- Klinik
Kugelzellanämie (Hereditäre Sphärozytose)
Abstract
Die Kugelzellanämien (hereditäre Sphärozytosen) sind eine heterogene Gruppe genetisch bedingter Erkrankungen, die mit einer Störung des Zellskeletts der Erythrozyten einhergehen. Bei diesen Erkrankungen kommt es neben den allgemeinen Anämiesymptomen und Hämolysezeichen bereits im Kindesalter zu einem prähepatischen Ikterus (vermehrtes indirektes Bilirubin). Der vermehrte Anfall des Bilirubins kann wiederum das Auftreten von Gallensteinen zur Folge haben. Da der Abbau der veränderten Erythrozyten vor allem in der Milz stattfindet, sollte bei rezidivierenden hämolytischen Krisen eine subtotale Splenektomie überlegt werden.
Epidemiologie
- Verbreitung: Die Kugelzellanämie ist die häufigste angeborene hämolytische Anämie in Europa (Prävalenz ca. 1:5000)
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
- Die Erkrankung kann autosomal-dominant (ca. ⅔ der Fälle), autosomal-rezessiv (ca. 15%) oder als Neumutation (ca. 15%) auftreten
- Häufig betroffene Moleküle
Pathophysiologie
Genetisch bedingter Defekt von Proteinen (zumeist Ankyrin) an der Innenseite der Erythrozytenmembran → verminderte Membranstabilität → erhöhter Verlust von Membranbestandteilen (in Form von Mikrovesikeln) → Abnahme der Erythrozytenoberfläche im Verhältnis zum Volumen → dadurch Einnahme einer Kugelform und verminderte Verformbarkeit der Erythrozyten → erhöhter Abbau in der Milz → hämolytische Anämie und Splenomegalie
Die verminderte Membranstabilität führt zu einer verminderten osmotischen Resistenz der Erythrozyten, die diagnostisch relevant ist!
Symptome/Klinik
- Allgemeine Anämiesymptome
- Hämolysezeichen
- Splenomegalie mit linksseitigen Oberbauchschmerzen
- Cholezystolithiasis mit erhöhtem Risiko einer Choledocholithiasis
Typisch ist das Auftreten aller Symptome bereits im Kindesalter!
Diagnostik
- Familienanamnese: Erhöhte Bilirubinwerte und die damit einhergehenden Krankheitsbilder (z.B. Choledocholithiasis) bei Verwandten 1.Grades
- Labordiagnostik
-
Anämie (Hämoglobin↓, MCH normal aber MCV oft erniedrigt )
- MCHC oftmals erhöht
- Retikulozyten↑
- Hämolysezeichen
- Verminderte osmotische Resistenz der Erythrozyten
- EMA-Test: Verminderte Bindung des Farbstoffes Eosin-5-Maleimid an die Erythrozytenmembran
-
Anämie (Hämoglobin↓, MCH normal aber MCV oft erniedrigt )
- Blutausstrich
- Nachweis der charakteristischen Kugelzellen
- Ggf. Anisozytose
- Polychromasie
- Sonographie: Splenomegalie, Gallensteine
Bei gemeinsamen Auftreten von Gallensteinen und einer Splenomegalie sollte an eine Sphärozytose gedacht werden!
Therapie
- Chirurgisch: Bei rezidivierenden hämolytischen Krisen sollte eine subtotale Splenektomie durchgeführt werden
Komplikationen
- Hämolytische Krise vor allem bei Infekten
- Aplastische Krise nach Parvovirus-B19-Infektion (Ringelröteln)
- Megaloblastäre Krise bei Folsäure- und Vitamin-B12-Mangel
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Meditricks
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2019
- D58.-: Sonstige hereditäre hämolytische Anämien
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2019, DIMDI.