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Sinus pilonidalis (Pilonidalsinus…)
Abstract
Beim Sinus pilonidalis handelt es sich um eine Entzündung des subkutanen Fettgewebes meist der Sakralregion, die häufig durch einwachsende Haare entsteht. Sie stellt eine verbreitete Erkrankung insb. bei stark behaarten, adipösen Männern dar. Klinisch kann sie sich asymptomatisch, durch rezidivierendes Nässen und Rötung (chronischer Verlauf) oder bei Abszedierung durch deutliche Schmerzen (akuter Verlauf), ggf. in Begleitung von Allgemeinsymptomen wie Abgeschlagenheit und Fieber, äußern.
Während die asymptomatische Form nicht therapiert wird, bedürfen die akute und chronische Form im Regelfall einer chirurgischen Sanierung. Hier kommen unterschiedliche Operationsverfahren zum Einsatz.
Definition
Es handelt sich um eine Entzündung des subkutanen Fettgewebes (meist) der Sakralregion. Der Begriff Pilonidalsinus kommt aus dem lateinischen und setzt sich zusammen aus pilus (Haar) und nidus (Nest). Als Synonyme werden Haarnestgrübchen und -fistel verwendet. Fehlerhaft sind auch „Dermoidzyste”, „Dermoidfistel“ oder „Steißbeinfistel” im Gebrauch.
Epidemiologie
Pathophysiologie
Die Genese des Pilonidalsinus scheint multifaktoriell zu sein. Während früher vorwiegend kongenitale Faktoren diskutiert wurden, geht man heutzutage in den meisten Fällen von einer erworbenen Krankheit aus:
Abgebrochene Haare wachsen in die Haut ein und führen zur Ausbildung von Pori (Vertiefungen) → Entstehung von Fistelgängen → Fremdkörpergranulom → Haarnestgrübchen , die persistieren und sich entzünden können bis hin zur Ausbildung eines Abszesses
Risikofaktoren
- Junge, stark behaarte Männer [1]
- Adipositas
- Möglicherweise schlechte Analhygiene
- Sitzende Tätigkeit
- Tiefe Analfalte
Klinik
Der meist präsakral gelegene Sinus pilonidalis kann drei unterschiedliche Erscheinungsformen annehmen.
Verlaufsform | Klinische Erscheinung |
---|---|
Asymptomatisch |
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Akut |
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Chronisch |
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Diagnostik
Die Diagnose eines Pilonidalsinus wird klinisch gestellt. Auf eine Bildgebung kann im Regelfall verzichtet werden .
- Körperliche Untersuchung
- Inspektion (Blickdiagnose)
- Palpation
- Evtl. Sondierung von Fistelgängen
- Weiterführende Diagnostik
- Labor: Ggf. Leukozytose und CRP-Erhöhung bei der akuten Form
- Körpertemperatur: Ggf. Fieber bei der akuten Form
Differentialdiagnosen
Therapie
Da der asymptomatische Sinus pilonidalis klinisch nicht zwingend auffällig wird, gibt es zunächst keinen Handlungsbedarf . Die akute Abszedierung stellt eine dringliche Indikation dar, die chronische Form eine (relative) elektive Indikation zur operativen Versorgung. Beim akuten Verlauf finden überwiegend die Exzision oder ein zweizeitiges Verfahren (Abszessentdeckelung und definitive Versorgung im Intervall) Anwendung. Im Rahmen des chronischen Verlaufs stehen offene, minimal-invasive oder plastische Techniken zur Verfügung. Die Operationsarten sind vielfältig, sodass im Folgenden nur einige genannt werden.
Akuter Sinus pilonidalis
Die akute Form des Sinus pilonidalis (Abszess) stellt eine Indikation zur dringlichen Operation dar. Häufig werden die Fistelgänge mit Methylenblau markiert, um die Ausbreitung einschätzen zu können.
- Radikale en bloc-Sanierung mit sekundärer Wundversorgung (offene Heilung)
- Zweizeitige Operation
- Abszessentdeckelung
- Definitive Versorgung (z.B. durch plastische Rekonstruktion) nach Abklingen der Entzündung
- Inzision ohne folgende Operation im Verlauf
Chronischer Sinus pilonidalis
Der chronische Sinus pilonidalis stellt eine Indikation zur chirurgischen Therapie dar, da eine Heilung ohne Operation äußerst selten ist.
- Plastische Verfahren
- Am häufigsten angewandtes plastisches Verfahren: Limberg (rautenförmige Exzision des Sinus pilonidalis → Deckung mittels rautenförmigem Subkutanlappen)
- Karydakis (elliptische Exzision der Haut → Mobilisation eines subkutanen Lappens auf der Gegenseite)
-
Exzision
- Offene Wundheilung
- Mit Wundverschluss [1]
- Minimal invasive Verfahren
- Pit picking („Herauspicken“ von Fisteln)
- Sinusektomie (knappe Exzision jedes Fistelgangs)
Operatives Management
Präoperatives Management
- Nahrungskarenz
- Bei akuter Operationsindikation ggf. parenterale Volumenzufuhr mit Vollelektrolytlösung und Analgesie (bedarfsabhängig), bspw. Metamizol
- Chirurgische Aufklärung: Komplikationen des Pilonidalsinus
- Ggf.Thromboseprophylaxe mit niedermolekularem Heparin, z.B. mit Dalteparin (z.B. Fragmin®--------) oder Enoxaparin (z.B. Clexane®--------)
- Ggf. präoperatives Absetzen bzw. Pausieren von Medikamenten
- Ggf. Kompressionsstrümpfe anordnen
Perioperative Antibiotikatherapie
Heterogene Studienlage; die Antibiotikagabe kann bei Wundverschlüssen z.B. in Form einer Single-Shot-Antibiose sinnvoll sein, um Wundheilungsstörungen zu limitieren . Im Rahmen offener Operationsverfahren sollten Antibiotika nur bei ausgeprägten Befunden gegeben werden [1]. Konkrete Empfehlungen zur Wahl eines Antibiotikums gibt es nicht. Zum Einsatz kommen z.B.:
- Cefuroxim
- Alternativ: Ampicillin/Sulbactam (z.B. Unacid®-------)
Postoperatives Management
- Bedarfsorientierte Schmerzmedikation
- Z.B. mittels Metamizol p.o. . alternativ Metamizol i.v.
- Alternativ: Ibuprofen in Verbindung mit einem Protonenpumpenhemmer wie Pantoprazol
- Wundkontrolle: Hinweise auf Infektion oder Nachblutung prüfen
- Empfehlungen für die Patienten / Entlassungsmanagement
- Bei Sekundärheilung (offener Wunde)
- Ausduschen der Wunde (etwa 1-2×/Tag)
- Hinweise auf langwierigen Heilungsprozess und längeren Arbeitsausfall
- Wund- und Befundkontrollen durch Hausarzt, bei Wundverschluss Fadenzug nach etwa zehn Tagen
- Einnahme der Schmerzmedikation nach Bedarf
- Bei Sekundärheilung (offener Wunde)
Komplikationen
- Operationsassoziierte Komplikationen
- Rezidiv
- Wundheilungsstörungen
- Langwieriger Heilungsprozess
- Nachblutung
- Sehr selten: Maligne Entartung zu einem Plattenepithelkarzinom
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2019
- L05.-: Pilonidalzyste
- Inklusive: Pilonidalfistel oder Pilonidalsinus, Sinus sacralis dermalis, Steißbeinfistel oder Steißbeinzyste)
- L05.0: Pilonidalzyste mit Abszess
- L05.9: Pilonidalzyste ohne Abszess (Pilonidalzyste o.n.A.)
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2019, DIMDI.