Zusammenfassung
Eine Nasenatmungsbehinderung kann akut oder chronisch auftreten. Bei der akuten Nasenatmungsbehinderung kommt es zu einem Anschwellen der Schleimhaut mit seröser oder eitriger Sekretion, bspw. beim Schnupfen. Die chronische Nasenatmungsbehinderung ist i.d.R. durch eine Nasenseptumdeviation und/oder eine Hyperplasie der unteren Nasenmuscheln bedingt. Die Septumdeviation ist meist angeboren, während die Vergrößerung der Nasenmuscheln oft reaktiv bedingt ist. Die Ventilationsstörung der Nase und die daraus resultierende überwiegende Mundatmung können für verschiedene Folgeerscheinungen verantwortlich sein wie bspw. Geruchsstörung, chronische Sinusitis, chronische Pharyngitis, Laryngitis und Bronchitis. Die Minderbelüftung des Nasopharynx kann persistierende Tubenbelüftungsstörungen sowie das primäre Schnarchen (Rhonchopathie ohne Atemaussetzer) zur Folge haben. Gelegentlich geht die Nasenseptumdeviation auch mit einer Formveränderung der äußeren Nase einher wie bspw. bei der Schief- oder Sattelnase. Eine Formveränderung der äußeren Nase kann aber auch ohne wesentliche Septumdeviation auftreten.
Epidemiologie
- Prävalenz der Nasenseptumdeviation [1]
- 70% der Patienten >14 Jahre
- Nicht alle besitzen Krankheitswert, Ausmaß und Lokalisation der Septumdeviation sind hierfür entscheidend
- Prävalenz der Nasenmuschelhyperplasie
- Sehr hoch
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
- Nasenseptumdeviation
-
Pränatal durch
- Wachstumsstörungen
- Ungünstige intrauterine Lage, die zu einem unphysiologischen Druck auf den Gesichtsschädel führt
- Geburtstraumatisch (bspw. verursacht durch Geburtszange)
- Trauma (bspw. Z.n. Nasenbeinfraktur, Septumhämatom) oder Septumabszess
-
Pränatal durch
- Nasenmuschelhypertrophie
- Akut [2]
- Im Rahmen einer Infektion (Rhinitis acuta)
- Allergische Reaktion
- Chronisch
- Übermäßiger Gebrauch von abschwellenden Nasensprays (Rhinitis medicamentosa)
- Als Nebenwirkung bestimmter Medikamente, bspw. Antihypertensiva wie ACE-Hemmer oder die Anti-Baby-Pille (Östrogen)
- Hormonell (bspw. während der Schwangerschaft)
- Als Reaktion auf eine Nasenseptumdeviation
- Weitere Ursachen: Luftverschmutzung, psychogen, Alkoholabusus
- Akut [2]
- Weitere Ursachen einer Nasenatmungsbehinderung
- Nasenseptumperforation
- Nasenseptumabszess
- Choanalatresie
- Choanalpolyp
- Tumoren der Nasenhaupthöhle und Nasennebenhöhlen
- Fremdkörper in der Nase
- Trockene Nasenschleimhaut mit Krustenbildung, z.B. bei Kokainabusus
Symptomatik
- Primär
- Behinderte Nasenatmung
- Verminderte Ventilation von Nase und Nasennebenhöhlen
- Sekundär
- Riechstörung
- Schnarchen
- Epistaxis
- Rezidivierende Nasennebenhöhlenentzündungen
- Kopfschmerzen
- Folgeerscheinungen aufgrund der vermehrten Mundatmung
- Chronische Pharyngitis
- Laryngitis
- Rezidivierende Bronchitiden
Diagnostik
- HNO-Status: Insb. vordere Rhinoskopie und Endoskopie von Nase und Nasopharynx
- Nasenscheidewand
- Verformung im vorderen knorpeligen und/oder hinteren knöchernen Anteil
- Oft mit spornartigen Ausläufern, die bis an die Nasenmuschel oder die laterale Nasenwand heranreichen können
- Häufig Bodenleiste und/oder vordere (Sub‑)Luxation des Septums
- Verformung im vorderen knorpeligen und/oder hinteren knöchernen Anteil
- Nasenmuschel: Hyperplasie der unteren Nasenmuschel, aerodynamisch relevant ist v.a. der hintere Anteil der Muschel
- Nasennebenhöhlen: Gelegentlich endoskopisch sichtbare Verlegung des oberen oder mittleren Nasengangs durch Eiter, Polypen
- Nasenschleimhaut/-sekret
- Seröses oder putrides Sekret, akuter Beginn mit Nasenatmungsbehinderung: Hinweis auf entzündliche Genese, Rhinitis acuta
- Zu bestimmten Jahreszeiten oder ganzjährig seröses Nasensekret, Schleimhaut leicht gerötet, ggf. bläuliche Nasenmuscheln: Hinweis auf eine Allergie
- Trockene Schleimhaut, rezidivierend auftretendes Nasenbluten, Krustenbildung: Hinweis auf Rhinitis sicca
- Nasenscheidewand
- Rhinomanometrie: Diagnostisches Mittel zur Messung des Luftstroms der Nase bzw. der objektiven nasalen Durchgängigkeit
- Durchführung der aktiven anterioren Rhinomanometrie
- Anbringen einer luftdichten Drucksonde am Naseneingang der nicht zu messenden Seite
- Anlegen einer luftdichten Gesichtsmaske, deren Luftzufuhr mit einer Sonde zur Messung des Atemstroms ausgestattet ist
- Patient atmet ruhig
- Nun wird ein abschwellendes Medikament verabreicht und die Messung nach 15–20 Minuten wiederholt
- Beurteilung: Computer berechnet eine Druck-Volumenfluss-Kurve
- Dient der Einschätzung des Schweregrades der Nasenatmungsbehinderung
- Kann durch Messung vor und nach Abschwellen der Schleimhaut zur Differenzierung zwischen einem primären Problem der Nasenmuscheln und des Septums herangezogen werden
- Ist eine ausgeprägte Septumdeviation Ursache der Nasenatmungsbehinderung, ändert sich die Druck-Volumenfluss-Kurve nicht bzw. nur gering
- Durchführung der aktiven anterioren Rhinomanometrie
- Akustische Rhinometrie (wird nur noch selten angewendet): Diagnostisches Mittel zur Berechnung des Querschnitts des Naseninnenraumes in Abhängigkeit von der Nasentiefe
- Ermöglicht Rückschlüsse auf die Lokalisation einer Strömungsbehinderung
- Durchführung
- Messsonde wird luftdicht in eine Nasenöffnung eingeführt
- Über die Messsonde kann ein akustisches Signal ausgesendet und mittels Mikrofon wieder empfangen werden
- Beurteilung: Mittels Computeralgorithmen wird der Nasenquerschnitt (in cm2) in Relation zur Entfernung vom Naseneingang (in cm) angegeben
- Olfaktometrie: Subjektive oder objektive Überprüfung des Riechvermögens
- Ggf. Sonografie, MRT oder CT der Nasennebenhöhlen
- Allergietestung (Prick und RAST)
- Praktische Tipps: Nicht immer steht ein Rhinomanometrie-Gerät zur Verfügung. Bei Patienten mit einer nur gering ausgeprägten Septumdeviation ist es dann oft schwer einzuschätzen, ob die Nasenatmungsbehinderung hauptsächlich durch die Septumdeviation bedingt ist oder ob es sich um ein Problem der Nasenmuscheln handelt. Bei verlässlichen Patienten kann man die Schleimhaut mit einem Nasenspray abschwellen . Kommt es nach 5–10 min zu einer subjektiv deutlichen Verbesserung der Nasenatmung, ist häufig eine Operation der Nasenmuscheln ausreichend.
Therapie
- Grundsätzlich nur indiziert bei ausgeprägter Klinik (bzw. Leidensdruck des Patienten)
- Sollte sich in erster Linie nach den Beschwerden richten
- Konservative Therapie: Je nach Ursache Nasenspray, Nasenpflaster , Nasensalbe oder Nasendusche
- Chirurgische Therapie
- Nasenseptumplastik: Zur Behandlung der Nasenseptumdeviation
- Conchotomie: Zur Behandlung der Nasenmuschelhypertrophie
Konservative Therapie
- Je nach Ursache
- Allergie: Cortisonhaltiges Nasenspray
- Primäres Schnarchen: Nasenpflaster
- Akute Nasenatmungsbehinderung: Abschwellendes Nasenspray
- Chronische Nasenatmungsbehinderung: Nasendusche
- Trockene Schleimhaut/Epistaxis: Dexpanthenol-Salbe
Nasenseptumplastik
Allgemeines [3]
- Definition: Chirurgische Therapie der Nasenseptumdeviation mit dem funktionellen Ziel ein seitengleiches Strömungsverhältnis in beiden Nasenhöhlen zu ermöglichen
- Häufig in Kombination mit Conchotomie und ggf. mit einer FESS
- Durchführung in Intubationsnarkose
- Setting: I.d.R. stationär
- Nachbehandlung beträgt je nach Heilungsverlauf 1–3 Wochen
Eine operative Therapie ist nur bei Beschwerden bzw. Leidensdruck des Patienten indiziert! Bei Kindern unter 18 Jahren ist eine Septumkorrektur nur in Ausnahmefällen indiziert, da die Wachstumsfuge verletzt werden kann!
Kontraindikationen
- Akuter Schnupfen
- Schwere Allgemeinerkrankung
- Atrophische Rhinitis
OP-Vorbereitung
- Nasenrachentamponade
- Säuberung des Vestibulum nasi und vorsichtiges Kürzen der Nasenhaare
- Abschwellen der Nasenschleimhaut mittels Nasenspray oder in Naphazolin (z.B. Privin®) getränkte Tupfer
Operatives Vorgehen
- Zugang: Rechtshänder stehen rechts vom Patienten und arbeiten durch das rechte Nasenloch, Linkshänder links vom Patienten und durch das linke Nasenloch
- Resektion von Knorpel bzw. Knochen
- Knorpeliges Septum
- Hemitransfixionsschnitt rechts: Das membranöse Septum wird mit einer Klemme gefasst und so weit wie möglich nach links gezogen→ Mit dem Skalpell vorsichtiges Einschneiden der Septumschleimhaut von unten nach oben, ca. 2 mm hinter der Knorpelkante (um den Knorpel nicht zu verletzen).
- Septumtunnel: Anlegen eines je nach Septumpathologie unteren und/oder oberen Tunnels bis zur Deviation des Knorpels
- Ablösung von Bindegewebe und Perichondrium mithilfe einer spitzen Schere von der vorderen Knorpelkante, bis der bläulich schimmernde Knorpel zu erkennen ist
- Dann wird ein oberer Tunnel links und ggf. zusätzlich ein unterer Tunnel angelegt , bspw. bei Vorhandensein einer (Boden‑)Leiste
- In den meisten Fällen muss der Septumknorpel von der knöchernen Basis getrennt werden, hierzu wird die Spina nasalis anterior mit dem Raspatorium freigelegt und der Septumknorpel mit einem speziellen Messer von der knöchernen Basis getrennt, ggf. muss zusätzlich ein Knorpelstreifen an der Basis entfernt werden
- Anschließend wird der Septumknorpel vor der deviierten Stelle mit dem Ritzmesser vertikal inzidiert und der obere Tunnel auf der anderen Seite weiter bis hinter die Deviation präpariert
- Resektion des Knorpels: Dann erfolgt die Resektion des deviierten Knorpelstreifens, bis der Septumknorpel spannungsfrei in der Mitte steht
- Crushen des Knorpels: Der resezierte Knorpel wird außerhalb der Nase frakturiert/gecrusht
- Knöchernes Septum/Lamina perpendicularis
- CAVE: Eine Korrektur ist nur bei starker Verdickung oder Sporn-/Leistenbildung in diesem Bereich indiziert!
- Die Resektion sollte nach Mobilisation des knorpeligen Septums erfolgen
- Nach vorsichtigem Ablösen der Septumschleimhaut vom Knochen kann die Knochenplatte bzw. der Sporn mithilfe des 4-mm-Meißels frakturiert und anschließend abgetragen werden
- Knorpeliges Septum
- Rekonstruktion: Sind alle Leisten und Deviationen beseitigt, wird der gecrushte Knorpel an seiner Entnahmestelle wieder eingesetzt
- Fixation
- Steht das Septum nun gerade und mittig, wird die Schleimhaut von beiden Seiten wieder an den Knorpel angelegt und der Hemitransfixionsschnitt mit einer resorbierbaren Naht vernäht
- Anschließend wird mithilfe einer Pinzette oder Klemme in jedes Nasenloch eine Kunststofffolie eingebracht, die mit zwei durchgreifenden Matratzennähten im vorderen Septumanteil fixiert werden
- Nasentamponade: In jedes Nasenloch wird für ca. 24 h eine Nasentamponade eingelegt
Grundsätzlich sollte so wenig Knorpel wie möglich reseziert und ein Einreißen der Schleimhaut vermieden werden. Falls korrespondierende Schleimhauteinrisse auftreten, sollte der Riss auf einer Seite sofort mit resorbierbarem Nahtmaterial vernäht werden, da sich die Risse im weiteren Operationsverlauf meist noch vergrößern!
Die Knoten der Matratzennaht dürfen nicht zu fest geknüpft werden, da es sonst zu Durchblutungsstörungen kommen kann!
Die Nasentamponaden müssen an der Haut mit einem Pflaster fixiert werden, sonst besteht die Gefahr der Aspiration!
Komplikationen
- Nasal
- Perioperative Blutung bzw. Nachblutung
- Entzündung
- Wundheilungsstörungen
- Septumhämatom/Septumabszess
- Synechie
- Bleibende Septumperforation
- Trockene Nasenschleimhäute mit Borkenbildung, im Extremfall Ozaena
- Formänderung der äußeren Nase
- Bleibende Beeinträchtigung des Riechvermögens
- Wachstumsstörungen der Nase beim Kind
- Weitere
- Verletzung der Schädelbasis
- Sehstörung bis zur Erblindung
- Gefühlsminderung der beiden oberen Schneidezähne und des Gaumens
Conchotomie
Allgemeines
- Definition: Operation zur Verkleinerung der Nasenmuscheln mit dem Ziel die Nasenatmung zu erleichtern
- Durchführung in Lokalanästhesie oder Intubationsnarkose (dann meistens in Kombination mit einer Nasenseptumplastik oder FESS )
- Wird nur eine Conchotomie durchgeführt, ist die Operation i.d.R. ambulant.
OP-Vorbereitung
- Säuberung des Vestibulum nasi
- Abschwellen der Nasenschleimhaut mittels Nasenspray oder in Naphazolin (z.B. Privin®) getränkte Tupfer
- Lokalanästhesie mittels Spray oder Tupfer , selten Infiltrationsanästhesie notwendig,
Operatives Vorgehen
- Horizontale Resektion eines Schleimhautstreifens der unteren Muschel über die gesamte Länge der Nasenmuschel mittels Schere oder Laser (insb. der dorsale Anteil der Nasenmuschel ist relevant für die Belüftung)
- Alternativ: Muschelkaustik
- Die untere Nasenmuschel wird mit einer dünnen Nadel eingestochen und mittels Wärmefreisetzung ein Teil der Schleimhaut verödet → Narbige Schrumpfung
Komplikationen/Risiken
- Perioperative Blutung bzw. Nachblutung
- Entzündung
- Wundheilungsstörungen
- Synechiebildung
- Trockene Nasenschleimhäute mit Borkenbildung, im Extremfall Ozaena
- Bleibende Beeinträchtigung des Riechvermögens
- Versehentliche Verletzungen der Haut/Schleimhaut/Augen durch den Laser
Nachsorge
Postoperatives Management nach Septumplastik
- Analgesie: Bei Bedarf Ibuprofen oder Paracetamol
- Entfernung der Nasentamponade: Am 1. postoperativen Tag
- Nasenpflege
- Mit Nasensalbe und NaCl
- Absaugen der Nase: Während des stationären Aufenthaltes 2×/d, nach Entlassung nur noch alle 1–2 d
- Entlassung: Bei unkompliziertem Verlauf meist am 2.–3. postoperativem Tag möglich
- Sofortige Wiedervorstellung: Bei Nachblutung, Fieber oder starken Schmerzen
- Entfernung der Nasensplints: Meist am 5. postoperativen Tag
- Verhalten postoperativ
- Über 1–2 Wochen: Keine heißen Bäder, kein Haarewaschen, Schnäuzverbot
- Sport frühestens nach 14 Tagen
Formstörungen der äußeren Nase und Septorhinoplastik
- Ätiologie: Entspricht im Wesentlichen der Ätiologie der Nasenseptumdeviation
- Pränatal: Durch Wachstumsstörungen oder intrauterine Lage, die zu einem unphysiologischen Druck auf den Gesichtsschädel führt
- Geburtstrauma: Bspw. durch Geburtszange
- Trauma: Bspw. Z.n. Nasenbeinfraktur, Septumhämatom oder Septumabszess, ggf. Z.n. Septumplastik
- Befund/Klinik
- Sattelnase/Breitnase
- Höckernase
- Spannungsnase
- Schiefnase
- Diagnostik
- Analog zur Nasenseptumdeviation
- Zusätzlich fotografische Dokumentation der Nasenform von vorne, beiden Seiten, oben und unten
- Therapie: Septorhinoplastik
- Definition: Unter einer Septorhinoplastik versteht man eine Operation der äußeren Nase. Je nach Pathologie existieren unterschiedliche Operationstechniken. Man unterscheidet:
- Funktionelle Septorhinoplastik
- Besteht aus einer Septumplastik (ggf. mit Conchotomie) und einer Rhinoplastik (operative Veränderung der äußeren Nasenform)
- Ziel: Verbesserung der Nasenatmung
- Septorhinoplastik: Rein ästhetische Operation ohne Korrektur des Nasenseptums
- Funktionelle Septorhinoplastik
- Definition: Unter einer Septorhinoplastik versteht man eine Operation der äußeren Nase. Je nach Pathologie existieren unterschiedliche Operationstechniken. Man unterscheidet:
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- J34.-: Sonstige Krankheiten der Nase und der Nasennebenhöhlen
- J34.2: Nasenseptumdeviation
- Verbiegung oder Subluxation des Nasenseptums (erworben)
- J34.3: Hypertrophie der Nasenmuscheln
- J34.2: Nasenseptumdeviation
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.