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Meckel-Divertikel

Letzte Aktualisierung: 13.12.2022

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Das Meckel-Divertikel ist eine Aussackung im Bereich des Dünndarms und entsteht durch eine unvollständige Rückbildung des embryonalen Ductus omphaloentericus. Es gilt als häufigste Anomalie des Gastrointestinaltrakts und im Falle einer Entzündung (Meckel-Divertikulitis) als wichtige Differenzialdiagnose der akuten Appendizitis. Histopathologisch enthält es teilweise ektope Schleimhaut (meist Magenschleimhaut). Symptome entstehen insb. infolge der Säuresekretion dieser ektopen Magenschleimhaut (bspw. Ulzera, GI-Blutung), aber auch durch Komplikationen mit mechanischem Hindernis (bspw. Volvulus, Darminvagination). Fistelbildung und maligne Entartung sind sehr selten.

Meist bleibt das Meckel-Divertikel klinisch asymptomatisch und wird lediglich als Zufallsbefund bei operativen Eingriffen entdeckt. Als spezifische Diagnostik wird häufig die Na-99mTc-Pertechnetat-Szintigrafie eingesetzt, die die ektope Magenschleimhaut darstellen kann. Auch Ultraschall, radiologische und endoskopische Diagnostik sind möglich, in ihren Aussagen jedoch eingeschränkt. Zudem kann eine explorative Laparoskopie durchgeführt werden. Neben einer Hemmung der Säuresekretion besteht die Therapie des symptomatischen Meckel-Divertikels hauptsächlich in der operativen Entfernung. Asymptomatische Zufallsbefunde sollten nur bei Kleinkindern, großen Divertikeln oder V.a. maligne Entartung entfernt werden.

Beim Meckel-Divertikel handelt es sich um ein kongenitales echtes Divertikel als Überrest des embryonalen Ductus omphaloentericus! [5]

  • Wandaufbau: Wie Dünndarmmukosa
  • Histopathologie: Teilweise ektopes Gewebe vorhanden [2][5]
    • Typischerweise Magenschleimhaut (30–50% der Fälle)
    • Selten auch Pankreasgewebe, Duodenal- oder Kolonschleimhaut nachweisbar

Das Vorhandensein ektopen Gewebes begünstigt Komplikationen!

  • Prävalenz: 1,5–3% [2][5]
  • Lebenszeitrisiko für Komplikationen: 5% [2]
  • Geschlechterverhältnis: > (ca. 2,5:1) [2]
  • Altersgipfel: Keiner, da kongenital [6]
    • 50–60% werden innerhalb der ersten 2 Lebensjahre symptomatisch [7]
    • 15% werden erst nach dem 4. Lebensjahr symptomatisch [7]

Anhand der 2er-Regel lassen sich die ungefähren Werte merken: Bei etwa 2% der Bevölkerung (meist vor dem 2. Lebensjahr und 2-mal häufiger bei männlichem Geschlecht) kommt ein Meckel-Divertikel mit etwa 2 Inches (ca. 5 cm) Länge und 2 cm Durchmesser vor, das ca. 2 feet (ca. 60 cm) vor der Ileozökalklappe liegt. Es kann 2 Typen ektoper Schleimhaut enthalten! [2]

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

Das Meckel-Divertikel ist meist asymptomatisch! Symptome entstehen durch Komplikationen und entsprechen dann deren jeweiliger Klinik: [5]

Es gibt kein typisches Symptom eines Meckel-Divertikels! [2]

Symptome eines persistierenden Ductus omphaloentericus [7]

  • Einstülpung des Bauchnabels mit sichtbarer Schleimhaut
  • Flüssigkeits- und Stuhlentleerung aus dem Bauchnabel

Allgemeine Diagnostik [2]

Spezifische Diagnostik [2][5][7][8]

Da Meckel-Divertikel meist als Zufallsbefund im Rahmen anderweitiger operativer Eingriffe entdeckt oder über Komplikationen symptomatisch werden, erfolgt eine präoperative Diagnostik nur selten. [5]

Konservative Therapie

Operative Resektion eines Meckel-Divertikels [2][5][7][8][9][10]

Operative Resektion eines persistierenden Ductus omphaloentericus

  • Zugang: Semizirkulärer Schnitt unterhalb des Nabels
  • Durchführung
    • Komplette Exzision des Ganges auf Hautebene
    • Nachverfolgen des Ganges bis zur Einmündung in den Darm
    • Exzision der Einmündungsstelle
    • Ggf. Entfernung eines Meckel-Divertikels (falls vorhanden)
    • Übernähung des Dünndarms

Differenzialdiagnosen des nicht-blutenden Meckel-Divertikels [2][11]

Differenzialdiagnosen des blutenden Meckel-Divertikels [2]

AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Die Komplikationen eines Meckel-Divertikels sind stark altersabhängig: Während Kinder <4 Jahren v.a. durch eine mechanische Obstruktion der Darmpassage auffallen, sind bei Erwachsenen Blutungen die häufigste Manifestation. Auch Entzündungen und Littré-Hernien treten v.a. bei Erwachsenen auf, die maligne Entartung im höheren Alter. Da die Komplikationsrate mit zunehmendem Alter sinkt, übersteigt das Risiko für postoperative Komplikationen bei Entfernung irgendwann das Risiko für spontane Komplikationen bei Belassen eines Meckel-Divertikels.

Komplikationen durch ektope Säuresekretion

Blutung [2][7]

Eine gastrointestinale Blutung ist die häufigste Komplikation des Meckel-Divertikels!

Ulzera [2][3][5]

Meckel-Divertikulitis [1][2][5]

Komplikationen durch mechanisches Hindernis

Invagination [5][12]

  • Häufigkeit: 5–6% der Fälle von Invagination bei Kindern durch Meckel-Divertikel bedingt
  • Symptome
    • Leitsymptom: Akut einsetzende kolikartige Schmerzen (plötzliches Schreien), oft mit Anziehen der Beine
    • Erbrechen (im Verlauf gallig)
    • Druckschmerzhaftes Abdomen
    • Oft „freie Intervalle“ ohne Schmerzen
    • Starke Beeinträchtigung, Blässe bis hin zur Schocksymptomatik
    • Spätsymptom: „Himbeergeleeartiger“, blutiger Stuhl bzw. rektale Blutentleerung bei digitaler Untersuchung
  • Therapie siehe: Darminvagination

Dünndarm-Volvulus [2][4]

Ileus bzw. mechanische Obstruktion [2]

  • Häufigkeit: Häufigste Komplikation bei Kindern <4 Jahren
  • Symptome
  • Therapie siehe: Ileus

Littré-Hernie [2]

Komplikationen anderer Ursache

Maligne Entartung [1][2][10]

Intraoperative Komplikationen

Postoperative Komplikationen

Bei Erwachsenen ist das Risiko für postoperative Komplikationen höher als das Risiko für spontan auftretende Komplikationen, weshalb man hier als Therapieoption nur in begründeten Fällen die operative Resektion wählt!

Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2023, DIMDI.

  1. von Schweinitz, Ure: Kinderchirurgie. 3. Auflage Springer 2019, ISBN: 978-3-662-58202-2 .
  2. Sailer et al.: Referenz Allgemein- und Viszeralchirurgie – Unterer Gastrointestinaltrakt. Georg Thieme Verlag KG 2022, ISBN: 978-3-132-42470-8 .
  3. Henne-Bruns et al.: Duale Reihe Chirurgie. 2. Auflage Thieme 2007, ISBN: 3-131-25292-8 .
  4. Herold et al.: Innere Medizin 2020. Herold 2020, ISBN: 978-3-981-46609-6 .
  5. Abizeid, Aref: Case report: preoperatively diagnosed perforated Meckel’s diverticulum containing gastric and pancreatic-type mucosa In: BMC Surgery. Band: 17, Nummer: 1, 2017, doi: 10.1186/s12893-017-0236-8 . | Open in Read by QxMD .
  6. S1-Leitlinie Invagination. Stand: 25. November 2021. Abgerufen am: 7. Juni 2022.
  7. Musteata et al.: Meckel Diverticulum Causing Intestinal Volvulus In: Case Reports in Surgery. Band: 2020, 2020, doi: 10.1155/2020/8872668 . | Open in Read by QxMD p. 1-3.
  8. Siewert et al.: Praxis der Viszeralchirurgie: Endokrine Chirurgie. 3. Auflage Springer 2012, ISBN: 978-3-642-14285-7 .
  9. Ferreira-Aparicio et al.: Diverticular Disease of the Small Bowel In: Case Reports in Gastroenterology. Band: 6, Nummer: 3, 2012, doi: 10.1159/000343598 . | Open in Read by QxMD p. 668-676.
  10. Hirner, Weise: Chirurgie Schnitt für Schnitt. 1. Auflage Georg Thieme Verlag 2004, ISBN: 978-3-131-30841-2 .
  11. Schumpelick et al.: Praxis der Viszeralchirurgie: Gastroenterologische Chirurgie. Springer 2006, ISBN: 978-3-540-29040-7 .
  12. Schumpelick et al.: Operationsatlas Chirurgie. Thieme 2013, ISBN: 978-3-131-40634-7 .