Zusammenfassung
Die Zytomegalie wird durch das Humane Herpesvirus 5 (CMV, Zytomegalie-Virus) ausgelöst und persistiert wie alle Herpesviridae ein Leben lang im menschlichen Organismus. Die Infektion verläuft bei Immunkompetenten i.d.R. asymptomatisch, es kann jedoch bei Immunsuppression und nach Organtransplantationen zu schweren Verläufen mit Gefahr einer CMV-Retinitis (Erblindungsgefahr!) oder einer lebensgefährlichen CMV-Pneumonie kommen. Bereits bei Verdacht sollte deshalb mit Ganciclovir oder Valganciclovir therapiert werden.
Während der Schwangerschaft kann es zu einer vertikalen Transmission von CMV auf das ungeborene Kind mit der Folge einer konnatalen CMV-Infektion kommen. Zu den typischen Symptomen betroffener Neugeborener gehören periventrikuläre Verkalkungen, Hydrozephalus, Ventrikeleinblutungen, Chorioretinitis, Hepatosplenomegalie und Ikterus. Um die akute Erkrankung zu behandeln und langfristige Komplikationen (Hör- und Sehschäden, Intelligenzminderung etc.) zu vermeiden, sollte ebenfalls frühzeitig eine virostatische Therapie mit Ganciclovir oder Valganciclovir begonnen werden.
Ätiologie
- Erreger: Zytomegalie-Virus, CMV, Humanes-Herpesvirus-5 (HHV-5)
- Infektionsweg
- Schmierinfektion → Hohe Durchseuchung in der Bevölkerung (bis zu 90%)
- Diaplazentär
- Risikofaktor: CD4-Zellzahl <50/μL bei HIV-Infektion
Symptomatik
- Inkubationszeit
- 3–12 Wochen
- Symptome bei Erwachsenen
- Bei Immunkompetenten
- Mehr als 90%: Asymptomatischer Verlauf
- <10%: Grippeähnliche Symptome (DD: Infektiöse Mononukleose, grippaler Infekt)
- Bei Immunsupprimierten
- Atypische interstitielle Pneumonie
- Häufigste Ursache für Pneumonie nach einer allogenen Stammzelltransplantation
- Hohe Letalität (50%)
- CMV-Ösophagitis
- CMV-Kolitis
- CMV-Retinitis: Cotton-Wool-Herde, Blutungen
- Bei Immunkompetenten
Diagnostik
Klinische Chemie
- Blutausstrich: Eulenaugenzellen
- Serologie
- Anti-CMV-IgM
- Anti-CMV-IgG
- Nachweis von IgG bei fehlendem IgM gilt als Hinweis auf zurückliegende (durchgemachte) Infektionen
- 4-facher Titeranstieg als Hinweis auf Primärinfektion (bei Serokonversion) oder Reaktivierung (bei vorbekanntem CMV-IgG)
- Anti-CMV-IgG bei Geburt als Hinweis auf mütterliche Leihimmunität
- Immunhistochemie: Bei charakteristischer Klinik und V.a. CMV-Organmanifestation
- PCR oder pp65-Antigen : Bei fehlender Histologie zum Nachweis einer aktiven Infektion
- Postnatale Diagnostik des Neugeborenen bei konnataler CMV-Infektion: Virale Kultur und/oder PCR aus Speichel oder Urin
Therapie
- Bei Immunkompetenten
- Keine kausale Therapie notwendig
- Bei Immunsupprimierten (CMV-Retinitis und CMV-Pneumonie) und konnataler CMV-Infektion
- Ganciclovir oder Valganciclovir
- Alternative: Foscarnet
- CMV-Hyperimmunglobulin
- Prophylaxe [1]
- Wirkstoff: Letermovir
- Beachte: Rote-Hand-Brief zu Letermovir: Anwendung zwingend nur mit sterilem Polyethersulfon(PES)-Inline-Filter und nach optischer Prüfung der Infusionslösung durchführen [2]
- Indikation: Bei erwachsenen CMV-positiven Patient:innen nach allogener hämatopoetischer Stammzelltransplantation
- Wirkstoff: Letermovir
Therapieempfehlung für Personen mit HIV-Infektion
- Akuttherapie: Mind. 3 Wochen
- Erste Wahl: Ganciclovir oder Foscarnet
- Alternative: Valganciclovir oder Ganciclovir + Foscarnet
- Erhaltungstherapie: >6 Monate und bis CD4-Zellen >100–150/μL
- Erste Wahl: Valganciclovir
- Alternative: Foscarnet oder Ganciclovir oder Cidofovir
- Verlaufskontrolle bei CMV-Retinitis
- Fotodokumentation der Fundoskopien
- CMV-DNA-Bestimmung, CMV-Antigenämie (pp65)
- Genotypische Resistenztestung: Bei Anstieg der CMV-DNA bzw. der CMV-Antigenämie (pp65)
- (Sekundär‑)Prophylaxe: ART
Komplikationen
- CMV während der Schwangerschaft: Konnatale CMV-Infektion
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Besondere Patientengruppen
CMV-Infektion in der Schwangerschaft
Eine Zytomegalievirus-Infektion verläuft bei Schwangeren ähnlich wie bei nicht-schwangeren Frauen, geht jedoch mit dem Risiko einer konnatalen CMV-Infektion einher. In diesem Abschnitt wird lediglich auf die Besonderheiten einer Infektion bei Schwangeren eingegangen.
- Diagnostik [3]
- In Deutschland kein Routinescreening im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorge
- Bei erhöhtem Infektionsrisiko : Bestimmung des Immunstatus in der 6.–7. SSW, ggf. Verlaufskontrolle in der 12.–14. SSW
- Bei V.a. Primärinfektion: Indirekter Erregernachweis mittels Serologie und direkter Erregernachweis mittels PCR (aus Blutprobe)
- Bei nachgewiesener Primärinfektion: Regelmäßige fetale Sonografie, bei Auffälligkeiten ggf. Amniozentese
- Zu beachten: Probleme der serologischen CMV-Diagnostik
- Therapie: Symptomatisch
- Prävention [4]: Expositionsprophylaxe
- Vertikale Transmission [5]
- Übertragungsweg: Diaplazentar (pränatal)
- Risiko
- Ca. 30–50% bei Primärinfektion
- Geringer bei Reaktivierung einer latenten Infektion
- Mögliche Folgen
- Hydrops fetalis, Fehl- oder Totgeburt
- Konnatale CMV-Infektion
Auch durch Reaktivierung einer latenten CMV-Infektion kann es zu einer vertikalen Transmission kommen!
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- B25.-: Zytomegalie
- Exklusive: Angeborene Zytomegalie (P35.1), Mononukleose durch Zytomegalieviren (B27.1)
- B25.0†: Pneumonie durch Zytomegalieviren (J17.1*)
- B25.1†: Hepatitis durch Zytomegalieviren (K77.0*)
- B25.2†: Pankreatitis durch Zytomegalieviren (K87.1*)
- B25.8-: Sonstige Zytomegalie
- B25.80†: Infektion des Verdauungstraktes durch Zytomegalieviren
- Duodenitis† (K93.8*)
- Gastritis† (K93.8*)
- Ileitis† (K93.8*)
- Kolitis† (K93.8*)
- Ösophagitis† (K23.8*)
- B25.88: Sonstige Zytomegalie
- B25.80†: Infektion des Verdauungstraktes durch Zytomegalieviren
- B25.9: Zytomegalie, nicht näher bezeichnet
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.