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Femoroazetabuläres Impingement-Syndrom

Letzte Aktualisierung: 8.9.2024

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Das femoroazetabuläre Impingement-Syndrom (FAIS) ist ein Überbegriff für verschiedene Pathomorphologien, die alle durch einen verfrühten und/oder pathologischen knöchernen Kontakt während der Hüftbewegung zu einer vorzeitigen Koxarthrose führen können (präarthrotische Deformität). Dabei zeigt sich ein belastungsabhängiger Hüft- und/oder Leistenschmerz, ggf. mit einer Bewegungseinschränkung des Hüftgelenkes. Abhängig von der intraartikulären Lokalisation der dominierenden knöchernen Deformität werden zwei Formen unterschieden, die isoliert oder als Kombination auftreten können: das Cam-FAIS und das Pincer-FAIS. Die klinische Symptomatik zusammen mit der radiologischen Diagnostik erlaubt in den meisten Fällen eine sichere Diagnose. Bei Unsicherheit kann ggf. eine intraartikuläre Injektion eines Lokalanästhetikums weitere Informationen liefern.

Das momentan empfohlene Therapiekonzept basiert auf der individuellen Pathologie und ggf. Begleitpathologien, den evtl. bereits vorhandenen degenerativen Veränderungen des Gelenkes und individuellen Parametern. Die chirurgischen gelenkerhaltenden Möglichkeiten haben eine Wiederherstellung der physiologischen anatomischen Begebenheiten zum Ziel und reichen von einer Hüftarthroskopie bis zur komplexen Korrekturosteotomie des Hüftgelenkes. Im Falle einer Koxarthrose erfolgt meist die Implantation einer Totalendoprothese.

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Definitiontoggle arrow icon

  • Femoroazetabuläres Impingement-Syndrom (FAIS): Klinisches Erscheinungsbild mit Einklemmungssymptomatik, bei dem es durch intraartikuläre Veränderungen während der Hüftbewegung zu einem knöchernen Konflikt kommt
  • Cam-Morphologie: Pathologische Asphärizität des Kopf-Schenkelhals-Übergangs
  • Pincer-Morphologie: Vermehrte azetabuläre Überdachung
  • Mixed-Morphologie: Eine Kombination aus Cam- und Pincer-Morphologie
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Epidemiologietoggle arrow icon

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

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Ätiologietoggle arrow icon

Risikofaktoren [1]

Pathomechanismus [5][6]

Cam-FAIS

  • Ursachen
  • Folge: Pathologische Asphärizität des Kopf-Schenkelhals-Übergangs
  • Pathomechanismus: Inklusion des asphärischen Hüftkopfes → Scherkräfte in der chondrolabralen Zone
    • Bewegung → Entrundeter Hüftkopf schiebt sich in die Hüftpfanne → Labrum wird gedehnt und Knorpel zusammengepresst → Separation von Labrum und Knorpel
    • Verlangsamung der Bewegung, kein abruptes Abstoppen
  • Läsionsmuster
    • Lappenförmige Delaminierung des azetabulären Knorpels
    • Verdichtung des femoralen Knochens im asphärischen Anteil

Pincer-FAIS

  • Ursachen
  • Folge: Vermehrte azetabuläre Überdachung
  • Pathomechanismus: Impaktion des Schenkelhalses mit dem AcetabulumDruckkräfte in der chondrolabralen Zone
    • Bewegung → Anprall des Kopf-Hals-Übergangs des Femurs am Acetabulum → Labrum wird eingeklemmt → Labrumeinriss mit ggf. Ossifikation und Degeneration des azetabulären Knorpels
    • Abstoppen der Bewegung
  • Läsionsmuster
    • Zirkumferenzieller Schaden des azetabulären Knorpels
    • Einkerbung des femoralen Knochens in der Anschlagzone

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Symptomatiktoggle arrow icon

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Stadientoggle arrow icon

Arthroskopische Einteilung der Knorpelläsion [5][11]

Einteilung der azetabulären Knorpelläsion nach Haddad (2011) [12]
Grad Beschreibung
0

Intakter Knorpel

1

Knorpeldelaminierung von der subchondralen Grenzlamelle

2

Separation des chondrolabralen Übergangs ohne Knorpeldelaminierung

3

Makroskopische Knorpeldelaminierung von der subchondralen Grenzlamelle

4

Vollschichtiger Knorpeldefekt mit exponiertem Knochen

Nativradiologische Einteilung der Arthrose

Klassifikation der Arthrose des Hüftgelenks nach Tönnis (1999) [13]
Grad Beschreibung
0
1
2
3

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Diagnostiktoggle arrow icon

Die Diagnose eines FAIS kann auf Basis der klinischen Symptomatik (Beschwerden und positive Funktions- und Provokationstests) sowie Zeichen einer Cam- und/oder Pincer-Morphologie in den nativradiologischen Aufnahmen getroffen werden. Ggf. ist eine Schnittbildgebung und/oder intraartikuläre Injektion zur Absicherung der Diagnose notwendig. [2]

Anamnese [14]

  • Beschwerden
    • Beginn und Verlauf
    • Lokalisation und Ausstrahlung
    • Provokation
  • Alter
  • Sportliche Betätigung aktuell und während der Adoleszenz

Körperliche Untersuchung und klinische Tests [14][15][16][17]

Körperliche Untersuchung

Funktions- und Provokationstests [17][18][19]

Intraartikuläre Injektion [20][21]

Bildgebung [7][23][24][25][26]

Auswahl bildgebender Verfahren

Auswahl bildgebender Verfahren zur Diagnostik des FAIS
Verfahren Typische Indikation Aufnahmetechnik Mögliche Befunde Bemerkungen
Konventionelle Röntgenaufnahme
  • Ausgangsuntersuchung
  • Etablierte radiologische Parameter zur Evaluation
  • Keine adäquate Bestimmung der femoralen Torsion und azetabulären Version
Magnetresonanztomografie
  • Evaluation von Gelenkbinnenläsionen und Weichgewebe
  • Goldstandard: 3-T-MRT
  • Gesamtes Becken in koronarer und axialer Schnittführung
  • Betroffene Hüfte in koronarer, axialer, sagittaler und radiärer Schnittführung
  • Hüftmorphologie
  • Knorpel- und Labrumläsionen
  • Darstellung knöcherner Strukturen oft nicht adäquat
  • Ggf. MRT-Arthrografiemit/ohne Traktion
Computertomografie
  • Darstellung komplexer Deformitäten und/oder Fehlstellungen
  • Knöcherne Veränderungen
  • Torsions- und Versionsfehlstellung

Wichtige radiologische Parameter zur Evaluation [7][13][17][23][27]

  • Azetabuläre Überdachung
    • LCE-Winkel („lateral-center-edge“) nach Wiberg: Winkel zwischen einer Linie vom Hüftkopfmittelpunkt zum lateralen Ende der Sklerosezone und einer Vertikalen durch den Hüftkopfmittelpunkt
    • Azetabulärer Index: Winkel zwischen einer Horizontalen und einer Geraden durch den medialsten Punkt der Sklerosezone und dem lateralen Pfannenrand
    • Anterior Wall Index: Verhältnis zwischen der Ausdehnung der Vorderwand des Acetabulums und dem Radius des Femurkopfes
    • Posterior Wall Index: Verhältnis zwischen der Ausdehnung der Hinterwand des Acetabulums und dem Radius des Femurkopfes
  • Konfiguration des proximalen Femurs
    • Alphawinkel des Femurs: Winkel zwischen Schenkelhalsachse und einer Linie vom Mittelpunkt des Hüftkopfes zu dem Punkt, an dem der Hüftkopf seine runde Form verliert
    • Anteriores femorales Offset: Abstand zwischen zwei parallelen Linien entlang der vorderen Begrenzung des Schenkelhalses und der Tangente an den Femurkopf
    • Centrum-Kollum-Diaphysen-Winkel (CCD-Winkel): Winkel zwischen Achse des Schenkelhalses und anatomischer Achse des Femurs
    • Antetorsionswinkel des Femurs (AT-Winkel): Winkel zwischen Schenkelhalsachse und Tangente entlang der dorsalen Femurkondylen
  • Azetabuläre Version
    • Posterior Wall Sign: Projektion des hinteren Pfannenrandes medial des Hüftkopfzentrums als Zeichen einer Retroversion des Acetabulums
    • Ischial Spine Sign: Projektion der Spina ischiadica am medialen Rand des kleinen Beckens als Zeichen einer Retroversion des Acetabulums
    • Cross-over Sign: Normalerweise liegt der hintere Pfannenrand lateral des vorderen Pfannenrandes, bei Retroversion des Acetabulums kreuzen sich diese beiden Linien
Auswahl radiologischer Parameter und deren Normwerte [7][24]
Parameter Referenzwert Interpretation
Alphawinkel
  • <55°
  • >55°: Cam-Morphologie
CCD-Winkel
  • 130° ± 6°
LCE-Winkel
  • 23–33°
  • <23°: Dysplasie
  • >33°: Vermehrte Überdachung
  • >40°: Exzessive Überdachung (Pincer-Morphologie)
AT-Winkel
  • 12–15°
  • Interpretation im Zusammenhang mit anderen Parametern
Anteriores femorales Offset
  • >8 mm
  • <8 mm: Reduzierte Taillierung des Kopf-Hals-Übergangs (Cam-Morphologie)
Azetabulärer Index
  • 3–13°
  • <0°: Vermehrte Überdachung
  • >13°: Dysplasie
Anterior Wall Index
  • ⅓–⅔ des Femurkopfradius
Posterior Wall Index
  • ⅓–⅔ des Femurkopfdurchmessers
  • <⅓ Durchmesser: Dysplasie
  • >⅔ Durchmesser: Vermehrte Überdachung

Typische radiologische Befunde eines FAIS

Typische radiologische Kriterien einer Cam- und Pincer-Morphologie sowie deren sekundären Veränderungen [7][7][24][26][28][28]
Cam-Morphologie Pincer-Morphologie
  • Alphawinkel >55°
  • Anteriores femorales Offset <8 mm
  • Pistolengriffdeformität („pistol grip deformity“): Ausdehnung der Cam-Morphologie von anterolateral nach posterolateral
  • Reduzierter AT-Winkel
Sekundäre Veränderungen (Koxarthrose)
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Differenzialdiagnosentoggle arrow icon

AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

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Therapietoggle arrow icon

Die Therapieentscheidung ist von multiplen Faktoren abhängig: Neben der definitiven Diagnose eines femoroazetabulären Impingements und ggf. zusätzlich vorhandener (knöcherner) Pathologien müssen die Ausprägung der Beschwerdesymptomatik und insb. individuelle Faktoren wie z.B. das Lebensalter in Betracht gezogen werden.

Konservative Therapie [17][30][31]

  • Indikation: FAIS mit (akuter) Beschwerdeprogredienz
    • Und Arthrose Grad ≥1 in der Klassifikation nach Tönnis
    • Oder ohne Anzeichen degenerativer Veränderungen bei noch offenen Wachstumsfugen
  • Ziele
    • Besserung der Beschwerden
    • Verhindern einer (weiteren) Degeneration des Gelenkes
  • Vorgehen
  • Reevaluation: Nach 3 Monaten, ggf. Therapieanpassung

Bei fehlenden degenerativen Veränderungen wird bei Erwachsenen momentan kein konservatives Vorgehen empfohlen! [34]

Operative Therapie [17][30][31][35]

Gelenkerhaltende Operation

  • Indikation: FAIS und Arthrose Grad ≤1 in der Klassifikation nach Tönnis
  • Ziele
    • Komplette Deformitätenkorrektur
    • Besserung der Funktion und der Beschwerden [30]
    • Verhinderung der Entstehung bzw. Progresses einer Arthrose
  • Vorgehen
  • Verlauf [30]

Gelenkersatz [30]

  • Indikation
    • FAIS mit Arthrose Grad ≥2 in der Klassifikation nach Tönnis und
    • Persistierende hüftbezogene Beschwerden trotz konservativer Therapie
  • Ziel
    • Besserung der Funktion und der Beschwerden
    • Verhindern von Folgeproblemen
  • Vorgehen siehe: Implantation einer Hüfttotalendoprothese
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Präventiontoggle arrow icon

  • Ziel
    • Prävention der Ausbildung eines FAIS
    • Erkennen einer bereits vorhandenen Deformität
  • Vorgehen
    • Screening, bspw. durch klinische Untersuchung (Hüft-Impingement-Tests)
    • Ggf. Modifikation der sportlichen Belastung während der Wachstumsphase
  • Problematik
    • Klinische Tests nicht ausreichend zur sicheren Diagnosestellung
    • Pincer-Morphologie scheint nicht durch Modifikationen adressierbar
    • Art und Ausmaß der notwendigen Modifikation der sportlichen Belastung individuell unterschiedlich und nicht abschätzbar
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025toggle arrow icon

  • M24.-: Sonstige näher bezeichnete Gelenkschädigungen
    • M24.8-: Sonstige näher bezeichnete Gelenkschädigungen, anderenorts nicht klassifiziert

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

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