Abstract
Die Hemmung der plasmatischen Blutgerinnung kann sowohl prophylaktisch als auch therapeutisch, z.B. zur Vermeidung und Behandlung von Thrombosen, erfolgen. Heparine spielen dabei im Rahmen der nicht-oralen Antikoagulantien die größte Rolle, andere Medikamente kommen i.d.R. erst bei Unverträglichkeiten zum Einsatz. Neben vermehrten Blutungskomplikationen ist die gefürchtetste Nebenwirkung die seltene Heparin-induzierte Thrombozytopenie Typ II (HIT II), bei der es Autoantikörper-vermittelt zur Aggregation von Thrombozyten mit bedrohlichen Thromboembolien kommt. Da diese Komplikation an einem starken Abfall der Thrombozyten erkannt werden kann, muss bei der sehr häufigen Verwendung von Heparin im klinischen Alltag eine Überwachung des Blutbildes erfolgen.
Wirkstoffe und Dosierungshinweise
Unfraktioniertes Heparin
Wirkstoff | Unfraktioniertes Heparin (UFH) | |||||
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Applikation |
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Standarddosierung |
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Indikationen |
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Zu beachten |
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Kontraindikationen |
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DANI |
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DALI |
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Gravidität/Stillzeit |
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Niedermolekulare Heparine
Wirkstoffe | Certoparin (z.B. Mono-Embolex®) I Dalteparin (z.B. Fragmin®) I Enoxaparin (z.B. Clexane®) I Nadroparin (z.B. Fraxiparin®) I Reviparin (z.B. Clivarodi®) I Tinzaparin (z.B. Innohep®) | |||||
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Applikation |
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Standarddosierung |
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Indikationen |
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Zu beachten |
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Kontraindikationen |
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DANI |
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DALI |
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Gravidität/Stillzeit |
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Fondaparinux
Wirkstoffe | Fondaparinux (z.B. Arixtra®) | |||||
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Applikation |
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Standarddosierung |
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Indikationen |
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Zu beachten |
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Kontraindikationen |
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DANI |
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DALI |
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Gravidität/Stillzeit |
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Keine Gewähr für Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität der bereitgestellten Inhalte. Die Angaben erfolgen nach sorgfältigster redaktioneller Recherche. Insbesondere aktuelle Warnhinweise und veränderte Empfehlungen müssen beachtet werden. Soweit nicht anders genannt, beziehen sich die genannten Empfehlungen auf Erwachsene.
Übersicht
Siehe auch: Therapeutische Antikoagulation - klinische Anwendung
Ausgewählte Wirkstoffe | Applikation | Monitoring bei Therapie
| Antidot | ||||||
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Anti-FXa-Aktivität | |||||||||
Unfraktioniertes Heparin (UFH) |
| ✓ | ✓ Protamin (Heparin-Neutralisator) | ||||||
Fraktioniertes Heparin bzw. Niedermolekulares Heparin (NMH) |
| ✓ | partiell 1 | ||||||
Heparinoide |
| ✓ | -1 | ||||||
| ✓ | -1 | |||||||
Rekombinantes Hirudin
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| ✓ | - | |||||
Synthetisches L-Arginin-Derivat |
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| ✓ | - | |||||
1Antagonisierung bei lebensbedrohlicher Blutung versuchsweise mit rekombinantem FVIIa möglich; keine sichere Wirkung |
Wirkung
Wirkung | |
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UFH |
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Argatroban |
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Hirudin |
Die Wirkung der meisten nicht-oralen Antikoagulantien ist abhängig von Antithrombin. Demnach ist bei Antithrombin-III-Mangel (z.B. aufgrund eines nephrotischen Syndroms) mit einem Wirkverlust zu rechnen!
Nebenwirkung
Die deutliche Zunahme des Blutungsrisikos ist die zentrale gemeinsame Nebenwirkung aller Antikoagulantien!
Spezifische Nebenwirkungen | |
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UFH und NMH |
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Danaparoid |
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Hirudin |
Heparin-induzierte Thrombozytopenie (HIT)
Eine Heparintherapie kann insb. bei der Therapie mit unfraktioniertem Heparin (UFH) eine Thrombozytopenie zur Folge haben. Dabei werden zwei Typen unterschieden: Der relativ harmlose Typ I (HIT I), der auf einer direkten Interaktion zwischen Heparin und den Thrombozyten beruht, und der prognostisch ungünstige Typ II (HIT II), bei dem es zu einer Thrombozytenaggregation im Rahmen einer Antikörperbildung kommt.
Bei einer Therapie mit Heparinen sollte die Thrombozytenzahl regelmäßig sowie einmalig vor Therapiebeginn (Ausgangswert) bestimmt werden!
HIT I | HIT II | |
---|---|---|
Beginn der Thrombopenie | In den ersten 5 Tagen nach Therapiebeginn | Ab 5. Tag nach Therapiebeginn (5.–14. Tag) |
Ausmaß der Thrombopenie | Eher moderat: >100.000/μL | Massiver Abfall: <100.000/μL (bzw. unter 50% des Ausgangswertes) |
Pathophysiologie | Direkte Interaktion, keine Antikörper! | Auto-Antikörper gegen einen Komplex aus Heparin und Plättchenfaktor 4 |
Häufigkeit | Ca. 10–20% | 1–5% bei UFH; 0,1–1% bei NMH |
Komplikationen | I.d.R. keine | Thromboembolische Ereignisse |
Diagnostik | Ausschlussdiagnose |
|
Konsequenzen | Therapie weiterführen, Normalisierung der Thrombozyten zu erwarten |
|
Siehe auch: Antikoagulation bei HIT Typ II
Bei einer HIT II muss die bisherige Heparintherapie sofort abgesetzt und durch eine Antikoagulation mit Danaparoid, Argatroban oder Fondaparinux (Off-Label) ersetzt werden!
Bei Patienten, die schon zuvor Heparin erhalten haben, kann die HIT II auch direkt nach erneuter Applikation (aufgrund von vorbestehenden Antikörpern) auftreten!
Es werden die wichtigsten Nebenwirkungen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Indikation
Unterschiedliche Dosierungen nach Indikation
Prophylaxe (Low-Dose)
- Indikation
- Thromboseprophylaxe: Bei Bettlägerigkeit, peri- und postoperativ, Immobilität anderer Art
- Anwendungsempfehlungen
- Unfraktioniertes Heparin: Subkutane Anwendung alle 8–12 h
-
Niedermolekulares Heparin: Bei niedermolekularen Heparinen reicht i.d.R. die Gabe einmal pro Tag (subkutan) aus
- Menge richtet sich nach Risiko, Nierenfunktion und Körpergewicht
- Medikamentenauswahl, Dosierung und Praxishinweise siehe: Medikamentöse Thromboseprophylaxe
Therapie (High-Dose, „Vollheparinisierung“)
- Indikationen
- Vorhofflimmern
- Thrombose, Lungenembolie
- Akutes Koronarsyndrom
- Mechanischer Klappenersatz
- Prophylaxe der Thrombenbildung bei Hämodialyse, Herz-Lungen-Maschine u.a.
- Anwendungsempfehlungen
- Unfraktioniertes Heparin: Intravenöse Applikation erforderlich, Bolus mit anschließender kontinuierlicher Gabe über Perfusor
-
Niedermolekulares Heparin: Subkutane Anwendung
- Menge richtet sich nach Körpergewicht; Anpassung bei eingeschränkter Nierenfunktion, ggf. kontraindiziert
- Medikamentenauswahl, Dosierung und Praxishinweise siehe: Therapeutische Antikoagulation - Klinische Anwendung
Therapieempfehlungen
Übersicht Vor- & Nachteile
Unfraktioniertes Heparin (UFH) | Niedermolekulares Heparin (NMH) | ||
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Vor- & Nachteile | Applikation |
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Pharmakokinetik und -dynamik |
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Antagonismus |
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Monitoring |
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Nebenwirkungen | |||
Bevorzugter Einsatz |
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Besondere Patientengruppen
Schwangerschaft
-
Unfraktioniertes Heparin und niedermolekulares Heparin können während der Schwangerschaft eingesetzt werden
- Weder plazenta- noch muttermilchgängig
- Weniger Nebenwirkungen unter NMH
Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion
- Bei schwerer Niereninsuffizienz: Akkumulation von NMH → Erhöhtes Blutungsrisiko → Dosisanpassung oder Umstellung auf UFH
Studientelegramme zum Thema
- Studientelegramm 176-2021-1/3: Bridging over troubled water: Postprozeduraler Vitamin-K-Antagonisten-Ersatz (PERIOP2)
- Studientelegramm 28-2018-2/3: Rivaroxaban vs. NMH zur thromboembolischen Sekundärprävention bei Krebspatienten
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Heparin
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