Abstract
Unter dem Begriff des viralen hämorrhagischen Fiebers lässt sich eine heterogene Gruppe von viralen Infektionen zusammenfassen, die u.a. Erkrankungen wie Dengue-Fieber, Gelbfieber, Lassa-Fieber oder Ebola-Fieber verursachen. Hervorgerufen werden die Infektionen auf unterschiedlichen Übertragungswegen durch RNA-Viren aus vier Familien (Arena-, Bunya-, Filo- und Flaviviren). Klinisch besteht häufig eine Kombination unspezifischer Grippesymptome, die bei schweren, hämorrhagischen Verläufen zu Blutungen bis hin zu Schocksymptomatik und Multiorganversagen führen können.
Als natürliche Wirte der Viren kommen Nagetiere, Moskitos oder Zecken in Betracht, die vor allem in tropischen und subtropischen Regionen verbreitet sind. Eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung ist bei verschiedenen Virusinfektionen möglich (z.B. Ebola-Virus, Lassa-Virus), weshalb virale hämorrhagische Fiebererkrankungen vereinzelt auch als importierte Infektionen im europäischen Raum auftreten können. Großes Aufsehen bereitet in den Medien immer wieder das Ebola-Virus, dessen Beispiel deutlich macht, dass auch in unseren Breitengraden ein genauer Kenntnisstand zur Vorgehensweise bei reiseassoziierten Infektionskrankheiten notwendig ist, um einer Virusausbreitung durch gezielte Maßnahmen entgegenzuwirken.
Hierbei kommt der schnellen Erregerdiagnostik, dem zügigen Kontakt zu spezialisierten Institutionen und der Einleitung von Schutzmaßnahmen eine bedeutende Rolle zu. Therapeutisch steht eine symptomatische Behandlung der Erkrankten im Vordergrund, kausale Therapieansätze sind bisher nicht ausreichend erprobt oder vorhanden. Auch präventive Ansätze beschränken sich auf die Gelbfieber-Impfung sowie Einhaltung von Schutzmaßnahmen im Umgang mit hochkontagiösen Erregern.
In diesem Kapitel wird ein Überblick der wichtigsten hämorrhagischen Fiebererkrankungen gegeben.
Definition
Das hämorrhagische Fieber bezeichnet eine heterogene Gruppe von viralen Erkrankungen, die gehäuft in tropischen und subtropischen Regionen auftreten und mit hohem Fieber sowie einer generalisierten Blutungsneigung einhergehen.
Ätiologie
- Erreger
- RNA-Viren (Arena-, Bunya-, Filo- und Flaviviren)
- Infektionsweg
- Unterschiedliche Übertragungswege
- Wirtstiere oder Insekten (Mücken , Zecken )
- Übertragung erfolgt durch direkten Kontakt , Einatmen von infiziertem Staub (Aerosole) oder Kontakt mit infizierten Materialien
- Einige Viren, die ein virales hämorrhagisches Fieber verursachen können, werden direkt von Mensch zu Mensch übertragen
- Übertragung erfolgt durch direkten Kontakt zu Blut oder anderen Körperflüssigkeiten
- Tröpfcheninfektionen möglich, jedoch eher selten
- Wirtstiere oder Insekten (Mücken , Zecken )
- Unterschiedliche Übertragungswege
Klassifikation
Klassifikation der Auslöser eines viralen hämorrhagischen Fiebers | |||||||||||
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Erkrankung | Virus | Häufigkeit | Letalität | Übertragungsweg | Inkubationszeit | Kausale Therapieoptionen | Impfung möglich? | ||||
Dengue-Fieber | Dengue-Virus |
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Lassa-Fieber | Lassa-Virus |
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Hanta-Fieber | Hanta-Virus |
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Gelbfieber | Gelbfieber-Virus |
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Ebola-Fieber | Ebola-Virus |
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Krim-Kongo-Fieber | Krim-Kongo-Virus |
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Weitere Erkrankungen, die zu einem viralen hämorrhagischen Fieber führen können: |
Symptome/Klinik
- Unspezifische, grippeähnliche Symptomatik mit akutem (z.B. Ebola-Fieber) oder schleichendem (z.B. Lassa-Fieber) Beginn
- Allgemeinsymptome
- Hohes Fieber
- Kopf-, Hals- und Gliederschmerzen
- Lymphadenopathie
- Erschöpfung
- Muskelschmerzen
- Exanthem
- Konjunktivitis
- Schwere Krankheitsverläufe
Verlaufs- und Sonderformen
Hämorrhagisches Fieber mit renalem Syndrom (HFRS)
- Kurzbeschreibung: Weltweit vorkommendes Krankheitsbild der akuten tubulo-interstitiellen Nephritis aufgrund einer Infektion mit Subtypen des Hanta-Virus
- Symptome
- Hohes Fieber
- Muskel- und Kopfschmerzen
- Flankenschmerzen
- Diagnostik
- Blutuntersuchung
- Typischerweise Thrombozytopenie
- Antikörpernachweis
- Anstieg harnpflichtiger Substanzen
- Urinanalyse
- Blutuntersuchung
- Therapie: Symptomatisch, ggf. Ribavirin
- Letalität: bis 15%
Hantavirus-Lungensyndrom (HPS), Hantavirus-induziertes kardio-pulmonales Syndrom (HCPS)
- Kurzbeschreibung: Kardiopulmonale Dekompensation mit Lungeninfiltration (pulmonales Ödem) und bei schweren Verläufen Entwicklung eines rapid progredienten Atemnotsyndroms (ARDS)
- Hanta-Virus-Subtypen: Sin Nombre, New York, Black Creek Canal, Bayou, Andes
- Letalität: 25–40%
Diagnostik
- Die Diagnostik des viralen hämorrhagischen Fiebers im Anfangsstadium ist aufgrund der relativ unspezifischen klinischen Symptomatik schwierig
- Positive Reiseanamnese
- Blutuntersuchung
Bei unklarer Fiebererkrankung und einer positiven Reiseanamnese sollten vorerst die wichtigsten Differentialdiagnosen (Malaria oder septische Krankheitsbilder) abgeklärt werden. Ist keine Diagnosestellung möglich, sollte zügig eine Labordiagnostik auf virales hämorrhagisches Fieber erfolgen. Je schneller die Diagnosestellung erfolgt, desto besser ist die Prognose des Patienten sowie das Vermeiden weiterer Erkrankungen von Kontaktpersonen!
Differentialdiagnosen
- Malaria
- Meningokokkensepsis bzw. andere Sepsisformen
- Leptospirose
- Typhus
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differentialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Therapie
- Keine zugelassene Kausaltherapie verfügbar → Symptomatische bzw. intensivmedizinische Betreuung
- Supportive Behandlung bei Organversagen (Niere, Leber, Lunge)
- Flüssigkeitssubstitution
- Sedativa und Analgetika bei Unruhe, Schmerzen, Hyperästhesie
- Behandlung von Blutungen
- Kausale Therapieansätze (Nutzen umstritten)
- Therapieversuch mit Ribavirin
- Bei Ebola
- In Erprobung: Monoklonale Antikörper als passive Immunisierung
- Weniger wirksam als monoklonale Antikörper: Nukleosidanalogon Remdesivir
Kein ASS, da an sich schon eine erhöhte Blutungsneigung besteht!
Prävention
Impfung
- Als aktive Immunisierung ist in Deutschland nur ein Impfstoff gegen das Gelbfieber-Virus zugelassen
- Weitere Impfstoffe befinden sich in Entwicklungs- oder Prüfphasen
Prävention
- Bei Verdacht auf das Vorliegen einer viralen hämorrhagischen Fieberinfektion:
- Sofortiges Zusammenwirken mit Gesundheitsbehörden und regionalen Kompetenzzentren für hochkontagiöse Erkrankungen
- Strenge Isolierung in Spezialeinrichtungen (siehe: Tipps & Links)
- Einhaltung krankenhaushygienischer Richtlinien im Umgang mit hochkontagiösen Erregern
- Klinische Überwachung von Kontaktpersonen der Erkrankten
Meldepflicht
Meditricks
In Kooperation mit Meditricks bieten wir dir durchdachte Merkhilfen zum Einprägen relevanter Fakten, dies sind animierte Videos und Erkundungsbilder. Die Inhalte sind vielfach auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend. Viele Meditricks gibt es in Lang- und Kurzfassung, oder mit Basis- und Expertenwissen, Quiz und Kurzwiederholung. Eine Übersicht über alle Inhalte findest du in dem Kapitel Meditricks. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – welche, siehst du im Shop.
Chikungunya
Hantavirus
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2021
- A96.-: Hämorrhagisches Fieber durch Arenaviren
- A96.0: Hämorrhagisches Fieber durch Junin-Viren
- Argentinisches hämorrhagisches Fieber
- A96.1: Hämorrhagisches Fieber durch Machupo-Viren
- Bolivianisches hämorrhagisches Fieber
- A96.2: Lassa-Fieber
- Hämorrhagisches Fieber durch Lassa-Viren
- A96.8: Sonstiges hämorrhagisches Fieber durch Arenaviren
- A96.9: Hämorrhagisches Fieber durch Arenaviren, nicht näher bezeichnet
- A96.0: Hämorrhagisches Fieber durch Junin-Viren
- A97.-: Dengue
- A97.0: Dengue ohne Warnzeichen
- Hämorrhagisches Dengue-Fieber, Grad 1 und Grad 2
- Hämorrhagisches Dengue-Fieber ohne Warnzeichen
- A97.1: Dengue mit Warnzeichen
- Hämorrhagisches Dengue-Fieber mit Warnzeichen
- A97.2: Schweres Dengue
- Schweres Dengue-Fieber
- Schweres hämorrhagisches Dengue-Fieber
- A97.9: Dengue, nicht näher bezeichnet
- Dengue-Fieber [DF] o.n.A.
- A97.0: Dengue ohne Warnzeichen
- A98.-: Sonstige hämorrhagische Viruskrankheiten, anderenorts nicht klassifiziert
- Exklusive: Hämorrhagisches Chikungunya-Fieber (A92.0), Hämorrhagisches Dengue-Fieber (A97.‑)
- A98.0: Hämorrhagisches Krim-Kongo-Fieber
- Zentralasiatisches hämorrhagisches Fieber
- A98.1: Hämorrhagisches Omsk-Fieber
- A98.2: Kyasanur-Wald-Krankheit
- A98.3: Marburg-Viruskrankheit
- A98.4: Ebola-Viruskrankheit
- A98.5: Hämorrhagisches Fieber mit renalem Syndrom
- Epidemische Nephropathie
- Hämorrhagisches Fieber:
- epidemisch
- koreanisch
- russisch
- Hantavirus-Krankheit mit renaler Beteiligung
- Infektion durch Hantan-Viren
- Exklusive: Hantavirus-(Herz‑) Lungensyndrom (B33.4†J17.1*)
- A98.8: Sonstige näher bezeichnete hämorrhagische Viruskrankheiten
- A99: Nicht näher bezeichnete hämorrhagische Viruskrankheit
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2021, DIMDI.