zu finden in neonatologischen Fachbüchern).
    • Bei der Addition der somatischen und neuromuskulären Punktzahl entsprechen -10 Punkte der 20. SSW, 50 Punkte der 44. SSW.
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APGAR-Scoretoggle arrow icon

  • Der APGAR-Score wurde von der Anästhesistin Virginia Apgar definiert (1953) und nach ihr benannt (Eponym) – gleichzeitig ist er aber auch ein Akronym! [11]
  • Beurteilung des klinischen Zustands des Neugeborenen: Jeweils 1, 5 und 10 min nach der Geburt
  • Aussagekraft: Der Apgar-Score ist ein subjektiver Score, der nicht isoliert betrachtet werden darf, sondern immer in der Zusammenschau mit weiteren Befunden dazu dient, die postnatale Anpassung zu beurteilen
  • Postnatale Anpassung des Neugeborenen: Adaptation des fetalen Organismus an die extrauterine Umgebung nach der Geburt
    • Kreislauf, Atmung, Nahrungsaufnahme, Stoffwechsel, Ausscheidung, Thermoregulation
    • Bei ca. 95% aller Neugeborenen problemlos
  • Postnatale Anpassungsstörung
    • Meist in Form einer kardiorespiratorischen Störung (bspw. Tachydyspnoe, Apnoe, Bradykardie)
    • Bei ansonsten gesunden Neugeborenen i.d.R. rasch durch einfache Basismaßnahmen (bspw. Stimulation und Atemunterstützung) reversibel
APGAR 0 Punkte 1 Punkt 2 Punkte
Appearance (Aussehen, Hautfarbe) Blass/blau Stamm rosig, Extremitäten blau Rosig
Pulse (Herzaktion) Kein Puls <100/min >100/min
Grimace (Gesichtsbewegung, Reaktion aufs Absaugen) Keine Grimassieren Schreien
Activity (Muskeltonus) Schlaff Träge Flexionsbewegungen Spontane gute Eigenbewegung
Respiration (Atmung) Keine Langsame, unregelmäßige Atmung bzw. Schnappatmung Regelmäßig (40/min)

Interpretation: normal: 9–10 Punkte; grenzwertig: 5–8 Punkte; vitale Bedrohung des Neugeborenen: <5 Punkte [12]

APGAR-Score (Rechner)

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Altersbezeichnungentoggle arrow icon

Lebendgeburt Vorhandensein von Lebenszeichen nach Entbindung
Fehlgeburt Fötus mit Gewicht unter 500 g ohne Lebenszeichen
Totgeburt Fötus mit Mindestgewicht von 500 g ohne Lebenszeichen
Frühgeborenes Geburt vor der vollendeten 37. SSW (≤36+6 SSW)
Reifes Neugeborenes

Geburt zwischen der vollendeten 37. und dem Ende der 42. SSW (37+0 SSW bis 41+6 SSW)

Übertragenes Neugeborenes

Geburt ab der vollendeten 42. SSW (≥42+0 SSW)

Hypotrophes Neugeborenes Geburtsgewicht <10. Perzentile
Eutrophes Neugeborenes Geburtsgewicht 10.–90. Perzentile
Hypertrophes Neugeborenes Geburtsgewicht >90. Perzentile
Perinatalperiode

Ab Beginn der 24. SSW (≥23+0 SSW) bis zum vollendeten 7. Lebenstag

Neugeborenenperiode

Erste vier Wochen postnatal (bis zum vollendeten 28. Lebenstag)

Säugling Bis zum vollendeten 1. Lebensjahr

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Neugeborenenscreeningtoggle arrow icon

  • Ziel: Frühzeitige Diagnose behandelbarer Erkrankungen bei präsymptomatischen Neugeborenen [13]
  • Epidemiologie: 519 bestätigte Erkrankungsfälle bei etwa 716.000 Untersuchungen, d.h. kumulative Inzidenz von 1 auf 1.380 Neugeborene pro Jahr (2014)
  • Vorbereitung: Ggf. orale Gabe von Glucoselösung zur Schmerzreduktion
  • Durchführung
    • Aufbringen von Blut (bspw. kapilläres Fersenblut oder venöses Blut ) auf Spezialfilterpapier
    • Versand an Screeninglabor
    • Auffällige Befunde werden vom Labor an die einsendende Person gemeldet, die eine weiterführende Diagnostik und/oder Therapie veranlassen muss
  • Entnahmezeitpunkt: 36–72 Stunden nach der Geburt
  • Tracking-Verfahren: Zur Gewährleistung von Diagnosesicherung bzw. -ausschluss (bisher nicht flächendeckend)

Screening auf folgende Erkrankungen [14]

Störungen im Aminosäurestoffwechsel

Störungen im Fettsäurestoffwechsel

  • Carnitinstoffwechseldefekte (Inzidenz: Ca. 1:3.000.000 bis 1:1.000.000) [15]
    • Ursache: Stoffwechselstörung von Carnitin
    • Klinisches Bild: Stoffwechselkrisen, Koma
    • Therapie: Spezielle Diät
  • LCHAD-Mangel und VLCAD-Mangel (Inzidenz: Ca. 1:170.000 bzw. 1:75.000) [15]
    • Ursache: Stoffwechselstörungen der langkettigen Fettsäuren
    • Klinisches Bild: Skelett- und Herzmuskelschwäche, Stoffwechselkrisen, Koma
    • Therapie: Spezielle Diät, Vermeidung von Hungerphasen
  • MCAD-Mangel (Inzidenz: Ca. 1:10.000) [15]
    • Ursache: Stoffwechselstörungen der mittelkettigen Fettsäuren
    • Klinisches Bild: Stoffwechselkrisen, Koma
    • Therapie: Carnitingabe, Vermeidung von Hungerphasen

Störungen im Kohlenhydratstoffwechsel

Weitere

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Spezielle Hauterkrankungen des Neugeborenentoggle arrow icon

Erythema toxicum neonatorum (Neugeborenenexanthem)

  • Definition: Harmloses, innerhalb der ersten Wochen postnatal auftretendes Exanthem
  • Pathogenese: Durch physiologischen Flüssigkeits- und Gewichtsverlust innerhalb der ersten Lebenswoche (meist in den ersten zwei Lebenstagen) trocknet die oberflächlich gelegene Hautschicht ein, wodurch ein Exanthem entstehen kann.
  • Klinik: Urtikarielles Exanthem, aber auch Hautschuppung, fleckige Rötung, kleine gelbe Papel/Pusteln
  • Prognose: Selbstlimitierend (dauert etwa 1 Woche an)

Milia neonatorum

  • Definition
    • Talgretentionszysten, die bei Neugeborenen im Gesicht oder auf der Schleimhaut auftreten
    • Imponieren als stecknadelkopfgroße Bläschen
    • Spontan reversibel → kein Therapie notwendig
  • Differenzialdiagnose: Transiente Hyperplasie der Talgdrüsen bei Neugeborenen

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Patienteninformationentoggle arrow icon

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In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.

APGAR-Score

Inhaltliches Feedback zu den Meditricks-Videos bitte über den zugehörigen Feedback-Button einreichen (dieser erscheint beim Öffnen der Meditricks).

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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025toggle arrow icon

  • P.07 Störungen im Zusammenhang mit kurzer Schwangerschaftsdauer und niedrigem Geburtsgewicht, anderenorts nicht klassifiziert
    • Hinweis: Liegen Angaben zum Geburtsgewicht und zum Gestationsalter vor, sollte primär nach dem Geburtsgewicht verschlüsselt werden.
    • Inklusive: Aufgeführte Zustände, ohne weitere Spezifizierung, als Ursache von Tod, Krankheit oder zusätzlicher Betreuung des Neugeborenen
    • Exklusive: Niedriges Geburtsgewicht infolge fetaler Wachstumsretardierung und fetaler Mangelernährung (P05.‑)
    • P07.0-: Neugeborenes mit extrem niedrigem Geburtsgewicht (Geburtsgewicht von 999 Gramm oder weniger)
      • P07.00: Geburtsgewicht unter 500 Gramm
      • P07.01: Geburtsgewicht 500 bis unter 750 Gramm
      • P07.02: Geburtsgewicht 750 bis unter 1000 Gramm
    • P07.1-: Neugeborenes mit sonstigem niedrigem Geburtsgewicht (Geburtsgewicht von 1000 bis 2499 Gramm)
      • P07.10: Geburtsgewicht 1000 bis unter 1250 Gramm
      • P07.11: Geburtsgewicht 1250 bis unter 1500 Gramm
      • P07.12: Geburtsgewicht 1500 bis unter 2500 Gramm
    • P07.2: Neugeborenes mit extremer Unreife
      • Gestationsalter von weniger als 28 vollendeten Wochen (von weniger als 196 vollendeten Tagen).
    • P07.3: Sonstige vor dem Termin Geborene
      • Gestationsalter von 28 oder mehr vollendeten Wochen, jedoch weniger als 37 vollendeten Wochen (ab 196 vollendete Tage bis unter 259 vollendete Tage).
      • Frühgeburt o.n.A.

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

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