Zusammenfassung
Die Prostatitis bzw. das Prostatitis-Syndrom ist eine multifaktorielle Erkrankung mit häufig unbekannter Ätiologie. Bei der akuten und chronischen Prostatitis kann i.d.R. E. coli nachgewiesen werden, wohingegen beim chronisch pelvinen Schmerzsyndrom (CPPS) definitionsgemäß kein Erreger nachgewiesen werden kann. Wie es spontan zur Keimaszension der Prostata kommt, ist nicht eindeutig geklärt. Die Entzündung der Prostata kann entweder akut mit Fieber, Schüttelfrost und Defäkationsschmerzen einhergehen oder auch chronisch verlaufen. Hierbei ist eine Bandbreite von einzelnen Befundkonstellationen möglich, die eine interdisziplinäre Behandlung notwendig machen. Die Diagnose wird sowohl klinisch als auch laborchemisch gestellt (PSA-Erhöhung, Keimnachweis). Therapeutisch steht eine adäquate antibiotische Therapie im Vordergrund, während bei einem chronischen Verlauf u.a. desobstruierende und anticholinerge Medikamente ergänzt werden.
Ätiologie
Pathogenese
- Akute und chronische Prostatitis: Vor allem E. coli, andere Enterobacteriaceae, seltener auch Mykobakterien und andere Bakterien
- Chronisches pelvines Schmerzsyndrom (CPPS): Kein Erreger nachweisbar
Risikofaktoren
- Blasenentleerungsstörungen
- Manipulationen am Urogenitaltrakt (z.B. Dauerkatheter, Operationen, Prostatamanipulationen)
Klassifikation
Prostatitis – Klassifikation der National Institutes of Health (NIH)
Prostatitis – Klassifikation der National Institutes of Health | ||
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I | Akute Prostatitis | Bakterielle Harnwegsinfektion mit Einbeziehung der Prostata und entsprechender Symptomatik |
II | Chronische Prostatitis | Bakterielle Prostatitis seit mehr als 3 Monaten |
III | Chronisches pelvines Schmerzsyndrom (CPPS) | Kein bakterieller Keimnachweis bei chronischen, prostatitischen Beschwerden und Schmerzen im Bereich des Beckens seit mehr als 3 Monaten |
IV | Asymptomatische Prostatitis | Nachweis einer Entzündung (z.B. Leukospermie) ohne Symptomatik |
Symptomatik
Akute bakterielle Prostatitis
- Perineale Schmerzen, Schmerzen bei der Defäkation
- Fieber, Schüttelfrost
- Dysurische, pollakisurische Beschwerden, ggf. Harnverhalt
- Komplikationen: Prostataabszess, Urosepsis
Chronische bakterielle Prostatitis
- Schmerzen
- Miktionsbeschwerden
- Erektile Dysfunktion
Chronisches pelvines Schmerzsyndrom
- Beschwerden wie bei der chronischen bakteriellen Prostatitis
Asymptomatische Prostatitis
- Klinische Beschwerdefreiheit
Diagnostik
Klinische Chemie
- Urin-Stix und Urinkultur zur Keimbestimmung
- Blutkultur bei Fieber >38,5 °C
- Blutuntersuchung: Entzündungsparameter, PSA↑
- Bei chronischer Prostatitis
- Abstriche der Harnröhre zum Ausschluss einer Chlamydieninfektion
- 4-Gläser-Probe (nach Meares und Stamey)
- Bestimmung der Lokalisation einer Infektion durch Kulturen unterschiedlicher Urinportionen
- 1. Portion (Anfangsurin, erste 10–20 mL): Urethra
- 2. Portion (Mittelstrahlurin): Blase, obere Harnwege
- 3. Portion (Prostataexprimat, während Prostatamassage ): Prostata
- 4. Portion (Exprimaturin, nach Prostatamassage): Prostata
Digital rektale Untersuchung
-
Teigig weiche, ggf. vergrößerte und stark druckschmerzhafte Prostata
Apparative Diagnostik
-
Sonografie
- Restharnbestimmung
- Transrektaler Ultraschall
- Ggf. Biopsie
Therapie
Therapie der akuten Prostatitis (Kategorie I nach Prostatitis-Klassifikation) [1][2]
- Vor Therapiebeginn unbedingt Antibiotika-Anamnese durchführen
- Bei leichtem Verlauf: Fluorchinolone der Gruppe II oder III (z.B. Levofloxacin )
- Bei schwerem Verlauf
- Wenn zuvor keine Fluorchinolontherapie erfolgt ist
- Fluorchinolone der Gruppe II oder III (z.B. Levofloxacin oder Ciprofloxacin )
- Bei Sepsis infolge einer Prostatitis: Kombination mit Gentamicin
- Bei Vortherapie mit Fluorchinolonen: Cephalosporine
- III. Generation (z.B. Ceftriaxon ) oder
- IV. Generation (z.B. Cefepim )
- Alternative, insb. bei Risiko für Pseudomonas aeruginosa: Acylaminopenicillin + β-Lactamase-Inhibitor (z.B. Piperacillin/Tazobactam ) in Kombination mit Ciprofloxacin als zweites pseudomonaswirksames Antibiotikum
- Wenn zuvor keine Fluorchinolontherapie erfolgt ist
- Gesamttherapiedauer: 4–6 Wochen anstreben, bei eindeutigem Erregernachweis Umstellung auf eine wirksam getestete Therapie p.o. und Fortführung bis zur Komplettierung der Gesamttherapiedauer
- Bei Restharn und Fieberpersistenz: Einlage eines suprapubischen Dauerkatheters zur Harnableitung
Therapie der chronifizierenden Prostatitiden (Kategorie II–IV nach Prostatitis-Klassifikation)
- Interdisziplinäre Behandlung – Mögliche Maßnahmen
- Adäquate Antibiotika-Therapie nach Resistogramm für mind. 4–6 Wochen
- Gabe von Medikamenten für eine erleichterte Miktion
- Anticholinergika
- Antidepressive Therapie
- NSAR
- Probatorische Gabe von Phytotherapeutika
- ESWL der Prostata (experimentell)
Komplikationen
- Granulomatöse Prostatitis
- Tastbefund wie bei Prostatakarzinom, jedoch Befund entzündlicher Genese
- Diagnose nur histologisch zu stellen (Stanzbiopsie erforderlich)
- Prostataabszess
- Antibiotische Therapie wie bei der Prostatitis
- Versuch der Abszessdrainage über transrektalen Ultraschall
- Transurethrale Resektion von Abszess und Prostata bei großem oder zentralem Befund
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- N41.-: Entzündliche Krankheiten der Prostata
- N41.0: Akute Prostatitis
- N41.1: Chronische Prostatitis
- N41.2: Prostataabszess
- N41.3: Prostatazystitis
- N41.8: Sonstige entzündliche Erkrankungen der Prostata
- N41.9: Entzündliche Krankheit der Prostata, nicht näher bezeichnet
- Prostatitis o.n.A.
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.