Abstract
Infestationen mit Läusen (Pedikulosen) kommen weltweit vor und zählen neben der Scabies (Krätze) zu den häufigsten Ektoparasitosen Europas. Als Ektoparasiten verbleiben Läuse auf der Körperoberfläche ihres Wirts und lösen entsprechend Hautsymptome aus. Drei Erregerarten befallen den Menschen: Kopf-, Filz- und Kleiderläuse; Tierläuse finden sich i.d.R. nicht. Die Läuse ernähren sich von Blut und injizieren beim Saugen Speichel in die Haut, der zu juckenden Hautveränderungen führt. Die Weibchen legen ihre Eier ca. 1 cm vom Haaransatz entfernt bzw. in Kleidernähte. Nach 8–10 Tagen schlüpfen die Larven, die ca. 10 Tage später selbst Eier legen. Die Entwicklung vom Ei bis zur erwachsenen Laus dauert etwa 14–20 Tage. Alle paar Stunden saugen die Läuse Blut, nach 2–3 Tagen abseits des menschlichen Körpers sterben sie ab. Die Eier können etwa 10 Tage abseits des Wirts überleben. Neben hygienischen Maßnahmen ist insb. bei der Pediculosis capitis eine lokale medikamentöse Therapie (z.B. mit Dimeticon) erforderlich. Bei Filzläusen reicht oft eine Rasur und manuelle Entfernung von Läusen und Nissen. Kleiderläuse halten sich i.d.R. auf den Kleidungsstücken auf, sodass eine zusätzliche Behandlung des Körpers nicht nötig ist.
Pediculosis capitis (Kopflausbefall)
- Erreger
- Pediculus humanus capitis
- Adulte weibliche Kopflaus hat eine Körperlänge von ca. 3 mm
- Nissen (Eier) haben eine Größe von ca. 0,8 mm
- Pediculus humanus capitis
- Übertragung
- Meist direkt von Mensch zu Mensch
- Indirekt über Kleidung, Kopfkissen, Haarbürste möglich
- Symptomatik
- Komplikationen
- Bakterielle Superinfektion der aufgekratzten Haut: Häufig Ekzem mit begleitender regionaler Lymphangitis
Pediculosis vestimentorum (Kleiderlausbefall)
- Erreger
- Pediculus humanus humanus (Pediculus vestimentorum)
- Seltenere adulte weibliche Kleiderlaus mit einer Länge von ca. 3–5 mm
- Nissen (Eier) haben eine Größe von ca. 0,5–0,8 mm
- Nisten an Falten, Nähten und Säumen von Kleidung
- Pediculus humanus humanus (Pediculus vestimentorum)
- Übertragung
- Direkt durch engen Körperkontakt und indirekt über gemeinsam genutzte Kleidungsstücke
- Risikofaktor: Mangelnde Hygiene
- Symptomatik
- Stark juckende, urtikarielle Papeln und Knoten, insb. an Armen und Beinen
- Komplikationen
- Verbreitung von Rickettsia prowazekii (Fleckfieber), Bartonella quintana (Wolhynisches Fieber) und Borrelia recurrentis (Rückfallfieber), da die Kleiderlaus Vektor für diese Erreger ist
- Bakterielle Superinfektion der aufgekratzten Haut
Pediculosis pubis (Filzlausbefall)
- Synonym: Phthiriasis [1]
- Erreger
- Phthirus pubis
- Die Filzlaus ist klein (ca. 1,0–1,6 mm) und gedrungen
- Nissen (Eier) haben eine Größe von ca. 1 mm
- Phthirus pubis
- Übertragung
- Meist direkt durch Geschlechtsverkehr
- Indirekt durch Wäsche und Matratzen möglich
- Risikofaktoren
- Starke Körperbehaarung
- Wechselnde Sexualpartner
- Symptomatik
- Starker Juckreiz und Taches bleues (Maculae coeruleae): Juckende, unscharf begrenzte blaugraue Flecken, insb. im Genitalbereich
- Weitere Prädilektionsstellen: Achselhöhlen, Bauch- und Brustbehaarung und Barthaare, bei Kindern auch Augenbrauen und Wimpern
- Starker Juckreiz und Taches bleues (Maculae coeruleae): Juckende, unscharf begrenzte blaugraue Flecken, insb. im Genitalbereich
- Komplikation
- Bakterielle Superinfektion der aufgekratzten Haut
- Prävention
- Körperhygiene
- Intimrasur
Therapie und Prophylaxe
Allgemeine Maßnahmen bei Läusen
Meist kommt es zur Verbreitung von Kopfläusen durch direkten nahen Kontakt . Folgende Hygienemaßnahmen sind dennoch sinnvoll, um Übertragungsketten zu unterbrechen.
- Alle Kontaktpersonen auf Läuse und Nissen kontrollieren
- Hygienemaßnahmen
- Haarbürsten, Kämme, Haarspangen und -gummis für 10 min in heißes Seifenwasser geben
- Waschen von Kleidungsstücken, Stofftieren, Handtüchern und Bettwäsche (soweit möglich) bei 60 °C
- Nicht waschbare Gegenstände bei Zimmertemperatur für 3 Tage luftdicht verpacken oder für 24 h in die Tiefkühltruhe legen
- Möbel, Teppiche und Fußböden gründlich absaugen und Staubsaugerbeutel sofort entsorgen
- Zugang zu Gemeinschaftseinrichtungen: Nach der einmaligen Behandlung mit dimeticon- oder permethrinhaltigen Mitteln sind die Kinder am Folgetag wieder zum Besuch von Gemeinschaftseinrichtungen freigegeben .
- Erstattungsfähigkeit: Bei Kindern bis zum Alter von 12 Jahren sind viele Präparate (insb. auch die auf Dimeticonbasis) erstattungsfähig
- Nicht anzuwenden sind:
- Permethrin, Pyrethrum sowie Präparate auf Mineralölbasis gelten inzwischen als gesundheitsschädlich und sollten daher nicht verwendet werden .
- Präparate auf pflanzlicher Basis, bspw. mit Kokosöl, sind nach aktueller Datenlage nicht ausreichend wirksam
Medikamentöse Therapie bei Läusen, insb. bei Pediculosis capitis und pubis
- Dimeticon
- Auf das trockene Haar auftragen, einwirken lassen, ausspülen; Wiederholung nach 8–10 Tagen empfohlen
- Auskämmen mit Nissenkamm sofort nach der Behandlung und in den darauffolgenden Tagen
- Permethrin und Pyrethrum sowie Präparate auf Mineralölbasis gelten inzwischen als gesundheitsschädlich und sollten wenn möglich nicht verwendet werden [2][3][4]
- Für ausführliche Hinweise und Dosierungsangaben siehe: Medikamentöses Vorgehen bei Pediculosis
Medikamentöses Vorgehen bei Pediculosis
Der folgende Abschnitt bezieht sich im Besonderen auf Kopfläuse. Die aufgeführten Anweisungen und Präparate können aber auch bei Filzlausbefall angewandt werden, wenn eine manuelle Therapie durch Auskämmen oder Rasur erfolglos bleibt. Aufgrund des selteneren Vorkommens sind einige Präparate nicht für die Indikation zugelassen und müssen ggf. off-label verwendet werden. Bei der Kleiderlaus reichen die allgemeinen hygienischen Maßnahmen zur Tilgung aus. Eine Behandlung der Haut ist also nicht erforderlich.
Dimeticon bei Pedikulose (z.B. Jacutin Pedicul® Fluid, Nyda®, Etopril® Lösung, Dimet® 20 Lösung)
- Darreichungsform Lösung zum Einsprühen, Lösung zum Auftragen
Jacutin Pedicul® Fluid (Dimeticon)
- Zugelassen in jedem Alter, auch während Schwangerschaft und Stillzeit
- Standarddosierung (jedes Alter)
- Zu beachten
- Nicht anzuwenden bei Allergie gegen den Wirkstoff oder andere Bestandteile
- Bei allergischen Reaktionen sofort Therapie abbrechen, bei Augenkontakt sofort gründlich ausspülen
- Helles Handtuch über die Schultern legen, um herabfallende Läuse und Nissen sichtbar zu machen
Nyda® (Dimeticon)
- Zugelassen ab 2 Jahren
- Standarddosierung (jedes Alter)
- Zu beachten
- Nicht anzuwenden bei Allergie gegen den Wirkstoff oder andere Bestandteile sowie in Schwangerschaft und Stillzeit
- Bei allergischen Reaktionen sofort Therapie abbrechen, bei Augenkontakt sofort gründlich ausspülen
- Helles Handtuch über die Schultern legen, um herabfallende Läuse und Nissen sichtbar zu machen
Permethrin bei Pedikulose (z.B. Infectopedicul®) [2][3][4]
- Dosierungsempfehlung
- Darreichungsform Lösung
- Zugelassen ab dem 3. Lebensmonat (Anwendung bei Kindern <3 Jahre nur unter engmaschiger ärztlicher Aufsicht)
- Dosierung altersabhängig: Dosierungsbeispiele
- Kinder 2 Monate bis 3 Jahre
- Kinder ab 4 Jahre und Jugendliche
- Zu beachten
- Nicht anzuwenden bei Allergie gegen Permethrin, andere Pyrethrine oder andere Bestandteile
- In der Schwangerschaft nur nach strenger Indikation anzuwenden, in der Stillzeit nach der Anwendung eine Stillpause von 3 Tagen einlegen
- Bei allergischen Reaktionen sofort Therapie abbrechen, bei Augenkontakt sofort gründlich ausspülen
- Beim Auftragen der Lösung Einmalhandschuhe verwenden, um unnötigen Hautkontakt zu vermeiden
- Vor der Anwendung Haare mit Shampoo ohne Spülung waschen und nur mit Handtuch trocknen
- Helles Handtuch über die Schultern legen, um herabfallende Läuse und Nissen sichtbar zu machen
Allethrin (z.B. Jacutin Pedicul® Spray)
- Dosierungsempfehlung
- Darreichungsform Spray
- Zugelassen ab dem Kleinkindalter (nicht zugelassen für Säuglinge)
- Standarddosierung (jedes Alter)
- Zu beachten
- Nicht anzuwenden bei Allergie gegen den Wirkstoff oder andere Bestandteile sowie bei Asthma, im ersten Trimenon der Schwangerschaft und in der Stillzeit
- Bei allergischen Reaktionen sofort Therapie abbrechen, bei Augenkontakt sofort gründlich ausspülen
- Helles Handtuch über die Schultern legen, um herabfallende Läuse und Nissen sichtbar zu machen
Vorgehen in Gemeinschaftseinrichtungen bei Läusen
Besonders im Kindergartenalter stecken Kinder ihre Köpfe beim Spielen so eng zusammen, dass es schnell zu richtigen Epidemien kommen kann.
- Bei Kopflausbefall eines Kindes in einer Gemeinschaftseinrichtung
- Ist das Kind entweder sofort oder am Ende des Tages bis zur Tilgung freizustellen
- Ist es vom Leiter der Einrichtung namentlich an das Gesundheitsamt zu melden (gemäß § 34 Abs. 6 IfSG)
- Ist das Auftreten dieses Kopflausbefalls anonymisiert bekannt zu geben, damit die anderen Kinder kontrolliert werden können
- Erfolgt die Wiederzulassung am Folgetag nach einmaliger Behandlung (entweder mit Bestätigung der Eltern oder ärztlichem Attest)
- Bei Ausbrüchen sollte das Gesundheitsamt einbezogen werden
- Nach der einmaligen Behandlung mit dimeticon- oder permethrinhaltigen Mitteln sind die Kinder am Folgetag wieder zum Besuch von Gemeinschaftseinrichtungen freigegeben .
Meldepflicht
Gemäß dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) besteht keine bundesweite Meldepflicht für die Pedikulose im Allgemeinen, wohl aber für ein Auftreten in Gemeinschaftseinrichtungen.
- Meldepflicht für Leiter von Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 und § 34 IfSG
- Bei Auftreten einer Pedikulose in einer Gemeinschaftseinrichtung ist es vom Leiter der Einrichtung namentlich an das Gesundheitsamt zu melden (gemäß § 34 Abs. 6 IfSG)
- Das Gesundheitsamt kann gegenüber der Gemeinschaftseinrichtung anordnen, dass das Auftreten einer Pedikulose ohne Hinweis auf die betroffene Person (Stichwort Datenschutz) in der Gemeinschaftseinrichtung bekannt gegeben wird (§ 34 Abs. 8 IfSG)
- Bei Ausbrüchen sollte das Gesundheitsamt einbezogen werden
Patienteninformationen
Meditricks
In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.
Läuse und Pedikulosen
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2023
- B85.-: Pedikulose [Läusebefall] und Phthiriasis [Filzläusebefall]
- B85.0: Pedikulose durch Pediculus humanus capitis
- B85.1: Pedikulose durch Pediculus humanus corporis
- B85.2: Pedikulose, nicht näher bezeichnet
- B85.3: Phthiriasis [Filzläusebefall]
- Befall durch: Filzläuse, Phthirus pubis
- B85.4: Mischformen von Pedikulose und Phthiriasis
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2023, DIMDI.