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Kawasaki-Syndrom

Letzte Aktualisierung: 10.5.2024

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Das Kawasaki-Syndrom ist eine schwerwiegende Vaskulitis der kleinen und mittelgroßen Arterien, die v.a. Kinder unter 5 Jahren betrifft. Typischerweise kommt es neben hohem Fieber zu Auffälligkeiten der Haut und Schleimhäute (u.a. stammbetontes Exanthem, Lacklippen und Erdbeerzunge) sowie zu einer zervikalen Lymphadenopathie, weshalb das Kawasaki-Syndrom auch als mukokutanes Lymphknotensyndrom bezeichnet wird. Eine gefürchtete Komplikation ist die Entwicklung von Koronaraneurysmen, die in der Akutphase oder im Langzeitverlauf zu einem Myokardinfarkt führen können. Eine frühzeitige Therapie mit Immunglobulinen ist prognosebestimmend, daneben kommen ASS sowie in schweren Fällen Glucocorticoide zum Einsatz.

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Epidemiologietoggle arrow icon

  • Inzidenz: Weltweites Vorkommen, jedoch mit großen Inzidenzunterschieden [1]
    • Hohe Inzidenz in Ostasien mit Höchstwert in Japan [2]
    • Inzidenz bei Kindern <5 Jahren [2][3][4]
      • Japan: Ca. 300/100.000 Kinder [5][6]
      • USA: Ca. 20/100.000 Kinder
      • Deutschland: Ca. 7/100.000 Kinder
  • Häufigkeitsgipfel: Säuglinge/Kleinkinder 6 Monate4 Jahre [4][5]
  • Geschlecht: > (1,5:1)
  • Saisonalität: Inzidenzanstieg im Winter in nicht-tropischen Gebieten der Nordhalbkugel [1][4][7]

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

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Ätiologietoggle arrow icon

  • Multifaktorielle Ätiologie angenommen: Überschießende Immunantwort auf ein Antigen auf Basis genetischer Prädisposition [1][3][4]
    • Genetische Prädisposition
    • Mögliche externe Triggerfaktoren
      • Infektionen [5][6]
      • Umweltfaktoren: Assoziation spezifischer Luftströmungen mit epidemischem Auftreten des Kawasaki-Syndroms in Japan, Hawaii und Süd-Kalifornien [3][8][9]
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Pathogenesetoggle arrow icon

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Symptomatiktoggle arrow icon

Klinische Diagnosekriterien des Kawasaki-Syndroms [1][7]

Die Diagnose des Kawasaki-Syndroms wird klinisch anhand der folgenden Kriterien gestellt.

  • Fieber ≥5 Tage
    • Fieberhöhe: Meist >39 °C, kaum senkbar
    • Fieberverlauf: Meist kontinuierlich oder remittierend
    • Fieberdauer: Meist 1–3 Wochen (bei nicht-therapierter Erkrankung)
    • Kein Ansprechen auf Antibiotika
  • Und ≥4 der folgenden Hauptsymptome

KAWASAKI: Konjunktivitis ± Ausschlag + Wärme ± (Lymph‑)Adenopathie ± Stomatitis → ASS ± ggf. Kortison + Immunglobuline

Die Symptome treten häufig sequenziell auf, sodass im Regelfall nicht alle gleichzeitig bestehen! Daher ist eine gute Anamnese essenziell!

Bei einem sog. inkompletten Kawasaki-Syndrom treten neben Fieber <4 der klinischen Hauptsymptome auf (für weitere Informationen siehe: Inkomplettes Kawasaki-Syndrom)!

Bei Säuglingen können alle klassischen Hauptsymptome fehlen!

Begleitsymptome [1][4][7]

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Stadientoggle arrow icon

Das Kawasaki-Syndrom verläuft klassischerweise in 3 Stadien; Überschneidungen der Symptomatik sind jedoch möglich. [6]

  1. Akute Phase (1.–2. Woche): Auftreten der klassischen Symptomatik
  2. Subakute Phase (3.–4. Woche)
  3. Rekonvaleszenz (5.–9. Woche): Klinisch asymptomatische Phase
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Diagnostiktoggle arrow icon

Das Kawasaki-Syndrom wird klinisch diagnostiziert (siehe auch: Klinische Diagnosekriterien des Kawasaki-Syndroms). Apparative Methoden können die Diagnosestellung unterstützen, von besonderer Bedeutung ist jedoch die Beurteilung der kardialen Beteiligung mittels Echokardiografie.

Labordiagnostik [1][7]

Wiederholt normwertige Entzündungsparameter (insb. ≥7 Tage) sprechen gegen ein Kawasaki-Syndrom!

Echokardiografie [1][7]

  • Bedeutung: Beurteilung kardialer Komplikationen inkl. der proximalen Koronararterien
  • Zeitpunkt
    • Frühestmöglich bei Krankheitsverdacht
    • Verlaufskontrollen abhängig vom Ausmaß der Koronarbeteiligung [1]
      • Keine Koronarbeteiligung/Koronarektasie: Kontrollen 1–2 Wochen und 4–6 Wochen nach Therapiebeginn
      • Progrediente Koronaraneurysmen: Kontrollen mind. 2× wöchentlich bis zur Stabilisierung des Befundes
      • Stabile große Aneurysmen/Riesenaneurysmen: Mind. wöchentliche Kontrollen innerhalb der ersten 45 Krankheitstage, dann monatlich bis zum 3. Krankheitsmonat
    • Zur Nachsorge siehe: Nachsorge des Kawasaki-Syndroms
  • Durchführung
    • Transthorakal, bei älteren Kindern/Jugendlichen ggf. auch transösophageal
    • Darstellung der Koronararterien möglichst weit nach distal und Messung des Lumendurchmessers mit Berechnung des Z-Scores , soweit möglich auch Untersuchung auf Gefäßthrombosen und -stenosen
      • Online-Tool zur Berechnung des Z-Scores: [15][16]
    • Farbkodierte Doppler-Sonografie (Ausschluss von Klappeninsuffizienzen, Beurteilung der Koronarperfusion )
    • Messung der kardialen Funktion
    • Messung der Aortenwurzel (Ausschluss einer Ektasie)
    • Ausschluss Perikard- und Pleuraerguss
  • Siehe auch: Kardiale Komplikationen des Kawasaki-Syndroms

Ein unauffälliges Echokardiogramm schließt ein Kawasaki-Syndrom nicht aus!

Weitere diagnostische Maßnahmen [1][7]

  • EKG, Langzeit-EKG: Ausschluss von Ischämiezeichen sowie Rhythmusstörungen
  • Sonografie
  • Ggf. (Kardio‑)MRT oder CT-Angiografie
    • Bedeutung: Erweiterte Diagnostik der Koronarbeteiligung , Diagnose extrakardialer Aneurysmen [2]
    • Indikationen
      • Koronardiagnostik bei unzureichender Darstellbarkeit im TTE (insb. ältere Kinder und Jugendliche)
      • Diagnostik distaler Gefäßabschnitte bei nachgewiesener schwerwiegender proximaler Koronarbeteiligung im TTE
      • Ggf. zur Verlaufskontrolle (siehe: Kawasaki-Syndrom - Nachsorge und Dauertherapie)
  • In Sonderfällen: Herzkatheteruntersuchung
  • Audiometrie
    • Bedeutung: Ausschluss einer Hörminderung infolge des Kawasaki-Syndroms
    • Zeitpunkt: Bei Diagnosestellung, Verlaufskontrolle nach 6 Wochen
  • Augenärztliche Untersuchung
    • Bedeutung: Ausschluss ophthalmologischer Komplikationen
    • Zeitpunkt: Nach Abklingen der Akutphase
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Inkomplettes Kawasaki-Syndromtoggle arrow icon

Definition [7][17]

Epidemiologie [17]

  • Bis zu 10% aller Fälle des Kawasaki-Syndroms
  • Vorwiegend bei Säuglingen

Kriterien zur Therapie-Einleitung [7][17]

Bei einem inkompletten Kawasaki-Syndrom ist die Diagnosestellung aufgrund der unspezifischen Symptomatik erschwert . Da ein frühzeitiger Therapiebeginn prognosebestimmend ist, dienen die dargestellten Kriterien als Richtlinie, um in Verdachtsfällen über die Einleitung einer Therapie zu entscheiden.

Bei Säuglingen <6 Monaten können die klassischen klinischen Kriterien gänzlich fehlen, daher sollte bei Fieber unklarer Ursache ≥7 Tage in diesem Alter immer ein Kawasaki-Syndrom in Betracht gezogen werden! [1]

Der echokardiografische Nachweis von Koronaraneurysmen bestätigt die Verdachtsdiagnose eines inkompletten Kawasaki-Syndroms!

Therapie

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Differenzialdiagnosentoggle arrow icon

Wegen der unspezifischen Symptome des Kawasaki-Syndroms sollte zunächst eine Vielzahl von Differenzialdiagnosen beachtet werden. Für eine Gegenüberstellung von Kawasaki-Syndrom, PIMS und Toxic-Shock-Syndrom siehe: Vergleich von Symptomen und Laborwerten bei PIMS, Kawasaki-Syndrom, Kawasaki-Schock-Syndrom und toxischen Schocksyndromen

Im Rahmen systemischer inflammatorischer Erkrankungen kann es ebenfalls zu einer Koronardilatation kommen!

Ein Erregernachweis, insb. respiratorischer Viren, schließt das Kawasaki-Syndrom nicht in jedem Fall aus! Es kann sogar ein möglicher Trigger sein!

AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

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Komplikationentoggle arrow icon

Kardiale Komplikationen des Kawasaki-Syndroms [1]

Das Kawasaki-Syndrom ist die häufigste Ursache erworbener Herzerkrankungen im Kindesalter in Ländern des Globalen Nordens! [1]

Extrakardiale Komplikationen des Kawasaki-Syndroms [7]

Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

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Therapietoggle arrow icon

Bisher existiert keine kausale Therapie für das Kawasaki-Syndrom. Zur Akuttherapie werden primär intravenöse Immunglobuline (IVIG) und ASS eingesetzt. Bei erhöhtem Risiko für eine Koronarbeteiligung sowie bei schweren oder therapieresistenten Verläufen kommen auch Glucocorticoide sowie ggf. anti-inflammatorische Biologika zum Einsatz.

Akuttherapie [1][7]

Primärtherapie

Zeitgerechte Therapie des Kawasaki-Syndroms mit intravenösen Immunglobulinen reduziert das Auftreten von Koronaraneurysmen wesentlich!

Eine Immunglobulin-Therapie kann die Effektivität von Lebendimpfungen reduzieren! Nicht aufschiebbare Lebendimpfungen sollten daher nach ≥11 Monaten aufgefrischt werden!

Bei Kawasaki-Syndrom und gleichzeitiger Influenza-Infektion sollte ASS wegen der Gefahr eines Reye-Syndroms vermieden werden: Alternativ kann bspw. Clopidogrel eingesetzt werden! [4]

Vorgehen bei therapieresistentem Kawasaki-Syndrom

  • Definition: Anhaltendes Fieber >36 h nach Immunglobulin-Gabe
  • Häufigkeit: 10–20% der Fälle
  • Bedeutung: Erhöhtes Risiko von Koronaraneurysmen
  • Generelles Management: Multidisziplinäre Versorgung (kinderkardiologisch, kinderrheumatologisch)
Vorgehen bei therapieresistentem Kawasaki-Syndrom [1][7]
Therapiestufe Keine primäre Glucocorticoidtherapie erfolgt Primäre Glucocorticoidtherapie erfolgt
Therapieresistenz nach 1. Immunglobulin-Gabe
Anhaltende Therapieresistenz (nach 2. Immunglobulin-Gabe)

Dauertherapie

Vorgehen bei Myokardischämie als Komplikation [1]

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Nachsorge und Dauertherapietoggle arrow icon

Kardiovaskuläre Nachsorge und Dauertherapie

Die kardiovaskuläre Tertiärprävention nach einem Kawasaki-Syndrom dient der Prävention von Koronarthrombosen und myokardialer Ischämie. Da höhergradige Koronaraneurysmen mit einem erhöhten Risiko myokardialer Ischämien einhergehen, bestimmt der maximale Grad der Koronarbeteiligung im Krankheitsverlauf wesentlich die Intensität der Dauertherapie und Nachsorge. [1]

Risikoabhängige kardiovaskuläre Nachsorge und Dauertherapie des Kawasaki-Syndroms [7]

Risikostufe Pharmakotherapie Verlaufskontrollen [1]
ASS Andere
I (Keine Koronarbeteiligung)
  • ASS*1 für 6–8 Wochen

II (Koronarektasie )
  • ASS*1 bis zur Rückbildung der koronaren Auffälligkeiten
III (Kleines Koronaraneurysma )
  • Echokardiografie: Häufigkeit abhängig von der Entwicklung des Aneurysmas
  • Ischämiediagnostik alle 3 Jahre , bei Auffälligkeiten früher
IV (Mittelgroßes Koronaraneurysma )
  • ASS*1-Langzeittherapie
V (Riesenaneurysma )
  • Bei persistierenden Riesenaneurysmen: Antikoagulation*3
  • Bei sehr hohem Thromboserisiko: Ggf. zusätzlich Clopidogrel*2 [1]
  • Kinder im Alter von >10 Jahren: Statin erwägen
  • Persistierende Riesenaneurysmen: Kardioselektiven Betablocker erwägen
  • Lebenslange kardiologische Nachsorge
  • Echokardiografie: Häufigkeit abhängig von der Entwicklung des Aneurysmas
  • Ischämiediagnostik bei persistierendem Riesenaneurysma alle 6–12 Monate, bei Regredienz alle 1–5 Jahre
  • Koronarangiografie nach 6–12 Monaten

Unabhängig von der Risikostufe sollten grundsätzlich kardiovaskuläre Risikofaktoren (bspw. Adipositas, Hypertonie und Nikotinkonsum) reduziert werden!

Bei antiaggregatorischer ASS-Therapie sollte Ibuprofen (u.a. NSAR) vermieden werden, da es die irreversible Thrombozytenaggregationshemmung durch ASS antagonisieren kann! [1]

Prävention des Reye-Syndroms [1]

Bei Influenza- und Varizellen-Infektionen wird in Zusammenhang mit einer ASS-Therapie eine erhöhte Inzidenz des Reye-Syndroms diskutiert.

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Prognosetoggle arrow icon

  • Letalität (Akutphase) 0,2% [7]
    • Höchstes Risiko 15–45 Tage nach Erkrankungsbeginn [1]
    • Letale Verläufe nahezu ausschließlich aufgrund kardialer Komplikationen
  • Rezidiv in max. 2–3% der Fälle [1][5]
    • Am häufigsten innerhalb der ersten 2 Jahre nach Erkrankung
  • Selten späte myokardiale Ischämie im Erwachsenenalter nach stattgehabtem Kawasaki-Syndrom im Kindesalter mit koronarer Beteiligung [7]

Kardiale Komplikationen bestimmen wesentlich die akute und langfristige Prognose des Kawasaki-Syndroms! [1]

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Kawasaki-Syndrom

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Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

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