Zusammenfassung
Die Divertikulose ist eine Erkrankung des Dickdarms, die meist das Colon sigmoideum betrifft. Charakteristisch ist das Auftreten hernienartiger Ausstülpungen der Mukosa und Submukosa (sog. Pseudodivertikel) durch Muskellücken der Tunica muscularis. Als seltenere Form ist hiervon die Zäkumdivertikulose mit angeborenen echten Divertikeln abzugrenzen. Aufgrund des ätiologischen Zusammenhangs mit ungünstiger Ernährung, Übergewicht und Bewegungsmangel stellt die (Sigma‑)Divertikulose eine Zivilisationskrankheit in den Ländern des Globalen Nordens dar. Eine symptomatische Divertikulose (bspw. mit Bauchschmerzen, Stuhlunregelmäßigkeiten) wird als Divertikelkrankheit bezeichnet. Kommt es zusätzlich zu einer Entzündung eines Divertikels und seiner Umgebung, so spricht man von einer Divertikulitis, deren Leitsymptome akute, progrediente Schmerzen im linken Unterbauch (sog. Linksappendizitis) und Fieber sind. Die Therapie richtet sich nach dem Stadium der Erkrankung und umfasst sowohl konservative als auch operative Maßnahmen. Wichtigste Komplikationen sind neben Divertikelblutung und Perforation die Entstehung von Fisteln (bspw. kolovesikal) und Darmstenosen.
Du möchtest diesen Artikel lieber hören als lesen? Wir haben ihn für dich im Rahmen unserer studentischen AMBOSS Audio-Reihe vertont. Den Link findest du am Kapitelende in der Sektion “Tipps & Links".
Definition
Divertikulose und ihre Formen
- Divertikulose: Ausstülpungen der Mukosa und Submukosa durch muskelschwache Lücken in der Kolonwand
- Meist Sigmadivertikulose mit erworbenen Pseudodivertikeln (bis zu 90% der Fälle)
- Selten Zäkumdivertikulose mit angeborenen echten Divertikeln
- Divertikelkrankheit (symptomatische Divertikulose): Sammelbegriff für alle symptomatischen Formen einer Divertikulose (bspw. mit Bauchschmerzen, Stuhlunregelmäßigkeiten)
- Divertikulitis: Entzündung eines Divertikels und seiner Umgebung, i.d.R. akutes Krankheitsbild
- Komplizierte Divertikulitis: Divertikulitis mit Perforationen, Fisteln oder Abszessen
- Chronische Divertikulitis: Rezidivierende oder persistierende Entzündung, die zu weiteren Komplikationen führen kann (insb. Fisteln und Stenosen)
Eine Divertikulose ist meist gekennzeichnet durch das Auftreten hernienartiger Ausstülpungen der Mukosa und Submukosa (sog. Pseudodivertikel) durch Muskellücken der Tunica muscularis!
Pseudodivertikel (falsche Divertikel)
- Histologische Kriterien
- Nicht alle Wandschichten sind von der Ausstülpung betroffen
- Umkleidung nur von Tunica mucosa und Tela submucosa, nicht aber von der Tunica muscularis
- Morphologische Einteilung
- Komplettes Pseudodivertikel: Überragt das Niveau der zugehörigen äußeren Wand
- Inkomplettes Pseudodivertikel: Keine Überschreitung der Tunica muscularis
- Vorkommen im Darm: Insb. an den Eintrittsstellen von Blutgefäßen in die Darmwand (Muskellücken als „Locus minoris resistentiae“)
Pseudodivertikel können auch anderweitig vorkommen, bspw. als Pulsionsdivertikel im Ösophagus!
Epidemiologie
Divertikulose [1][2]
- Prävalenz
-
Zunahme mit dem Lebensalter
- <50 Jahre: ∼13%
- 50–70 Jahre: ∼30%
- 70–85 Jahre: ∼50%
- >85 Jahre: ∼66%
- ♂ > ♀
- Ortsabhängig
- In Ländern des Globalen Nordens: Häufig
- In Asien und Afrika: Eher selten [3][4][5]
-
Zunahme mit dem Lebensalter
Die Prävalenz der Divertikulose nimmt mit dem Alter zu!
Divertikulitis [1]
- Inzidenz (Divertikulitis bei Divertikulose): 1,5–6/1.000 Patientenjahre
- Allgemein steigend
- Erhöhtes Risiko bei Immunsuppression
- Prävalenz: Erhöht bei
- Stadtbevölkerung (im Gegensatz zur Landbevölkerung)
- Niedrigem Einkommen und Bildungsniveau
- Hospitalisierungsrate
- 44–120/100.000
- Zunahme mit dem Lebensalter
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
Risikofaktoren
- Nicht beeinflussbar
- Lebensalter
- Familiäre Prädisposition
- Genetisch bedingte Vorerkrankungen
- Beeinflussbar
- Ungünstige Ernährung
- Bewegungsmangel
- Übergewicht bzw. Adipositas
- Zigarettenrauchen
- Alkoholkonsum
- Medikamenteneinnahme
- Opioide und NSAID
- Corticosteroide
- Postmenopausale Hormonsubstitution
- Chronische Obstipation [6]
- Risikofaktoren für einen komplizierten Verlauf der Divertikulitis
- Schlechter Allgemeinzustand
- Komorbidität
- Immunsuppression
- Starke Immunreaktion: Fieber, Sepsis, CRP↑, Leukozyten↑
- Arterielle Hypertonie
- Chronische Nierenerkrankungen
- Einnahme von NSAR oder Corticosteroiden
- Allergische Disposition
Entstehung und Verlauf der Divertikulose sind von mehreren Risikofaktoren abhängig, die größtenteils beeinflussbar sind!
Komorbiditäten
- Hypothyreose
- Diabetes mellitus
- Arterielle Hypertonie
- Nierenerkrankungen
- Immunsuppression
- Allergische Prädisposition
- Multimorbidität
Komorbiditäten können die Entstehung von Divertikeln begünstigen und die Schwere einer Divertikelkrankheit bzw. Divertikulitis beeinflussen! Sie sollen daher diagnostisch sowie therapeutisch berücksichtigt werden.
Klassifikation
Klassifikation nach Hansen und Stock [7]
Klassifikation der Divertikulose und Divertikulitis nach Hansen und Stock | |
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Stadium | Bezeichnung |
0 | |
I |
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II |
|
III |
|
Die Klassifikation nach Hansen und Stock wird zunehmend verlassen, da sie für die klinische Praxis nicht detailliert genug ist!
Classification of Diverticular Disease [1]
Classification of Diverticular Disease für Divertikulose, Divertikelkrankheit und Divertikulitis | |
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Typ | Bezeichnung |
0 | |
1 |
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2 |
|
3 |
|
4 |
Für die klinische Praxis empfiehlt die DGVS-Leitlinie „Divertikelkrankheit/Divertikulitis“ die Verwendung der Classification of Diverticular Disease! [1]
Pathophysiologie
Pathogenese der Divertikelbildung [1]
- Verdickung der Darmwandmuskulatur
- Bindegewebsschwäche
- Veränderung von Gehalt, Zusammensetzung und Verknüpfung der Bindegewebsfasern
- Gestörter Metabolismus der extrazellulären Matrix
- Enterische Neuropathie
- Störungen der Kolonmotilität
Die Pathogenese der Divertikelbildung ist komplex und in vielen Teilen nur unzureichend untersucht!
Mögliche Folgen der Divertikulose [1][8][9]
- Kompression der versorgenden Blutgefäße durch Pseudodivertikel → Minderversorgung der Schleimhaut → Entzündung → Divertikulitis
- Verengung des Divertikelhalses bzw. Stuhlretention (Kotsteine) → Erhöhter intraluminaler Druck → Ulzerationen bzw. Erosionen der Divertikelwand → Mikro- oder makroskopische Perforation
- Erosionen unterhalb des perikolischen Fettgewebes oder des Mesenteriums → Gedeckte Perforation
- Ungedeckte Erosionen → Freie Perforation
- Beteiligung benachbarter Organe → Fistel bzw. Obstruktion
-
Arrosionen im Randbereich der Divertikel → Blutungen
- Arrosion im Bereich der A. mesenterica inferior → Blutungen im Colon sigmoideum, Colon descendens, Colon transversum oder oberen Rektum
- Arrosion im Bereich der A. mesenterica superior → Blutungen im Colon transversum, Colon ascendens oder Zäkum
- Alternative Hypothese: Veränderte mikrobielle Flora → Entzündung [9]
Symptomatik
Divertikulose
- Meist asymptomatisch
- Evtl. linksseitige Unterbauchschmerzen
- Evtl. weitere unspezifische abdominelle Beschwerden
Divertikulitis
- Leitsymptome
- Akute, progrediente Schmerzen im linken Unterbauch (sog. Linksappendizitis) [3][4][5]
- Fieber
- Sonderfälle: Zäkumdivertikulitis (Schmerzlokalisation im rechten Unterbauch) oder anders lokalisierte Divertikel (bspw. prävesikaler Schmerz)
- Weitere Symptome
- Stuhlveränderungen (Obstipation/Diarrhö)
- Flatulenz
- Übelkeit, Erbrechen
- Peritoneale Reizung (lokale Abwehrspannung)
- Blut im Stuhl
- Hinweise auf Komplikationen
- Perforation: Distendiertes Abdomen, generalisierte Abwehrspannung, abgeschwächte Darmgeräusche
- Fistel: Je nach Lokalisation bspw. Pneumaturie/Fäkalurie bei enterovesikaler Fistel, vaginaler Stuhl- oder Luftabgang bei enterovaginaler Fistel
- Obstruktion: Je nach Ausprägungsgrad von Behinderung der Stuhlpassage bis zur Ileussymptomatik (Übelkeit, Erbrechen, distendiertes Abdomen, Stuhlverhalt, pathologische Darmgeräusche )
Bei alten oder immunsupprimierten Patient:innen kann die Ausprägung der Beschwerden sehr milde sein!
Diagnostik
Divertikulose/Divertikelkrankheit
- Häufig als Zufallsbefund im Rahmen einer Koloskopie zur Krebsvorsorge oder in der CT des Abdomens
- Koloskopie bei bzw. im Verlauf nach Divertikelblutung
Divertikulitis
Anamnese
- Schmerz
- Lokalisation
- Dynamik
- Abhängigkeit von Bewegung
- Abhängigkeit von der Nahrungsaufnahme
- Ähnliche Episoden in der Vergangenheit
- Fieber
- Stuhlverhalten
- Dysurie/Pneumaturie/Fäkalurie
- Medikation: Insb. ist die Einnahme von NSAR , Antikoagulanzien , immunsupprimierenden Medikamenten und Opioiden zu erfragen
- Nikotinabusus
- Begleiterkrankungen: Insb. arterielle Hypertonie und Nierenerkrankungen
Körperliche Untersuchung
-
Untersuchung des Abdomens
- Evtl. lokalisierte Druckschmerzhaftigkeit mit ggf. walzenförmiger Resistenz im linken Unterbauch
- Akutes Abdomen mit lokaler oder generalisierter Abwehrspannung und Loslassschmerz: Verdacht auf Perforation mit peritonealer Reizung
- Digital-rektale Untersuchung: Ggf. Schmerzen bei tiefem Sitz der Divertikulitis
- Messen der Körpertemperatur: Typischerweise >37,5 °C
Laboruntersuchung
- Leukozyten↑ (i.d.R. >10.000–12.000/μL)
- CRP↑
- Urinstatus: Liefert Hinweise auf Differenzialdiagnosen wie Urolithiasis oder Harnwegsinfekte
Bildgebung
- Abdomensonografie: Methode der 1. Wahl bei V.a. Sigmadivertikulitis
- Direkter Nachweis entzündeter Divertikel
- Echoarme Darmwandverdickung auf >5 mm mit Aufhebung der Wandschichtung und ggf. Kokarden-Phänomen
- Entzündliche Fettgewebsreaktion in der Umgebung
- Ggf. Nachweis freier Flüssigkeit oder eines Abszesses
- Kontrastmittelgestützte CT des Abdomens: Indiziert, wenn sonografischer Befund nicht ausreicht
- Röntgen: Bei Vorliegen eines akuten Abdomens
- Abdomenübersichtsaufnahme: Freie Luft bei Perforation
- Gastrografin-Einlauf: Nachweis der Divertikel
Endoskopie
- Koloskopie [1]
- Im entzündungsfreien Intervall nach Abklingen der Akutsituation (i.d.R. nach 6–8 Wochen)
- Sollte insb. zum Ausschluss von Stenosen oder Malignomen durchgeführt werden
Eine Koloskopie sollte in der Akutphase einer Divertikulitis wegen der Perforationsgefahr vermieden werden!
Differenzialdiagnosen
- Erkrankungen des Darms
- Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen
- Akute entzündliche Darmerkrankungen
- Reizdarmsyndrom
- Ischämische Kolitis
- Kolorektales Karzinom
- Divertikulose des Dünndarms [10]
- Echte Divertikel oder Pseudodivertikel [11]
- Ätiologie
- Kongenitale Divertikel: Intraluminale Divertikel, Meckel-Divertikel
- Erworbene Divertikel
- Lokalisation
- Symptome/Klinik
- Meist asymptomatisch
- Unspezifische epigastrische Schmerzen, teils krampfartig
- Geblähtes Abdomen
- Störungen der Darmpassage
- Komplikationen
- Blutung
- Entzündung bzw. Divertikulitis
- Erkrankungen des harnableitenden Systems
- Harnverhalt
- Kolik durch Nieren- oder Uretersteine
- Urozystitis
- Erkrankungen der Geschlechtsorgane
- Siehe auch: Ursachen des akuten Abdomens nach Schmerzort
Bei einer Divertikulitis oder Divertikulose sollte (im entzündungsfreien Intervall) immer eine Koloskopie zum Ausschluss eines Kolonkarzinoms erfolgen!
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Therapie
Allgemeine Therapiemaßnahmen bei Divertikulose [7]
- Stuhlregulierung
- Ballaststoffreiche Ernährung
- Reichliche Flüssigkeitsaufnahme
- Ggf. Flohsamenschalenpräparate
- Körperliche Aktivität
Eine Rückbildung der Divertikel ist durch diese Therapiemaßnahmen nicht möglich!
Allgemeine Therapiemaßnahmen bei Divertikulitis
- Bedarfsgerechte Analgesie
- Ggf. situationsadaptierte Ernährung: Bspw. ballaststoffarme oder flüssige Kost
- Spasmolytika (aufgrund der Gefahr eines paralytischen Ileus umstritten): Butylscopolamin [15]
- Veraltet: Kühlung des Unterbauchs („Eisblase“)
Stadiengerechte Therapie der Divertikelkrankheit und Divertikulitis [1][16]
Stadienabhängige Therapie der Divertikulitis bzw. Divertikelkrankheit anhand der Classification of Diverticular Disease | ||
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Typ | Konservative Therapie | Operative Therapie |
Typ 1 |
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Typ 2a |
|
|
Typ 2b |
| |
Typ 2c |
| |
Typ 3a |
|
|
Typ 3b |
| |
Typ 3c |
|
|
Typ 4 |
| |
1 Die antibiotische Therapie sollte gramnegative und anaerobe Erreger erfassen (bspw. Bacteroides fragilis). Hinsichtlich der Applikationsart oder bevorzugten Kombinationen gibt es keine eindeutige Empfehlung. Eingesetzt werden bspw.
2 Operation: Zeitpunkt
3 Operation: Resektion [1] |
Bei den genannten Operationsverfahren wird von einer Divertikulitis im Bereich des Sigmas ausgegangen. Sind andere Abschnitte des Darms betroffen, muss das Resektionsausmaß angepasst werden!
Je früher und schwerer die Erstmanifestation einer Divertikulitis, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass im weiteren Krankheitsverlauf eine operative Therapie erforderlich wird!
Ambulantes und stationäres Management
Ambulante Behandlung
- Indikation: Möglich bei unkomplizierter Divertikulitis ohne Fieber, Leukozytose, Abwehrspannung oder Stuhlverhalt, sofern ärztliche Befundkontrollen gesichert
- Ambulante Antibiotikatherapie bei Divertikulitis, bspw. mit
- Amoxicillin/Clavulansäure [22] oder
- Bei Penicillinüberempfindlichkeit: Ciprofloxacin in Kombination mit Metronidazol
- Analgesie: Bspw. mit Metamizol [13]
- Empfehlungen für die Patient:innen
- Ggf. ambulant
- Ggf. antibiotische Therapie
Bei der akuten unkomplizierten Divertikulitis kann unter engmaschiger ärztlicher Kontrolle auf eine Antibiotikatherapie verzichtet werden, sofern keine Risikofaktoren für einen komplizierten Verlauf der Divertikulitis vorliegen! [1]
Stationäre Behandlung
- Indikation: Mind. ab komplizierter Divertikulitis, ggf. auch bei unkomplizierter Divertikulitis
- Stationäre Antibiotikatherapie bei Divertikulitis , bspw. mit
- Cefuroxim [23] oder Ceftriaxon [24] jeweils in Kombination mit Metronidazol [25]
- Alternativ: Ampicillin/Sulbactam [26] oder Piperacillin/Tazobactam [27]
- Bei Penicillinüberempfindlichkeit: Ciprofloxacin (in Kombination mit Metronidazol) oder Moxifloxacin
- Für die Antibiotikatherapie bei Sepsis siehe: Sepsis - Initialtherapie bei Fokus Darm und gynäkologische Organe
- Analgesie
- Parenterale Volumenzufuhr: Mit Vollelektrolytlösungen
- Reduzierte Kost: Nahrungskarenz, flüssige Kost oder ggf. Schonkost [1]
- Ggf. perioperative Thromboseprophylaxe , mit niedermolekularem Heparin, bspw. mit Dalteparin [28] oder Enoxaparin [29]
- Ggf. Kompressionsstrümpfe
- Laborkontrolle (inkl. Leukozyten und CRP) für den Folgetag stellen
Bei Operationsindikation
Das Vorgehen bei Operationsindikation wird in anderen Kapiteln ausgearbeitet, sodass an dieser Stelle entsprechende Linkempfehlungen in das jeweilige Fachkapitel angeboten werden.
Präoperatives Management
Allgemeines Management vor darmchirurgischen Eingriffen
- Für allgemeine Hinweise zum präoperativen Management siehe:
- Für darmchirurgische Besonderheiten siehe auch:
Spezifisches Management bei Divertikulitis: Maßnahmen vor operativer Versorgung
- Planen des OP-Zeitpunktes, siehe: Stadiengerechte Therapie der Divertikulitis und Divertikelkrankheit
- Aufklärung über (siehe auch: Chirurgische Aufklärung und Chirurgische Aufklärung: Besonderheiten in der Darmchirurgie)
- Art des Eingriffs
- Komplikationen der Sigmaresektion und allgemeine Komplikationen bei darmchirurgischen Eingriffen, siehe:
- Bei geplanter Stomaanlage: Stomatherapie anberaumen, Stoma-Anzeichnung
Operationsverfahren
Postoperatives Management
- Für allgemeine Hinweise zum postoperativen Management siehe: Postoperatives Management
- Für darmchirurgische Besonderheiten siehe auch:
Komplikationen
Komplikationen der Divertikulose/Divertikulitis
- Divertikelblutung
- Häufigkeit: Bei ca. 5% der Patient:innen mit Divertikulose
- Verlauf
- Kann einen drastischen Hb-Abfall mit hämodynamischer Instabilität verursachen
- Sistiert zu 90% spontan [1]
- Diagnostik
- Koloskopie (bei hämodynamischer Stabilität innerhalb von 12–24 h) [1]
- Falls koloskopische Lokalisation der Blutungsquelle nicht möglich: CT-Angiografie, Angiografie oder Szintigrafie
- Therapie
- Koloskopische Blutstillung
-
Falls koloskopische Blutstillung nicht möglich: Angiografische Embolisation
- Bei persistierender Blutung: Chirurgische Exploration, ggf. Kolektomie [1]
- Bei rezidivierender Blutung mit eindeutiger Lokalisation: Segmentale Kolektomie erwägen [1]
- Siehe auch: Gastrointestinale Blutung - Therapie
- Perforation (siehe auch: Hohlorganperforation)
- Symptomatik: Akutes Abdomen
- Verlaufsformen
-
Gedeckte Perforation mit perikolischem Abszess
- Expansionsgefahr der Entzündung ins retroperitoneale Gewebe (bspw. sekundärer Psoasabszess)
- Radiologisch freie intraabdominelle Luft : Freie Perforation mit Peritonitis → Notfall-OP → Resektion des betroffenen Darmabschnitts mit primärer Anastomosierung und ggf. protektivem Ileostoma oder Diskontinuitätsresektion nach Hartmann, Spülung der Bauchhöhle
-
Gedeckte Perforation mit perikolischem Abszess
- Fistelbildung
-
Meist kolovesikal: Kann zu rezidivierenden Harnwegsinfekten bis hin zur Urosepsis führen
- Luftabgang aus der Harnröhre beim Urinieren pathognomonisch („Champagnerurin“)
- Diagnostik: Mohntest
- Verzehr von 250 g Mohnsamen mit anschließender Kontrolle des Urins auf das Erscheinen von Mohnsamen
- Allen anderen diagnostischen Mitteln im Nachweis kolovesikaler Fisteln überlegen
- Auch kolovaginal, koloenteral oder kolokutan
-
Meist kolovesikal: Kann zu rezidivierenden Harnwegsinfekten bis hin zur Urosepsis führen
- Darmstenosen: Gefahr des mechanischen Ileus
Komplikationen nach operativer Therapie
- Für Informationen zu allgemeinen postoperativen Komplikationen siehe: Allgemeine postoperative Komplikationen
- Für darmchirurgische Besonderheiten siehe:
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Prognose
- Progression (Divertikulose → Divertikelkrankheit): Lebenszeitrisiko 4–20% [9]
- Rezidivrate nach konservativer Therapie: 9–47% [7][31]
- Risikofaktoren [1]
- Junges Lebensalter <40–50 Jahre
- Z.n. komplizierter Divertikulitis
- Chronisch-rezidivierende Divertikulitis
- Multimorbidität
- Immunsuppression
- Höchstes Risiko im ersten Jahr nach Divertikulitis
- Risikofaktoren [1]
- Rezidivrate nach operativer Therapie: Ca. 7% [7][31]
- Risikofaktoren
- Junges Lebensalter <50 Jahre
- Z.n. >2 vorangegangenen Divertikulitiden
- Präoperatives Reizdarmsyndrom
- Unkomplizierte Divertikulitis als Operationsindikation
- Kolosigmoidale Anastomose
- Fehlender Divertikulitisnachweis in der pathologischen Untersuchung
- Postoperativ persistierende Beschwerden
- Risiko steigt postoperativ
- Risikofaktoren
- Letalität der Divertikulitis: Abhängig von Allgemeinzustand und CDD-Stadium [7]
- Typ 1a/b, Typ 2a: <5%
- Typ 2c: Bis zu 15%
- Operationsletalität [7]
- Elektive Operation: <2%
- Notfalloperation: Bis >10%
Prävention
- Primärprophylaxe der Divertikelkrankheit
- Erhalt des Normgewichts
- Nikotinabstinenz
- Körperliche Aktivität
- Änderung der Ernährungsgewohnheiten
- Verzehr von rotem Fleisch reduzieren
- Ballaststoffreiche Ernährung
Zur Primärprophylaxe der Divertikelkrankheit soll ein gesunder Lebensstil empfohlen werden!
Studientelegramme zum Thema
- DGIM-Sonderausgabe zu Überversorgung in der Inneren Medizin
- DGIM-Studientelegramm 3-2020-7/7: Kein verkürzter Krankenhausaufenthalt durch Antibiotika bei akuter unkomplizierter Divertikulitis
- One-Minute Telegram (aus unserer englischsprachigen Redaktion)
- One-Minute Telegram 74-2023-2/3: Respect the decision to resect
- One-Minute Telegram 44-2022-1/3: The ACP’s new diverticulitis guidelines
- One-Minute Telegram 21-2021-2/3: Amoxicillin-clavulanate: An alternative to fluoroquinolones in treating diverticulitis?
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Divertikulose und Divertikulitis
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
K57.-: Divertikulose des Darmes
- Inklusive: Divertikel, Divertikulitis, Divertikulose (jeweils Dünndarm, Dickdarm)
- Exklusive: Angeborenes Darmdivertikel (Q43.8), Appendixdivertikel (K38.2), Meckel-Divertikel (Q43.0)
Nur Dünndarm betroffen
- K57.0-: Divertikulose des Dünndarmes mit Perforation und Abszess / Divertikulose des Dünndarmes mit Peritonitis
- Exklusive: Divertikulose sowohl des Dünndarmes als auch des Dickdarmes mit Perforation und Abszess (K57.4‑)
- K57.00: Divertikulose des Dünndarmes mit Perforation und Abszess, ohne Angabe einer Blutung
- K57.01: Divertikulose des Dünndarmes mit Perforation, Abszess und Blutung
- K57.02: Divertikulitis des Dünndarmes mit Perforation und Abszess, ohne Angabe einer Blutung
- K57.03: Divertikulitis des Dünndarmes mit Perforation, Abszess und Blutung
- K57.1-: Divertikulose des Dünndarmes ohne Perforation oder Abszess / Divertikulose des Dünndarmes o.n.A.
- Exklusive: Divertikulose sowohl des Dünndarmes als auch des Dickdarmes ohne Perforation oder Abszess (K57.5‑)
- K57.10: Divertikulose des Dünndarmes ohne Perforation, Abszess oder Angabe einer Blutung
- K57.11: Divertikulose des Dünndarmes ohne Perforation und Abszess, mit Blutung
- K57.12: Divertikulitis des Dünndarmes ohne Perforation, Abszess oder Angabe einer Blutung
- K57.13: Divertikulitis des Dünndarmes ohne Perforation und Abszess, mit Blutung
Nur Dickdarm betroffen
- K57.2-: Divertikulose des Dickdarmes mit Perforation und Abszess / Divertikulose des Kolons mit Peritonitis
- Exklusive: Divertikulose sowohl des Dünndarmes als auch des Dickdarmes mit Perforation und Abszess (K57.4‑)
- K57.20: Divertikulose des Dickdarmes mit Perforation und Abszess, ohne Angabe einer Blutung
- K57.21: Divertikulose des Dickdarmes mit Perforation, Abszess und Blutung
- K57.22: Divertikulitis des Dickdarmes mit Perforation und Abszess, ohne Angabe einer Blutung
- K57.23: Divertikulitis des Dickdarmes mit Perforation, Abszess und Blutung
- K57.3-: Divertikulose des Dickdarmes ohne Perforation oder Abszess / Divertikulose des Kolons o.n.A.
- Exklusive: Divertikulose sowohl des Dünndarmes als auch des Dickdarmes ohne Perforation oder Abszess (K57.5‑)
- K57.30: Divertikulose des Dickdarmes ohne Perforation, Abszess oder Angabe einer Blutung
- K57.31: Divertikulose des Dickdarmes ohne Perforation oder Abszess, mit Blutung
- K57.32: Divertikulitis des Dickdarmes ohne Perforation, Abszess oder Angabe einer Blutung
- K57.33: Divertikulitis des Dickdarmes ohne Perforation oder Abszess, mit Blutung
Dünn- und Dickdarm betroffen
- K57.4-: Divertikulose sowohl des Dünndarmes als auch des Dickdarmes mit Perforation und Abszess / Divertikulose sowohl des Dünndarmes als auch des Dickdarmes mit Peritonitis
- K57.40: Divertikulose sowohl des Dünndarmes als auch des Dickdarmes mit Perforation und Abszess, ohne Angabe einer Blutung
- K57.41: Divertikulose sowohl des Dünndarmes als auch des Dickdarmes mit Perforation, Abszess und Blutung
- K57.42: Divertikulitis sowohl des Dünndarmes als auch des Dickdarmes mit Perforation und Abszess, ohne Angabe einer Blutung
- K57.43: Divertikulitis sowohl des Dünndarmes als auch des Dickdarmes mit Perforation, Abszess und Blutung
- K57.5-: Divertikulose sowohl des Dünndarmes als auch des Dickdarmes ohne Perforation oder Abszess / Divertikulose sowohl des Dünndarmes als auch des Dickdarmes o.n.A.
- K57.50: Divertikulose sowohl des Dünndarmes als auch des Dickdarmes ohne Perforation, Abszess oder Angabe einer Blutung
- K57.51: Divertikulose sowohl des Dünndarmes als auch des Dickdarmes ohne Perforation oder Abszess, mit Blutung
- K57.52: Divertikulitis sowohl des Dünndarmes als auch des Dickdarmes ohne Perforation, Abszess oder Angabe einer Blutung
- K57.53: Divertikulitis sowohl des Dünndarmes als auch des Dickdarmes ohne Perforation oder Abszess, mit Blutung
Lokalisation nicht näher bezeichnet
- K57.8-: Divertikulose des Darmes, Teil nicht näher bezeichnet, mit Perforation und Abszess / Divertikulose des Darmes o.n.A. mit Peritonitis
- K57.80: Divertikulose des Darmes, Teil nicht näher bezeichnet, mit Perforation und Abszess, ohne Angabe einer Blutung
- K57.81: Divertikulose des Darmes, Teil nicht näher bezeichnet, mit Perforation, Abszess und Blutung
- K57.82: Divertikulitis des Darmes, Teil nicht näher bezeichnet, mit Perforation und Abszess, ohne Angabe einer Blutung
- K57.83: Divertikulitis des Darmes, Teil nicht näher bezeichnet, mit Perforation, Abszess und Blutung
- K57.9-: Divertikulose des Darmes, Teil nicht näher bezeichnet, ohne Perforation oder Abszess / Divertikulose des Darmes o.n.A.
- K57.90: Divertikulose des Darmes, Teil nicht näher bezeichnet, ohne Perforation, Abszess oder Angabe einer Blutung
- K57.91: Divertikulose des Darmes, Teil nicht näher bezeichnet, ohne Perforation oder Abszess, mit Blutung
- K57.92: Divertikulitis des Darmes, Teil nicht näher bezeichnet, ohne Perforation, Abszess oder Angabe einer Blutung
- K57.93: Divertikulitis des Darmes, Teil nicht näher bezeichnet, ohne Perforation oder Abszess, mit Blutung
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.