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Fehlstellungen der unteren Extremität

Letzte Aktualisierung: 13.1.2025

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Fehlstellungen der unteren Extremität sind bei Heranwachsenden ein häufiger Grund für eine ärztliche Vorstellung. Angeborene Anomalien reichen von der embryonalen Fehlanlage bis zu Fehlstellungen in allen drei Raumebenen; erworbene Fehlstellungen sind häufig Folge einer Wachstumsstörung. Während des Wachstums kommt es zu physiologischen Veränderungen der Beinachsen. Das Erkennen altersentsprechender pathologischer Abweichungen ist die Grundlage einer erfolgreichen Behandlung. Neben der klinischen Untersuchung ist eine radiologische Bildgebung zur Diagnosestellung meist ausreichend. Unbehandelt führen viele Achsdeviationen wegen der resultierenden Fehlbelastung zu präarthrotischen Deformitäten, weshalb symptomatische Fehlstellungen häufig bereits in der Kindheit operativ behandelt werden. Da es viele Ursachen für Achsfehlstellungen gibt, u.a. Hüftdysplasie, Morbus Perthes, metabolische Erkrankungen oder Wachstumsstörungen, ist die Analyse der individuellen Ursache und evtl. vorhandener Begleitpathologien essenziell für die Therapieplanung.

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Grundlagen und Bestimmung der Beinachsentoggle arrow icon

Achsenverhältnisse der unteren Extremität [1][2]

Achsfehlstellungen des Femurs werden meist in der Frontalebene (CCD-Winkel) und der Transversalebene (AT-Winkel) berechnet. Achsfehlstellungen des Kniegelenkes werden dagegen hauptsächlich in der Frontalebene (Beinachse) bestimmt.

Frontalebene [1][3][4]

  • Centrum-Collum-Diaphysen-Winkel (CCD-Winkel): Winkel zwischen Achse des Schenkelhalses und anatomischer Achse des Femurs
  • Mechanische Beinachse (Mikulicz-Linie): Linie zwischen Mittelpunkt des Hüftkopfes und des oberen Sprunggelenkes
    • Physiologischer Verlauf: Ca. 4 mm medial des Kniegelenkmittelpunktes
  • Anatomische Beinachse: Diaphysäre Achse des Femurs und der Tibia bildet einen Winkel (femorotibialer Winkel)
    • Neugeborene: Ca. 15° (varisch)
    • 18–24 Monate: 0° (neutral)
    • Ab ca. 3 Jahren: ≤10° (valgisch)
    • Ab 8–10 Jahren: 5–7° (physiologische Valgusstellung)
  • Anatomisch-mechanischer Femurwinkel : 7° ± 2°
  • Lateraler distaler Femurwinkel (LDFW) [4]
    • Anatomischer LDFW: 80° ± 3°
    • Mechanischer LDFW: 87,5° ± 2,5°
  • Gelenkflächenwinkel : 0–3°

Sagittalebene [1][5]

  • Posteriorer distaler Femurwinkel (PDFW) : 83° ± 4
  • Posteriorer proximaler Tibiawinkel (PPTW) : 83° ± 2°
  • Posteriorer tibialer Slope : Dorsalinklination des Tibiaplateaus von 10° ± 3°
  • Genu recurvatum: >5° Überstreckbarkeit
  • Genu antecurvatum/flexum: Beugestellung des Kniegelenkes

Transversalebene [1][6]

  • Antetorsionswinkel (AT-Winkel): Winkel zwischen Schenkelhalsachse und Tangente entlang der dorsalen Femurkondylen
  • Unterschenkeltorsionswinkel: Winkel zwischen proximalen Tibiakondylen und der Intermalleolenachse
  • Torsionstoleranz: Physiologische intraindividuelle Differenz im Seitenvergleich

Längenverhältnisse der unteren Extremität [1]

  • Längenverhältnis Femur zu Tibia: 5:4
  • Längentoleranz: Physiologische intraindividuelle Differenz im Seitenvergleich

Diagnostik [1][3][6][7]

  • Klinische Untersuchung
  • Apparative Diagnostik [8][9]
    • Konventionelle Röntgenaufnahme , bspw.
      • Becken a.p.
      • Hüftgelenk axial
      • Aufnahme nach Dunn und Rippstein
      • Bilaterale Ganzbeinstandaufnahme (a.p. Strahlengang)
    • CT oder MRT: Exakte Bestimmung der Torsion möglich
Klinische Untersuchung zur Erfassung von Beinfehlstellungen [1][2]
Position Fehlstellung
Gehen
Stehen (in zwei Ebenen)
Sitzen
  • Oberschenkellängendifferenz
  • Oberschenkeltorsionsdifferenz
  • Unterschenkeltorsionsdifferenz
Rückenlage
Bauchlage
  • Unterschenkellängendifferenz
  • Oberschenkeltorsionsdifferenz
  • Unterschenkeltorsionsdifferenz

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Coxa varatoggle arrow icon

  • Definition: Verkleinerung des CCD-Winkels <120°
  • Ätiologie
    • Angeboren
    • Erworben
      • Trauma
      • Metabolische Erkrankung mit systemischer Osteopenie
      • Folge einer avaskulären Nekrose und/oder Infektion
      • Wachstumsstörung
  • Symptome/Klinik
  • Therapie [12][13][14][15][16][17]
    • Abhängig von der auslösenden Ursache und zusätzlichen Pathologien, dem Alter des Kindes sowie dem Ausmaß und Progress der Fehlstellung!
    • Ziel: Wiederherstellung der physiologischen femoralen Morphologie und der Funktion
    • Konservativ
    • Operativ: Meistens valgisierende Korrekturosteotomie
  • Komplikationen [14][16][17][18]

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Coxa valgatoggle arrow icon

  • Definition: Vergrößerung des CCD-Winkels >140° [10]
  • Ätiologie
    • Physiologisch bei Geburt
    • Erworben
      • Hüftdysplasie
      • Muskuläre Imbalance
      • Wachstumsstörung
  • Symptome/Klinik
    • Muskuläre Schwäche der dorsalen Hüftmuskulatur (Abduktion)
    • Beinlängendifferenz bei einseitigem Auftreten
    • Innenrotationsgang bei zusätzlicher femoraler Anteversion
    • Zusätzliche Symptome abhängig von der Ursache
  • Therapie [20][21]
    • Abhängig von der auslösenden Ursache und zusätzlichen Pathologien, dem Alter des Kindes sowie dem Ausmaß und Progress der Fehlstellung!
    • Ziel: Wiederherstellung der physiologischen femoralen Morphologie
    • Konservativ
    • Operativ: Bspw. varisierende Korrekturosteotomie
  • Komplikationen [18][22]

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Coxa antetortatoggle arrow icon

  • Definition
  • Ätiologie
  • Symptome/Klinik
  • Therapie [20][21]
    • Abhängig von der auslösenden Ursache und zusätzlichen Pathologien, dem Alter des Kindes sowie dem Ausmaß und Progress der Fehlstellung!
    • Meist Abwarten bis zum Abschluss des Wachstums
    • Konservativ: Keine Beeinflussung der femoralen Torsion möglich! [6]
    • Operativ: Rotationsosteotomie
  • Komplikationen
    • Ggf. erhöhtes Risiko für Gonarthrose
    • Ggf. Patellainstabilität

In vielen Fällen kommt es zu einer Spontankorrektur bis zum Abschluss des Wachstums!

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Coxa retrotortatoggle arrow icon

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Genu varumtoggle arrow icon

  • Definition: Verschiebung der Beinachse nach medial
  • Ätiologie
  • Symptome/Klinik
  • Therapie [4][24][25][26]
    • Abhängig von der auslösenden Ursache, dem Alter des Kindes sowie dem Ausmaß und Progress der Fehlstellung!
    • Konservativ: Bei symmetrischer (moderater) Achsfehlstellung ohne Symptome
    • Operativ [4]
  • Komplikationen [19][25][26]

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Genu valgumtoggle arrow icon

  • Definition: Verschiebung der Beinachse nach lateral
  • Ätiologie
    • Physiologisch während des Wachstums (3–6-jährige Kinder)
    • Primär: Häufig angeboren bzw. idiopathisch
    • Sekundär: Meist Schädigung der Wachstumsfuge
  • Symptome/Klinik
  • Therapie [4][24][25][26]
    • Abhängig von der auslösenden Ursache, dem Alter des Kindes sowie dem Ausmaß und Progress der Fehlstellung!
    • Konservativ: Bei symmetrischer (moderater) Achsfehlstellung ohne Symptome
    • Operativ [4]
  • Komplikationen [19][25][26]
    • Degenerative Veränderungen (präarthrotische Deformität), insb. lateral
    • Patellofemorales Maltracking
    • Ligamentäre Insuffizienz
    • Posturale Veränderungen

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Beinlängendifferenztoggle arrow icon

  • Definition: Differenz in der Beingesamtlänge zwischen beiden Beinen
  • Ätiologie
    • Funktionelle Beinlängendifferenz: Folge einer veränderten Mechanik der unteren Extremität
      • Achsabweichung
      • Gelenkveränderungen
      • Muskuläre Insuffizienz oder Verkürzung
        • Adduktionskontraktur → Ipsilaterale, funktionelle Verkürzung des Beins
        • Abduktionskontraktur → Kontralaterale, funktionelle Verkürzung des Beins
      • Lumbalskoliose [29][30]
    • Strukturelle (echte) Beinlängendifferenz: Folge einer unterschiedlichen Knochenlänge der unteren Extremität
  • Symptome/Klinik
    • Asymmetrisches Gangbild
    • Muskuläre Dysbalancen
    • Meist Beckenschiefstand
    • Ggf. Skoliose
  • Therapie [31][32]
    • Abhängig von Ausmaß und Ursache der Differenz sowie dem Alter
    • Funktionelle Beinlängendifferenz: Häufig konservativ durch bspw. Physiotherapie
    • Strukturelle Beinlängendifferenz
      • <1 cm: Normale Varianz, keine Therapie notwendig
      • >1 cm während des Wachstums bzw. >2 cm beim Erwachsenen: Längenausgleich empfohlen
    • Konservative Therapie: Einlage und Schuherhöhung bis ca. 5 cm möglich
    • Operative Therapie
      • Wachstumsbremsung durch temporäre Epiphyseodese bei offenen Wachstumsfugen
      • Verkürzungsosteotomie nach Wachstumsabschluss
      • Kontinuierliche Verlängerung über Kallusdistraktion mit externem Fixateur und/oder intramedullärem Verlängerungsnagel
  • Komplikationen
    • Degenerative Veränderungen
    • Skoliose
    • Muskuläre Dysbalancen

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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025toggle arrow icon

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

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