Zusammenfassung
Der Magen (= Gaster) nimmt die zerkleinerte Nahrung aus dem Ösophagus auf, vermischt sie mit dem von den Magendrüsen gebildeten Magensaft zu einem homogenen Speisebrei (= Chymus) und speichert diesen bis zum Weitertransport. In der Schleimhaut des Magens liegen Magendrüsen, die den sauren Magensaft produzieren. Histologisch ist der Magen mit Ausnahme einiger Besonderheiten genauso aufgebaut wie die übrigen Organe des Gastrointestinaltrakts. Übrigens findest du auch eine Histo-Trainer-Folge zum Magen im Abschnitt zur mikroskopischen Anatomie.
Makroskopische Anatomie
Steckbrief
- Funktion
- Aufnahme der Speisen aus dem Ösophagus
- Verarbeitung der Nahrung zum Speisebrei (Chymus)
- Lage: Intraperitoneal im Oberbauch (Epigastrium)
- Form: Variabel (z.B. Stierhornmagen, Hakenmagen, Langmagen)
- Länge: 25–30 cm
- Fassungsvermögen: 1200–1600 mL
Aufbau
- Abschnitte des Magens
- Pars cardiaca (Mageneingang): Einmündung des Ösophagus in den Magen (= Ostium cardiacum)
- Z-Linie (gastrooesophagealer Übergang): Makroskopisch sichtbarer Übergang vom mehrschichtigen Plattenepithel des Ösophagus zum einschichtigen hochprismatischen Epithel des Magens
- Fundus gastricus (Magenkuppel): Kuppelförmige Vorwölbung als höchste Stelle des Magens (berührt das Zwerchfell); im Stehen sammelt sich dort Luft an, die im Röntgenbild als sog. Magenblase sichtbar ist
- Corpus gastricum (Magenkörper): Hauptabschnitt des Magens
- Pars pylorica (Magenausgang): Gliedert sich in drei Abschnitte
- Antrum pyloricum
- Canalis pyloricus
- Pylorus
- Pars cardiaca (Mageneingang): Einmündung des Ösophagus in den Magen (= Ostium cardiacum)
- Krümmungen
- Große Kurvatur (Curvatura gastrica major): Großer konvex geformter Rand des Korpus
- Kleine Kurvatur (Curvatura gastrica minor): Kleiner konkav geformter Rand des Korpus
- Im unteren Drittel befindet sich ein Knick (Incisura angularis), der den Übergang vom Korpus in die Pars pylorica darstellt
- Flächen: Vorderwand (= Paries anterior) und Hinterwand (= Paries posterior)
- Form
- Hakenmagen: Häufigste Form ("J"-förmig)
- Langmagen: Weit nach kaudal reichend
- Stierhornmagen: Annähernd horizontal liegend
Topografie
Der Magen verbindet Ösophagus und Dünndarm miteinander und liegt intraperitoneal im Oberbauch (Epigastrium), wobei sich sein größter Teil im linken Oberbauch befindet. Der Magen ist an Aufhängebändern (Meso/Gekröse) befestigt und mit einigen der angrenzenden Organe durch das große Netz (Omentum majus) und das kleine Netz (Omentum minus) indirekt verbunden. Die Ausdehnung des Magens ist abhängig von verschiedenen Faktoren (z.B. Füllungszustand, Magenform); nur der Mageneingang und der Magenausgang stellen relativ fixe Punkte dar.
Angrenzende Organe
Richtung | Magenabschnitt | Angrenzendes Organ |
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Kranial |
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Ventral |
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Links |
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Rechts |
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Dorsal |
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Kaudal |
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Bauchnetze
Die Bauchnetze (Omentum majus und Omentum minus) sind fettreiche Duplikaturen des Bauchfells. Sie enthalten bindegewebige Bänder, die den Magen mit anderen Organen verbinden, Immunzellen, Blut- und Lymphgefäße sowie Lymphknoten (bspw. Nll. hepatici im Lig. hepatoduodenale des Omentum minus).
Großes Netz (Omentum majus) | Kleines Netz (Omentum minus) | |
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Entwicklung |
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Verlauf |
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Bänder |
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Aufgrund ihrer Aufhängung am Ösophagus bzw. am Duodenum sind die fixen Punkte des Magens die Kardia (BWK 11–12) und der Pylorus (LWK 1–3)!
Gefäßversorgung und Innervation
Arteriell wird der Magen über Äste des Truncus coeliacus (aus der Aorta) versorgt; der venöse Abfluss erfolgt über parallel zu den Arterien verlaufende Venen. Die Innervation übernehmen das autonom funktionierende enterische Nervensystem sowie der Sympathikus und Parasympathikus.
Kleine Kurvatur | Große Kurvatur | Fundus | Hinterwand | |
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Gefäßversorgung | ||||
Arteriell |
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Venös |
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Innervation | ||||
Sympathisch |
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Parasympathisch |
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Sensibel |
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Lymphabfluss | ||||
Lymphstationen |
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Mikroskopische Anatomie
Der Magen zeigt eine für den Verdauungstrakt typische Schichtung in Tunica mucosa, Tela submucosa, Tunica muscularis und Tunica serosa (siehe: Übersicht des Verdauungssystems). Als Besonderheit besitzt der Magen in der Lamina propria der Tunica mucosa tubulöse Drüsen, die den Magensaft produzieren, allerdings je nach Magenabschnitt Unterschiede aufweisen. Zudem besitzt die Tunica muscularis im Fundus und Korpus nicht nur zwei, sondern drei Muskelschichten. Makroskopisch sind grobe Schleimhautfalten (Plicae gastricae) zu erkennen, die allerdings mit zunehmender Magenfüllung verstreichen.
Histologische Besonderheiten des Magens
- Tunica mucosa
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Einschichtiges zylindrisches Oberflächenepithel, von Schleimteppich bedeckt
- Der Schleimteppich wird vom Oberflächenepithel selbst und von den Nebenzellen (s.u.) gebildet
- 1–5 mm große pflastersteinartige Felder (Areae gastricae), in die kleine trichterförmige Vertiefungen münden (Foveolae gastricae )
- Von den Foveolae gastricae ausgehend ziehen Magendrüsen in die Lamina propria
-
Einschichtiges zylindrisches Oberflächenepithel, von Schleimteppich bedeckt
- Tunica muscularis
- Fibrae obliquae (schräge Muskelfasern): Dritte (innerste) Muskelschicht
- Am Pylorus ist die Ringmuskelschicht zu einem Schließmuskel verdickt (M. sphincter pyloricus)
- Plicae gastricae: Tunica mucosa und die Tela submucosa sind in makroskopisch sichtbare Längsfalten (Plicae gastricae) aufgeworfen, die nicht konstant sind und mit zunehmender Magenfüllung verstreichen
Magendrüsen
Als Besonderheit besitzt der Magen in der Lamina propria der Tunica mucosa tubulöse Drüsen, die den Magensaft produzieren und je nach Magenabschnitt Unterschiede aufweisen.
Kardia | Fundus/Korpus | Pars pylorica | |
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Bezeichnung |
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Aufbau |
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Zellen |
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Zelltypen der Magendrüsen
Magen-Hauptzellen | Nebenzellen | Parietalzellen (= Belegzellen) | |
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Zytoplasma |
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Aktivierung |
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Sekret |
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Funktion |
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Histo-Trainer Magen
Vitamin-B12-Mangel
Wenn die Parietalzellen des Magens nicht mehr funktionstüchtig sind (z.B. durch Autoantikörper bei einer sog. Typ-A-Gastritis) und sie keinen oder zu wenig Intrinsic-Faktor bilden, kann es zu einem Vitamin-B12-Mangel (Cobalaminmangel) kommen. Der Grund dafür ist, dass Vitamin B12 erst im Ileum resorbiert werden kann, wenn es einen Komplex mit dem Intrinsic-Faktor gebildet hat. Als Folge eines Mangels kann es zu einer Anämie kommen, da Vitamin B12 (neben Folsäure) essenziell für die Zellteilung ist. Die Patienten erhalten neben der Behandlung der Ursache eine parenterale Vitamin-B12-Substitution (Gabe durch eine Infusion), um die Aufnahme über das Ileum zu umgehen.
Salzsäuresekretion
Die Salzsäure (HCl) wird von den Belegzellen (Parietalzellen) gebildet und ist Bestandteil der Magensäure. Ihre Sekretion umfasst mehrere Schritte:
- An der apikalen (dem Magenlumen zugewandten) Membran der Zelle befinden sich Ausführungsgänge (Canaliculi).
-
In den Ausführungsgängen sitzt eine H+/K+-ATPase, die Protonen im Austausch gegen Kalium aus der Zelle herauspumpt (Antiport) .
- Die Protonen entstehen im Zytoplasma mithilfe der Carboanhydrase aus CO2 und H2O (bei dieser Reaktion entsteht Bicarbonat (HCO3‑)).
- Bicarbonat verlässt die Zelle über die basolaterale Membran im Austausch mit Cl--Ionen (Antiport).
- Cl--Ionen durchqueren die Zelle und gelangen über apikale Cl--Kanäle ins Magenlumen.
- Zudem sitzt an der basolateralen Membran der Zelle eine Na+/K+-ATPase, die primär-aktiv 2 K+-Ionen in die Zelle im Austausch gegen 3 Na+-Ionen transportiert
- Der K+-Gradient wird anschließend wieder dadurch hergestellt, dass die K+-Ionen über einen apikalen K+-Kanal ins Magenlumen zurück transportiert werden.
Die Magensäuresekretion wird durch Acetylcholin, Gastrin und Histamin stimuliert!
Bei einem pH-Wert <4 im Duodenum werden neuronale Reflexbögen ausgelöst, die die Magensäureproduktion hemmen!
Funktion
Der Magen mischt die bereits zerkleinerte Nahrung, zerlegt sie in noch kleinere Partikel und speichert sie bis zum Weitertransport. Außerdem bildet der Magen den sauren Magensaft, der aus den geschluckten Speisen den Speisebrei (Chymus) herstellt. Dieser wird dann portionsweise in das Duodenum weitergeleitet.
Magensaft
Der Magensaft wird von den Zellen der Magendrüsen gebildet und in das Magenlumen abgegeben. Er dient der Zersetzung der Speisen. Da einige Bestandteile des Magensafts die Magenschleimhaut angreifen können, gibt es mehrere Schutzmechanismen, die dies verhindern sollen. Es werden drei verschiedene Sekretionsphasen der Magensaftproduktion unterschieden.
Zusammensetzung des Magensafts
- Wasser
- Salzsäure (HCl) (aus den Parietalzellen)
- Pepsin (aus den Hauptzellen)
- Mucine (aus den Oberflächenepithelzellen und Nebenzellen)
- Bicarbonat (aus den Oberflächenepithelzellen)
- Intrinsic-Faktor (aus den Parietalzellen)
Pro Tag werden etwa 2 L Magensaft produziert!
Schutzmechanismen der Magenschleimhaut
Einige Komponenten (Säure, Pepsine) im Magensaft können die Schleimhaut des Magens angreifen und schädigen. Zum Schutz existieren folgende Mechanismen:
- Kontinuierliche Zellerneuerung durch die Stammzellen
- Diffusionsbarriere durch Tight Junctions zwischen den Epithelzellen verhindert den Transport der Säure auf die ungeschützte (schleimfreie) Seite des Epithels
- Prostaglandin E2: Wird durch die Zellen der Magenschleimhaut gebildet
- Führt zu einer gesteigerten Produktion von Bicarbonat, was den sauren Magensaft neutralisiert
- Führt über eine Stimulation der Nebenzellen zu einer gesteigerten Schleimproduktion
- Hemmt direkt an den Belegzellen über EP3-Rezeptoren die Magensäuresekretion
- Blutfluss in den Gefäßen der Lamina propria mucosae
Magenulkus
Ein Magenulkus (Magengeschwür) ist ein Gewebedefekt der Magenschleimhaut, der über die Lamina muscularis mucosae hinausreicht. Ein solcher Defekt entsteht durch ein Ungleichgewicht zwischen den aggressiven Komponenten des Magensaftes und den Schutzmechanismen der Magenschleimhaut. Häufig trägt eine Infektion des Magens mit dem Bakterium Helicobacter pylori zu einem solchen Ungleichgewicht bei. Dieses Bakterium kann im sauren Magen überleben und löst Entzündungsvorgänge aus, die die Schutzmechanismen des Magens schwächen und die aggressiven Faktoren verstärken. Zur Behandlung bekommen die Patienten ein Medikament, das die Magensäureproduktion hemmt, und Antibiotika zur Bekämpfung des Bakteriums.
Sekretionsphasen der Magensaftproduktion
Auslöser | Mechanismus | Wirkung | |
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Kephale Phase |
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Gastrale Phase |
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Intestinale Phase |
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Chymusbildung
Für die Bildung des Speisebreis (Chymus) spielt die Magenmotorik eine wichtige Rolle. Sie vermengt Speisen und Magensaft und führt u.a. auch zur mechanischen Emulgierung von Fetten. Hierbei gibt es einen Unterschied zwischen proximalem und distalem Magenabschnitt: Der proximale Teil speichert die Nahrung v.a., der distale Teil ist für die Mischung von Speisen und Magensaft sowie für die Weiterleitung ins Duodenum zuständig.
- Proximaler Magen: Speicherung der Nahrung bei konstanter Wandspannung
- Große Kurvatur (v.a. an der Grenze zwischen Fundus und Korpus): Schrittmacherzentrum
- M. sphincter pyloricus: Erreicht eine peristaltische Welle den Schließmuskel, wird dieser einige Millimeter geöffnet
- Kleine Mengen des Speisebreis gelangen in das Duodenum
- Noch nicht ausreichend zerkleinerte Bestandteile werden erneut durchmengt
- Durchschnittliche Verweildauer fester Speisen im Magen: 1–3 Stunden
Hyperosmolarer Chymus führt im Duodenum und proximalen Jejunum über die Freisetzung von Sekretin u.a. zu einer erhöhten Sekretion von Wasser und Bicarbonat in Pankreas und Duodenaldrüsen (bspw. Brunner-Drüsen)!
Erbrechen
Erbrechen ist ein Schutzreflex, der den Körper davor bewahrt, schädigende Substanzen aufzunehmen. Die Steuerung dieses Reflexes erfolgt über das Brechzentrum, das sich in der Medulla oblongata befindet. Es gibt viele Auslöser für Erbrechen, bspw. Intoxikationen (z.B. durch Alkohol und verdorbene Lebensmittel), hormonelle Umstellungen während einer Schwangerschaft oder starke Schmerzen. Das Erbrechen wird i.d.R. von vegetativen Symptomen wie Übelkeit, Blässe (Vasokonstriktion der dermalen Blutgefäße), Schweißsekretion und Tachykardie begleitet. Der Ablauf erfolgt teilweise willkürlich und teilweise unwillkürlich und beginnt mit einer tiefen Inspiration. Anschließend kommt es zum Verschluss von Oropharynx und Glottis sowie zum Erschlaffen der Magenmuskulatur. Im weiteren Verlauf erschlafft der untere Ösophagussphinkter; Zwerchfell und Bauchdecke spannen sich an. Durch eine Kontraktion des Antrums entleert sich nun der Mageninhalt in den Ösophagus und (nach Erschlaffung des oberen Ösophagussphinkters) in den Mund. Bei sehr starkem oder chronischem Erbrechen kann es zu einer metabolischen Alkalose (durch den Verlust der Magensäure), einer Hypovolämie (durch den Flüssigkeitsverlust) oder zu einer Hypokaliämie (durch den Kaliumverlust) kommen.
Entwicklung
Wiederholungsfragen zum Kapitel Magen
Makroskopische Anatomie
Was ist die sog. Z-Linie?
In welchem Magenabschnitt zeigt sich im posterior-anterioren (p.a.) Röntgenbild die sog. Magenblase?
Wie nennt man den an der kleinen Kurvatur sichtbaren Übergang von Corpus gastricum in das Antrum pyloricum?
Welche Bänder bilden das Omentum minus? Zwischen welchen Organen verlaufen diese jeweils?
Welche Organe werden durch die Bänder des Omentum majus mit dem Magen verbunden?
Welche Gefäße verlaufen im Lig. gastrosplenicum? Aus welcher Arterie entspringen sie und welchen Magenabschnitt versorgen sie?
Sowohl an der kleinen als auch an der großen Kurvatur befinden sich sog. Gefäßarkaden. Welche Arterien anastomosieren hier jeweils?
Der gesamte Magen wird arteriell von Ästen des Truncus coeliacus versorgt. Nenne die entsprechenden Gefäßabgänge!
Über welche drei großen Gefäße erfolgt der venöse Abfluss aus dem Magen?
Mikroskopische Anatomie
Welche Besonderheit weist die Tunica muscularis im Magenfundus und -korpus auf?
Welcher enteroendokrine Zelltyp dominiert in der Pylorusregion und welches Hormon produziert er?
Im Magen liegen je nach Abschnitt unterschiedliche Zelltypen in den Drüsen vor. Welche Zellen lassen sich in Fundus und Korpus finden?
Welches Färbeverhalten zeigen die Belegzellen (Parietalzellen)? Was ist in ihrem Sekret enthalten?
Welche Drüsenzellen zeigen ein basophiles Färbeverhalten? Was produzieren sie?
Welche Zellen produzieren Mucine und welche Funktion haben diese?
Salzsäuresekretion
Nenne die drei wesentlichen Stimulatoren der Magensäuresekretion!
Welcher Mechanismus sorgt für eine Neutralisierung des sauren Speisebreis (Chymus) im Duodenum und welches Hormon spielt dabei eine Rolle?
Wie erfolgt der Transport von H+-Ionen aus der Belegzelle ins Magenlumen?
Über welche Schritte gelangen die Chlorid-Ionen der Salzsäure in den Magensaft?
Was ist die Funktion der in der basolateralen Membran der Belegzelle gelegenen Na+/K+-ATPase?
Funktion
Prostaglandin E2 fungiert als eine Art Selbstschutz der Magenschleimhaut vor den aggressiven Komponenten des Magensaftes. Nenne drei Wirkmechanismen!
Wie wird die basolaterale Seite der Epithelzellen geschützt?