Abstract
In der Therapie maligner Erkrankungen können u.a. Chemotherapie, Strahlentherapie und sog. Biologicals einzeln oder auch in Kombination zum Einsatz kommen. Die in der Tumortherapie angewendeten Therapieschemata wirken sich häufig nicht nur auf Tumorzellen, sondern auch auf den Stoffwechsel gesunder Zellen des Patienten toxisch aus. So können bereits durch die maligne Systemerkrankung selbst bestehende Komplikationen (z.B. Anämie, Immunsuppression) weiter verschärft werden. Es können jedoch auch therapiebedingte Komplikationen hinzukommen, wobei eine klare Abgrenzung oft nicht möglich ist. Insbesondere im Rahmen von Kombinations- und/oder Hochdosistherapieschemata resultieren bei den Patienten teils starke Nebenwirkungen, die therapielimitierend sein können. Sowohl der Prophylaxe als auch der supportiven Therapie kommt daher in der Betreuung onkologischer Patienten eine besondere Bedeutung zu.
Zu den häufig von diesen toxischen Effekten betroffenen Geweben zählen insb. die Schleimhäute des Magen-Darm-Traktes, die Haut mit Anhangsgebilden und das Knochenmark (und folglich auch Blut- sowie Immunzellen). Typische Nebenwirkungen der medikamentösen Tumortherapie sind daher die Tumortherapie-induzierte Diarrhö, die orale Mukositis, Übelkeit und Erbrechen, dermatologische Veränderungen sowie Anämie und Neutropenie. Im Folgenden werden diese Krankheitsbilder aufgeführt sowie ein diagnostischer und therapeutischer Ansatz geboten. Die Empfehlungen beziehen sich dabei speziell auf die Therapie von Erwachsenen. Außerdem werden unerwünschte Wirkungen der Strahlentherapie hier nicht betrachtet.
Nicht-medikamentöse supportive Therapie
- Infektionsschutz
- Allgemeine Hygienemaßnahmen (bspw. regelmäßige Hände- und Oberflächendesinfektion)
- Keimarme Räume, Schleusen, Schutzkleidung
- Vermeidung von invasiven Maßnahmen (Blasenkatheter, Zugänge, unnötige Blutentnahmen)
- Mundhygiene und ggf. zahnärztliche Betreuung zur Vermeidung einer oralen Mukositis
- Psychoonkologische Betreuung
- Beratung und Betreuung bei Diagnosestellung, Therapieplanung und Komplikationen, ggf. bei Rezidiv und in Palliativsituationen
- Aufklärung über eventuelle Komplikationen und Handlungsoptionen zur Prophylaxe
- Ggf. psychotherapeutische Behandlung
- Physio- und Ergotherapie: U.a. zur Prophylaxe von Fatigue, Kachexie und Chemotherapie-induzierter Neuropathie
Therapie bei Komplikationen
Zu den wichtigsten Komplikationen der Tumortherapie gehören Diarrhö, orale Mukositiden, Tumortherapie-induziertes Erbrechen, dermatologische Veränderungen und Anämien. Im Folgenden werden die Krankheitsbilder kurz definiert und ein Leitfaden zur Diagnostik und Therapie gestellt. Die Angaben beziehen sich dabei auf Nebenwirkungen der medikamentösen Tumortherapie bei erwachsenen Patienten.
Diarrhö
Pathophysiologie
- „Klassische“ Chemotherapeutika: Darmmukositis, Motilitätsstörungen und Ausschüttung sekretorischer Signalstoffe
- Irinotecan: Cholinerges Syndrom mit akuter, wässriger Diarrhö
- Biologicals: Mechanismen ungeklärt
Klassifikation
Die Klassifikation erfolgt anhand der Common Terminology for Adverse Events (CTAE) des National Cancer Instituts (NCI). Gemessen wird die Stuhlfrequenz über der individuellen Baseline.
Schweregrad | Grad 1 | Grad 2 | Grad 3 | Grad 4 | Grad 5 |
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Bewertete Parameter |
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| Tod |
Behandlung | Bei fehlenden Komplikationen ambulante Behandlung möglich | Bei fehlenden Komplikationen ambulante Behandlung möglich | Hospitalisation | Hospitalisation und dringender Interventionsbedarf | |
Therapieentscheidende Zusatzsymptome: Fieber, Übelkeit, Erbrechen, Krämpfe, Elektrolytentgleisung, Hypovolämie, Neutropenie |
Risikofaktoren
- Auswahl und Dosierung sowie Dauer der medikamentösen Tumortherapie
- Simultane Strahlentherapie des Abdomens/Beckens
- Höheres Alter
- Reduzierter Allgemeinzustand und/oder Mangelernährung vor Therapiebeginn
- Vorbestehende Darmerkrankungen wie bspw. CEDs, Reizdarmsyndrom, Zöliakie
- Darmoperationen in der Vergangenheit mit Einschränkung der Darmfunktionalität
- Stoma
Diagnostik
- Anamnese
- Stuhlgang: Dauer, Häufigkeit, Konsistenz, Blutbeimengungen
- Begleitsymptome : Übelkeit, Erbrechen, Fieber , Bauchkrämpfe, Tenesmen, Schwindel
- Hinweise auf auslösende Faktoren: Medikamente (Antibiotika, Protonenpumpeninhibitoren, NSAIDs), Infektionen oder entzündliche Veränderungen , verändertes Nahrungsverhalten
- Bisherige Therapiemaßnahmen
- Körperliche Untersuchung
- Einschätzung des Flüssigkeitsverlusts
- Bestimmung der Kreislaufparameter
- Ausführliche Untersuchung des Abdomens
- Digital-rektale Untersuchung
- Labordiagnostik
- Differenzialblutbild, Leberwerte, CRP, Elektrolytbestimmung, Albumin, Gesamteiweiß, Retentionsparameter, Blutzucker , ggf. auch Blutgasanalyse und Laktat und Schilddrüsenhormone
- Blutkulturen bei Fieber obligat!
- Bildgebung
- Abdomensonografie
- CT-Untersuchung bei Hinweisen auf Komplikationen wie Ileus, Peritonitis, Perforation
- Endoskopie
- Eher zurückhaltender Einsatz, nur bei zunehmenden bzw. persistierenden Beschwerden
- Kontraindikation bei V.a. neutropene Enterocolitis, da das Risiko einer Darmperforation zu hoch ist
Zur weiteren Diagnostik bei Hinweisen auf eine infektiöse Ursache, siehe auch Klinisches Management der akuten Durchfallerkrankung.
Prophylaxe
- Keine Empfehlung zur medikamentösen Prophylaxe
- Ggf. Gabe von Synbiotika bei immunkompetenten Patienten
- Atropin bei durch Irinotecan ausgelöstem cholinergen Syndrom in der Anamnese und geplanter erneuter Irinotecangabe
Therapie
- Generell: Flüssigkeits- und Elektrolytausgleich
- Unkomplizierte Fälle: Grad 1 oder 2
- Mehrere kleine Mahlzeiten pro Tag (Bananen, Reis, Toast, Nudeln)
- Zufuhr von klarer Flüssigkeit
- Nahrungsmittelkarenz: Kein Alkohol, keine Lactoseprodukte, keine hochosmolaren Nahrungsbestandteile
- Loperamid
- Komplizierte Fälle: Grad 3 oder 4 oder Grad 1 oder 2 mit Risikofaktoren (Krämpfe, Übelkeit, Erbrechen, Fieber, Neutropenie, Dehydratation) oder therapierefraktäre Diarrhö über 48 h
- Stationäre Aufnahme
- Diagnostik: Stuhluntersuchung , Labordiagnostik (Blutbild, Elektrolyte etc., siehe Diagnostik), abdominelle Untersuchung
- Intravenöse Rehydrierung
- Ggf. zusätzlich Octreotid
- Alternativ: Off-Label-Einsatz von Codein, Budesonid, Racecadotril oder Tinctura opii
- Antibiotikagabe erwägen
- Atropingabe bei cholinergem Syndrom durch Irinotecan
- Auswirkung auf Tumortherapie
- In schwerwiegenden Fällen Aussetzen der Chemotherapie bis zum Abklingen der Symptome
- Ggf. Dosisreduktion im nächsten Zyklus
Orale Mukositis
Hintergrund
- Definition: Eine durch Chemo- bzw. Tumortherapie hervorgerufene Schädigung der Mukosa im Bereich des Rachens und des Mundes
- Pathophysiologie: Multifaktorieller Prozess mit Zusammenwirken zahlreicher Faktoren
- Merkmale
- Atrophie des Plattenepithels
- Ulzerationen im Bereich der Mukosa
- Schädigung von Gefäßen
- Veränderter Speichelfluss
Risikofaktoren
- Therapiebezogene Risikofaktoren
- Hochdosischemotherapie
- Allogene Stammzelltransplantation
- Patientenbezogene Risikofaktoren
- Schlechte Mundgesundheit und -hygiene
- Reduzierter Speichelfluss
- Genetische Faktoren
- Eingeschränkte Nieren-/Leberfunktion
- Vorausgegangene Tumortherapie im Bereich des Kopfes oder Halses
Klassifikation
In der klinischen Praxis finden mehrere Klassifikationssysteme Anwendung, z.B. das Klassifikationssystem der WHO sowie der „Common toxicity criteria (CTC)“ oder auch die Toxizitätskriterien der Radiation Therapy Oncology Group (RTOG).
Grad 0 | Grad 1 | Grad 2 | Grad 3 | Grad 4 | |
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WHO |
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CTC |
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RTOG |
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Diagnostik
- Anamnese: Standardisierte Befragung des Patienten und Dokumentation nach Klassifikationssystemen (siehe oben)
- Klinische Untersuchung
- Untersuchung des Mundraumes und Rachens (Innenseiten der Lippen, Innenseiten der Wangen, Seitenflächen und Unterseite der Zunge, weicher Gaumen)
- Ggf. Laryngoskopie, insb. bei Heiserkeit und Stimmveränderungen
Prophylaxe und Therapie
- Prophylaxe
- Mund- und Zahnpflege
- Meiden von Noxen und Reizung
- Mitbetreuung und ggf. Versorgung durch Zahnmediziner/Dentalhygieniker
- Kryotherapie: 30-minütiges Lutschen von Eiswürfeln
- Keine ausreichende Evidenz für Low-Level-Lasertherapie, GM-CSF oder topische Anwendung von bspw. vitaminangereicherten, kamille- oder iodhaltigen Lösungen
- Therapie
- Fortführen der Mund- und Zahnpflege
- Bonner Lösung topisch [1]
- Rezeptur
- Dosierung
- Topische Schmerztherapie: Mundspüllösung mit 0,5% Doxepin (Off-Label Use) oder Mundspüllösung mit Morphin 0,2%
- Schmerztherapie nach WHO-Stufenschema: Bei starken Schmerzen systemische Gabe von (retardierten) Opioiden
Übelkeit und Erbrechen
Hintergrund [2][3][4]
- Synonyme: Chemotherapy-induced nausea and vomiting (= CINV)
- Definitionen
- Akutes Erbrechen
- Verzögertes Erbrechen
- Antizipatorisches Erbrechen
- Epidemiologie: Häufige Nebenwirkung, v.a. bei medikamentöser Tumortherapie
- Inzidenz der Übelkeit: 40–50% der Patienten während der Chemotherapie
- Inzidenz des Erbrechens: 20–30% der Patienten während der Chemotherapie
- Therapiebedingte Risikofaktoren: Zytostatika mit hohem emetogenem Potenzial , hohe Dosierungen, i.v. Applikation , Kombinationstherapien
- Einteilung der Chemotherapeutika in vier Risikogruppen: hohes, moderates, geringes und minimales Risiko
- Patientenseitige Risikofaktoren: Weibliches Geschlecht, jüngeres Alter, Reisekrankheit und/oder Schwangerschaftserbrechen in der Vorgeschichte, CINV in der Vorgeschichte, größere Angst vor Therapie/Erkrankung
- Therapiezeitpunkt: Standard bei hohem emetogenem Potenzial/Risiko ist die Prophylaxe
Prophylaxe
Tumortherapie-induzierte Übelkeit und Erbrechen werden mithilfe eines vor Chemotherapie festgelegten Therapieregimes prophylaktisch behandelt. Eine symptomatische Therapie nach Auftreten der ersten Symptome zeigt meist keinen Erfolg. Nach jedem Zyklus einer Chemotherapie soll das genutzte Regime zur antiemetischen Prophylaxe bewertet und ggf. angepasst werden.
Standardschemata zur Prophylaxe
Standardschemata zur antiemetischen Prophylaxe [5] | ||
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Risiko | Kombinationstherapie an Tag 1 (VOR Chemotherapiebeginn) | Kombinationstherapie an Tagen 2–3 |
Hohes Risiko |
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Moderates Risiko |
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Geringes Risiko |
| — |
Mehrtages-Chemotherapie mit PEB (Cisplatin, Etoposid, Bleomycin) und Hochdosistherapie [5] |
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Antizipatorisches Erbrechen |
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Eine antiemetische Behandlung unter Einschluss von NK1-Rezeptor-Antagonisten, welche für hoch emetogene Chemotherapie einschließlich Carboplatin vorgesehen ist, soll unterlassen werden bei Patienten, welche eine Chemotherapie mit niedrigem oder moderatem Risiko für Übelkeit und Erbrechen erhalten (DGIM - Klug entscheiden in der Hämatologie und medizinischen Onkologie).
Medikamente zur Prophylaxe
- 5-HT3-Antagonisten: Ondansetron p.o. oder i.v. , Granisetron p.o. oder i.v.
- NK1-Rezeptor-Antagonisten: z.B. Aprepitant oral , Fosaprepitant i.v.
- Glucocorticoide: Dexamethason oral oder i.v.
„Rescue-Therapie“
Standard in der Therapie von Tumortherapie-induzierter Übelkeit und Erbrechen ist die Prophylaxe. Sollte es während eines Therapiezyklus doch zu Übelkeit und Erbrechen kommen, stehen einige sog. „Rescue“-Therapie-Optionen zur Verfügung.
- Antipsychotika: Bspw. Olanzapin , Haloperidol oder Levomepromazin
- Benzodiazepine: Lorazepam oder Diazepam
- H1-Rezeptorantagonist: Dimenhydrinat
- Dopamin-2-Rezeptor-Antagonist: Metoclopramid
- Cannabinoide (siehe auch Medizinische Verwendung von Cannabis)
Hauttoxizität
Akneiformes Exanthem
- Synonym: Rash
- Risikofaktoren: V.a. bei gegen EGFR gerichteten Antikörpern wie Cetuximab oder Panitumumab
- Prophylaxe während der EGFR-Inhibitor-Therapie
- UV-Schutz
- pH-neutrale und harnstoffhaltige Hautpflegeprodukte
- Meiden von Noxen und Reizung
- Tetracycline zur Reduktion des Schweregrades (Doxycyclin , Minocyclin )
- Therapie (je nach Schweregrad anhand des CTCAE )
- Leichte Hautreaktion: Basismaßnahmen fortführen und topische Antibiotikabehandlung
- Moderate Hautreaktion: Plus topische Glucocorticoide
- Schwere Hautreaktion: Plus systemische Glucorticoide und systemische Antibiotikagabe (Doxycyclin, Minocyclin), ggf. zusätzlich systemische Retinoide (bspw. Isotretinoin)
Pruritus und Xerosis cutis
- Erscheinungsbild
- Trockene, schuppende, teils papierartige Haut und einhergehender, teils sehr belastender Juckreiz („Pruritus“)
- Hauttrockenheit und Pruritus können auch in Zusammenhang mit dem akneiformen Exanthem auftreten
- Pruritus tritt meist als Hautreaktion der späten Phase nach Tumortherapie auf und wird von Patienten als sehr belastend empfunden
- Risikofaktoren
- Häufig bei Therapie mit EGF-Rezeptor-Inhibitoren und Taxanen
- Patientenseitige Risikofaktoren sind höheres Alter, Begleitmedikationen, Diabetes mellitus und sonstige Komorbiditäten
- Pathophysiologie: Hinweise auf Beteiligung von Histamin, mutmaßlich auch Einfluss der EGFR-Inhibitoren auf Basalzell-Keratinozyten
- Prophylaxe und Therapie: Durch Prophylaxe häufig verhinderbar, die Therapie gestaltet sich bei manifestem Pruritus jedoch oft schwierig
- UV-Schutz
- pH-neutrale und harnstoffhaltige Hautpflegeprodukte
- Meiden von Noxen und Reizung
- Schweregradabhängige Therapie: Orale Antihistaminika , topische Glucocorticoide bei intensivem und/oder großflächigem Pruritus
- Bei schwerem, therapierefraktärem Pruritus wurde auch Pregabalin oder Gabapentin eingesetzt (siehe auch Therapie bei Pruritus)
Alopezie
- Synonyme: CIA = Chemotherapie-induzierte Alopezie, Haarausfall
- Risikofaktoren: Risiko abhängig vom eingesetzten Zytostatikum
- Häufig: Cyclophosphamid, Daunorubicin, Paclitaxel, Etoposid
- Gelegentlich: Bleomycin, Vincristin, Melphalan
- Selten: Carboplatin, Cisplatin, Methotrexat
- Prophylaxe und Therapie: Es existieren aktuell keine gesicherten medikamentösen Prophylaxe- oder Therapieoptionen
- Management: Haarersatz in Form von Perücken kann verschrieben und von der Krankenkasse bezuschusst werden
Hand-Fuß-Syndrom (HFS)
- Erscheinungsbild: Schmerzhafte, palmoplantar betonte Erytheme, auch Blasenbildung und Ulzerationen möglich
- Risikofaktoren: Häufig bei Therapie mit Anthracyclinen, Taxanen und Pyrimidinanaloga
- Prophylaxe
- Therapie: Bei schwergradigem HFS topische Glucocorticoide
Nagelveränderungen
- Erscheinungsbild: Farb- und Strukturveränderungen, Nagelverlust, Nagelbettveränderungen, bisweilen mit starken Schmerzen und drohender Superinfektion einhergehend
- Auftreten: Häufig bei EGF-Rezeptor-Inhibitoren, Taxanen
- Prophylaxe und Therapie
- Meiden von Noxen und Reizung
- Behandlung von vorbestehenden Grunderkrankungen
- Nagel- und Nagelbettpflege
- Antibiotische Therapie nach Erregertestung bei Superinfektion
Anämie
Definition
- Tumoranämie (syn. „Anemia of chronic disease“, ACD): Anämie, die im Rahmen der Grunderkrankung auftritt
- Tumortherapie-induzierte Anämie: Überbegriff für Anämien, die durch Chemotherapie, Strahlentherapie, sog „neue Substanzen“ (Biologicals) und Kombinationstherapien hervorgerufen werden
- Chemotherapie-induzierte Anämie: Anämie, die durch klassische Chemotherapeutika hervorgerufen wird
Epidemiologie
- Inzidenz unter Tumortherapie: 75%
- Inzidenz bei Strahlentherapie: Circa 40%
- Inzidenz bei kombinierter Radiochemotherapie: Circa 60%
Diagnostik [6]
Es sollte eine umfassende differenzialdiagnostische Abklärung, inklusive unabhängiger Ursachen (Blutungen, Vitamin B12-Mangel, Nierenfunktionsstörungen etc.) erfolgen.
- Blutbildveränderungen bei Tumoranämie
- Hämoglobin↓, Hämatokrit↓
- MCH n/↓, MCV n/↓
- Retikulozyten↓
- Anisozytose, Poikilozytose im Blutausstrich
- Entzündungsparameter: BSG, CRP, Fibrinogen können bei Tumorerkrankungen erhöht sein
- Differenzialdiagnostische Parameter
- Vitaminstatus: Vitamin B12, Folsäure
- Eisenstatus
- Ferritin
- Transferrin
- Transferrinsättigung
- Ggf. Zinkprotoporphyrin
- Ggf. lösl. Transferrinrezeptor (sTfR)
Für weitere Informationen siehe auch „Diagnosesicherung bei Verdacht auf Eisenmangel“.
Differenzierung Eisenmangel und Tumoranämie [7] | |||
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Eisenmangel | Anemia of chronic disease (ACD) | Kombinierte Störung | |
Klassifikation |
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| |
Ferritin | ↓ | ↑ | n/↑ |
Transferrin | ↑ | ↓/n | (↓) |
Transferrinsättigung | ↓ | (↓) | ↓ |
Löslicher Transferrinrezeptor (sTfR) | ↑ | n/↑ | n/↑ |
Löslicher Transferrinrezeptor (sTfR) / log Ferritin | ↑ (>2) | ↓ (<1) | ↑ (>2) |
Auch bei bekannter chronischer Erkrankung müssen differenzialdiagnostisch andere Ursachen für eine bestehende Anämie abgeklärt werden!
Bei Patienten mit maligner Erkrankung und Chemotherapie kann auch eine kombinierte Störung aus „Anemia of Chronic Disease“ (Eisenverwertungsstörung, gestörte Erythropoese etc.) und tatsächlichem Eisenmangel vorliegen.
Therapie der Chemotherapie-induzierten Anämie
- Indikation: Grundsätzlich nur symptomatische(!) Anämie
- Wirkstoffe (Empfehlungen gelten nur für Chemotherapie-induzierte Anämie)
-
Erythropoese-stimulierende Agenzien (ESA)
- Gabe ab Hb-Wert ≤10 g/dL (6,2 mmol/L) zu erwägen
- Maximale Steigerung auf 12 g/dL (7,5 mmol/L)
- Eisensubstitution: Ggf. zusätzliche i.v. Eisengabe bei Tumoranämie und Eisenmangel (siehe Eisensubstitution bei Tumoranämie)
- Indikation zur Erythrozytentransfusion gemäß generellen Empfehlungen der Querschnitts-Leitlinien (siehe Indikationsstellung zur Transfusion von Erythrozytenkonzentraten)
-
Erythropoese-stimulierende Agenzien (ESA)
Sonstige
Ossäre Manifestationen und Komplikationen
- Siehe auch „Sekundäre maligne Knochentumoren (Knochenmetastasen)“ und „Osteoporose“
- Ausführliche Darstellung der Prophylaxe und Therapie siehe DGHO-Leitlinie „Supportive Therapie bei onkologischen PatientInnen“
Prophylaxe und Therapie eines Tumorlyse-Syndroms
Chemotherapie-induzierte Neuropathie (CIPN)
- Siehe „Polyneuropathie“
Prophylaxe bei Neutropenie
Management der Neutropenie
Zur Prophylaxe und Therapie des neutropenischen Fiebers siehe auch „Fieber in Neutropenie“.
Antivirale Prophylaxe bei Tumortherapie
- Grundlagen
- Gefahr der Reaktivierung einer bestehenden Infektion: Herpes-simplex-Viren (HSV), Varizella-Zoster-Virus (HZV) und Hepatitis-B-Virus (HBV)
- Nach allogener Stammzelltransplantation zusätzlich: Epstein-Barr-Virus (EBV) und Zytomegalievirus (CMV)
- Selten Neuinfektionen
- Allgemeine antivirale Prophylaxe
- Influenzaimpfung: Bei allen Patienten, die eine systemische Tumortherapie erhalten
- Prophylaktische Aciclovirgabe : Bei Therapie mit Alemtuzumab, Purinanaloga oder Proteasom-Inhibitoren
- Prophylaxe einer HBV-Reaktivierung
- Indikationen
- Tumorerkrankungen: ALL, AML, CLL, Lymphome, multiples Myelom, Mammakarzinom
- Oder Tumortherapie mit folgenden Substanzen: Anthracycline, Glucocorticoide, Anti-CD20-AK, Alemtuzumab, Purinanaloga
- Screening: HBsAg und Anti-HBc-Antikörper, ggf. zusätzlich HBV-DNA, falls einer der Marker positiv
- Vorgehen
- Aktive Infektion und niedrige Viruslast : Lamivudin bis 6–12 Monate nach Beendigung der Therapie
- Aktive Infektion und hohe Viruslast : Entecavir oder Tenofovir bis 6–12 Monate nach Beendigung der Therapie
- Latente Infektion mit Virusnachweis : Lamivudin, Entecavir oder Tenofovir
- Latente Infektion ohne Virusnachweis : Kontrolle alle 1–3 Monate
- Keine Infektion : Keine Prophylaxe, Impfung erwägen
- Keine Prophylaxe einer CMV-, EBV- oder HCV-Reaktivierung
- Indikationen
Studientelegramme zum Thema
- Studientelegramm 33-2018-4/4: Fitnesstraining bei Krebspatienten
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