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Periphere Fazialisparese

Letzte Aktualisierung: 27.10.2023

Abstracttoggle arrow icon

Eine periphere Fazialisparese tritt meist idiopathisch auf, kann aber auch zahlreiche andere Ursachen haben. Neben erregerbedingter Genese kann sie z.B. auch traumatisch oder iatrogen verursacht sein. Die Gesichtsmuskulatur ist ipsilateral in unterschiedlichem Ausmaß gelähmt. Bei einer vollständigen Lähmung hängt der Mundwinkel, die Stirn kann nicht gerunzelt und das Auge nicht geschlossen werden. Die idiopathische Fazialisparese wird für einige Tage mit Prednisolon behandelt. Kann das Auge nicht geschlossen werden, ist ein Schutz der Hornhaut mit Salbe notwendig. Die Prognose ist relativ gut. Bei erregerbedingten Fazialisparesen wird antibiotisch (bei Neuroborreliose) oder antiviral (bei Zoster oticus) behandelt.

Die periphere Fazialisparese ist von der zentralen fazialen Parese abzugrenzen. Bei der zentralen Form bleibt das Stirnrunzeln sowie der Lidschluss aufgrund der motorischen Innervation beider Großhirnhemisphären erhalten, die mimische Muskulatur fällt kontralateral aus.

Epidemiologietoggle arrow icon

  • Idiopathische Fazialisparese [1]
    • Inzidenz: 20–30 Fälle/100.000 Einwohner pro Jahr
    • Geschlecht: =
  • Sonstige periphere Fazialisparesen
    • Keine Zahlen aufgrund heterogener Ätiologie

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

Ätiologietoggle arrow icon

Pathophysiologietoggle arrow icon

Je nach Läsionsort kann die Fazialisparese in eine periphere oder zentrale Parese eingeteilt werden. Eine periphere Fazialisparese resultiert meist aus einer Schädigung des Nerven in seinem Verlauf nach Austritt aus dem Hirnstamm bis zum innervierten Organ oder (seltener) aus einer isolierten Läsion der motorischen Kerngebiete im Hirnstamm (nukleäre Fazialisparese). Der zentralen fazialen Parese liegt eine Schädigung der Bahnen zwischen Kortex und motorischen Fazialiskernen (supranukleäre Fazialisparese) zugrunde.

Peripherer bzw. infranukleärer Verlauf des Nervus Fazialis

Fasern aus Kerngebieten des Pons sowie des Übergangsbereiches zwischen Pons und Medulla oblongata umrunden den Nucleus nervi abducentis → Austritt an der Unterkante des Pons, aufgeteilt in den eigentlichen N. facialis und den N. intermedius Zieht durch den Porus acusticus internus ins Felsenbein → Canalis nervi facialis → Innerhalb des Kanals liegen das äußere Fazialisknie und der Abgang folgender Nerven

  1. N. petrosus major: Parasympathische Fasern für Schleimhautdrüsen in der Nase und für die Tränendrüse
  2. N. stapedius: Motorische Fasern zum M. stapedius
  3. Chorda tympani: Via Ganglion geniculi als Geschmacksfasern und via Ganglion submandibulare als parasympathische Fasern für die Speicheldrüsen Glandula sublingualis und Glandula submandibularis

Ende des Canalis nervi facialis und Austritt durch das Foramen stylomastoideum mitsamt der A. stylomastoidea → Danach Abzweigung des N. auricularis posterior → Danach Bildung des Plexus intraparotideus mit Abgang der motorischen Fasern für die mimische Muskulatur, den M. stylohyoideus und den M. digastricus

Symptome/Kliniktoggle arrow icon

Die Kaumuskulatur ist von einer Fazialisparese nicht betroffen, sie wird durch den N. trigeminus innerviert!

Diagnostiktoggle arrow icon

Körperliche Untersuchung

Weitergehende Diagnostik

Die idiopathische periphere Fazialisparese ist eine Ausschlussdiagnose!

Differenzialdiagnosentoggle arrow icon

Zentrale faziale Parese („Zentrale Fazialisparese“)

AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Therapietoggle arrow icon

Allgemeine Maßnahmen

  • Schutz des Auges vor Austrocknung
    • Dexpanthenol-Augensalbe
    • Tränenersatzmittel
    • Uhrglasverband in der Nacht bei fehlendem Lidschluss
    • Bei persistierendem fehlendem Lidschluss (nach 1 Jahr)
      • Implantation von Gewichten in das Lid für Lidschluss („Lidloading“)
      • Mikrochirurgische Reinnervation durch Nervenanastomose etwa vom N. hypoglossus oder als Cross-Face-Nervennaht vom kontralateralen N. fazialis
  • Physiotherapie der mimischen Muskulatur

Maßnahmen nach Ursache

Prognosetoggle arrow icon

  • In 80% der Fälle vollständige Ausheilung der idiopathischen Fazialisparese
    • Ungünstige prognostische Faktoren
      • Hohes Alter
      • Komplette Lähmung
      • Keine Besserung unter Therapie in den ersten drei Wochen
    • Teilweise Defektheilung mit pathologischen Mitbewegungen (Lidspalte bei Mundbewegung), Kontrakturen oder Krokodilstränen beim Essen (durch nervale Fehleinsprossung)
  • Sekundäre periphere Fazialisparese

Besondere Patientengruppentoggle arrow icon

Schwangere [3]

  • Insb. 3. Trimenon
  • Prednisolontherapie nur stationär in Klinik für Geburtshilfe, sonst keine Abweichungen in Diagnostik und Therapie
  • Regelmäßige Blutzuckerkontrollen unter Therapie
  • Etwas ungünstigere Prognose als in der Normalbevölkerung

Kodierung nach ICD-10-GM Version 2023toggle arrow icon

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2023, DIMDI.

Quellentoggle arrow icon

  1. S2k-Leitlinie Therapie der idiopathischen Fazialisparese (Bell's Palsy).Stand: 31. März 2017. Abgerufen am: 31. Januar 2017.
  2. Brandt et al.: Therapie und Verlauf neurologischer Erkrankungen. 6. Auflage Kohlhammer 2012, ISBN: 3-170-21674-0.
  3. Neudert:Vorbereitung zur Facharztprüfung HNOIn: HNO. Band: 61, Nummer: 10, 2013, doi: 10.1007/s00106-013-2762-8 . | Open in Read by QxMD p. 878-882.
  4. Heckmann et al.:The Diagnosis and Treatment of Idiopathic Facial Paresis (Bell’s Palsy)In: Deutsches Aerzteblatt Online. 2019, doi: 10.3238/arztebl.2019.0692 . | Open in Read by QxMD.
  5. S1-Leitlinie Lumbalpunktion und Liquordiagnostik.Stand: 25. Juli 2019. Abgerufen am: 26. Juli 2021.
  6. Madhok et al.:Corticosteroids for Bell's palsy (idiopathic facial paralysis)In: Cochrane Database of Systematic Reviews. 2016, doi: 10.1002/14651858.cd001942.pub5 . | Open in Read by QxMD.
  7. Schünke et al. (Hrsg.): Prometheus Lernatlas der Anatomie: Kopf, Hals und Neuroanatomie. 4. Auflage Thieme 2015, ISBN: 978-3-131-39544-3.
  8. Hacke (Hrsg.): Neurologie. 14. Auflage Springer 2016, ISBN: 978-3-662-46891-3.
  9. Larner: A Dictionary of Neurological Signs. 3. Auflage Springer 2010, ISBN: 978-1-441-97094-7.

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