Zusammenfassung
Das Kawasaki-Syndrom ist eine schwerwiegende Vaskulitis der kleinen und mittelgroßen Arterien, die v.a. Kinder unter 5 Jahren betrifft. Typischerweise kommt es neben hohem Fieber zu Auffälligkeiten der Haut und Schleimhäute (u.a. stammbetontes Exanthem, Lacklippen und Erdbeerzunge) sowie zu einer zervikalen Lymphadenopathie, weshalb das Kawasaki-Syndrom auch als mukokutanes Lymphknotensyndrom bezeichnet wird. Eine gefürchtete Komplikation ist die Entwicklung von Koronaraneurysmen, die in der Akutphase oder im Langzeitverlauf zu einem Myokardinfarkt führen können. Eine frühzeitige Therapie mit Immunglobulinen ist prognosebestimmend, daneben kommen ASS sowie in schweren Fällen Glucocorticoide zum Einsatz.
Epidemiologie
- Inzidenz: Weltweites Vorkommen, jedoch mit großen Inzidenzunterschieden [1]
- Häufigkeitsgipfel: Säuglinge/Kleinkinder 6 Monate–4 Jahre [4][5]
- Geschlecht: ♂ > ♀ (1,5:1)
- Saisonalität: Inzidenzanstieg im Winter in nicht-tropischen Gebieten der Nordhalbkugel [1][4][7]
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
- Multifaktorielle Ätiologie angenommen: Überschießende Immunantwort auf ein Antigen auf Basis genetischer Prädisposition [1][3][4]
- Genetische Prädisposition
- Erhöhtes Risiko bei positiver Familienanamnese
- Mögliche externe Triggerfaktoren
- Infektionen [5][6]
- Umweltfaktoren: Assoziation spezifischer Luftströmungen mit epidemischem Auftreten des Kawasaki-Syndroms in Japan, Hawaii und Süd-Kalifornien [3][8][9]
- Genetische Prädisposition
Pathogenese
- Vaskulitis kleiner und mittelgroßer Gefäße [7]
- Lokalisation: Vorwiegend aus der Aorta abzweigende Arterien
- Häufig: Koronararterien
- Seltener: Extrakoronar (Brachialarterien, A. iliaca interna )
- Histologie
- Akutphase (1.–2. Woche): Nekrotisierende Vaskulitis, Infiltration der Gefäßwand durch Neutrophile
- Folge: Gefäßdilatation, Aneurysmen
- Im Verlauf: Vorwiegend lymphomonozytäre Infiltration ; luminale Myofibroblasten-Proliferation [3]
- Beginn teils bereits in der Akutphase
- Progredienz über Monate bis Jahre möglich
- Folge: Gefäßstenosen
- Akutphase (1.–2. Woche): Nekrotisierende Vaskulitis, Infiltration der Gefäßwand durch Neutrophile
- Lokalisation: Vorwiegend aus der Aorta abzweigende Arterien
- Bronchialepithelzellen: Intrazytoplasmatische Einschlusskörperchen ungeklärter Ätiologie [5][10]
Symptomatik
Klinische Diagnosekriterien des Kawasaki-Syndroms [1][7]
Die Diagnose des Kawasaki-Syndroms wird klinisch anhand der folgenden Kriterien gestellt.
- Fieber ≥5 Tage
- Fieberhöhe: Meist >39 °C, kaum senkbar
- Fieberverlauf: Meist kontinuierlich oder remittierend
- Fieberdauer: Meist 1–3 Wochen (bei nicht-therapierter Erkrankung)
- Kein Ansprechen auf Antibiotika
- Und ≥4 der folgenden Hauptsymptome
- Bilaterale nicht-purulente Konjunktivitis (ca. 90% der Fälle) [2]
- Stomatitis: Gerötete Mundschleimhaut, hochrote Lacklippen und Erdbeerzunge (ca. 85% der Fälle)
- Exanthem (ca. 90% der Fälle)
- Auftreten: ≤5 Tage nach Fieberbeginn
- Polymorph: Meist makulopapulös; teils makulös, scarlatiniform oder ähnlich dem Erythema multiforme ; nicht vesikulär oder petechial
- Lokalisation: Stammbetont, ggf. Extremitäten
- Extremitätenbeteiligung (ca. 80% der Fälle)
- Zervikale Lymphadenopathie: Vorwiegend unilateral (ca. 70% der Fälle) [2]
KAWASAKI: Konjunktivitis ± Ausschlag + Wärme ± (Lymph‑)Adenopathie ± Stomatitis → ASS ± ggf. Kortison + Immunglobuline
Die Symptome treten häufig sequenziell auf, sodass im Regelfall nicht alle gleichzeitig bestehen! Daher ist eine gute Anamnese essenziell!
Bei einem sog. inkompletten Kawasaki-Syndrom treten neben Fieber <4 der klinischen Hauptsymptome auf (für weitere Informationen siehe: Inkomplettes Kawasaki-Syndrom)!
Bei Säuglingen können alle klassischen Hauptsymptome fehlen!
Begleitsymptome [1][4][7]
- Gastrointestinal: Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö (bis zu 40% der Fälle)
- HNO: Husten, Rhinorrhö, Tonsillopharyngitis, Otitis media
- Gelenke: Arthritis, Arthralgie [2]
- Zu Erkrankungsbeginn (1. Woche): Kleine und große Gelenke
- 2.–3. Woche: Vorwiegend Knie- und Sprunggelenke
- Entzündungszeichen an BCG-Impfstellen: Insb. Rötung und Schwellung [11][12][13]
Stadien
Das Kawasaki-Syndrom verläuft klassischerweise in 3 Stadien; Überschneidungen der Symptomatik sind jedoch möglich. [6]
- Akute Phase (1.–2. Woche): Auftreten der klassischen Symptomatik
- Laborwerte: Entzündungszeichen
- Subakute Phase (3.–4. Woche)
- Klinik: Abklingende Symptomatik, Schuppung der Finger/Zehen, teils Arthralgien
- Laborwerte: Thrombozytose
- Komplikationen: Höchstes Risiko der Entwicklung von Koronaraneurysmen
- Rekonvaleszenz (5.–9. Woche): Klinisch asymptomatische Phase
Diagnostik
Das Kawasaki-Syndrom wird klinisch diagnostiziert (siehe auch: Klinische Diagnosekriterien des Kawasaki-Syndroms). Apparative Methoden können die Diagnosestellung unterstützen, von besonderer Bedeutung ist jedoch die Beurteilung der kardialen Beteiligung mittels Echokardiografie.
Labordiagnostik [1][7]
- Bedeutung
- Abschätzung des Schweregrads der Entzündungsreaktion
- Hinweis auf mögliche Komplikationen, insb. kardiale Beteiligung
- Zeitpunkt: Initial und Verlaufskontrollen
- Parameter
- Entzündungsparameter: BSG↑, CRP↑
-
Blutbild
- Akut: Anämie , Leukozytose mit Linksverschiebung , selten DIC mit Thrombozytopenie
- Subakut: Thrombozytose
- Elektrolyte: Hyponatriämie insb. bei Riesenaneurysmen
- Leberwerte: Transaminasen-Erhöhung (häufig ), Hyperbilirubinämie (gelegentlich ), Hypalbuminämie (häufig)
- Herzenzyme: Mögliche Erhöhung von Troponin, CK-MB, BNP und NT-proBNP
- Urin: Aseptische Leukozyturie (häufig ) [14]
- Zur Differenzialdiagnostik zu erwägen: Lumbalpunktion, Blutkultur, Virusserologie
Wiederholt normwertige Entzündungsparameter (insb. ≥7 Tage) sprechen gegen ein Kawasaki-Syndrom!
Echokardiografie [1][7]
- Bedeutung: Beurteilung kardialer Komplikationen inkl. der proximalen Koronararterien
- Zeitpunkt
- Frühestmöglich bei Krankheitsverdacht
- Verlaufskontrollen abhängig vom Ausmaß der Koronarbeteiligung [1]
- Keine Koronarbeteiligung/Koronarektasie: Kontrollen 1–2 Wochen und 4–6 Wochen nach Therapiebeginn
- Progrediente Koronaraneurysmen: Kontrollen mind. 2× wöchentlich bis zur Stabilisierung des Befundes
- Stabile große Aneurysmen/Riesenaneurysmen: Mind. wöchentliche Kontrollen innerhalb der ersten 45 Krankheitstage, dann monatlich bis zum 3. Krankheitsmonat
- Zur Nachsorge siehe: Nachsorge des Kawasaki-Syndroms
- Durchführung
- Transthorakal, bei älteren Kindern/Jugendlichen ggf. auch transösophageal
- Darstellung der Koronararterien möglichst weit nach distal und Messung des Lumendurchmessers mit Berechnung des Z-Scores , soweit möglich auch Untersuchung auf Gefäßthrombosen und -stenosen
- Online-Tool zur Berechnung des Z-Scores: [15][16]
- Farbkodierte Doppler-Sonografie (Ausschluss von Klappeninsuffizienzen, Beurteilung der Koronarperfusion )
- Messung der kardialen Funktion
- Messung der Aortenwurzel (Ausschluss einer Ektasie)
- Ausschluss Perikard- und Pleuraerguss
- Siehe auch: Kardiale Komplikationen des Kawasaki-Syndroms
Ein unauffälliges Echokardiogramm schließt ein Kawasaki-Syndrom nicht aus!
Weitere diagnostische Maßnahmen [1][7]
- EKG, Langzeit-EKG: Ausschluss von Ischämiezeichen sowie Rhythmusstörungen
- Sonografie
- Abdomen: Insb. zur Beurteilung der Leber- und Milzgröße, Gallenblase und Aortenabgänge sowie zum Ausschluss eines Aszites
- Lymphknoten: Insb. differenzialdiagnostisch (zum Ausschluss einer Abszedierung)
- Ggf. (Kardio‑)MRT oder CT-Angiografie
- Bedeutung: Erweiterte Diagnostik der Koronarbeteiligung , Diagnose extrakardialer Aneurysmen [2]
- Indikationen
- Koronardiagnostik bei unzureichender Darstellbarkeit im TTE (insb. ältere Kinder und Jugendliche)
- Diagnostik distaler Gefäßabschnitte bei nachgewiesener schwerwiegender proximaler Koronarbeteiligung im TTE
- Ggf. zur Verlaufskontrolle (siehe: Kawasaki-Syndrom - Nachsorge und Dauertherapie)
- In Sonderfällen: Herzkatheteruntersuchung
- Indikationen
- In der Akutphase bei Myokardischämie (zur PCI)
- Ggf. zur Verlaufskontrolle (siehe: Kawasaki-Syndrom - Nachsorge und Dauertherapie
- Indikationen
- Audiometrie
- Bedeutung: Ausschluss einer Hörminderung infolge des Kawasaki-Syndroms
- Zeitpunkt: Bei Diagnosestellung, Verlaufskontrolle nach 6 Wochen
- Augenärztliche Untersuchung
- Bedeutung: Ausschluss ophthalmologischer Komplikationen
- Zeitpunkt: Nach Abklingen der Akutphase
Inkomplettes Kawasaki-Syndrom
Definition [7][17]
- Kawasaki-Syndrom, dessen Symptomatik die klassischen Diagnosekriterien des Kawasaki-Syndroms nicht (vollständig) erfüllt (<4 klinische Hauptsymptome)
Epidemiologie [17]
- Bis zu 10% aller Fälle des Kawasaki-Syndroms
- Vorwiegend bei Säuglingen
Kriterien zur Therapie-Einleitung [7][17]
Bei einem inkompletten Kawasaki-Syndrom ist die Diagnosestellung aufgrund der unspezifischen Symptomatik erschwert . Da ein frühzeitiger Therapiebeginn prognosebestimmend ist, dienen die dargestellten Kriterien als Richtlinie, um in Verdachtsfällen über die Einleitung einer Therapie zu entscheiden.
- Klinische Kriterien
- Säuglinge <6 Monate: Fieber unklarer Ursache ≥7 Tage
- Kinder ≥6 Monate: Fieber ≥5 Tage und 2–3 klinische Kriterien
- Bilaterale nicht-purulente Konjunktivitis
- Enanthem, Lacklippen, Erdbeerzunge
- Polymorphes Exanthem
- Erythem und Ödem der Hände und Füße
- Zervikale Lymphadenopathie
- Und erhöhte Entzündungsparameter: CRP ≥30 mg/L und/oder BSG ≥40 mm/h
- Und positive Laborkriterien: ≥3 der folgenden
- Anämie (entsprechend altersabhängiger Referenzwerte)
- Leukozytose >15.000/μL
- Thrombozytose >450.000/μL
- Hypalbuminämie <3 g/dL
- Aspartat-Aminotransferase-Erhöhung (AST↑)
- Leukozyturie >10/μL
- Und/oder positive echokardiografische Kriterien: Koronaraneurysma oder ≥3 der folgenden
- Perikoronare Echogenitätserhöhung
- Mitralinsuffizienz
- Perikarderguss
- Myokardiale Dysfunktion
Bei Säuglingen <6 Monaten können die klassischen klinischen Kriterien gänzlich fehlen, daher sollte bei Fieber unklarer Ursache ≥7 Tage in diesem Alter immer ein Kawasaki-Syndrom in Betracht gezogen werden! [1]
Der echokardiografische Nachweis von Koronaraneurysmen bestätigt die Verdachtsdiagnose eines inkompletten Kawasaki-Syndroms!
Therapie
- Die Therapie entspricht der des klassischen Kawasaki-Syndroms, siehe dazu
Differenzialdiagnosen
Wegen der unspezifischen Symptome des Kawasaki-Syndroms sollte zunächst eine Vielzahl von Differenzialdiagnosen beachtet werden. Für eine Gegenüberstellung von Kawasaki-Syndrom, PIMS und Toxic-Shock-Syndrom siehe: Vergleich von Symptomen und Laborwerten bei PIMS, Kawasaki-Syndrom, Kawasaki-Schock-Syndrom und toxischen Schocksyndromen
- Infektionskrankheiten
- Toxic-Shock-Syndrom
- Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome (PIMS)
- Makrophagenaktivierungssyndrom anderer Ursache
- Arzneimittelunverträglichkeit bis hin zu Stevens-Johnson-Syndrom
- Staphylococcal-scalded-Skin-Syndrom
- Morbus Still
- Andere Vaskulitiden
- Andere autoinflammatorische Erkrankungen
Im Rahmen systemischer inflammatorischer Erkrankungen kann es ebenfalls zu einer Koronardilatation kommen!
Ein Erregernachweis, insb. respiratorischer Viren, schließt das Kawasaki-Syndrom nicht in jedem Fall aus! Es kann sogar ein möglicher Trigger sein!
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Komplikationen
Kardiale Komplikationen des Kawasaki-Syndroms [1]
- Koronaraneurysmen [7]
- Lokalisation
- Vorwiegend im Bereich der proximalen LAD und proximalen A. coronaria dextra
- Meist von proximal nach distal fortschreitend
- Schweregrad: Dilatation bis hin zu Riesenaneurysmen [3]
- Häufigkeit
- Mögliche Folgen
- Gefäßruptur (selten)
- Myokardiale Ischämie bis hin zum Myokardinfarkt [3]
- Spätfolge: Ischämische Kardiomyopathie
- Lokalisation
- Endokarditis
- Mögliche Folge: Klappenvitien, insb. der Mitralklappe (ca. 25% der Fälle)
- Myokarditis (ca. 60% der Fälle)
- Mögliche Folge: Linksventrikuläre Dysfunktion (meist transient)
- Perikarditis
Das Kawasaki-Syndrom ist die häufigste Ursache erworbener Herzerkrankungen im Kindesalter in Ländern des Globalen Nordens! [1]
Extrakardiale Komplikationen des Kawasaki-Syndroms [7]
- Vaskulär: Extrakoronare Aneurysmen , selten periphere Nekrosen
- Neurologisch: (Sterile) Meningitis, (transiente) Fazialisparese , Hörverlust
- Ophthalmologisch: Anteriore Uveitis
- Abdominell: Gallenblasenhydrops, Hepatitis und Hepatomegalie, selten Pankreatitis
- Urogenital: Hydrocele (selten)
- Systemisch
- Makrophagenaktivierungssyndrom
- Kawasaki-Schock-Syndrom [18]
- Definition: Distributiver und/oder kardiogener Schock im Rahmen eines Kawasaki-Syndroms mit systolischer Hypotonie und/oder klinischen Zeichen mangelhafter Perfusion, die eine Volumen- und ggf. Katecholamintherapie erfordern
- Häufigkeit: Etwa 5% der Fälle
- Ätiologie: Unklar
- Therapie: Frühestmöglich IVIG; Intensivtherapie mit Kreislaufunterstützung
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Therapie
Bisher existiert keine kausale Therapie für das Kawasaki-Syndrom. Zur Akuttherapie werden primär intravenöse Immunglobuline (IVIG) und ASS eingesetzt. Bei erhöhtem Risiko für eine Koronarbeteiligung sowie bei schweren oder therapieresistenten Verläufen kommen auch Glucocorticoide sowie ggf. anti-inflammatorische Biologika zum Einsatz.
Akuttherapie [1][7]
Primärtherapie
- Intravenöse Immunglobuline
- Möglichst frühzeitig
- Wirkungsweise: Nicht sicher geklärt
- Acetylsalicylsäure [4]
- Initial: Hochdosierte ASS-Therapie
- Ab 48–72 h nach Entfieberung: Dosisreduktion (antiaggregatorische Dosierung)
- Ggf. Glucocorticoide
- Indikationen
- Alter <1 Jahr
- Koronarbeteiligung zu Erkrankungsbeginn mit Z-Score >2
- Schwerer Verlauf (Kawasaki-Schock-Syndrom, Makrophagenaktivierungssyndrom)
- Therapieresistenz (siehe auch: Vorgehen bei therapieresistentem Kawasaki-Syndrom)
- Erwägen bei
- Alter: ≥7 Jahre
- Geschlecht: Männlich
- Therapiebeginn: Frühzeitig oder sehr spät (Krankheitsdauer ≤4 Tage oder >14 Tage)
- Paraklinische Auffälligkeiten: Stark erhöhte Entzündungsparameter, Anämie, Hyponatriämie, Leberenzymerhöhung, Hypalbuminämie
- Indikationen
Zeitgerechte Therapie des Kawasaki-Syndroms mit intravenösen Immunglobulinen reduziert das Auftreten von Koronaraneurysmen wesentlich!
Eine Immunglobulin-Therapie kann die Effektivität von Lebendimpfungen reduzieren! Nicht aufschiebbare Lebendimpfungen sollten daher nach ≥11 Monaten aufgefrischt werden!
Bei Kawasaki-Syndrom und gleichzeitiger Influenza-Infektion sollte ASS wegen der Gefahr eines Reye-Syndroms vermieden werden: Alternativ kann bspw. Clopidogrel eingesetzt werden! [4]
Vorgehen bei therapieresistentem Kawasaki-Syndrom
- Definition: Anhaltendes Fieber >36 h nach Immunglobulin-Gabe
- Häufigkeit: 10–20% der Fälle
- Bedeutung: Erhöhtes Risiko von Koronaraneurysmen
- Generelles Management: Multidisziplinäre Versorgung (kinderkardiologisch, kinderrheumatologisch)
Vorgehen bei therapieresistentem Kawasaki-Syndrom [1][7] | ||
---|---|---|
Therapiestufe | Keine primäre Glucocorticoidtherapie erfolgt | Primäre Glucocorticoidtherapie erfolgt |
Therapieresistenz nach 1. Immunglobulin-Gabe |
|
|
Anhaltende Therapieresistenz (nach 2. Immunglobulin-Gabe) |
|
|
Dauertherapie
Vorgehen bei Myokardischämie als Komplikation [1]
- STEMI: PCI oder Thrombolyse
- NSTEMI/ instabile AP: Thrombolyse, PCI oder Bypass-Operation
- Stabile AP: Management abhängig von Lokalisation, Schwere und Symptomatik der Koronarstenosen
Nachsorge und Dauertherapie
Kardiovaskuläre Nachsorge und Dauertherapie
Die kardiovaskuläre Tertiärprävention nach einem Kawasaki-Syndrom dient der Prävention von Koronarthrombosen und myokardialer Ischämie. Da höhergradige Koronaraneurysmen mit einem erhöhten Risiko myokardialer Ischämien einhergehen, bestimmt der maximale Grad der Koronarbeteiligung im Krankheitsverlauf wesentlich die Intensität der Dauertherapie und Nachsorge. [1]
Risikoabhängige kardiovaskuläre Nachsorge und Dauertherapie des Kawasaki-Syndroms [7] | |||
---|---|---|---|
Risikostufe | Pharmakotherapie | Verlaufskontrollen [1] | |
ASS | Andere | ||
I (Keine Koronarbeteiligung) |
| — |
|
II (Koronarektasie ) |
|
| |
III (Kleines Koronaraneurysma ) |
| ||
IV (Mittelgroßes Koronaraneurysma ) |
|
|
|
V (Riesenaneurysma ) |
|
| |
|
Unabhängig von der Risikostufe sollten grundsätzlich kardiovaskuläre Risikofaktoren (bspw. Adipositas, Hypertonie und Nikotinkonsum) reduziert werden!
Bei antiaggregatorischer ASS-Therapie sollte Ibuprofen (u.a. NSAR) vermieden werden, da es die irreversible Thrombozytenaggregationshemmung durch ASS antagonisieren kann! [1]
Prävention des Reye-Syndroms [1]
Bei Influenza- und Varizellen-Infektionen wird in Zusammenhang mit einer ASS-Therapie eine erhöhte Inzidenz des Reye-Syndroms diskutiert.
-
Prävention von Influenza- und Varizellen-Infektionen
- Expositionsprophylaxe
- Influenza-Impfung (Totimpfstoff): Für Kinder im Alter von ≥6 Monaten und enge Kontaktpersonen
-
Varizellen-Impfung
- Bei langfristiger ASS-Therapie
- Bei bestehender (Influenza‑)Infektion: ASS vermeiden (stattdessen z.B. Clopidogrel) [4]
Prognose
-
Letalität (Akutphase) 0,2% [7]
- Höchstes Risiko 15–45 Tage nach Erkrankungsbeginn [1]
- Letale Verläufe nahezu ausschließlich aufgrund kardialer Komplikationen
-
Rezidiv in max. 2–3% der Fälle [1][5]
- Am häufigsten innerhalb der ersten 2 Jahre nach Erkrankung
- Selten späte myokardiale Ischämie im Erwachsenenalter nach stattgehabtem Kawasaki-Syndrom im Kindesalter mit koronarer Beteiligung [7]
Kardiale Komplikationen bestimmen wesentlich die akute und langfristige Prognose des Kawasaki-Syndroms! [1]
Studientelegramme zum Thema
- Studientelegramm 175-2021-1/3: Positive Pandemienachrichten: Rückgang der Inzidenz des Kawasaki-Syndroms in Südkorea
Interesse an wöchentlichen Updates zur aktuellen Studienlage im Bereich der Inneren Medizin? Abonniere jetzt das Studientelegramm (Beiträge zur Inneren Medizin in Kooperation mit HOMe sowie zur Überversorgung in der Inneren Medizin mit der DGIM). Zusätzlich haben wir auch das englische One-Minute-Telegram und den AMBOSS-Podcast im Angebot. Alle Links zur Anmeldung findest du am Seitenende unter "Tipps & Links".
Meditricks
In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.
Kawasaki-Syndrom
Inhaltliches Feedback zu den Meditricks-Videos bitte über den zugehörigen Feedback-Button einreichen (dieser erscheint beim Öffnen der Meditricks).
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- M30.-: Panarteriitis nodosa und verwandte Zustände
- M30.3: Mukokutanes Lymphknotensyndrom [Kawasaki-Krankheit]
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.