Abstract
Dieses Kapitel gibt einen Überblick über verschiedene Untersuchungsmethoden (körperliche Untersuchung und apparative Diagnostik) in der Kardiologie.
Körperliche Untersuchung in der Kardiologie
Allgemeines
- Symptome der Rechtsherzinsuffizienz
- Ödeme
- Venenstauung
- Stauungsleber
- Symptome der Linksherzinsuffizienz
- Dyspnoe, Tachypnoe
- Lungenödem
- Leistungsabnahme, Schwäche
- Inspektion, Palpation, Perkussion , Auskultation
Vor JEDER apparativen Diagnostik sollte eine körperliche Untersuchung erfolgen!
Palpation des Herzens
- Herzspitzenstoß
- 5. ICR links auf der Medioklavikularlinie tastbar
- 6. ICR links lateral der Medioklavikularlinie verstärkt tastbar (z.B. bei Linksherzhypertrophie)
- Puls
- Eigenschaften
- Frequenz
- Regelmäßigkeit
- Hart (durus) oder weich (mollis)
- Geschwindigkeit des Anstiegs: Schnell (celer) oder langsam (tardus)
- Amplitude: Hoch (altus/magnus) oder niedrig (parvus)
- Beispiele spezieller Pulsqualitäten
- Pulsus celer et altus (bspw. im Rahmen einer Aortenklappeninsuffizienz)
- Pulsus tardus et parvus (bspw. im Rahmen einer Aortenklappenstenose)
- Pulsus paradoxus: Pathologischer Abfall des systolischen Blutdrucks um mehr als 10 mmHg bei Inspiration; der periphere Puls ist dadurch bei Inspiration schwächer tastbar
- Pulsdefizit
- Pulsus alternans
- Pulsus dicrotus
- Eigenschaften
Auskultation des Herzens
- Auskultationsorte und -lautstärke
- Aortenklappe: 2. ICR rechts, parasternal
- Pulmonalklappe: 2. ICR links, parasternal
- Trikuspidalklappe: 4. ICR rechts, parasternal
- Mitralklappe: 5. ICR links, medioklavikulär
- Erb-Punkt: 3. ICR links, parasternal
Wie in der Vorklinik: "Anton Pulmann trinkt Milch um 22:45 Uhr."
Auskultationsbefunde nach Lokalisation des Herzgeräusches | Befund | Mögliche Ursachen | |
---|---|---|---|
Betroffene Struktur | Geräusch | ||
Der Erb-Punkt liegt ventral über dem Herzen. Seine Auskultation hat die Funktion, zunächst ganz allgemein festzustellen, ob überhaupt ein (pathologisches) Herzgeräusch vorhanden ist. Mit Hilfe einer gleichzeitigen Pulsmessung kann zudem ein Herzgeräusch in Systolikum und Diastolikum eingeteilt werden. Ein Rückschluss vom Herzgeräusch auf die verursachende Herzklappe ist am Erb-Punkt jedoch nur begrenzt möglich. | |||
Linksventrikuläre Ausflussbahn und/oder Mitralklappe |
| ||
2. ICR rechts parasternal | Aortenklappe |
| |
| |||
5. ICR links medioklavikulär | Mitralklappe |
| Mitralklappeninsuffizienz |
| Mitralklappenprolaps | ||
| Mitralklappenstenose | ||
2. ICR links parasternal | Pulmonalklappe |
| Pulmonalklappenstenose |
| Pulmonalklappeninsuffizienz | ||
Ductus arteriosus Botalli |
| Persistierender Ductus arteriosus Botalli (PDA) | |
3./4. ICR links parasternal | Ventrikelseptum | ||
4. ICR rechts parasternal | Trikuspidalklappe | Trikuspidalklappeninsuffizienz | |
| Trikuspidalklappenstenose | ||
siehe auch: Klappenvitien und ihre Auskultationsbefunde |
Grundlagen: Herztöne und -geräusche
Siehe auch: Allgemeine Hinweise zur Auskultation
- 1. Herzton (physiologisch)
- Wandanspannung bei der Ventrikelkontraktion
- Schluss von Mitral- und Trikuspidalklappe
- 0,02–0,04 s nach Beginn des QRS-Komplexes
- Systolikum
- Physiologisch: Bei Jugendlichen, Schwangeren oder bei Aufregung und Anstrengung
- Pathologische Ursachen
- Insuffizienz der AV-Klappen (Mitral- und Trikuspidalklappe)
- Stenose einer Taschenklappe (Aorten- und Pulmonalklappe)
- Septumdefekt
- 2. Herzton (physiologisch)
- Schluss von Aorten- und Pulmonalklappe
- Liegt am Ende der T-Welle
- Spaltung des 2. Herztons
- Physiologische Spaltung
- Gespaltener 2. Herzton während der Inspiration (vor allem bei jüngeren Personen)
- Weite Spaltung
- Gespaltener 2. Herzton bei einer Volumen-/Druckbelastung des rechten Ventrikels (z.B. bei Pulmonalklappenstenose, Rechtsschenkelblock)
- Fixierte Spaltung
- Atemunabhängige Spaltung des 2. Herztons (bei ASD)
- Paradoxe Spaltung
- Gespaltener 2. Herzton bei einer Volumen-/Druckbelastung des linken Ventrikels (z.B. bei Aortenklappenstenose, Linksschenkelblock)
- Physiologische Spaltung
- Diastolikum (Herzgeräusch)
- Pathologische Ursachen
- Insuffizienz einer Taschenklappe (Aortenklappeninsuffizienz, Pulmonalklappeninsuffizienz)
- Stenose einer Atrioventrikularklappe (Mitralklappenstenose, Trikuspidalklappenstenose)
- Pathologische Ursachen
- Systolisch-diastolische Herzgeräusche (kontinuierlich)
- Shuntverbindung: Arteriovenöse Fistel, offener Ductus arteriosus botalli
- 3. Herzton
- Tieffrequenter, ventrikulärer Füllungston zu Beginn der Diastole (protodiastolischer Zusatzton)
- Ca. 0,15 s nach dem 2. Herzton
- Bei Kindern und Jugendlichen physiologisch
- Pathologische Ursachen
- Diastolische Volumenüberlastung ("Diastolic Overload") bei Mitralklappeninsuffizienz, Herzinsuffizienz, konstriktiver Perikarditis oder Hyperthyreose
- 4. Herzton (Synonym: "Vorhofgalopp")
- Leiser, niedrigfrequenter Ton kurz vor dem 1. Herzton
- Entspricht einer spätdiastolischen Vorhofkontraktion gegen einen erhöhten linksventrikulären Druck (z.B. bei linksventrikulärer Hypertrophie aufgrund einer Aortenklappenstenose)
Veraltet: Sechstel-Klassifikation der Lautheit
Lautstärke des Geräusches | Interpretation |
---|---|
1/6 | Sehr leises, vom Geübten noch wahrnehmbares Geräusch |
2/6 | Leises, jedoch gut erkennbares Geräusch |
3/6 | Mittellautes Geräusch, durch die aufgelegte Hand hindurch auskultierbar |
4/6 | Lautes Geräusch mit Schwirren, noch proximal des Handrückens auskultierbar |
5/6 | Sehr lautes Geräusch, von der aufgelegten Hand bis zum Unterarm fortgeleitet |
6/6 | Distanzgeräusch, auch ohne direktes Aufsetzen des Stethoskops hörbar |
Herzgeräusche bei Kindern
Bei Kindern können die Herzgeräusche nach ihrer Ursache in drei Kategorien eingeteilt werden:
- Organische Herzgeräusche: Verursacht durch einen organischen Herzfehler (bspw. durch eine angeborene Pulmonalklappenstenose)
- Funktionelle Herzgeräusche: Verursacht durch eine anormale Herzfunktion
- Häufige Ursachen: Fieber, Anämie, Hyperthyreose
- Akzidentelle Herzgeräusche: Physiologische Herzgeräusche ohne organische Ursache, die häufig lageabhängig und eher leise sind
Ein Herzgeräusch sollte bei Erstdiagnose stets eine Abklärung mit Echokardiografie oder anderen geeigneten kinderkardiologischen Methoden initiieren!
Apparative Diagnostik in der Kardiologie
- Elektrokardiografie
- Echokardiografie: Durchführung je nach Indikation als TTE oder TEE, siehe auch Aortenklappenstenose
- Klappendiagnostik → Ermöglicht Einstufung der Schwere eines Vitiums (gering-, mittel-, hochgradig)
- Bestimmung des mittleren Druckgradienten
- Physiologisch: Bei gesunden Herzklappen ist der Druckgradient annähernd null
- Pathologisch: Bei Stenosen oder künstlichen Herzklappen ist der Druckgradient erhöht
- Bestimmung der Klappenöffnungsfläche: Vermindert bei einer Klappenstenose
- Bestimmung des Refluxes im Farbduplex: Erhöht bei einer Klappeninsuffizienz
- Bestimmung des mittleren Druckgradienten
- Beurteilung der Pumpfunktion
- Nachweis und Beurteilung weiterer Auffälligkeiten (Septumdefekt, Aneurysma, Thrombus, u.a.)
- Klappendiagnostik → Ermöglicht Einstufung der Schwere eines Vitiums (gering-, mittel-, hochgradig)
- Röntgen-Thorax (ausführliche Darstellung siehe dort)
- Herzschatten: Sollte nicht mehr als die Hälfte des in p.a.-Röntgenaufnahme sichtbaren Transversaldurchmessers des Thorax einnehmen
- Herzkontur in der p.a.-Aufnahme
- Rechter Rand (von kaudal nach kranial): rechter Vorhof → V. cava superior
- Linker Rand (von kaudal nach kranial): linker Ventrikel → Herzohr (linker Vorhof) → Pulmonalissegment (Truncus pulmonalis) → Aortenknopf (Aortenbogen)
- Kaudaler Rand: rechter Ventrikel
- Herzkontur in der seitlichen Aufnahme
- Ventraler Rand: rechter Ventrikel
- Kaudaler Rand: linker Ventrikel
- Dorsokranialer Rand: linker Vorhof
- Herzkontur in der p.a.-Aufnahme
- Herzschatten: Sollte nicht mehr als die Hälfte des in p.a.-Röntgenaufnahme sichtbaren Transversaldurchmessers des Thorax einnehmen
- Computertomografie
- Kardio-MRT
- Myokardszintigrafie (eher bei ischämischer Herzkrankheit)
- Ergometrie
Invasive Diagnostik
- Herzkatheteruntersuchung
- Koronarangiografie evtl. mit Durchführung einer PCI
- Druckmessung im Ventrikel und in der Aorta, um den Grad der Stenose abzuschätzen
- Laevokardiografie und direkte Darstellung und Quantifizierung eines Kontrastmittelrefluxes bei Insuffizienzen
- Rechtsherzkatheter
-
Elektrophysiologische Untersuchung (bei Herzrhythmusstörungen)
- Liegt eine Störung vor, wird die Untersuchung häufig mit einer direkten Therapie (z.B. Ablation) kombiniert
- Myokardbiopsie
- Indikationen
- Follow-Up nach Herztransplantationen (Ausschluss einer Abstoßungsreaktion)
- Verdacht auf Kardiomyopathie, Myokarditis oder Systemerkrankungen mit kardialer Beteiligung (Sarkoidose, Amyloidose, Hämochromatose)
- Indikationen
Studientelegramme zum Thema
- Studientelegramm 155-2021-3/3: Die Leiden der jungen Linkshänder
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