- Klinik
Proteinurie
Abstract
Das Auftreten größerer Proteinmengen als 150 mg pro 24 Stunden im Harn bedarf einer weitergehenden Abklärung. Differentialdiagnostisch gibt es zwar benigne Formen der Proteinurie, eine pathologische Genese gilt es aber auszuschließen. Dabei ermöglicht die Analyse der Proteinarten eine Zuordnung der Genese. Besondere Bedeutung besitzt der Nachweis einer Mikroalbuminurie als früher Hinweis auf eine diabetische oder hypertensive Nierenschädigung.
Definition
- Proteinurie = Auftreten von >150 mg Protein/24 h im Harn
Untersuchung
- Teststreifen → Limitierte Aussagekraft
- Urinsediment, Elektrophorese (Immunelektrophorese, Immunfixationselektrophorese, SDS-Elektrophorese)
Eine Proteinurie kann zu schäumendem Urin führen!
Formen
- Mikroalbuminurie = Albuminausscheidung von 30–300 mg/24 h oder 20–200 mg/L (Urin)
- Aufgrund variierender Albuminausscheidungen werden zur Bestätigung drei Kontrolluntersuchungen im Verlauf von 6–8 Wochen empfohlen
- Makroalbuminurie = Albuminausscheidung >300 mg/24 h oder >200 mg/L (Urin)
- Glomeruläre Proteinurie
- Proteinausscheidung aufgrund einer Beeinträchtigung der Glomeruli → charakteristischer Befund: Auftreten von großmolekularen Proteinen
- Selektiv-glomeruläre Proteinurie
- Es finden sich nur bestimmte große Proteine im Urin, wie Albumin und Transferrin
- Vorkommen bei Erkrankungen mit Selektionsverlust des glomerulären Filters (z.B. Minimal-Change-Glomerulonephritis)
- Unselektiv-glomeruläre Proteinurie
- Es finden sich alle Arten von Proteinen im Urin (Marker sind Albumin und IgG)
- Vorkommen bei Erkrankungen mit schwerer Beschädigung des Glomerulus, sodass eine Durchlässigkeit für alle Blutbestandteile besteht (z.B. Rapid-progressive Glomerulonephritis)
- Selektiv-glomeruläre Proteinurie
- Proteinausscheidung aufgrund einer Beeinträchtigung der Glomeruli → charakteristischer Befund: Auftreten von großmolekularen Proteinen
- Tubuläre Proteinurie
- Proteinausscheidung aufgrund einer Beeinträchtigung der Tubuli → gestörte Rückresorption physiologisch vorkommender kleinmolekularer Proteine im Primärharn
- Leitprotein ist β2-Mikroglobulin ohne den Nachweis großer Proteine
- Glomerulär-tubuläre Mischproteinurie: Bei Erkrankungen, die Glomeruli und Tubuli betreffen, zeigt sich eine Mischform
- Prärenale Proteinurie
- Auftreten von Proteinen, die prärenalen Ursprungs sind
- Leichtketten bzw. Bence-Jones-Proteine (bei Multiplem Myelom)
- Hämoglobinurie (bei Hämolyse)
- Myoglobinurie (bei Rhabdomyolyse)
- Auftreten von Proteinen, die prärenalen Ursprungs sind
- Postrenale Proteinurie
- Auftreten von Proteinen, die im Tubulussystem (z.B. Tamm-Horsfall-Protein) oder im weiteren Verlauf entstehen bzw. in den Harn gelangen Bspw. bei Verletzung und Entzündung der ableitenden Harnwege
Benigne Proteinurie
- Wichtige, harmlose Differentialdiagnose in Abgrenzung zu pathologischen Ursachen
- Vor allem jüngere Menschen, Vorkommen nicht selten
- Isolierte Proteinurie <2 g/d
- Verschiedene Formen
- Orthostatische Proteinurie (lageabhängige Proteinurie): Auftreten nur in aufrechter Position
- Funktionelle Proteinurie: Auftreten z.B. bei Stress, körperlicher Belastung, Kälte, Fieber
- Intermittierende Proteinurie
- Idiopathisch transiente Proteinurie
- (Bei Frauen geringe Proteinurie durch Fluor möglich)
- Wiederholte Untersuchungen, Verlaufskontrolle zum Ausschluss einer pathologischen Genese
- Nicht behandlungsbedürftig, sehr gute Prognose
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2019
- R80: Isolierte Proteinurie
- Inklusive: Albuminurie o.n.A., Bence-Jones-Proteinurie, Proteinurie o.n.A.
- Exklusive: Proteinurie: isoliert, mit Angabe morphologischer Veränderungen (N06.‑); orthostatisch (N39.2); persistierend (N39.1); Schwangerschafts- (O12.1)
- N06.-: Isolierte Proteinurie mit Angabe morphologischer Veränderungen
- N39.-: Sonstige Krankheiten des Harnsystems
- N39.1: Persistierende Proteinurie, nicht näher bezeichnet
- Exklusive: Als Komplikation bei Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett (O11-O15); Mit Angabe morphologischer Veränderungen (N06.‑)
- N39.2: Orthostatische Proteinurie, nicht näher bezeichnet
- Exklusive: Mit Angabe morphologischer Veränderungen (N06.‑)
- N39.1: Persistierende Proteinurie, nicht näher bezeichnet
- O12.-: Gestationsödeme und Gestationsproteinurie [schwangerschaftsinduziert] ohne Hypertonie
Morphologische Veränderungen bei glomerulären Krankheiten
- 0: Minimale glomeruläre Läsion
- Minimal changes glomerulonephritis
- 1: Fokale und segmentale glomeruläre Läsionen
- Fokal und segmental:
- Hyalinose
- Sklerose
- Fokale Glomerulonephritis
- Fokal und segmental:
- 2: Diffuse membranöse Glomerulonephritis
- 3: Diffuse mesangioproliferative Glomerulonephritis
- 4: Diffuse endokapillär-proliferative Glomerulonephritis
- 5: Diffuse mesangiokapilläre Glomerulonephritis
- Membranoproliferative Glomerulonephritis, Typ I und III, oder o.n.A.
- 6: Dense-deposit-Krankheit
- Membranoproliferative Glomerulonephritis, Typ II
- 7: Glomerulonephritis mit diffuser Halbmondbildung
- Extrakapilläre Glomerulonephritis
- 8: Sonstige morphologische Veränderungen
- Proliferative Glomerulonephritis o.n.A.
- 9: Art der morphologischen Veränderung nicht näher bezeichnet
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2019, DIMDI.