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Benzodiazepine

Letzte Aktualisierung: 27.10.2023

Abstracttoggle arrow icon

Benzodiazepine werden wegen ihrer breiten therapeutischen Wirkung im Rahmen mehrerer Krankheitsbilder eingesetzt. Sie verstärken über eine Bindung am GABAA-Rezeptor die inhibitorische GABAerge Transmission und wirken dadurch anxiolytisch, hypnotisch, muskelrelaxierend und anfallssuppressiv. Verwendet werden sie vorwiegend bei Angst- und Spannungszuständen sowie bei Schlafstörungen und Krampfanfällen. Wichtige Nebenwirkungen sind Amnesien sowie Atemdepressionen. Im Alltag werden Benzodiazepine jedoch wegen ihres starken Abhängigkeitspotenzials gefürchtet (strenge Indikationsstellung erforderlich).

Für Informationen zu Benzodiazepinintoxikation und -abhängigkeit siehe: Sedativa (Intoxikation und Abhängigkeit)

Wirkstoffe und Dosierungshinweisetoggle arrow icon

Midazolam [1]

Wirkstoff Midazolam (z.B. Dormicum®, Buccolam®)
Applikation
Standarddosierung
Pädiatrische Dosierung
Indikationen
Zu beachten
  • Wegen des raschen Wirkungseintritts sollte Midazolam unmittelbar vor dem Schlafengehen eingenommen werden
  • Individuelle Dosisanpassung notwendig, generell wird immer die niedrigste wirksame Dosis verwendet
  • Gefahr der Benzodiazepin-Abhängigkeit
  • Delirogenes Potenzial: Vorsichtige Dosierung bei älteren Patienten
  • Die Dosis sollte individuell angepasst werden; eine Dosistitration wird dringend empfohlen, damit der gewünschte Sedierungsgrad sicher und unter Berücksichtigung der klinischen Erfordernisse, des Allgemeinzustandes, des Alters und der Begleitmedikation herbeigeführt werden kann
  • CYP3A4-Metabolismus

Kontraindikationen

DANI
  • Niereninsuffizienz: Vorsichtige Dosierung unter engmaschiger Kontrolle der Nierenparameter, ggf. Dosisreduktion
DALI
  • Leichte bis mittlere Leberinsuffizienz: Vorsichtige Dosierung unter engmaschiger Kontrolle der Leberparameter, ggf. Dosisreduktion
  • Schwere Leberinsuffizienz: Kontraindikation
Gravidität/Stillzeit
  • Gravidität: Nur unter strenger Nutzen-Risiko-Abwägung eingeschränkt verwendbar
  • Stillzeit: Die Substanz sollte in der Stillzeit nicht verwendet werden

Oxazepam

Wirkstoff Oxazepam (z.B. Adumbran®, Durazepam®, Praxiten®)
Applikation
Standarddosierung
  • Leichte bis mittelschwere Angstzustände: Oxazepam 30–60 mg/Tag p.o., verteilt auf mehrere Einzeldosen
  • Schwere Angstzustände: Oxazepam 45–120 mg/Tag p.o., verteilt auf mehrere Einzeldosen
Indikationen
Zu beachten

Kontraindikationen

DANI
  • Niereninsuffizienz: Vorsichtige Dosierung unter engmaschiger Kontrolle der Nierenparameter, ggf. Dosisreduktion
DALI
  • Leberinsuffizienz: Vorsichtige Dosierung unter engmaschiger Kontrolle der Leberparameter, ggf. Dosisreduktion
Gravidität/Stillzeit
  • Gravidität: Nicht empfohlene Substanz während der Schwangerschaft
  • Stillzeit: Die Substanz sollte in der Stillzeit nicht verwendet werden

Lormetazepam

Wirkstoff Lormetazepam (z.B. Ergocalm®, Loretam®, Noctamid®, Sedalam®)
Applikation
Standarddosierung
Indikationen
Zu beachten

Kontraindikationen

DANI
  • Niereninsuffizienz: Vorsichtige Dosierung unter engmaschiger Kontrolle der Nierenparameter, ggf. Dosisreduktion
DALI
  • Leberinsuffizienz: Vorsichtige Dosierung unter engmaschiger Kontrolle der Leberparameter, ggf. Dosisreduktion
Gravidität/Stillzeit
  • Gravidität: Nur unter strenger Nutzen-Risiko-Abwägung eingeschränkt verwendbar
  • Stillzeit: Die Substanz sollte in der Stillzeit nicht verwendet werden

Lorazepam

Wirkstoff Lorazepam (z.B. Tavor®, Tavor Expidet®, Tolid®)
Applikation
Standarddosierung
Indikationen
Zu beachten
  • Zur akuten Behandlung stehen u.a. Tabletten zur Verfügung, die augenblicklich im Mund zergehen, z.B. Tavor® Expidet®
  • Individuelle Dosisanpassung notwendig, generell wird immer die niedrigste wirksame Dosis verwendet
  • Gefahr der Benzodiazepin-Abhängigkeit
  • Delirogenes Potenzial: Vorsichtige Dosierung bei älteren Patienten, eine Reduzierung der Anfangsdosis um etwa 50 % ist empfohlen

Kontraindikationen

DANI
DALI
  • Leichte bis mittlere Leberinsuffizienz: Vorsichtige Dosierung unter engmaschiger Kontrolle der Leberparameter, ggf. Dosisreduktion
  • Schwere Leberinsuffizienz: Kontraindikation
Gravidität/Stillzeit
  • Gravidität: Nicht empfohlene Substanz während der Schwangerschaft
  • Stillzeit: Die Substanz sollte in der Stillzeit nicht verwendet werden

Diazepam

Wirkstoff Diazepam (z.B. Valium®, Stesolid®)
Applikation
  • p.o.
  • i.v.
  • i.m. [2]
Standarddosierung
  • Diazepam 5–20 mg/Tag p.o. (Einzeldosis max. 10 mg) , bei älteren Patienten max. 5 mg/Tag p.o.
  • Diazepam 10–20 mg i.v. als langsame intravenöse Injektion , Wiederholung bei Bedarf möglich
Pädiatrische Dosierung
Indikationen
  • p.o.
    • Psychische Spannungszustände, akute Ängste
    • Akute Erregungszustände
  • i.v.
Zu beachten
Kontraindikationen
DANI
DALI
Gravidität/Stillzeit
  • Gravidität: Nicht empfohlene Substanz während der Schwangerschaft
  • Stillzeit: Die Substanz sollte in der Stillzeit nicht verwendet werden

Flunitrazepam

Wirkstoff Flunitrazepam (z.B. Rohypnol®, Fluninoc®)
Applikation
Standarddosierung
Indikationen
  • Kurzzeittherapie von Schlafstörungen (Einschlafstörungen, Durchschlafstörungen und zu frühes Erwachen am Morgen)
Zu beachten
  • Individuelle Dosisanpassung notwendig, generell wird immer die niedrigste wirksame Dosis verwendet
  • Gefahr der Benzodiazepin-Abhängigkeit
  • Delirogenes Potenzial: Vorsichtige Dosierung bei älteren Patienten, max. 0,5 mg/Tag

Kontraindikationen

DANI
DALI
Gravidität/Stillzeit
  • Gravidität: Nicht empfohlene Substanz während der Schwangerschaft
  • Stillzeit: Die Substanz sollte in der Stillzeit nicht verwendet werden

Temazepam

Wirkstoff Temazepam (z.B. Planum®, Remestan®, Temazep®)
Applikation
Standarddosierung
Indikationen
Zu beachten
  • Individuelle Dosisanpassung notwendig, generell wird immer die niedrigste wirksame Dosis verwendet
  • Gefahr der Benzodiazepin-Abhängigkeit
  • Delirogenes Potenzial: Vorsichtige Dosierung bei älteren Patienten

Kontraindikationen

DANI
DALI
  • Dosisreduktion und vorsichtige Anwendung (und kritische Indikationsstellung), insb. bei schwerer Leberinsuffizienz
Gravidität/Stillzeit
  • Gravidität: Nicht empfohlene Substanz während der Schwangerschaft
  • Stillzeit: Die Substanz sollte in der Stillzeit nicht verwendet werden

Keine Gewähr für Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität der bereitgestellten Inhalte. Die Angaben erfolgen nach sorgfältigster redaktioneller Recherche. Insbesondere aktuelle Warnhinweise und veränderte Empfehlungen müssen beachtet werden. Soweit nicht anders genannt, beziehen sich die genannten Empfehlungen auf Erwachsene.

Wirkungtoggle arrow icon

Wirkmechanismus

  • Mechanismus: GABA ist ein inhibitorischer ZNS-Transmitter → α-Untereinheit des GABAA-Rezeptors wird von den Benzodiazepinen gebunden → GABA-Wirkung↑ → Öffnungsfrequenz von Chlorid-Kanälen↑ → Inhibitorische GABAerge Wirkung↑ → Reduktion der neuronalen Erregbarkeit
  • Folge: Demnach können Benzodiazepine vereinfacht als indirekte GABAA-Agonisten bezeichnet werden

Wirkungen und Indikationen

Wirkungen und Indikationen von Benzodiazepinen
Wirkungen Indikationen
Anxiolytisch
Hypnotisch Sedierend
Amnestisch
Zentral muskelrelaxierend

Anfallssuppressiv

  • Epileptische Anfälle (Akutbehandlung)
    • Wegen Sedation, Abhängigkeit und Toleranzentwicklung (anfallssuppressiver Wirkverlust) kein Einsatz in der Dauertherapie

Einteilung nach Wirkdauer

Einteilung der Benzodiazepine nach Wirkdauer
Wirkdauer

Substanz

HWZ [3] Indikationen

Abhängigkeitspotenzial

Kurz wirksam (HWZ: <5 h)

Midazolam 1–3 h
  • Sehr hoch
Triazolam 2–3 h

Mittellang wirksam (HWZ: 5–24 h)

Temazepam 5–13 h
  • Ein-/Durchschlafstörungen
  • Schwere Angst- und Spannungszustände
  • Hoch bis sehr hoch
Oxazepam 5–15 h
Lormetazepam 8–16 h
Lorazepam 10–18 h
Alprazolam 12–15 h
Tetrazepam 20 h

Lang wirksam (HWZ: >24 h)

Chlordiazepoxid 10–18 h
  • Hoch
Flunitrazepam 10–25 h
Bromazepam 15–28 h
Clonazepam 40 h

Diazepam

20–40 h

Verschreibung von Benzodiazepinen

  • Strenge Indikationsstellung, insb. bei Vorhandensein zusätzlicher komorbider Abhängigkeitserkrankungen
  • Zeitlich begrenzte Verordnungsdauer
  • Feste Einnahmeschemata statt Einnahme bei Bedarf
  • Wenn notwendig Ausschleichschema beim Absetzen
  • Aufklärung der Patienten über Suchtpotenzial

4Ks: Klare Indikation, Korrekte Dosierung, Kurze Anwendung, Kein abruptes Absetzen

Im Prinzip gibt es keine Indikation für eine langfristige Therapie mit Benzodiazepinen. Über einen längeren Zeitraum sollten sie nur in Ausnahmefällen und nach individueller Abwägung der Risiken verordnet werden!

Nebenwirkungtoggle arrow icon

  • Affektabflachung
  • Hang-over am Folgetag
  • Atemdepression
  • Muskelschwäche
  • Amnesie
  • Sturzrisiko bei älteren Menschen erhöht
  • Paradoxe Erregung
  • Appetitsteigerung
  • Libidoverlust

Bereits nach wenigen Wochen kann es zu einer Benzodiazepin-Abhängigkeit kommen, sodass jede Indikation streng gestellt werden muss!

Benzodiazepine oder andere Sedativa beziehungsweise Hypnotika bei älteren Patienten sollen nicht als Mittel der ersten Wahl im Falle von Schlafstörungen, Agitation oder Delir eingesetzt werden. (DGIM - Klug entscheiden in der Geriatrie)

Für Informationen zu Intoxikation und Abhängigkeit siehe: Benzodiazepin-Intoxikation und Benzodiazepin-Abhängigkeit

Es werden die wichtigsten Nebenwirkungen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

Benzodiazepin-ähnliche Substanzentoggle arrow icon

Benzodiazepin-ähnliche Substanzen (Z-Substanzen) besitzen andere strukturchemische Eigenschaften als Benzodiazepine, binden jedoch an eine vergleichbare Benzodiazepin-Bindungsstelle des GABAA-Rezeptors und vermitteln so Benzodiazepin-ähnliche Wirkungen. Aufgrund der ausgeprägten sedativen Wirkung bei geringerem Abhängigkeitspotenzial werden sie bei Schlafstörungen bevorzugt eingesetzt.

Kontraindikationtoggle arrow icon

Es werden die wichtigsten Kontraindikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

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In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.

Benzodiazepine

Benzodiazepine – Teil 1

Benzodiazepine – Teil 2

Z-Substanzen (Benzodiazepin-ähnliche Substanzen): Zolpidem, Zopiclon, Zaleplon

Inhaltliches Feedback zu den Meditricks-Videos bitte über den zugehörigen Feedback-Button einreichen (dieser erscheint beim Öffnen der Meditricks).

Quellentoggle arrow icon

  1. Karow: Allgemeine und Spezielle Pharmakologie und Toxikologie 2021. 29. Auflage Thomas Karow (Verlag) 2020, ISBN: 978-3-982-12231-1.
  2. S1-Leitlinie Prähospitale Notfallnarkose beim Erwachsenen.Stand: 12. März 2015. Abgerufen am: 1. Februar 2018.
  3. Benkert, Hippius: Kompendium der Psychiatrischen Pharmakotherapie. 13. Auflage Springer 2020, ISBN: 978-3-662-61752-6.
  4. Allgemeine und Spezielle Pharmakologie und Toxikologie 2012.
  5. Tonner, Hein: Pharmakotherapie in der Anästhesie und Intensivmedizin. 1. Auflage Springer 2011, ISBN: 978-3-540-79156-0.

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