ambossIconambossIcon

Divertikulose, Divertikelkrankheit und Divertikulitis

Letzte Aktualisierung: 13.12.2024

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Die Divertikulose ist eine Erkrankung des Dickdarms, die meist das Colon sigmoideum betrifft. Charakteristisch ist das Auftreten hernienartiger Ausstülpungen der Mukosa und Submukosa (sog. Pseudodivertikel) durch Muskellücken der Tunica muscularis. Als seltenere Form ist hiervon die Zäkumdivertikulose mit angeborenen echten Divertikeln abzugrenzen. Aufgrund des ätiologischen Zusammenhangs mit ungünstiger Ernährung, Übergewicht und Bewegungsmangel stellt die (Sigma‑)Divertikulose eine Zivilisationskrankheit in den Ländern des Globalen Nordens dar. Eine symptomatische Divertikulose (bspw. mit Bauchschmerzen, Stuhlunregelmäßigkeiten) wird als Divertikelkrankheit bezeichnet. Kommt es zusätzlich zu einer Entzündung eines Divertikels und seiner Umgebung, so spricht man von einer Divertikulitis, deren Leitsymptome akute, progrediente Schmerzen im linken Unterbauch (sog. Linksappendizitis) und Fieber sind. Die Therapie richtet sich nach dem Stadium der Erkrankung und umfasst sowohl konservative als auch operative Maßnahmen. Wichtigste Komplikationen sind neben Divertikelblutung und Perforation die Entstehung von Fisteln (bspw. kolovesikal) und Darmstenosen.

Du möchtest diesen Artikel lieber hören als lesen? Wir haben ihn für dich im Rahmen unserer studentischen AMBOSS Audio-Reihe vertont. Den Link findest du am Kapitelende in der Sektion “Tipps & Links".

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Definitiontoggle arrow icon

Divertikulose und ihre Formen

Eine Divertikulose ist meist gekennzeichnet durch das Auftreten hernienartiger Ausstülpungen der Mukosa und Submukosa (sog. Pseudodivertikel) durch Muskellücken der Tunica muscularis!

Pseudodivertikel (falsche Divertikel)

  • Histologische Kriterien
  • Morphologische Einteilung
    • Komplettes Pseudodivertikel: Überragt das Niveau der zugehörigen äußeren Wand
    • Inkomplettes Pseudodivertikel: Keine Überschreitung der Tunica muscularis
  • Vorkommen im Darm: Insb. an den Eintrittsstellen von Blutgefäßen in die Darmwand (Muskellücken als „Locus minoris resistentiae“)

Pseudodivertikel können auch anderweitig vorkommen, bspw. als Pulsionsdivertikel im Ösophagus!

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Epidemiologietoggle arrow icon

Divertikulose [1][2]

  • Prävalenz
    • Zunahme mit dem Lebensalter
      • <50 Jahre: ∼13%
      • 50–70 Jahre: ∼30%
      • 70–85 Jahre: ∼50%
      • >85 Jahre: ∼66%
    • >
    • Ortsabhängig

Die Prävalenz der Divertikulose nimmt mit dem Alter zu!

Divertikulitis [1]

  • Inzidenz (Divertikulitis bei Divertikulose): 1,5–6/1.000 Patientenjahre
    • Allgemein steigend
    • Erhöhtes Risiko bei Immunsuppression
  • Prävalenz: Erhöht bei
    • Stadtbevölkerung (im Gegensatz zur Landbevölkerung)
    • Niedrigem Einkommen und Bildungsniveau
  • Hospitalisierungsrate
    • 44–120/100.000
    • Zunahme mit dem Lebensalter

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Ätiologietoggle arrow icon

Risikofaktoren

Entstehung und Verlauf der Divertikulose sind von mehreren Risikofaktoren abhängig, die größtenteils beeinflussbar sind!

Komorbiditäten

Komorbiditäten können die Entstehung von Divertikeln begünstigen und die Schwere einer Divertikelkrankheit bzw. Divertikulitis beeinflussen! Sie sollen daher diagnostisch sowie therapeutisch berücksichtigt werden.

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Klassifikationtoggle arrow icon

Klassifikation nach Hansen und Stock [7]

Klassifikation der Divertikulose und Divertikulitis nach Hansen und Stock
Stadium Bezeichnung
0
I
II
III

Die Klassifikation nach Hansen und Stock wird zunehmend verlassen, da sie für die klinische Praxis nicht detailliert genug ist!

Classification of Diverticular Disease [1]

Classification of Diverticular Disease für Divertikulose, Divertikelkrankheit und Divertikulitis
Typ Bezeichnung
0
1
2
3
4

Für die klinische Praxis empfiehlt die DGVS-Leitlinie „Divertikelkrankheit/Divertikulitis“ die Verwendung der Classification of Diverticular Disease! [1]

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Pathophysiologietoggle arrow icon

Pathogenese der Divertikelbildung [1]

  • Verdickung der Darmwandmuskulatur
  • Bindegewebsschwäche
  • Enterische Neuropathie
  • Störungen der Kolonmotilität

Die Pathogenese der Divertikelbildung ist komplex und in vielen Teilen nur unzureichend untersucht!

Mögliche Folgen der Divertikulose [1][8][9]

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Symptomatiktoggle arrow icon

Divertikulose

  • Meist asymptomatisch
  • Evtl. linksseitige Unterbauchschmerzen
  • Evtl. weitere unspezifische abdominelle Beschwerden

Divertikulitis

  • Leitsymptome
  • Weitere Symptome
  • Hinweise auf Komplikationen
    • Perforation: Distendiertes Abdomen, generalisierte Abwehrspannung, abgeschwächte Darmgeräusche
    • Fistel: Je nach Lokalisation bspw. Pneumaturie/Fäkalurie bei enterovesikaler Fistel, vaginaler Stuhl- oder Luftabgang bei enterovaginaler Fistel
    • Obstruktion: Je nach Ausprägungsgrad von Behinderung der Stuhlpassage bis zur Ileussymptomatik (Übelkeit, Erbrechen, distendiertes Abdomen, Stuhlverhalt, pathologische Darmgeräusche )

Bei alten oder immunsupprimierten Patient:innen kann die Ausprägung der Beschwerden sehr milde sein!

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Diagnostiktoggle arrow icon

Divertikulose/Divertikelkrankheit

Divertikulitis

Anamnese

Körperliche Untersuchung

Laboruntersuchung

Bildgebung

  • Abdomensonografie: Methode der 1. Wahl bei V.a. Sigmadivertikulitis
    • Direkter Nachweis entzündeter Divertikel
    • Echoarme Darmwandverdickung auf >5 mm mit Aufhebung der Wandschichtung und ggf. Kokarden-Phänomen
    • Entzündliche Fettgewebsreaktion in der Umgebung
    • Ggf. Nachweis freier Flüssigkeit oder eines Abszesses
  • Kontrastmittelgestützte CT des Abdomens: Indiziert, wenn sonografischer Befund nicht ausreicht
    • Durchführung: Kontrastmittelgabe erfolgt i.d.R. rektal, oral und i.v.
    • Befund
      • Entzündliche Schwellung und Wandverbreiterung, Fettgewebsimbibierung
      • Freie Luft bei Perforation
    • Vorteile: Hochsensitiver Nachweis der Divertikel und Ausschluss von Komplikationen (Abszess, Fistel, Perforation)
  • Röntgen: Bei Vorliegen eines akuten Abdomens
    • Abdomenübersichtsaufnahme: Freie Luft bei Perforation
    • Gastrografin-Einlauf: Nachweis der Divertikel

Endoskopie

  • Koloskopie [1]
    • Im entzündungsfreien Intervall nach Abklingen der Akutsituation (i.d.R. nach 6–8 Wochen)
    • Sollte insb. zum Ausschluss von Stenosen oder Malignomen durchgeführt werden

Eine Koloskopie sollte in der Akutphase einer Divertikulitis wegen der Perforationsgefahr vermieden werden!

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Differenzialdiagnosentoggle arrow icon

Bei einer Divertikulitis oder Divertikulose sollte (im entzündungsfreien Intervall) immer eine Koloskopie zum Ausschluss eines Kolonkarzinoms erfolgen!

AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Therapietoggle arrow icon

Allgemeine Therapiemaßnahmen bei Divertikulose [7]

Eine Rückbildung der Divertikel ist durch diese Therapiemaßnahmen nicht möglich!

Allgemeine Therapiemaßnahmen bei Divertikulitis

Stadiengerechte Therapie der Divertikelkrankheit und Divertikulitis [1][16]

Stadienabhängige Therapie der Divertikulitis bzw. Divertikelkrankheit anhand der Classification of Diverticular Disease
Typ Konservative Therapie Operative Therapie

Typ 1

Typ 2a
Typ 2b
Typ 2c
Typ 3a
  • Keine Indikation zur operativen Therapie
Typ 3b
Typ 3c
  • Indikationen
  • Verfahren: Bevorzugt einzeitige, minimal-invasive Sigmaresektion
    • Bei Notfalloperation ggf. zweizeitiges Vorgehen mit Anlage eines protektiven Ileostomas und Rückverlagerung im Verlauf
Typ 4
1 Die antibiotische Therapie sollte gramnegative und anaerobe Erreger erfassen (bspw. Bacteroides fragilis). Hinsichtlich der Applikationsart oder bevorzugten Kombinationen gibt es keine eindeutige Empfehlung. Eingesetzt werden bspw.

2 Operation: Zeitpunkt

  • Notfalloperation: Operation innerhalb von 6 h nach Diagnosestellung [1]
  • Frühelektive Operation: Operation in einem Zeitraum <48 h, möglichst einzeitiges Vorgehen
  • Elektive Operation: Im entzündungsfreien Intervall (nach ca. 6 Wochen), möglichst einzeitiges Vorgehen [1][21]

3 Operation: Resektion [1]

  • Möglichst minimal-invasive Resektion des entzündlich bzw. postentzündlich veränderten Darmabschnitts
  • Oraler Resektionsrand direkt proximal des veränderten Abschnitts, aboraler Resektionsrand im oberen Rektum
  • Keine Resektion weiterer divertikeltragender Darmabschnitte

Bei den genannten Operationsverfahren wird von einer Divertikulitis im Bereich des Sigmas ausgegangen. Sind andere Abschnitte des Darms betroffen, muss das Resektionsausmaß angepasst werden!

Je früher und schwerer die Erstmanifestation einer Divertikulitis, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass im weiteren Krankheitsverlauf eine operative Therapie erforderlich wird!

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Ambulantes und stationäres Managementtoggle arrow icon

Ambulante Behandlung

Bei der akuten unkomplizierten Divertikulitis kann unter engmaschiger ärztlicher Kontrolle auf eine Antibiotikatherapie verzichtet werden, sofern keine Risikofaktoren für einen komplizierten Verlauf der Divertikulitis vorliegen! [1]

Stationäre Behandlung

Bei Operationsindikation

Das Vorgehen bei Operationsindikation wird in anderen Kapiteln ausgearbeitet, sodass an dieser Stelle entsprechende Linkempfehlungen in das jeweilige Fachkapitel angeboten werden.

Präoperatives Management

Allgemeines Management vor darmchirurgischen Eingriffen

Spezifisches Management bei Divertikulitis: Maßnahmen vor operativer Versorgung

Operationsverfahren

Postoperatives Management

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Komplikationentoggle arrow icon

Komplikationen der Divertikulose/Divertikulitis

Komplikationen nach operativer Therapie

Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Prognosetoggle arrow icon

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Präventiontoggle arrow icon

Zur Primärprophylaxe der Divertikelkrankheit soll ein gesunder Lebensstil empfohlen werden!

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Studientelegramme zum Thematoggle arrow icon

Interesse an wöchentlichen Updates zur aktuellen Studienlage im Bereich der Inneren Medizin? Abonniere jetzt das Studientelegramm (Beiträge zur Inneren Medizin in Kooperation mit HOMe sowie zur Überversorgung in der Inneren Medizin mit der DGIM). Zusätzlich haben wir auch das englische One-Minute-Telegram und den AMBOSS-Podcast im Angebot. Alle Links zur Anmeldung findest du am Seitenende unter "Tipps & Links".

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Patienteninformationentoggle arrow icon

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Meditrickstoggle arrow icon

In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.

Divertikulose und Divertikulitis

Inhaltliches Feedback zu den Meditricks-Videos bitte über den zugehörigen Feedback-Button einreichen (dieser erscheint beim Öffnen der Meditricks).

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025toggle arrow icon

K57.-: Divertikulose des Darmes

Nur Dünndarm betroffen

Nur Dickdarm betroffen

Dünn- und Dickdarm betroffen

Lokalisation nicht näher bezeichnet

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Probiere die Testversion aus und erhalte 30 Tage lang unbegrenzten Zugang zu über 1.400 Kapiteln und +17.000 IMPP-Fragen.
disclaimer Evidenzbasierte Inhalte, von festem ärztlichem Redaktionsteam erstellt & geprüft. Disclaimer aufrufen.