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Virales hämorrhagisches Fieber

Letzte Aktualisierung: 27.9.2023

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Unter dem Begriff des viralen hämorrhagischen Fiebers lässt sich eine heterogene Gruppe von viralen Infektionen zusammenfassen, die durch mehrere unterschiedliche RNA-Viren (zu den Filo- und Flaviviridae bzw. Bunyavirales gehörig) verursacht werden. Wichtige Vertreter viraler hämorrhagischer Fieber sind Denguefieber, Gelbfieber, Lassafieber und das Ebolafieber, das in der jüngsten Vergangenheit zu schweren Epidemien in Westafrika führte.

Die Erreger des viralen hämorrhagischen Fiebers kommen in verschiedenen Reservoirtieren vor. Vordergründiger Transmissionsweg ist zumeist eine Übertragung durch Vektoren (Stechmücken oder Zecken) und/oder infizierte Tiere (bspw. Nagetiere). Bei einigen Erkrankungen (z.B. Ebolafieber und Lassafieber) ist auch eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung möglich. In Europa ist das virale hämorrhagische Fieber insb. als reiseassoziierte Erkrankung von Bedeutung, doch einige Vertreter dieser Gruppe kommen auch im europäischen Raum selbst vor.

Symptomatische Erkrankungen gehen häufig mit unspezifischen grippeähnlichen Symptomen einher; schwere Verläufe führen zu einer generalisierten Blutungsneigung bis hin zu Schocksymptomatik und Multiorganversagen. Im Mittelpunkt der Therapie steht eine symptomatische Behandlung; in Einzelfällen kommt Ribavirin zum Einsatz. Bei Ebolafieber werden Antikörper-Präparate eingesetzt. Neben allgemeinen Maßnahmen zur Expositionsprophylaxe stehen zur Prävention einiger viraler hämorrhagischer Fieber auch Impfstoffe zur Verfügung, die teils ausschließlich in Endemiegebieten angewendet werden (z.B. Denguefieber-Impfung), teils auch als Reiseimpfung empfohlen werden (z.B. Gelbfieber-Impfung).

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Definitiontoggle arrow icon

  • Heterogene Gruppe viraler Erkrankungen, die durch verschiedene (RNA‑)Viren ausgelöst werden und überwiegend geografisch begrenzt auftreten
  • Eine Infektion führt typischerweise zu einer fieberhaften Erkrankung, schwere Verläufe gehen mit einer generalisierten Blutungsneigung einher [1]
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Ätiologietoggle arrow icon

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Klassifikationtoggle arrow icon

Übersicht der viralen hämorrhagischen Fieber [2]
Erkrankung und Erreger [3] Verbreitung und Prognose Transmission Verlauf (Inkubationszeit und Symptomatik) Diagnostik, Therapie und Prävention

Chikungunyafieber [4][5]

(Chikungunyavirus)

  • Vorkommen
    • Afrika, südlich der Sahara
    • Süd- und Südostasien
    • Mittel- und Südamerika
    • Selten in Südeuropa
  • Inzidenz: Epidemisches Auftreten mit erheblich variierender Inzidenz
  • Letalität: <0,5%
  • Übertragung
    • Durch Stechmücken
    • Keine Mensch-zu-Mensch-Übertragung
  • Reservoir: Vermutlich Affen, kleine Säugetiere (z.B. Nagetiere) und Vögel
  • Diagnostik*1: Nachweis durch RT-PCR (verzögert auch durch Serologie möglich )
  • Therapie: Symptomatisch
  • Prävention: Kein Impfstoff zugelassen

Denguefieber [6]

(Denguevirus)

[7]

  • Übertragung
    • Durch Stechmücken
    • Von Mensch-zu-Mensch insb. durch direkten Kontakt zu Blut

Ebolafieber [10]

(Ebolavirus)

  • Übertragung
    • Durch Fledertiere und Affen auf Menschen anzunehmen
    • Von Mensch-zu-Mensch durch direkten Kontakt zu Körperflüssigkeiten

Gelbfieber [14]

(Gelbfiebervirus)

[7]

  • Übertragung: Durch Stechmücken
  • Reservoir: Affen (sog. silvatischer Zyklus im Regenwald)

Hantafieber [1][15]

(Hantavirus)

  • Vorkommen: Weltweit
    • Europa: Insb. Puumalavirus, teils Dobravavirus
    • Nordamerika: Sin-Nombre-Virus
    • Südamerika: Andesvirus
    • Teile Asiens: Hantaanvirus, Seoulvirus
  • Inzidenz: Starke regionale Unterschiede [16]
  • Letalität: Abhängig von der Virusspezies
  • Übertragung
    • Durch Nagetiere (Speichel und Exkremente)
    • Keine Mensch-zu-Mensch-Übertragung
  • Diagnostik*1: Serologischer Nachweis
  • Therapie: Symptomatisch
  • Prävention: Kein Impfstoff zugelassen

Krim-Kongo-hämorrhagisches-Fieber [17][18]

(Krim-Kongo-hämorrhagisches-Fieber-Virus)

[7]

  • Vorkommen
    • Teile Afrikas und Asiens
    • Süd- und Südost-Europa
  • Inzidenz: Bis zu 15.000 Fälle jährlich
  • Letalität: 5–30%
  • Übertragung
    • Durch Zecken und infizierte Wild-/Nutztiere
    • Von Mensch-zu-Mensch insb. durch direkten Kontakt zu Blut

Kyasanur-Wald-Fieber [19]

(Kyasanur-Forest-Disease-Virus)

[7]

  • Vorkommen: Südwesten Indiens
  • Inzidenz: Ca. 400–500 Fälle jährlich
  • Letalität: 3–5%
  • Übertragung
    • Durch Zecken sowie infizierte Tiere
    • Keine Mensch-zu-Mensch-Übertragung

- Variante: Alkhurma-hämorrhagisches-Fieber [19]

(Alkhurma-hämorrhagisches-Fieber-Virus)

  • Vorkommen: Ägypten und Saudi-Arabien
  • Inzidenz: Einige hundert Fälle beschrieben [20]
  • Letalität: 1–20%
  • Übertragung: Durch Zecken; zusätzliche Übertragung durch infizierte Kamele/Schafe ist anzunehmen

Lassafieber [21]

(Lassavirus)

  • Übertragung
    • Durch Nagetiere (Exkremente)
    • Von Mensch-zu-Mensch durch direkten Kontakt zu Körperflüssigkeiten

Marburgfieber [10][11][22]

(Marburgvirus)

  • Vorkommen: Zentralafrika
  • Inzidenz: Insgesamt knapp 600 erfasste Fälle seit 1967
  • Letalität: Bis zu 90%
  • Übertragung
    • Durch Flughunde
    • Von Mensch-zu-Mensch durch direkten Kontakt zu Körperflüssigkeiten

Omsk-hämorrhagisches-Fieber [23]

(Omsk-hämorrhagisches-Fieber-Virus)

[7]

  • Übertragung
    • Durch Zecken sowie direkten Kontakt zu infizierten Bisamratten
    • Keine Mensch-zu-Mensch-Übertragung

Rift-Valley-Fieber

(Rift-Valley-Fieber-Virus)

[7]

  • Übertragung
    • Durch Stechmücken oder infizierte Nutztiere (bei engem Kontakt und Schlachten der Tiere oder Verzehr kontaminierter, ungenügend erhitzter tierischer Nahrungsmittel)
    • Keine Mensch-zu-Mensch-Übertragung
  • Inkubationszeit: 2–7 Tage
  • Symptomatik
    • Im Regelfall asymptomatischer oder milder Verlauf
    • Bei symptomatischen Verläufen: Grippeähnliche Beschwerden
    • Bei schweren Verläufen: Retinabeteiligung (≤10%); hämorrhagischer Verlauf (ca. 1%); Enzephalitis (<1%)
  • Diagnostik*1: Nachweis mittels Erregernachweis oder Serologie [25]
  • Therapie: Symptomatisch
  • Prävention: Kein Impfstoff zugelassen

Severe Fever with Thrombocytopenia Syndrome [26][27]

(Severe-Fever-with-Thrombocytopenia-Syndrome-Virus)

  • Vorkommen: China, Japan, Korea
  • Inzidenz: 2009–2016 >5.000 Fälle erfasst
  • Letalität: 5–20%
  • Übertragung
    • Durch Zecken
    • Von Mensch-zu-Mensch möglich (Mechanismus unklar, vermutlich über Kontakt zu Blut)
  • Reservoir: Vermutlich Nutz- und Nagetiere

Südamerikanische hämorrhagische Fieber [28]

(Verschiedene Arenaviridae)

  • Vorkommen: Südamerika
  • Inzidenz: Überwiegend sporadische Fälle
  • Letalität: Ca. 15–20%
  • Übertragung
    • Durch Nagetiere (insb. Exkremente)
    • Von Mensch-zu-Mensch durch direkten Kontakt zu Körperflüssigkeiten

*1 Die spezifische Labordiagnostik erfolgt in Deutschland in Speziallaboren (Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin Hamburg, Institut für Virologie der Universität Marburg)

Virale hämorrhagische Fieber äußern sich initial häufig mit unspezifischen (insb. grippeähnlichen und/oder gastrointestinalen) Symptomen!

Die Therapie viraler hämorrhagischer Fieber erfolgt überwiegend symptomatisch; in Einzelfällen wird jedoch Ribavirin eingesetzt. Bei Ebolafieber kommen auch Antikörper-Präparate zum Einsatz!

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Symptomatiktoggle arrow icon

Stadien des Ebolafiebers [10]

  1. Grippeähnliche Allgemeinsymptome (1.–4. Tag)
  2. Gastrointestinale Symptomatik
  3. Rekonvaleszenz oder schwerer Krankheitsverlauf (ca. ≥8. Tag)

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Verlaufs- und Sonderformentoggle arrow icon

Hämorrhagisches Fieber mit renalem Syndrom (HFRS)

Hantavirus-Lungensyndrom (HPS), Hantavirus-induziertes kardiopulmonales Syndrom (HCPS)

  • Kurzbeschreibung: Kardiopulmonale Dekompensation mit Lungeninfiltration (pulmonales Ödem)
  • Hantavirus-Subtypen: Sin Nombre, New York, Black Creek Canal, Bayou, Andes
  • Letalität: 25–40%
  • Siehe auch: Hantafieber
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Diagnostiktoggle arrow icon

Die Diagnosestellung des viralen hämorrhagischen Fiebers im Anfangsstadium ist aufgrund der relativ unspezifischen klinischen Symptomatik schwierig.

Bei unklarer Fiebererkrankung in Zusammenhang mit einer positiven Reiseanamnese sollten zunächst die vordergründigen Differenzialdiagnosen (insb. Malaria und Sepsis) abgeklärt werden! Bei weiterhin unklarer Diagnose sollte zügig eine Diagnostik viraler hämorrhagischer Fieber angeschlossen werden!

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Differenzialdiagnosentoggle arrow icon

AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

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Therapietoggle arrow icon

In Verdachtsfällen viraler hämorrhagischer Fieber sollte wegen des Risikos einer (zusätzlich!) erhöhten Blutungsneigung kein ASS oder NSAID eingesetzt werden!

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Präventiontoggle arrow icon

Expositionsprophylaxe

  • Schutz vor Mücken- und Zeckenstichen: Lange Kleidung, Moskitonetze, Repellentien
  • Vektorkontrolle (Mückenbrutplätze vermeiden ; Einsatz von Insektiziden/Larviziden)
  • Tierkontakte bei Reisen in Endemiegebiete vermeiden

Impfung

Ebola-Impfung [39][40][41][42][43]

Vorgehen bei Verdachtsfällen

  • Sofortiges Zusammenwirken mit Gesundheitsbehörden und regionalen Kompetenzzentren für hochkontagiöse Erkrankungen
  • Strenge Isolierung in Spezialeinrichtungen (siehe: Tipps & Links)
  • Einhaltung krankenhaushygienischer Richtlinien im Umgang mit hochkontagiösen Erregern
  • Klinische Überwachung von Kontaktpersonen der erkrankten Person
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Meldepflichttoggle arrow icon

Gemäß dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) besteht eine bundesweite Meldepflicht für jedes virusbedingte hämorrhagische Fieber.

  • Arztmeldepflicht nach § 6 IfSG
    • Namentliche Meldepflicht bei Verdachts-, Krankheits- oder Todesfällen
  • Labormeldepflicht nach § 7 IfSG
    • Namentliche Meldepflicht bei direktem oder indirektem Erregernachweis, soweit diese auf eine akute Infektion hinweisen
  • Meldepflicht für Leiter von Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 und § 34 (6) IfSG
    • Namentliche Meldepflicht bei Verdachts- und Krankheitsfällen
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Meditrickstoggle arrow icon

In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.

Chikungunya

Hantavirus

Gelbfieber

Dengue-Fieber

Inhaltliches Feedback zu den Meditricks-Videos bitte über den zugehörigen Feedback-Button einreichen (dieser erscheint beim Öffnen der Meditricks).

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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025toggle arrow icon

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

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