Abstract
Die Osteoporose ist eine systemische Skeletterkrankung, bei der infolge einer verringerten Knochenmasse und verschlechterten Mikroarchitektur des Knochens die Anfälligkeit für Frakturen erhöht ist. Von der Erkrankung sind vorwiegend postmenopausale Frauen betroffen. Neben einem hohen Lebensalter und postmenopausal verringerten Östrogenspiegeln können viele weitere Faktoren osteoporotische Frakturen begünstigen wie bspw. die langjährige Einnahme von Glucocorticoiden, Immobilität oder chronische Grunderkrankungen.
Die Osteoporose wird meist erst spät mit dem Auftreten sog. Fragilitätsfrakturen (meist Wirbelkörper- und/oder Schenkelhalsfrakturen) symptomatisch. Daher kommt dem Screening eine große Bedeutung zu, beginnend mit einer gezielten Anamnese und Berechnung des statistischen Frakturrisikos. Diagnostisch ist die Osteodensitometrie (DXA) wegweisend – sie kann eine verringerte Knochendichte nachweisen, ohne jedoch Ursachen zu differenzieren. Weitere Diagnostik wie Röntgen- oder Laboruntersuchungen dienen vorwiegend dem Nachweis von Frakturen bzw. dem Ausschluss anderer Ursachen für eine verminderte Knochendichte.
Ist eine Osteoporose nachgewiesen und liegt ein deutlich erhöhtes Frakturrisiko oder bereits eine Fraktur vor, sollte medikamentös therapiert werden. Hierbei bildet die Gabe von Vitamin D3 und Calcium stets die Basis und kann auch bereits prophylaktisch erfolgen. Zur spezifischen Therapie stehen antiresorptive Substanzen (Bisphosphonate, Denosumab) sowie osteoanabole Mittel (insb. Teriparatid) zur Verfügung. Des Weiteren sind der Erhalt der Mobilität und die Sturzprophylaxe wichtig.
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Definition
- Osteoporose: Systemische Skeletterkrankung mit Verringerung der Knochenmasse und Verschlechterung der Mikroarchitektur des Knochens und dadurch erhöhter Frakturanfälligkeit [3]
- Osteopenie: Vorstufe der Osteoporose
- T-Score < -1, aber > -2,5
- Osteomalazie: Isolierte Reduktion der Knochenmineralisation
Die Osteoporose sowie ihre Vorstufe Osteopenie gehen mit einer verringerten Knochendichte einher. Hiervon abzugrenzen ist die Osteomalazie, die nur die Mineralisation, nicht aber die organischen Bestandteile des Knochens betrifft!
Epidemiologie
- Prävalenz: 7,8% bei Frauen, 2% bei Männern (erwachsene Bevölkerung)
- Geschlecht: ♀ > ♂
- Erkrankung des höheren Lebensalters
Die Osteoporose betrifft primär ältere Patientinnen (in Studien Prävalenzen von über 40% bei Frauen >65 Jahre)! [3]
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
Primäre Osteoporose (ca. 90%)
- Typ I: Postmenopausale Osteoporose
- Typ II: Senile Osteoporose
-
Idiopathische Osteoporose (selten)
- Idiopathische juvenile Osteoporose
- Idiopathische Osteoporose junger Erwachsener
Sekundäre Osteoporose (ca. 10%)
- Medikamentös
- Systemische Langzeittherapie mit Glucocorticoiden : Dosisabhängig, insb. erhöhtes Risiko für vertebrale Frakturen [5]
- Außerdem: Langzeittherapie mit Protonenpumpenhemmern, Anfallssuppressiva , Aromatasehemmern , inhalative Glucocorticoide, SSRI
- Endokrinologische Erkrankungen mit Einfluss auf den Knochenstoffwechsel: Endogenes Cushing-Syndrom, Hypogonadismus, Klimakterium praecox, primärer Hyperparathyreoidismus, Hypophyseninsuffizienz, Hyperthyreose, Diabetes mellitus Typ 1 [5]
- Essstörungen
Weitere Risikofaktoren für osteoporotische Frakturen [5][6]
- Positive Familienanamnese
- Immobilität/Erkrankungen, die zu einer Einschränkung der Mobilität führen
- Frühe Menopause
- Erkrankungen und Medikamente, die das Sturzrisiko erhöhen
- Mangelernährung/Malabsorptionssyndrome , Leberfunktionsstörungen
- Mangel an Calcium und Vitamin D
- Niedriges Körpergewicht (BMI <20 kg/m2)
- Noxen: Alkoholabusus , starker aktiver Nikotinabusus (>15 Zigaretten/d) , Cadmium [2]
- Weitere Erkrankungen, die mit einem erhöhten Risiko für osteoporotische Frakturen assoziiert sind
- Entzündlich-rheumatische Erkrankungen
- Herzinsuffizienz
- Monoklonale Gammopathie unklarer Signifikanz
- Diabetes mellitus Typ 2 [5]
Pathophysiologie
- Physiologische Grundlagen
- Osteoklasten und Osteoblasten sorgen für kontinuierlichen Umbau des Knochens
- Für die Stabilität des Knochens ist eine Balance zwischen Aktivität von Osteoblasten und Osteoklasten entscheidend
- Siehe auch: Knochenumbau
- Höchste Knochendichte („Peak Bone Mass“): Um das 30. Lebensjahr, danach Abnahme um ca. 0,5% jährlich
- Postmenopausale Osteoporose
- Östrogen hemmt Differenzierung und Aktivierung von Osteoklasten
- Postmenopausal fehlt hemmender Einfluss → Vermehrter Knochenabbau bei unveränderter Osteoblastenaktivität (High-Turnover-Osteoporose)
- Insb. Spongiosa betroffen → Vorwiegend Wirbelkörperfrakturen
- Senile Osteoporose
- Im höheren Lebensalter kontinuierliche Abnahme der Osteoblastenaktivität → Schleichender Verlust von Knochensubstanz (Low-Turnover-Osteoporose)
- Spongiosa und Compacta gleichermaßen betroffen → Frakturen auch von Röhrenknochen
Eine Osteoporose kann durch erhöhten Knochenabbau („High-Turnover-Osteoporose“), durch verringerten Knochenaufbau (Low-Turnover-Osteoporose) oder durch eine Kombination beider Prozesse entstehen!
Symptome/Klinik
Eine Osteoporose wird v.a. über osteoporotische Frakturen symptomatisch. Für Frühsymptome wie diffuse Rückenschmerzen gab es in Studien keinen Nachweis.
- Pathologische Frakturen, sog. Fragilitätsfrakturen
- Senile Osteoporose: Vorwiegend Schenkelhalsfraktur, subkapitale Humerusfraktur, distale Radiusfraktur
- Postmenopausale Osteoporose: Vorwiegend Wirbelkörperfrakturen
- Wirbelsäulenveränderungen
-
Sinterung von Wirbelkörpern nach Frakturen → Kyphosierung und Verminderung der Körperhöhe
- Tannenbaumphänomen: Charakteristische Hautfalten des Rückens, die durch die Abnahme der Körperhöhe entstehen
-
Sinterung von Wirbelkörpern nach Frakturen → Kyphosierung und Verminderung der Körperhöhe
- Chronisches Schmerzsyndrom (insb. Rückenschmerzen) [6]
Diagnostik
Screening
Da eine Osteoporose meist erst spät, d.h. mit dem Auftreten von Frakturen, symptomatisch wird, kommt dem Screening und der Prävention eine große Bedeutung zu.
- Durchführung: 3-stufig je nach Prätestwahrscheinlichkeit
- Anamnese
- Risiko-Scores berechnen (bspw. FRAX-Score)
- Osteodensitometrie (mittels DXA)
- Für Details zur Indikationsstellung und Anwendung siehe: Osteoporose-Screening
Anamnese und körperliche Untersuchung
- Hinweise auf Osteoporose-typische Frakturen
- Akut: Rückenschmerzen und Klopfschmerz über der Wirbelsäule als Hinweise auf frische Fraktur
- Chronisch: Verringerung der Körpergröße, Tannenbaumphänomen, Rippen-Becken-Abstand <2 cm
- Frakturen nach Bagatelltraumen in der Vorgeschichte
- Risikofaktoren für osteoporotische Frakturen bzw. sekundäre Osteoporose
- Insb. Frage nach Medikamenteneinnahme, Familienanamnese, Beginn der Menopause
- Ermittlung des Sturzrisikos, bspw. mittels Tinetti-Test
Osteodensitometrie
Goldstandard: Dual X-ray-Absorptiometry (DXA): Messung der Knochenflächendichte in g/cm2 [7]
- Durchführung: LWS, Femur (gesamt) und Femurhals vermessen
- Ergebnis: Ermittlung des T-Scores: Abweichung in Standardabweichungen (SD) der mittels DXA gemessenen Knochenflächendichte von der Referenzknochenflächedichte (gesunde Kohorte um das 30. Lebensjahr)
Weitere Diagnostik
Konventionelles Röntgen in 2 Ebenen
- Indikation
- Nicht standardmäßig bei V.a. Osteoporose
- Bei V.a. Frakturen oder für differenzialdiagnostische Überlegungen
- Befunde
- Vermehrte Strahlentransparenz erst ab Verlust von 30% der Knochenmasse sichtbar
- Verschmälerung der Kortikalis
-
Rarefizierung der Trabekel: Schwund der Spongiosabälkchen im Zentrum des Wirbelkörpers
- Vertikal „gestreifte“ Wirbelkörper
- Rahmenstruktur mit Betonung der Deck- und Bodenplatte der Wirbelkörper
-
Wirbelkörperfrakturen
- Fischwirbel, Keilwirbel und Plattwirbel
Laboruntersuchungen [2]
- Blutbild und Entzündungsparameter
- Blutbild, BSG, CRP
- Ggf. Serumeiweißelektrophorese
- Elektrolyte und Proteine
- Alkalische Phosphatase: Normwertig bis leicht erhöht
- γGT
- Serumcalcium und Serumphosphat
- CAVE: Immer das korrigierte Calcium berechnen
- Kreatinin
- Ggf. 25-Hydroxycholecalciferol als Marker zur Bestimmung des Vitamin-D-Spiegels
- Bestimmung nur bei begründetem V.a. einen Mangel empfohlen, da Vitamin-D-Substitution ohnehin Bestandteil der Basistherapie der Osteoporose ist
- Siehe auch: Laborkonstellation Knochenerkrankungen
- Hormondiagnostik
- TSH
- Ggf. Testosteron bei Männern
- Urin
- Ggf. Cadmium-Bestimmung bei V.a. erhöhte Exposition
Screening
Überblick: Screening-Stufen
Die folgende Tabelle soll einen Überblick geben, in welcher Altersgruppe welches Verfahren als primäres Screening-Instrument verwendet werden sollte. Für spezielle Indikationen zur Berechnung des FRAX-Scores bzw. der Osteodensitometrie siehe den nächsten Abschnitt.
Stufenschema Osteoporose-Screening | ||||
---|---|---|---|---|
Maßnahmen | <50 Jahren (♀/♂) | 50–64 J. (♀) 50–74 J. (♂) | 65–69J. (♀) 75–79 J. (♂) | ≥70 J. (♀) ≥80 J. (♂) |
—* | ✓ | ✓ | ✓ | |
FRAX-Score berechnen | — | —* | ✓ | ✓ |
DXA | — | — | — | ✓ |
* Nur in Ausnahmefällen (V.a. osteoporotische Fraktur, Klimakterium praecox, hochdosierte Glucocorticoid-Therapie) |
Anwendung
Basis-Screening: Anamnese
- Abfragen der Risikofaktoren für osteoporotische Frakturen und Ursachen für eine sekundäre Osteoporose
- Allgemein empfohlen ab 50 Jahren
Berechnen von Risikoscores
- Indikation: Berechnung empfohlen bei ♀ ≥65 Jahre und ♂ ≥75 Jahre sowie bei allen Personen ≥50 Jahre mit Risikofaktoren für eine osteoporotische Fraktur oder eine sekundäre Osteoporose
- FRAX-Score: Auf epidemiologischen Datensätzen basierender Score zur Berechnung des absoluten 10-Jahres-Risikos, eine Osteoporose-typische Fraktur zu erleiden
- Parameter: Alter, Geschlecht, BMI, vorausgegangene Fragilitätsfraktur, Hüftfraktur bei Elternteil, gegenwärtiges Rauchen, Glucocorticoid-Einnahme, rheumatoide Arthritis, mit sekundärer Osteoporose assoziierte Erkrankung , Alkoholabusus, optional Knochendichte
- Limitationen: Unterschätzt das Risiko bei hochdosierter Glucocorticoid-Therapie, starkem Alkohol-/Nikotinkonsum und bei mehreren vorausgegangenen Frakturen
- Rechner siehe [9]
- Beurteilung: DVO-Leitlinie empfiehlt eine Osteodensitometrie (mittels DXA) ab einem 10-Jahres-Risiko von 20%
Indikationen der DXA
Erstdiagnostik
Insgesamt bleibt es eine individuelle Entscheidung, wann eine Osteodensitometrie empfohlen werden sollte, da keine klaren evidenzbasierten Richtwerte vorliegen .
- Eine Osteodensitometrie wird immer empfohlen
- Bei ♀ >70 Jahre, ♂ >80 Jahre
- Bei bereits vorliegenden Osteoporose-typischen Fragilitätsfrakturen
- Vor Beginn einer medikamentösen Therapie, die den Knochenstoffwechsel stark beeinträchtigt (z.B. hormonablative Therapien bei Prostatakarzinom)
- Bei berechnetem 10-Jahres-Risiko für eine osteoporosetypische Fraktur ≥20%
- Zusätzlich nach individueller Einschätzung des Frakturrisikos auf Grundlage vorliegender Risikofaktoren für osteoporotische Frakturen oder für sekundäre Osteoporose
Eine Osteodensitometrie (mittels DXA) ist sinnvoll, wenn ein erhöhtes Risiko für eine erniedrigte Knochendichte und/oder Stürze vorliegt und eine Therapie möglich und gewünscht ist!
Die Kosten für eine DXA können nicht immer über die GKV abgerechnet werden! Je nach Versicherung ist dies meist nur möglich, wenn bereits der starke V.a. eine osteoporotische Fraktur besteht. [10]
Verlaufskontrollen
Differenzialdiagnosen
- Maligne Erkrankungen
- Osteomalazie
- Hyperparathyreoidismus, inkl. renale Osteopathie
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Therapie
Osteoporose- und Frakturprophylaxe
- Körperliche Aktivität: Wichtig! Mobilisation, Krankengymnastik, Muskelstärkung, Gleichgewichtstraining [6][13]
- Ernährung
- BMI >20 kg/m2 anstreben
- Verzicht auf Alkohol und Nikotin
- Ausreichende Zufuhr von Calcium und Vitamin D
- Bei Patient:innen mit Risikofaktoren für Osteoporose oder Osteoporose ohne medikamentöse Therapie: Vitamin-D3-Substitution
- Kritische Prüfung der Medikamente
- Vermeidung/Reduktion Osteoporose-begünstigender Substanzen, insb. Glucocorticoide
- Absetzen sedierender Substanzen, insb. Benzodiazepine
- Geriatrisches Assessment, insb. Tinetti-Test zur Evaluation des Sturzrisikos
- Einsatz von Hilfsmitteln: Bspw. Gehstock, Rollator, Hüftprotektoren
Ohne körperliche Aktivität ist die Einnahme von Calcium und Vitamin D3 nutzlos!
Medikamentöse Therapie
Indikation
- Deutlich erhöhtes Risiko für osteoporotische Frakturen (10-Jahres-Risiko >30%)
- Kriterien
- Fragilitätsfraktur und T-Score ≤-2
-
Postmenopausale Frauen unter hochdosierter Glucocorticoid-Therapie
- Wenn ≥3 Monate eine Therapie mit ≥7,5 mg Prednisolon-Äquivalent erfolgte oder geplant ist und der T-Score ≤-1,5 beträgt oder bereits eine niedrigtraumatische Wirbelkörperfraktur vorliegt
- Berechnetes Frakturrisiko mittels Risikoscore oberhalb des Schwellenwertes von 30%
- FRAX-Score unter Einbeziehung der Knochendichte
- Individuelle Entscheidung bei besonderem Risikoprofil
- Altersabhängig bei erniedrigtem T-Score
- Kriterien
Altersabhängige Indikationsstellung nach T-Score | ||||||
---|---|---|---|---|---|---|
Lebensalter | T-Score | |||||
♀ | ♂ | -2 bis -2,5 | -2,5 bis -3 | -3 bis -3,5 | -3,5 bis -4 | <-4 |
50–60 | 60–70 | — | — | — | — | √ |
60–65 | 70–75 | — | — | — | √ | √ |
65–70 | 75–80 | — | — | √ | √ | √ |
70–75 | 80–85 | — | √ | √ | √ | √ |
>75 | >85 | √ | √ | √ | √ | √ |
Nach osteoporosetypischen Frakturen soll bei älteren Patienten i.d.R. eine spezifische Osteoporosetherapie eingeleitet werden. (DGIM - Klug entscheiden in der Endokrinologie)
Es gibt keine klare Evidenz, ab welchem T-Score therapiert werden sollte. Der Beginn einer medikamentösen Osteoporose-Therapie ist immer auch eine individuelle Entscheidung unter Abwägung von Nutzen und Risiko!
Vor Beginn einer Therapie
- Kontrolle von GFR und Serumcalcium, falls nicht bereits erfolgt
- Ggf. zahnärztliche Vorstellung (Gefahr von Kieferosteonekrosen unter Therapie mit Bisphosphonaten sowie Denosumab)
- Orale Inspektion zur Früherkennung
- Ausreichende Zufuhr von Calcium und Vitamin D sicherstellen!
- Calciumzufuhr mind. 1.000 mg/d (Ernährung oder durch Substitution )
- Substitution von Vitamin D3
Eine ausreichende Zufuhr von Calcium und Vitamin D ist die Basis der Osteoporosetherapie!
Auswahl des Wirkstoffs [11][12]
Die Auswahl des Wirkstoffs richtet sich nach der Ausprägung der Osteoporose (antiresorptive vs. osteoanabole Therapie), nach eventuellen Begleiterkrankungen (insb. Niereninsuffizienz) und nach der gewünschten Einnahmemodalität (p.o./i.v./s.c.) und dem Einnahmeschema (z.B. täglich, monatlich).
Auswahl antiosteoporotischer Medikamente | ||
---|---|---|
Situation | Wirkstoff | |
1. Wahl |
| |
Alternativen |
| |
Fortgeschrittene Niereninsuffizienz [12] |
| |
Sehr niedrige T-Scores und hohe Frakturgefahr |
| |
* Nach Therapie mit Teriparatid sollte immer eine Anschlussbehandlung mit Bisphosphonaten oder Denosumab erfolgen. ** Nach Therapie mit Romosozumab sollte immer eine Anschlussbehandlung mit Denosumab erfolgen. Genauere Informationen zu den Wirkstoffen und Dosierungen siehe unten: Wirkstoffe im Einzelnen |
Es gibt kaum Studien, die einen direkten Vergleich zwischen den verschiedenen antiosteoporotischen Medikamenten anstellen. Daher sind evidenzbasierte Empfehlungen zur Auswahl des Wirkstoffs nicht möglich! [11]
Wirkstoffe im Einzelnen [14][15]
Bisphosphonate (z.B. Alendronat)
- Wirkung: Antiresorptiv (Minderung des Knochenabbaus durch Hemmung der Osteoklasten)
- Durch Einlagerung in den Knochen Wirkung noch 2 Jahre über Therapieende anhaltend
- Wichtige Nebenwirkungen
- Hypokalzämie durch Komplexbildung mit Calcium
- Antiresorptiva-assoziierte Kiefernekrose
- Erhöhte Anfälligkeit für atypische Femurfrakturen [16]
- Wirkstoff
- Perorale Gabe
- Täglich: Alendronat , Risedronat (nur ♀)
- Wöchentlich: Alendronat , Risedronat (nur ♀)
- Monatlich: Ibandronat (nur ♀)
- Intravenöse Gabe (bei Kontraindikationen gegen eine orale Einnahme oder fehlender Compliance)
- CAVE: Langsame Gabe zur Vermeidung einer Nierenschädigung und einer Akute-Phase-Reaktion
- Alle 3 Monate: Ibandronat (nur ♀)
- Jährlich: Zoledronat [17]
- Perorale Gabe
Bisphosphonate sollten morgens und mind. 30 min vor dem Essen (verhindert Komplexbildung mit Calcium) mit reichlich stillem Wasser in aufrechter Körperhaltung (verhindert Ösophagitis) eingenommen werden!
Biologicals
- Denosumab
- Wirkung: Antiresorptiv
- Indikation
- ♀: Postmenopausale Osteoporose, Alternative zu Bisphosphonaten oder bei Unverträglichkeiten
- ♂: Erhöhtes Frakturrisiko bei Prostatakarzinom unter Androgendeprivation, stark verminderte Knochendichte
- Anwendung auch bei eingeschränkter Nierenfunktion möglich
- Wichtige Nebenwirkungen: Lebensgefährliche Hypokalzämien, Antiresorptiva-assoziierte Kiefernekrose, nach Absetzen Gefahr des Rebound-Phänomens
- Anwendung: Subkutan alle 6 Monate
- Romosozumab [18]
- Wirkung: Dual, osteoanabol und antiresorptiv
- Indikation: Schwere Osteoporose mit hohem Frakturrisiko bei postmenopausalen Frauen
- Wichtige Nebenwirkungen: Erhöhtes kardiovaskuläres Risiko, Anwendung daher nur bei Frauen ohne kardiovaskulärem Ereignis in der Vorgeschichte
- Anwendung: Monatlich subkutan [19], im Anschluss immer Therapie mit Denosumab
Selektive Östrogenrezeptor-Modulatoren (SERM)
- Wirkstoff: Raloxifen
- Wirkung: Antiresorptiv
- Senken v.a. das Risiko für Wirbelkörperfrakturen
- Indikation: Therapie der 2. Wahl bei postmenopausalen Frauen bei Kontraindikationen gegen Bisphosphonate/Denosumab
- Wichtige Nebenwirkungen
- Erhöhtes Thromboembolie- und Thromboserisiko (tiefe Beinvenenthrombose, Lungenembolie oder retinale Venenthrombose)
- Anwendung: Täglich peroral
Parathormon-Analoga
- Wirkstoff: Teriparatid
- Wirkung: Osteoanabol
- Steigert Calciumresorption/Phosphatausscheidung in der Niere und stimuliert Vitamin-D3-Synthese
- Wichtige Nebenwirkungen: Gliederschmerzen, Übelkeit, Schwindel, Anstieg der alkalischen Phosphatase möglich [20]
- Anwendung: Täglich subkutan , Anwendungsdauer auf max. 24 Monate begrenzt [14] → Im Anschluss Therapie mit antiresorptivem Medikament planen
Östrogene
- Indikation: Nur bei Unverträglichkeit/Kontraindikationen gegenüber anderen Medikamenten und bei zusätzlichen Indikationen für eine Östrogen-Therapie (bspw. starke klimakterische Beschwerden)
- Anwendung: I.d.R. in Kombination mit Gestagenen
- Nebenwirkungen/Kontraindikationen: Erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse und Mammakarzinome, daher nur unter strenger individueller Nutzen-Risiko-Abwägung
Nicht mehr empfohlene Substanzen
- Strontiumranelat (osteoanabol und antiresorptiv): Nicht mehr verfügbar
- Fluoride: Stimulieren Osteoblasten, jedoch in Studien keine Senkung der Frakturrate nachweisbar
- Calcitonin: Antiresorptiv über Osteoklastenhemmung, aufgrund besserer Alternativen jedoch nicht mehr verwendet
Verlaufskontrollen und Reevaluation der Therapie [12][21]
- Klinische Verlaufskontrollen zunächst alle 3–6 Monate mit Schwerpunkt auf
- Compliance und Verträglichkeit
- Änderung von Risikofaktoren (insb. Sturzrisiko), Komedikation, Nierenfunktion
- Mögliche Frakturen im Verlauf
- Therapieumstellung erwägen, wenn unter Therapie
- ≥2 osteoporotische Frakturen innerhalb von 3 Jahren auftreten oder
- Knochendichte um ≥3% abfällt
- Nutzen einer grundsätzlichen, regelmäßigen DXA unter Therapie nicht erwiesen, kann aber Compliance erhöhen
- Reevaluation der Therapie immer spätestens zum Ende der max. Therapiedauer, für die ein Nutzen nachgewiesen ist (spätestens aber nach 3–5 Jahren), dann Therapiepause erwägen und im Verlauf ggf. Wiederaufnahme der Therapie
- Im Anschluss an eine Therapie mit Teriparatid und Denosumab sollte immer eine weitere antiresorptive Therapie erfolgen
Wirkstoff(gruppe) | Max. Therapiedauer mit erwiesenem Nutzen |
---|---|
Bisphosphonate | p.o. 5 Jahre |
i.v. 3 Jahre | |
Denosumab | 3 Jahre |
Raloxifen | 8 Jahre |
Teriparatid | 24 Monate |
Da Bisphosphonate sich im Knochen einlagern, besteht ihre Wirkung über den Zeitpunkt der Gabe hinaus fort! Bei allen anderen Wirkstoffen fällt die Wirkung jedoch nach Beendigung der Therapie rasch ab!
Gibt es Zweifel an der Wirksamkeit einer Therapie, sollte auch immer eine mangelnde Compliance in Betracht gezogen werden (insb. bei oralen Bisphosphonaten aufgrund ihrer besonderen Einnahmebedingungen und Nebenwirkungen)!
Supportive Therapien [6]
- Psychosoziale Betreuung, Selbsthilfegruppen
- Schmerztherapie nach WHO-Stufenschema
- Opiate nach Möglichkeit vermeiden
- Ggf. Einsatz von Orthesen der Wirbelsäule
- Ggf. Vertebroplastie/Kyphoplastie
Studientelegramme zum Thema
- HOMe Studientelegramme Innere Medizin
- Studientelegramm 249-2023-1/3: HDL-Cholesterin: Not only sticks and stones may break your bones
- Studientelegramm 229-2022-3/3: Vitamin D zur Frakturprävention?
- Studientelegramm 133-2020-1/3: Inzidenz osteoporotischer Frakturen: Entwicklungen aus 40 Jahren
- Studientelegramm 76-2019-2/3: Harte Nebenwirkungen und weiche Knochen: FDA erteilt Zulassung für Romosozumab bei Osteoporose
- Studientelegramm 47-2018-3/3: Bisphosphonate in der Therapie der Osteopenie
- Studientelegramm 18-2018-3/3: Prävention von osteoporotischen Frakturen - SCOOP
- Studientelegramm 04-2017-1/3: Romosozumab zur Frakturprophylaxe bei Frauen mit Osteoporose
- Studientelegramm 02-2017-2/4. Kosten-Wirksamkeits-Analyse zur Prävention von Skelettkomplikationen beim metastasierten Mamma-Ca
- One-Minute Telegram (aus unserer englischsprachigen Redaktion)
- One-Minute Telegram 56-2022-3/3: Vitamin D for fracture prevention
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Patienteninformationen
SOP (Standard Operating Procedure)
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AMBOSS-Podcast zum Thema
Alterstraumatologie: Eine interdisziplinäre Herausforderung (Oktober 2022)
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Meditricks
In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.
Osteoporose
Osteoporose – Teil 1
Osteoporose – Teil 2
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2023
M80.-: Osteoporose mit pathologischer Fraktur
- Inklusive: Osteoporotische Wirbelkörperkompression und Keilwirbel
- Exklusive: Keilwirbel o.n.A. (M48.5‑), Pathologische Fraktur o.n.A., (M84.4‑) Wirbelkörperkompression o.n.A. (M48.5‑)
- M80.0-: Postmenopausale Osteoporose mit pathologischer Fraktur [0–9]
- M80.1-: Osteoporose mit pathologischer Fraktur nach Ovarektomie [0–9]
- M80.2-: Inaktivitätsosteoporose mit pathologischer Fraktur [0–9]
- M80.3-: Osteoporose mit pathologischer Fraktur infolge Malabsorption nach chirurgischem Eingriff [0–9]
- M80.4-: Arzneimittelinduzierte Osteoporose mit pathologischer Fraktur [0–9]
- M80.5-: Idiopathische Osteoporose mit pathologischer Fraktur [0–9]
- M80.8-: Sonstige Osteoporose mit pathologischer Fraktur [0–9]
- M80.9-: Nicht näher bezeichnete Osteoporose mit pathologischer Fraktur [0–9]
M81.-: Osteoporose ohne pathologische Fraktur
- Exklusive: Osteoporose mit pathologischer Fraktur (M80.‑)
- M81.0-: Postmenopausale Osteoporose [0–9]
- M81.1-: Osteoporose nach Ovarektomie [0–9]
- M81.2-: Inaktivitätsosteoporose [0–9]
- Exklusive: Sudeck-Knochenatrophie (M89.0‑)
- M81.3-: Osteoporose infolge Malabsorption nach chirurgischem Eingriff [0–9]
- M81.4-: Arzneimittelinduzierte Osteoporose [0–9]
- M81.5-: Idiopathische Osteoporose [0–9]
- Idiopathische juvenile Osteoporose
- M81.6-: Lokalisierte Osteoporose [Lequesne] [0,5–7,9]
- Transitorische Osteoporose
- Exklusive: Sudeck-Knochenatrophie (M89.0‑)
- M81.8-: Sonstige Osteoporose [0–9]
- Senile Osteoporose
- M81.9-: Osteoporose, nicht näher bezeichnet [0–9]
M82.-:* Osteoporose bei anderenorts klassifizierten Krankheiten
- M82.0-:* Osteoporose bei Plasmozytom (C90.0-†) [0–9]
- M82.1-:* Osteoporose bei endokrinen Störungen (E00–E34†) [0–9]
- M82.8-:* Osteoporose bei sonstigen anderenorts klassifizierten Krankheiten [0–9]
Lokalisation der Muskel-Skelett-Beteiligung
- 0 Mehrere Lokalisationen
- 1 Schulterregion
- 2 Oberarm
- 3 Unterarm
- 4 Hand
- 5 Beckenregion und Oberschenkel
- 6 Unterschenkel
- 7 Knöchel und Fuß
- 8 Sonstige
- 9 Nicht näher bezeichnete Lokalisation
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2023, DIMDI.