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Vesikoureteraler Reflux und Megaureter

Letzte Aktualisierung: 23.11.2023

Abstracttoggle arrow icon

Vesikoureteraler Reflux (VUR) ist die Bezeichnung für den retrograden Fluss von Urin aus der Harnblase in die Harnleiter. Ursächlich hierfür können unter anderem neurogene Faktoren sowie subvesikale Harnabflussstörungen sein. Der Verdacht auf einen vesikoureteralen Reflux kann aufgrund von Flankenschmerzen oder rezidivierenden Pyelonephritiden entstehen, während diagnostisch verschiedene bildgebende Verfahren wie das Miktionsurethrogramm zum Einsatz kommen. Die Therapie erfolgt meist konservativ mit regelmäßigen Verlaufskontrollen, doch können bei schweren Verläufen mit massiver Nierenstauung oder medikamentös nicht zu beherrschenden Infekten auch operative Maßnahmen zum Einsatz kommen.

Beim Megaureter handelt es sich um eine angeborene, meist idiopathische Dilatation des Harnleiters. Diagnostisch steht die Renosonografie im Vordergrund, gefolgt von radiologischen und nuklearmedizinischen Maßnahmen zur Befundsicherung. Die konservative oder operative Therapie erfolgt je nach Ursache und Befundkonstellation und hat die Verhinderung eines Nierenversagens als gravierende Komplikation zum Ziel.

Epidemiologietoggle arrow icon

  • Abnehmende Inzidenz in zunehmendem Alter bei Spontanheilungstendenz

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

Ätiologietoggle arrow icon

Primärer vesikoureteraler Reflux

Sekundärer vesikoureteraler Reflux

  • Ursachen

Ureter duplex

Ektopes Harnleiterostium

  • Mögliche Lage des Ostiums in der Urethra mit Reflux bei der Miktion

Klassifikationtoggle arrow icon

Klassifikation anhand des Miktionsurethrogramms nach Parkkulainen/Heikel

Grad I Reflux in den Harnleiter, jedoch nicht bis in das Nierenbecken
Grad II Reflux bis in das Nierenbecken ohne Dilatation
Grad III Reflux bis in das Nierenbecken mit leichter Dilatation des Hohlsystems und leichtgradiger Verplumpung der Kelche
Grad IV Reflux mit Dilatation des Hohlsystems mit leichtem Ureterkinking und Verplumpung der Kelche mit noch sichtbaren Papillen
Grad V Reflux mit starker Dilatation des Hohlsystems und Ureterkinking sowie verplumpten Nierenkelchen mit größtenteils nicht mehr sichtbaren Papillen

Megaureter mit Reflux

Ein stenotischer Ureter kann gleichzeitig refluxiv sein!

Symptome/Kliniktoggle arrow icon

Diagnostiktoggle arrow icon

Standarduntersuchungen

Beurteilung und Prozedere bei sonografischem V.a. Harntraktdilatation [1]
Zeitpunkt Befund Risiko Prozedere
Pränatal
  • Nierenbeckendurchmesser ≥7 bis <10 mm oder
  • Zentrale Kelchdilatation
  • Niedrig
  • Nierenbeckendurchmesser ≥10 mm oder
  • Periphere Kelchdilatation oder
  • Weitere Auffälligkeit
  • Erhöht
Postnatal
  • Nierenbeckendurchmesser ≥10 bis <15 mm und/oder
  • Zentrale Kelchdilatation
  • Niedrig
  • Nierenbeckendurchmesser ≥15 mm und/oder
  • Periphere Kelchdilatation oder Ureterpathologie
  • Intermediär
  • Nierenbeckendurchmesser ≥15 mm und/oder
  • Parenchymverschmälerung, auffällige Parenchymechogenität oder Pathologien von Harnblase oder Urethra
  • Hoch

Ein Nierenbeckendurchmesser ≥7 mm (Neugeborene/Säuglinge) bzw. ≥10 mm (Kinder ≥1 Jahr) sollte weiter abgeklärt werden!

Folgeuntersuchungen

Therapietoggle arrow icon

Konservative Therapie

  • Hohe Spontanheilungsrate!
  • Indikation
    • Reflux bis IV. Grades und stabile renale Funktion
    • Medikamentös kontrollierbare Infekte
    • Mediale Harnleiterostien
  • Durchführung

Operative Therapie

  • Indikation
    • Reflux > IV. Grades
    • Verschlechterung der renalen Funktion
    • Rezidivierende, nicht kontrollierbare Infekte
  • Durchführung
    • Endoskopisch mittels Unterspritzung des Harnleiterostiums mit Silikon
    • Offen operativ:
      • Verschiedene Methoden der anti-refluxiven Harnleiterneuimplantation
      • Ureter-Ureterostomie
      • Nephroureterektomie bei szintigrafischer Nierenfunktion unter 20%

Komplikationentoggle arrow icon

Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

Prognosetoggle arrow icon

Kodierung nach ICD-10-GM Version 2023toggle arrow icon

  • N11.-: Chronische tubulointerstitielle Nephritis
    • N11.0: Nichtobstruktive, mit Reflux verbundene chronische Pyelonephritis
      • Pyelonephritis (chronisch) in Verbindung mit Reflux (vesikoureteral)
      • Exklusive: Vesikoureteraler Reflux o.n.A. (N13.7)
  • N13.-: Obstruktive Uropathie und Refluxuropathie
    • N13.7: Uropathie in Zusammenhang mit vesikoureteralem Reflux
      • Vesikoureteraler Reflux:
        • bei Narbenbildung
        • o.n.A.
      • Exklusive: Pyelonephritis in Verbindung mit Reflux (N11.0)
  • N13.8: Sonstige obstruktive Uropathie und Refluxuropathie
    • N13.9: Obstruktive Uropathie und Refluxuropathie, nicht näher bezeichnet
      • Obstruktion der Harnwege o.n.A.
  • N28.-: Sonstige Krankheiten der Niere und des Ureters, anderenorts nicht klassifiziert
    • N28.8: Sonstige näher bezeichnete Krankheiten der Niere und des Ureters
      • Megaureter
  • Q62.-: Angeborene obstruktive Defekte des Nierenbeckens und angeborene Fehlbildungen des Ureters
    • Q62.2: Angeborener Megaureter
      • Angeborene Dilatation des Ureters
    • Q62.7: Angeborener vesiko-uretero-renaler Reflux

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2023, DIMDI.

Quellentoggle arrow icon

  1. S1-Leitlinie Harntraktdilatation bei Kindern - Bildgebende Diagnostik.Stand: 1. April 2023. Abgerufen am: 4. September 2023.
  2. Urologie Online Lehrbuch.. Abgerufen am: 1. Januar 2012.
  3. Haag et al.: Gynäkologie und Urologie (2012/13). 6. Auflage Medizinische Verlags- und Informationsdienste 2012, ISBN: 3-929-85175-x.
  4. Hautmann, Huland: Urologie. 3. Auflage Springer 2006, ISBN: 978-3-540-29924-0.

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