Abstract
Chirurgisches Nähen und Knoten bedarf der Beachtung einiger Prinzipien und benötigt v.a. Übung. In diesem Kapitel möchten wir dir die Grundzüge und Basistechniken des chirurgischen Nähens und Knotens (insb. des Einhandknotens) vorstellen, damit du für Famulaturen, PJ und die ersten Berufsjahre gewappnet bist.
Grundprinzipien chirurgischen Nähens
Prinzipien
- Wahl des richtigen Nahtmaterials anhand des Einsatzgebietes
- Mögliche Nahttechniken am Beispiel des Wundverschlusses
- Für weitere Informationen siehe: Chirurgische Wundversorgung
Hautnaht
- Einzelknopfnaht
- Rückstichnaht nach Donati
- Rückstichnaht nach Algöwer
- Fortlaufende Intrakutannaht
- Einstechen des Fadens in das eine Wundende und Knüpfen eines Knotens
- Fortlaufende Naht intrakutan
- Am Ende der Wunde Knüpfen eines Knotens mit der letzten Fadenschlaufe, Abschneiden der Fadenschlaufe kurz oberhalb des Knotens und Ausstechen des Fadens mit ca. 1,5 cm Abstand zum Wundrand
Subkutannaht
- Subkutannaht in Einzelknopftechnik
- Einstich im tiefen Subkutangewebe und Ausstich an einem höheren Punkt des Subkutangewebes bzw. einer tiefen Schicht der Kutis auf der gleichen Wundseite
- Erneutes Einstechen in gleicher Höhe des vorherigen Ausstichs auf der zweiten Wundseite und Ausstich im tiefen Subkutangewebe
- Lockeres Knüpfen eines Knotens in der Tiefe
- Fortlaufende Subkutannaht
- Beginn am Wundrand mit einer einzelnen subkutanen Naht mit invertiertem Knoten
- Fadenende ohne Nadel kürzen
- Mit dem ‘restlichen’ Faden wird subkutan fortlaufend genäht
- Schleifenförmiges Einstechen wenige Millimeter neben dem ersten Einstich
- Bei tiefen Wunden: Von tief nach oberflächlich auf der einen Wundseite, von oberflächlich nach tief auf der gegenüberliegenden Wundseite
- Bei oberflächlichen Wunden: Verlauf eher parallel zur Hautoberfläche
- Lockeres Knüpfen eines zweiten Knotens in der Tiefe
- Beginn am Wundrand mit einer einzelnen subkutanen Naht mit invertiertem Knoten
Nahtmaterial
Nadelhalter
- Größe: An das Nahtmaterial und die Anatomie angepasst
- Handhabung
- Einspannen der Nadel zwischen Mitte und letztem Drittel
- Daumen und Ringfinger sind im Griffloch, der Mittelfinger stützt die ulnarseitige Branche, der Zeigefinger ist gestreckt
- Für weitere Informationen siehe: Nadelhalter
Faden
Eigenschaften
- Beschaffenheit/Struktur
- Polyfiler Faden: Gedrehter oder geflochtener Faden
- Vorteil: Festigkeit des Knotens leicht zu erreichen, gute Reißfestigkeit
- Nachteil: Schneidend im Gewebe
- Einsatzgebiete: Subkutannaht, Ligaturen
- Monofiler Faden: Glatter Faden
- Vorteil: Leichter Gewebedurchzug (nicht-schneidend), Knoten gleitet leicht
- Nachteil: Sperriger Faden, schlechterer Knotensitz
- Einsatzgebiete: Wundverschluss (intrakutan), Gefäßnaht
- Polyfiler Faden: Gedrehter oder geflochtener Faden
- Resorbierbarkeit
- Resorbierbar
- Nicht-resorbierbar
- Fadenstärke: Richtet sich nach Einsatzgebiet/Körperregion
- Angabe der Fadenstärke üblicherweise nach USP (United States Pharmakopeia): Je dünner der Faden, desto höher die vor der durch einen Bindestrich getrennten „0“ stehende Zahl
- Je dicker der Faden, desto reißfester ist er
- Fadenstärken am Beispiel des Wundverschlusses
- Rumpf und Extremitäten: 3–0 bis 5–0 USP
- Behaarter Kopf: 3–0 bis 5–0 USP
- Finger: 4–0 bis 6–0 USP
- Gesicht: 5–0 bis 7–0 USP
- Kinder: Körpergröße berücksichtigen
Einsatzgebiete
Resorbierbare Fäden werden an Strukturen eingesetzt, die passager durch Nahtmaterial adaptiert werden müssen. An Stellen, die dauerhaft einer erhöhten mechanischen Belastung ausgesetzt sind (z.B. in der Hernienchirurgie), wird nicht-resorbierbares Nahtmaterial verwendet; so auch beim Wundverschluss der Haut (mit Ausnahme der Intrakutannaht).
Entfernen des Nahtmaterials
Das Entfernen von Nahtmaterial richtet sich insb. nach der Körperregion. Bei Infektionen oder Wundheilungsstörungen ist ggf. ein frühzeitigeres bzw. protrahiertes Entfernen des Fadens nötig.
- Gesicht: Nach 4–6 Tagen
- Rumpf: Nach 5–10 Tagen
- Extremitäten: Nach 10–14 Tagen
Nadel
- Biegung/Bogen: 1/4 Kreis – 5/8 Kreis: Einsatz abhängig von Operationssitus
- Spitze
- Schneidend: Einsatz an derbem Gewebe, bspw. bei der Hautnaht
- Stumpf: Einsatz bei weichem Gewebe
- Handhabung: Senkrechtes Einstechen der Nadel in die Haut
AMBOSS-Video Knotenkurs
Grundprinzipien chirurgischen Knotens
Beim Knoten sind verschiedene Techniken möglich. Generell gilt, dass erst mehrere aufeinanderfolgende Knoten inkl. eines gegenläufigen Knotens zu einem sicheren Halt führen, der Knoten jedoch auch nicht zu fest sein darf, um Gewebeschäden zu vermeiden. Glatte, monofile Fäden erfordern mehr Knoten als polyfile Fäden (siehe hierzu auch: Nahtmaterial)
Einhandknoten
- Prinzip
- Eine Hand führt die Knotenbewegung aus, während die andere Hand den Faden unter leichter Spannung festhält
- Abwechselnd Mittelfingerknoten und Zeigefingerknoten mit derselben Hand
- Vorteile
- Dauerhafter Zug am Faden → Vermeiden von Luftknoten
- Einsatz in der Tiefe möglich
- Technik leicht zu erlernen
- Nachteile: Kein unmittelbarer Knotenhalt, dieser ergibt sich erst aus mehreren Knoten
- Durchführung: Siehe: Mittelfingerknoten und Zeigefingerknoten
Zweihandknoten
- Prinzip
- Beidhändiges Knoten
- Kombination aus Mittelfingerknoten und Zeigefingerknoten
- Vorteil: Sicherer Knotenhalt
- Nachteile
- Technik schwieriger zu erlernen
- Keine Spannung am Faden
Mittelfingerknoten
Im Folgenden wird eine Technik des Mittelfingerknotens beschrieben, bei der der Faden am Ende mit dem Zeigefinger nach unten geschoben wird. Diese Technik lässt das Knoten in der Tiefe zu. Die unten beschriebene Durchführung führt noch nicht zu einer Festigkeit des Knotens. Diese wird erst durch einen gegenläufigen Knoten erreicht, der auf zwei gleichläufige folgt.
Durchführung (mit rechts )
- Ausgangsposition
- Die Fadenenden werden jeweils zwischen Daumen und Zeigefinger gehalten
- Die linke Hand hält den Faden konstant unter leichter Spannung
- Weitere Schritte: Die Hauptbewegung wird von der rechten Hand ausgeführt
- Der rechte Handrücken wird nach oben gedreht und die rechten freien Finger (Mittel- bis Kleinfinger) auf den rechten Fadenanteil gelegt
- Die rechte Hand wird wieder zurückgedreht , wodurch sich der rechte Fadenanteil um den Klein- bis Mittelfinger wickelt
- Der linke Fadenanteil wird auf die Endglieder der Finger der rechten Hand gelegt
- Mit dem rechten Mittelfinger wird der linke Fadenanteil gegriffen, unterhalb des rechten Fadens hindurchgezogen und darüber auftauchend der Mittelfinger gestreckt
- Der rechte Fadenanteil wird zwischen Ring- und Mittelfinger eingeklemmt, die anderen Finger werden gelöst und der Faden durch eine Auswärtsdrehung durch die Schlinge gezogen
- Der rechte Daumen übernimmt die „Fixierung“, sodass der Faden zwischen Daumen und Mittelfinger liegt
- Der freie rechte Zeigefinger schiebt den Knoten in die Tiefe
Zeigefingerknoten
Im Folgenden wird eine Technik des Zeigefingerknotens beschrieben, bei der der Faden am Ende mit dem Zeigefinger nach unten geschoben wird. Diese Technik lässt das Knoten in der Tiefe zu. Die unten beschriebene Durchführung führt noch nicht zu einer Festigkeit des Knotens. Diese wird erst durch einen gegenläufigen Knoten erreicht, der auf zwei gleichläufige folgt.
Durchführung (mit rechts )
- Ausgangsposition
- Weitere Schritte: Die Hauptbewegung wird von der rechten Hand ausgeführt
- Der unter dem rechten Fadenanteil liegende Zeigefinger wird gestreckt und über den linken Fadenanteil geführt
- Der rechte Zeigefinger greift den linksseitigen Faden, wird gebeugt und umfährt das rechte Fadenende
- Der Zeigefinger lädt streckseitig den rechten Fadenanteil auf und führt den Faden durch Strecken durch die Schlinge
- Nun übernimmt der rechte Mittelfinger (zusammen mit dem rechten Zeigefinger) den rechten Fadenanteil
- Die anderen Finger der rechten Hand werden vom Faden gelöst
- Mittelfinger und Zeigefinger ziehen den Faden weiter durch die Schlinge
- Jetzt übernimmt der rechte Daumen (zusammen mit dem Mittelfinger) den Faden
- Der freie rechte Zeigefinger schiebt den Knoten in die Tiefe
Instrumentenknoten
- Prinzip: Halbinstrumentelles Knoten um einen Nadelhalter
- Vorteile
- Fadensparendes Nähen
- Einsatz bei kurzen Fadenenden möglich
- Durchführung
- Schritt 1
- Platzieren des Nadelhalters zwischen den Fadenenden
- Das lange Fadenende wird zwischen Daumen und Zeigefinger gehalten und zweifach um den Nadelhalter geschlungen
- Mit dem Nadelhalter wird das kurze Ende des Fadens gegriffen und durch die Schlinge gezogen
- Zug an den beiden Fadenenden in entgegengesetzte Richtungen
- Schritt 2: Einzelschlinge in die entgegengesetzte Richtung
- Schritt 3: Wie Schritt 1, jedoch mit nur einer Einzelschlinge
- Schritt 1