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Vesikoureteraler Reflux

Letzte Aktualisierung: 29.10.2024

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Der vesikoureterale Reflux (VUR) beschreibt einen retrograden Urinfluss aus der Harnblase in die Ureteren. Ursächlich wird zwischen einem primären VUR infolge einer Ureterfehleinmündung und einem sekundären VUR durch subvesikale Harnabflussstörungen unterschieden. Klinisch zeigen sich häufig rezidivierende, fieberhafte Harnwegsinfektionen, Flankenschmerzen bei Miktion, Gedeihstörungen oder Inkontinenz bei älteren Kindern. Die Diagnosestellung erfolgt insb. mittels Sonografie und Miktionszystourethrografie. Inzwischen wird ein VUR häufig schon pränatal diagnostiziert. Die Therapie richtet sich nach Schweregrad des VUR, Alter des Kindes, Anzahl der Harnwegsinfektionen, Parenchymschäden, Blasenfunktionsstörungen und Leidensdruck und kann je nach Fall sowohl konservativ mit regelmäßigen Verlaufskontrollen und ggf. Antibiotikaprophylaxe als auch operativ erfolgen.

Bei einem Megaureter handelt es sich um einen prävesikal erweiterten Ureter ≥7 mm, der durch vielfältige Ursachen bedingt sein kann. Man unterscheidet primär vs. sekundär, refluxiv vs. nicht-refluxiv sowie obstruktiv vs. nicht-obstruktiv. Primäre Megaureteren werden häufig pränatal mittels Sonografie diagnostiziert. Postnatal erfolgt die Diagnose häufig als Zufallsbefund bei der Abklärung von Harnwegsinfektionen oder Bauchschmerzen. Die Therapie richtet sich nach der Ursache.

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Epidemiologietoggle arrow icon

  • Häufiges Auftreten im Kindesalter: 10% aller pränatal diagnostizierten Uropathien
  • Prävalenz von symptomatischem VUR: 1–2%
  • Geschlecht
    • Im Neugeborenenalter: >
    • Ab dem Alter von 2 Jahren: >
  • Häufige Assoziation mit anderen Uropathien, insb. mit Doppelsystemen, Urethralklappen und paraurethralen Divertikeln (CAKUT)

Bei 30% aller Säuglinge und Kleinkinder mit fieberhafter Harnwegsinfektion liegt ein VUR vor!

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

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Ätiologietoggle arrow icon

Normale Physiologie

  • Ventilfunktion: Schlitzförmiges Ureterostium im Bereich des Trigonums vesicae und submuköser Ureterverlauf schräg durch die Blasenwand → Bei Miktion: Kontraktion von Harnblase und Komprimierung des intravesikal verlaufenden Ureteranteils → Verhinderung eines retrograden Urinflusses in den Ureter → Schutz der Nieren vor zu hohem hydrostatischen Druck und aufsteigenden Keimen

Primärer vesikoureteraler Reflux

Beim primären VUR kann schon bei der Geburt eine Refluxnephropathie vorliegen!

Sekundärer vesikoureteraler Reflux

Sonderformen

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Klassifikationtoggle arrow icon

Schweregrad des VUR anhand des MCU [2]

Klassifikation des VUR anhand des MCU

Leichtgradiger Reflux

Grad I

Reflux in den Ureter, jedoch nicht bis in das Nierenbecken

Grad II Reflux bis in das Nierenbecken ohne Dilatation
Grad III Reflux bis in das Nierenbecken mit leichter Dilatation und leichtgradig verplumpten Nierenkelchen
Hochgradiger Reflux Grad IV

Reflux mit Dilatation des Hohlsystems, leichtem Ureterkinking und verplumpten Nierenkelchen mit noch sichtbaren Papillen

Grad V Reflux mit starker Dilatation, Ureterkinking und verplumpten Nierenkelchen mit teils nicht mehr sichtbaren Papillen

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Symptomatiktoggle arrow icon

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Diagnostiktoggle arrow icon

Standarduntersuchungen

Die Indikationen für apparative Untersuchungen werden kontrovers diskutiert und müssen am individuellen Fall entschieden werden! In diesem Zuge sind sonografische Befunde, Alter, Anzahl der Harnwegsinfektionen, Blasenfunktionsstörungen und Leidensdruck (gegenüber des Komplikationsrisikos und der Belastung durch die Untersuchungen) abzuwägen!

Apparative Untersuchungen

Weiterführende Diagnostik

Verlaufskontrollen

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Therapietoggle arrow icon

Die Therapieindikationen des VUR werden kontrovers diskutiert und müssen individuell abgewogen werden! Dabei sind Schweregrad, Alter des Kindes, Anzahl der Harnwegsinfektionen, Parenchymschäden, Blasenfunktionsstörungen und Leidensdruck zu berücksichtigen!

Therapieziele

Primärer VUR

  • Konservative Therapie
  • Chirurgische Therapie
    • Endoskopische Unterspritzung des Ureterostiums
      • Indikationen: VUR Grad I–III mit rezidivierenden Durchbruchsinfektionen trotz Antibiotikaprophylaxe und Alter >1 Jahr
      • Durchführung: Unterspritzung des Ureterostiums mit Dextranomer/Hyaluronsäure oder Polyacrylat/Polyalkohol/Copolymerpartikeln (PPC)
      • Ziel: Verlängerung des transmuralen Ureterverlaufs und Konfiguration eines schlitzförmigen Ureterostiums → Wiederherstellen des Ventilmechanismus
      • Erfolgsrate: 65–95% (je nach Schweregrad des VUR und assoziierten Fehlbildungen), ca. 25% Rezidivrisiko
    • Ureterneuimplantation in der Blasenwand → Verlängerung des transmuralen Ureterverlaufs
      • Indikationen: VUR Grad IV–V mit rezidivierenden Durchbruchsinfektionen trotz Antibiotikaprophylaxe und Alter >1 Jahr
      • Durchführung: Offen, laparoskopisch, vesikoskopisch oder roboterassistiert möglich
        • Mind. drei verschiedene Methoden
          • Transvesikal (nach Leadbetter-Politano)
          • Rein intravesikal (nach Cohen)
          • Rein extravesikal (nach Lich-Gregoir)
      • Erfolgsrate: >95%

Sekundärer VUR

  • Primär Therapie der Refluxursache
  • Ggf. überbrückend antibakterielle Prophylaxe
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Komplikationentoggle arrow icon

Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

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Prognosetoggle arrow icon

  • Spontanheilungsrate des primären VUR: Abhängig vom Reflux-Grad
    • Reflux Grad I und II: Ca. 80% bis zum 10. Lebensjahr
    • Reflux Grad IV: Ca. 40%
  • Geringere Spontanheilungsraten bei folgenden Faktoren
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Exkurs: Megauretertoggle arrow icon

Definition

  • Prävesikal erweiterter Ureter ≥7 mm

Epidemiologie

  • Inzidenz: 3–3,5:10.000 Neugeborene
  • Geschlecht: >
  • Assoziationen
    • 25% beidseitiges Auftreten
    • 25–40% zusätzliche Fehlbildung des Harntraktes (CAKUT)
  • Familiäre Prädisposition nachgewiesen

Ätiologie und Klassifikation

Ist ein primärer refluxiver Megaureter nach Miktion sonografisch nicht mehr nachweisbar, liegt KEIN Megaureter, sondern ein hochgradiger VUR vor!

Klinisches Bild

Diagnostik

Radiologische Verlaufskontrollen bei sonografischem V.a. Harntraktdilatation [5]
Zeitpunkt Befund Risiko Prozedere
Pränatal
  • Nierenbeckendurchmesser ≥7 bis <10 mm oder
  • Zentrale Kelchdilatation
  • Niedrig
  • Nierenbeckendurchmesser ≥10 mm oder
  • Periphere Kelchdilatation oder
  • Weitere Auffälligkeit
  • Erhöht
Postnatal
  • Nierenbeckendurchmesser ≥10 bis <15 mm und/oder
  • Zentrale Kelchdilatation
  • Niedrig
  • Nierenbeckendurchmesser ≥15 mm und/oder
  • Periphere Kelchdilatation oder Ureterpathologie
  • Intermediär
  • Nierenbeckendurchmesser ≥15 mm und/oder
  • Parenchymverschmälerung, auffällige Parenchymechogenität oder Pathologien von Harnblase oder Urethra
  • Hoch

Ein Nierenbeckendurchmesser ≥7 mm (Neugeborene/Säuglinge) bzw. ≥10 mm (Kinder ≥1 Jahr) sollte weiter abgeklärt werden!

Kinder und Jugendliche, die erst infolge ihrer klinischen Symptomatik diagnostiziert werden (bspw. bei Harnwegsinfektionen oder Schmerzen), folgen dem gleichen Diagnostikschema (nach vollständiger Genesung)!

Therapie und Management

Primärer Megaureter

Sekundärer Megaureter

  • Therapie der Grunderkrankung; bei VUR ggf. überbrückend Antibiotikaprophylaxe

Die größte Herausforderung besteht darin, die Therapiebedürftigkeit zu klären!

Komplikation

Prognose

  • In ca. 80% der Fälle spontane Remission unter konservativer Therapie
  • In ca. 20% der Fälle operative Therapie notwendig (dabei 90% Erfolgsrate)
  • Regelmäßige sonografische Nachsorge, solange die Dilatation der Ureteren besteht
  • In Ausnahmefällen: Dauerhafte nephrologische Anbindung erforderlich

Ein stenotischer Ureter kann gleichzeitig refluxiv sein!

Megaureteren sind ursächlich für ca. 20% der pränatalen Hydronephrosen!

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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025toggle arrow icon

  • N11.-: Chronische tubulointerstitielle Nephritis
    • N11.0: Nicht-obstruktive, mit Reflux verbundene chronische Pyelonephritis
      • Pyelonephritis (chronisch) in Verbindung mit Reflux (vesikoureteral)
      • Exklusive: Vesikoureteraler Reflux o.n.A. (N13.7)
  • N13.-: Obstruktive Uropathie und Refluxuropathie
    • N13.7: Uropathie in Zusammenhang mit vesikoureteralem Reflux
      • Vesikoureteraler Reflux:
        • Bei Narbenbildung
        • O.n.A.
      • Exklusive: Pyelonephritis in Verbindung mit Reflux (N11.0)
  • N13.8: Sonstige obstruktive Uropathie und Refluxuropathie
    • N13.9: Obstruktive Uropathie und Refluxuropathie, nicht näher bezeichnet
      • Obstruktion der Harnwege o.n.A.
  • N28.-: Sonstige Krankheiten der Niere und des Ureters, anderenorts nicht klassifiziert
  • Q62.-: Angeborene obstruktive Defekte des Nierenbeckens und angeborene Fehlbildungen des Ureters

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

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