Zusammenfassung
Das Blut verbindet alle Organe des Körpers miteinander und ermöglicht den Austausch von Nährstoffen und Hormonen. Die Funktionen des Blutes werden einerseits von den im Plasma gelösten Proteinen (Plasmaeiweiße), als auch von speziellen Blutzellen (Erythro-, Thrombo- und Leukozyten) vermittelt. Die Zellen des Blutes entstehen im Knochenmark im Rahmen der Blutbildung (Hämatopoese). Die Plasmaproteine werden größtenteils in der Leber synthetisiert und können anhand ihrer chemischen Eigenschaften in fünf Fraktionen gegliedert werden.
Aufgaben und Zusammensetzung des Blutes
Über das Blut sind alle Organe des Körpers miteinander im Austausch. Es besteht aus Wasser mit vielen darin gelösten Proteinen (= Plasma) sowie den Blutzellen, von denen es drei Hauptarten gibt. Das Blut macht 6–8% des Körpergewichts aus, so dass beispielsweise ein 70 kg schwerer Mensch ungefähr fünf Liter Blut hat.
Die Aufgaben des Blutes
- Transport
- Hämostase
- Immunabwehr
- Regulation des Säure-Basen-Haushalts
Die Zusammensetzung des Blutes
Plasmavolumen: 55%
Das Plasma ist der flüssige, zellfreie Anteil des Bluts, den man nach seiner Zentrifugation erhält: Die Zellen sinken an den Boden des Blutröhrchens und der klar-gelbe Überstand entspricht dem Plasma.
- 90% Wasser
- 10% Gelöste Stoffe
- 70% Plasmaproteine
- 20% Niedermolekulare Stoffe
- 10% Elektrolyte
Zellvolumen: 45%
- 99% Erythrozyten
- Ca. 1% Thrombozyten und Leukozyten
Plasma erhält man durch Zentrifugation ungeronnenen Bluts, es enthält alle Proteine des Bluts! Serum erhält man nach Zentrifugation geronnenen Bluts, es enthält kein Fibrinogen und keine Gerinnungsfaktoren mehr! Plasma hat somit einen höheren Proteingehalt als Serum!
Das Volumen von Blutplasma und Blutzellen
Plasmavolumen | Hämatokrit | Gesamtblutvolumen | |
---|---|---|---|
Definition | Volumen der zellfreien Blutflüssigkeit | Anteil des Volumens der Erythrozyten am gesamten Blutvolumen | Summe aus Plasma- und Zellvolumen |
Normwert | Ca. 42 mL/kgKG | Ca. 0,45 = 45% | 60–80 mL/kgKG |
Klinische Bedeutung | Bestimmung wichtig bei Plasmaersatzverfahren (z.B. Plasmapherese) | Bestimmung wichtig bei Diagnose von Blutarmut (Anämie) |
|
Bestimmungsmethode |
| Coulter-Prinzip in elektronischen Zählautomaten | Berechnung mit Hilfe vom Plasmavolumen und Hämatokrit |
Formel | Durch Anwendung der Indikatormethode sind gegeben:
Gesucht ist: Vp = Plasmavolumen
| Durch Analyse im elektronischen Zählgerät sind gegeben:
Gesucht ist: Hämatokrit (Hkt) | Gegeben sind:
Gesucht ist: Gesamtblutvolumen (VG)
|
Blutreinigung
Unter Blutreinigung (= Plasmapherese) versteht man ein medizinisches Verfahren, bei dem der betroffenen Person über einen Venenkatheter über einen Zeitraum von bis zu vier Stunden mittels einer Pumpe fortlaufend Blut entnommen wird, das dann außerhalb des Körpers in das Plasma und die Zellbestandteile aufgetrennt wird. Aus dem Plasma können nun krankmachende Bestandteile (z.B. Autoantikörper) entfernt werden (therapeutische Apherese). Zeitgleich gelangt das bereits „gereinigte“ Plasma zusammen mit den Blutzellen sowie Albumin-und Infusionslösungen (zum Ausgleich der Volumenverluste) über einen zweiten Venenkatheter wieder zurück in den Blutkreislauf des Patienten.
Plasmaproteine
Bis heute wurden etwa 1.000 verschiedene Plasmaproteine analysiert, die anhand ihrer elektrophoretischen Auftrennung in fünf Fraktionen aufgeteilt werden und im Blut zahlreiche Aufgaben übernehmen. So puffern Plasmaproteine den pH-Wert, transportieren wasserunlösliche Stoffe und sind wesentlicher Bestandteil der Blutgerinnung sowie der Fibrinolyse. In diesem Abschnitt werden die verschiedenen Fraktionen von Plasmaproteinen mit ihren allgemeinen und spezifischen Funktionen vorgestellt.
Allgemeines zu den Plasmaproteinen
- Definition: Gruppe wasserlöslicher Proteine, die im Plasma zirkulieren und im Blut besondere Funktionen wahrnehmen
- Einteilung
- Insgesamt etwa 1.000 verschiedene identifizierte Plasmaproteine
- Eingeteilt in fünf Plasmaproteinfraktionen
- Konzentration: 60–80 g/L Plasma
- Biochemische Eigenschaften
- Wasserlöslich/hydrophil
- Ca. 40% haben eine globuläre Struktur
- Synthese
- Der Großteil der Plasmaproteine wird in der Leber synthetisiert
- Die γ-Globuline werden in den Plasmazellen synthetisiert
- Allgemeine Funktionen
- pH-Konstanz des Blutes
- Transport schlecht wasserlöslicher (lipophiler) Stoffe
- Energielieferant
- Onkotischer Druck
Onkotischer Druck (= Kolloidosmotischer Druck = KOD)
- Definition: Bezeichnet den osmotischen Druck, der durch die Kolloide im Blutplasma verursacht wird
- Normwert: 25 mmHg (= 3,3 kPa)
- Bedeutung
- Der KOD verhindert den übermäßigen Austritt von Plasma aus den Blutgefäßen ins Interstitium → Vgl. Effektiver Filtrationsdruck
- Erniedrigter KOD → Wasseransammlungen im Gewebe (= Ödeme)
Die fünf Plasmaproteinfraktionen
Um die Plasmaproteine näher unterscheiden und untersuchen zu können, werden sie mit Hilfe der Serumelektrophorese aufgetrennt . Dabei wird Blutplasma auf ein Trägermaterial (Agarose-Gel oder Celluloseacetat-Folie) aufgetragen und anschließend eine elektrische Spannung an das Gel angelegt. Die Plasmaproteine wandern nun je nach eigener Ladung und Größe durch das Trägermaterial und werden auf diese Weise in fünf charakteristische Gruppen aufgetrennt. In den folgenden Tabellen werden die wichtigsten Vertreter der Fraktionen vorgestellt. Für krankhafte Veränderungen der Plasmaproteinfraktionen siehe: Serumelektrophorese.
Fraktion | Anteil und Plasma-Konzentration | Vertreter | Aufgaben |
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α1-Globuline |
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α1-Lipoprotein (=HDL) |
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Thyroxin-bindendes Globulin (=TBG) |
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| |||
Transcortin |
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α2-Globuline |
| α2-Makroglobulin |
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Antithrombin |
| ||
Cholinesterase |
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Coeruloplasmin |
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Haptoglobin |
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Plasminogen |
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β-Globuline |
| β-Lipoprotein (=LDL) |
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C3- und C4-Komplement |
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| |||
Hämopexin |
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| |||
γ-Globuline |
|
Albumin bildet als häufigstes Plasmaprotein mit ca. 60% Anteil an der Gesamtproteinkonzentration die größte Fraktion. Die Größe der anderen Fraktionen merkt man sich einfach mit Hilfe der sog. 4er-Regel. α1 startet mit 4%, der Anteil der darauf folgenden Fraktionen steigert sich in 4%-Schritten: 8% (α2), 12% (β) und 16% (γ).
Hungerödeme
In jenen Ländern des Globalen Südens, in denen Teile der Bevölkerung unter Mangelernährung leiden, sieht man oft Kinder mit auffällig aufgeblähten Bäuchen (oder medizinischer: Abdomen). Dieses auf den ersten Blick paradox wirkende Phänomen bezeichnet man als „Hungerbauch“. Es entsteht, wenn die Kinder von der eiweißreichen Muttermilch entwöhnt werden und sich fortan nur noch eiweißarm ernähren können. Durch den Mangel an Aminosäuren in der Nahrung kommt es zu einer Abnahme der Albuminsynthese in der Leber. In der Folge sinkt der onkotische Druck des Plasmas und es kommt zu einem vermehrten Ausstrom von Plasma ins Gewebe und die Körperhöhlen – der beschriebene Hungerbauch entsteht.
Krankhafte Veränderungen der Proteinfraktionen
Die folgende Tabelle soll zeigen, welche charakteristischen Veränderungen der Plasmaproteinzusammensetzung bei bestimmten Krankheitsbildern entstehen.
Erkrankung | Elektrophoretische Abweichungen | Erklärungen | |
---|---|---|---|
Erhöhte Fraktionen | Erniedrigte Fraktionen | ||
Akute Entzündung | α1, α2 | Albumin |
|
α1-Antitrypsinmangel | – | α1 |
|
Leberzirrhose | γ | Albumin |
|
Monoklonale Gammopathien | γ | – |
|
Nephrotisches Syndrom | α2, β | Albumin, γ |
Niedermolekulare Stoffe und Elektrolyte
Im Plasma kommen neben den relativ großen Plasmaproteinen noch viele andere Moleküle vor, die eine geringere Molekülmasse haben. Zu diesen sog. niedermolekularen Stoffen gehören u.a. Glucose (Blutzucker), Stoffwechselprodukte wie Harnstoff und auch die Elektrolyte wie etwa Chlorid oder Natrium. Für nähere Informationen zur klinischen Relevanz der Elektrolyte siehe: Laboratoriumsmedizin.
Niedermolekulare Stoffe
Substanz | Plasmakonzentration (Normbereich) in mmol/L | |
---|---|---|
Glucose |
| |
Lactat | 0,6–2,4 | |
Harnstoff | 2,0–8,0 | |
Kreatinin | 0,08–0,1 |
Elektrolyte
Substanz | Plasmakonzentration (Normbereich) in mmol/L | |
---|---|---|
Anionen | Chlorid | 97–108 |
Bicarbonat | 22–26 | |
Anorganisches Phosphat | 0,87–1,67 | |
Kationen | Natrium | 135–145 |
Kalium | 3,5–5,1 | |
| ||
Magnesium | 0,65–1,05 |
Anionenlücke
Die Anionenlücke ist ein aus den Elektrolytkonzentrationen berechneter Wert, der besonders bei der Diagnose einer Azidose hilfreich ist (→ Säure-Basen-Haushalt).
Osmolalität des Plasmas
- Definition: Bezeichnet die Anzahl der osmotisch aktiven Teilchen pro Kilogramm Plasmawasser
- Normwert: 290 mOsm/kg [H2O]
- Bedeutung: Plasmaersatzmittel (z.B. Infusionen bei Volumenmangel) müssen der Osmolalität des Plasmas entsprechen
- 0,9%ige Kochsalzinfusionslösung (= Isotone oder physiologische NaCl-Lösung) hat die gleiche Osmolalität wie Blutplasma
- Formel: Plasmaosmolalität = 2 x Plasma-Na+ + Plasmaglucose + Plasmaharnstoff
Unter den Kationen hat Natrium (Na+) und unter den Anionen hat Chlorid (Cl−) die höchste Konzentration im Plasma!
Blutzellen
Die Zellen des Blutes im Überblick
Zelltyp | Relativer Anteil am Gesamtvolumen aller Blutzellen | Normbereich in Zellen/Mikroliter (μL) | Hauptfunktion | Lebensdauer | ||
---|---|---|---|---|---|---|
Erythrozyten | Ca. 99% | ♀: 4,0–5,5 Millionen | ♂: 4,6–6,0 Millionen | O2-Transport (siehe: Erythrozyten) | Ca. 120 d | |
Thrombozyten | <1% | 150.000–400.000 | Hämostase | Ca. 5–12 d | ||
Leukozyten | <1% | 4.000–10.500 | Immunabwehr (siehe: Unspezifisches Immunsystem, Spezifisches Immunsystem) | Variabel: Von wenigen Tagen (Granulozyten) bis zu mehreren Monaten/Jahren (bestimmte Lymphozyten) |
Häufigkeit der Leukozytensubtypen
Zelltyp | Relativer Anteil an Gesamtleukozyten | Normbereich in Zellen/Mikroliter (μL) | Hauptfunktion | ||
---|---|---|---|---|---|
Granulozyten | Neutrophiler | 40–60% | 3.000–5.500 | Abwehr bakterieller Infektionen, Phagozytose | |
Eosinophiler | 1–3% | 50–350 | Abwehr parasitärer Infektionen | ||
Basophiler | 0–1% | 15–50 | Histamin- und Serotonin-Freisetzung | ||
Lymphozyten | 20–40% | 1.500–3.000 | Erworbenes (adaptives) Immunsystem | ||
Monozyten | 4–8% | 300–500 | Differenzieren im Gewebe zu Makrophagen |
Eine Erhöhung der Leukozyten über die Norm (>10.000/μL) nennt man Leukozytose, ein Absinken der Leukozytenzahl unter die Norm (<4.000/μL) nennt man Leukopenie!
Merksatz zum Einprägen der Häufigkeitsrangfolge der Leukozyten: „Never Let Monkeys Eat Bananas“ (Neutrophile Granulozyten > Lymphozyten > Monozyten > Eosinophile Granulozyten > Basophile Granulozyten)! Um die Prozentwerte für die Häufigkeiten zu lernen, kann man sich eine einfache Zahlenfolge merken: 60 – 30 – 6 – 3 – 0,6!
Merkwort für die Sortierung nach Zelldurchmesser: „TELyGraM“ (Sortierung nach Größe, mit der kleinsten Zelle beginnend: Thrombozyt < Erythrozyt < Lymphozyt < Granulozyt < Monozyt)!
Differenzialblutbild
Bei der Routineuntersuchung des Bluts wird in der Regel nur ein sog. „kleines Blutbild“ veranlasst. Dabei werden die Zellzahlen von Erythrozyten, Thrombozyten und Gesamtleukozyten sowie Hämoglobinwert, Hämatokrit und Erythrozytenindizes (MCH, MCHC, MCV) bestimmt. Sind die Leukozyten entweder besonders erhöht (Leukozytose) oder erniedrigt (Leukopenie), kann es sinnvoll sein, ein sog. Differenzialblutbild im Labor zu bestellen. Bei dieser Blutuntersuchung wird nicht nur die Gesamtzahl der Leukozyten gemessen, sondern es wird bei der Zählung zwischen den einzelnen Zellarten der Leukozyten unterschieden bzw. differenziert – daher rührt die Bezeichnung „Differenzialblutbild“. Wenn ein kleines Blutbild zusammen mit einem Differenzialblutbild veranlasst wird, spricht man im klinischen Alltag auch vom „großen Blutbild“.
Eosinophilie
Ab einer Zellzahl der eosinophilen Granulozyten im Blut von mehr als 360 Zellen/μL spricht man von einer „Eosinophilie“. Unter den zwei häufigsten Auslösern für die Eosinophilie sind allergische Erkrankungen, wie z.B. Asthma bronchiale, oder parasitäre Erkrankungen, wie etwa Wurminfektionen oder Befall durch Hautmilben. Bei den Allergien führt u.a. eine vermehrte Ausschüttung des Hormons Histamin aus Mastzellen zur gesteigerten Reifung und Auswanderung eosinophiler Granulozyten aus dem Knochenmark ins Blut.
Blutgruppen
Auf der Oberfläche der erythrozytären Membran befinden sich Antigene, gegen die das Immunsystem Antikörper bilden kann. Besondere klinische Relevanz haben zwei Blutgruppensysteme: das AB0- und das Rhesus-System.
Überblick der zwei wichtigsten Blutgruppensysteme (AB0 und Rhesus)
AB0-System | Rhesus-System | |
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Blutgruppenantigene |
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Antigensubstanz |
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Erbgang |
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|
Antikörper (AK) |
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Antikörperklasse | ||
Plazentagängigkeit der AK |
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Antigen = ANTIbody GENerating. Das Antigen ist auf der Erythrozytenoberfläche verankert und definiert die Blutgruppe, der Antikörper zirkuliert im Plasma.
Der Körper bildet im Regelfall keine Antikörper gegen körpereigene Antigene!
AB0-Blutgruppensystem
-
Gene des AB0-Systems
- A, B → Kodieren für verschiedene Glykosyltransferasen, 0
- H
- Mögliche Antigene: A, B, H
- Mögliche Antikörper: Anti-A- und Anti-B-AK
- Der Körper bildet in den ersten Lebensmonaten automatisch Antikörper gegen die bei ihm fehlenden Erythrozyten-Antigene
- Allelkombinationen der Blutgruppen
Häufigkeiten im AB0-System
Häufigkeit | AB0-Antigen auf Erythrozyten | Antikörper im Plasma | EK-Kompatibilität | ||
---|---|---|---|---|---|
Deutschland | Weltweit | ||||
Blutgruppe 0 | ca. 40% | ca. 45% | Nicht vorhanden | A- und B-Antikörper | 0 |
Blutgruppe A | ca. 45% | ca. 40% | A-Antigen | B-Antikörper | A, 0 |
Blutgruppe B | ca. 10% | B-Antigen | A-Antikörper | B, 0 | |
Blutgruppe AB | ca. 5% | AB-Antigen | Keine A- oder B-Antikörper | AB, A, B, 0 | |
Rhesus-negativ | ca. 15% | – | Rhesus-Antikörper bei vorheriger Sensibilisierung | Rhesus-negativ (und Rhesus-positiv im Notfall) | |
Rhesus-positiv | ca. 85% | – | Keine Rhesus-Antikörper | Rhesus-positiv und Rhesus-negativ | |
„Universalspender“: Blutgruppe 0 negativ ↔︎ „Universalempfänger“: Blutgruppe AB positiv |
Bei unbekannter Blutgruppe des Patienten sollte Erythrozytenkonzentrat der Blutgruppe 0 Rh-negativ transfundiert werden. Im selben Falle sollte, sofern notwendig, Fresh Frozen Plasma (FFP) der Blutgruppe AB transfundiert werden (Rh-positiv falls möglich; notfalls auch Rh-negativ; Vorsicht bei gebärfähigen Frauen aufgrund der Rhesus-Sensibilisierung).
Bedside-Test
Der Bedside-Test prüft, ob die Empfängerantigene des Patienten der deklarierten Blutgruppe entsprechen. Dies ist die letzte Möglichkeit, einen hämolytischen Transfusionszwischenfall aufgrund einer AB0-Unverträglichkeit zu verhindern.
- Indikation: Unmittelbar vor Transfusion ist vom transfundierenden Arzt bzw. in seiner direkten Aufsicht der Bedside-Test durchzuführen und das Ergebnis schriftlich zu dokumentieren
- Durchführung: Injektion von Patienten-Blut in die beiden Testfelder „Anti-A“ und „Anti-B“ (evtl. zusätzlich Konservenblut gesondert testen)
- Ergebnis: Agglutination (Verklumpung) eines Testfelds → Nachweis des betreffenden Antigens
Blutgruppe | Testfelder | |
---|---|---|
Anti-A | Anti-B | |
0 | Negativ | Negativ |
A | Positiv | Negativ |
B | Negativ | Positiv |
AB | Positiv | Positiv |
„What you see is what you get!“ (Verklumpung im Anti-A-Testfeld → Patient hat Blutgruppe A; Verklumpung im Anti-B-Testfeld → Blutgruppe B, etc.)
Die Blutgruppe „0 negativ“ ist Universalspender für Erythrozyten und Universalempfänger für Plasma! Die Blutgruppe „AB positiv“ ist Universalspender für Plasma und Universalempfänger für Erythrozyten!
Rhesus-Blutgruppensystem
-
Gene des Rhesus-Systems
- Es gibt 6 Allele: C, c, D, d, E, e
- d = kein echtes Gen, beschreibt die Deletion des Gens D
- Vererbung
- Untereinander kodominante Faktoren: C, c, D, E, e
- Dominante Faktoren: D ist gegenüber d dominant
- Rhesusfaktor: Das Gen D führt zur Ausbildung des D-Antigens, das man „Rhesusfaktor“ nennt
-
Man ist Rhesus-positiv (Rh+), wenn man den Genotyp „DD“ oder „Dd“ hat
- 85% der europäischen Bevölkerung sind Rhesus-positiv
- Man ist Rhesus-negativ (Rh−), wenn man den Genotyp „dd“ hat
-
Man ist Rhesus-positiv (Rh+), wenn man den Genotyp „DD“ oder „Dd“ hat
- Wichtigster Antikörper: Anti-D-Antikörper
- Der Antikörper wird nur von Rhesus-negativen Menschen produziert, wenn diese durch Rh-positive Schwangerschaft oder Transfusion Kontakt zu Rh-positiven Erythrozyten hatten
- Beispiele
- „A+“ bedeutet Blutgruppe A, Rhesusfaktor positiv
- Antigen A und mindestens ein D-Allel
- Antikörper: Anti-B-Antikörper vorhanden, Anti-D-Antikörper nicht vorhanden
- „B−“ bedeutet Blutgruppe B, Rhesusfaktor negativ
- Antigen B, kein D-Allel (Genotyp dd = zwei deletierte D-Gene)
- Antikörper: Anti-A-Antikörper vorhanden, Anti-D-Antikörper nur vorhanden, wenn bereits Kontakt zu Rh-positiven Erythrozyten bestand
- „A+“ bedeutet Blutgruppe A, Rhesusfaktor positiv
Rhesusinkompatibilität bei der Schwangerschaft
Die Plazentagängigkeit der Anti-Rhesus-Antikörper spielt eine Rolle, wenn eine Rhesus-negative Frau mit einem Rhesus-positiven Kind schwanger ist. Als Reaktion auf den Rhesusfaktor der kindlichen Erythrozyten, die spätestens bei der Geburt in geringen Mengen übertragen werden, würde die Mutter Anti-Rhesus-Antikörper (=Anti-D-Antikörper) bilden. Bei einer erneuten Schwangerschaft mit einem Rh-positiven Kind könnten diese Antikörper die Plazentaschranke überqueren und zur Zerstörung (Hämolyse) der fetalen Erythrozyten führen (sog. Morbus haemolyticus neonatorum). Um die Bildung dieser Antikörper zu verhindern, verabreicht man den Müttern nach der Geburt des ersten Rhesus-positiven Kinds eine sog. Rhesusprophylaxe.
Rhesusprophylaxe
Jede Schwangere in Deutschland bekommt bei Feststellung der Schwangerschaft einen Mutterpass, in dem auch die Blutgruppe der Schwangeren vermerkt wird. Ist sie Rhesus-negativ mit Rhesus-positivem Fötus (feststellbar mittels NIPT-RhD), muss die Schwangere eine Rhesusprophylaxe erhalten. Diese besteht aus zwei intramuskulären Injektionen von Anti-D-Immunglobulin, die erste in der 28. SSW. Man will auf diese Weise verhindern, dass evtl. in die mütterliche Zirkulation gelangende kindliche Rhesus-positive Erythrozyten zu einer Sensibilisierung der Mutter mit nachfolgender Bildung des Anti-Rhesus-Antikörpers führen. Das verabreichte Anti-D-Immunglobulin ist in der Lage, den Rhesusfaktor zu binden und zum raschen Abbau der Zellen zu führen. Bei der Rhesusprophylaxe gelangen zwar auch Anti-D-Immunglobuline durch die Plazentaschranke (IgG-Antikörper), jedoch ist die verabreichte Dosis zu gering, um im Kreislauf des Rhesus-positiven Ungeborenen zu nennenswerten Schäden der Erythrozyten zu führen. Eine zweite Injektion des Anti-D-Immunglobulins wird einige Stunden nach der Geburt vorgenommen. Auch nach Schwangerschaftsabbruch oder vor Eingriffen zur Pränataldiagnostik (z.B. Chorionzottenbiopsie) darf die Rhesusprophylaxe bei Rhesus-negativen Schwangeren nicht vergessen werden!
Wiederholungsfragen zum Kapitel Blut und Blutzellen
Aufgaben und Zusammensetzung des Blutes
Wie unterscheiden sich Blutserum und Blutplasma in ihrer Zusammensetzung?
Erkläre, wie das Plasmavolumen mit der Indikatormethode bestimmt werden kann.
Welches Plasmaprotein leistet den größten Beitrag zur Aufrechterhaltung des kolloidosmotischen Drucks?
Welchen Plasmaproteinfraktionen der Serumelektrophorese gehören die Lipoproteine HDL und LDL jeweils an?
Welche sind das Kation und Anion mit der höchsten Konzentration im Plasma?
Blutzellen
Welches Antigen auf der Erythrozytenoberfläche definiert den Rhesus-Status eines Menschen? Welcher Genotyp liegt bei Rhesus-Negativen vor?
Ist es möglich, dass zwei Rhesus-positive Eltern ein Rhesus-negatives Kind bekommen?
Ist es möglich, dass zwei Rhesus-negative Eltern ein Rhesus-positives Kind bekommen?
Wie kann eine Rhesus-Inkompatibilität eine hämolytische Anämie des Neugeborenenen verursachen?
Wofür kodieren die Gene A, B und 0 des AB0-Blutgruppensystems?
Welche Allelkombination führt zur Ausprägung der Blutgruppe 0?
In welchem Fall kommt es zur Bildung von Anti-B- und Anti-A-Antikörpern im Blut?
Mischt man das Blutserum einer Person mit den Erythrozyten einer anderen Person, kann es zu einer Agglutination kommen. Wann ist dies der Fall?
Zu welcher Immunglobulinklasse gehören die Antikörper des AB0-Systems und des Rhesus-Systems?
Meditricks
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Immun-Saga – Episode 30: Blutgruppen
Blut und Blutzellen
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