Abstract
Bei der Hypothyreose handelt es sich um eine Unterversorgung des Körpers mit den Schilddrüsenhormonen T3 und T4. Es wird zwischen einer kongenitalen (angeborenen) und einer erworbenen Form unterschieden, wobei die kongenitale Form als pädiatrisches Krankheitsbild in einer eigenen Sektion behandelt wird. Die im Erwachsenenalter auftretende Hypothyreose ist fast immer erworben und beruht zumeist auf einer autoimmunen Genese (Hashimoto-Thyreoiditis) oder extremem Iodmangel. Sie äußert sich in einer allgemeinen Verringerung des Grundumsatzes mit multiplen klinischen Folgen, die bis zum Myxödemkoma führen können.
Die angeborene Form beruht zumeist auf einem Iodmangel in der Schwangerschaft oder einer thyreoidalen Aplasie. Sie macht sich mit Gedeihstörungen, Apathie und Intelligenzminderung bemerkbar und muss so früh wie möglich behandelt werden. Folge einer unbehandelten kongenitalen Hypothyreose ist der sog. Kretinismus (irreversible, schwere Intelligenzminderung). Daher ist die Kontrolle des TSH-Werts gesetzlich für den 3. Lebenstag festgelegt. Therapeutisch steht bei allen Formen der Hypothyreose die lebenslange L-Thyroxin-Substitution unter regelmäßigen Verlaufskontrollen der Laborparameter im Vordergrund.
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Epidemiologie
Ätiologie
Erworbene Hypothyreose [2]
- Primäre Hypothyreose
- Häufigste Ursache: Autoimmune Genese (i.d.R. Hashimoto-Thyreoiditis)
- Iatrogen
- Extremer Iod- oder Selenmangel
- Sekundäre Hypothyreose
- Hypophysenvorderlappeninsuffizienz → Mangel an Thyreoidea-stimulierendem Hormon (TSH)
- Tertiäre Hypothyreose
- Hypothalamische Insuffizienz (TRH-Mangel)
Amiodaron kann sowohl eine Hypo- als auch eine Hyperthyreose auslösen!
Die Hashimoto-Thyreoiditis ist die häufigste Ursache für eine Hypothyreose!
Medikamenten-induzierte Schilddrüsenfunktionsstörungen
Amiodaron-induzierte Hypothyreose
- Häufigkeit: 5–15% der mit Amiodaron behandelten Patienten
- Pathophysiologie: Iodid in hoher Dosis (>5 mg) senkt die Iodaufnahme in die Schilddrüse und die Hormonsynthese (Iod-Plummerung)
- Labor: Wie bei anderen Formen der Hypothyreose
- Therapie: L-Thyroxin-Substitution, indiziert bei manifester Hypothyreose bzw. relevanter latenter Hypothyreose (TSH >10 mU/L)
Amiodaron-induzierte Hyperthyreose
- Häufigkeit: 2–12% der mit Amiodaron behandelten Patienten
- Klinik: Einige Wochen bis Monate nach Therapiebeginn auftretende Hyperthyreose
Verlaufsformen
- Typ-I-Hyperthyreose: Beruht auf gesteigerter Hormonsynthese, hoher Iodbelastung, typischerweise bei vorbestehender Schilddrüsenpathologie
- Verlauf: Eher Wochen als Monate nach Therapiebeginn auftretend, häufig schwere Verläufe
- Typ-II-Hyperthyreose: Beruht auf einer gesteigerten Hormonfreisetzung bei Destruktion von Schilddrüsengewebe, typischerweise keine vorbestehende Schilddrüsenpathologie
- Verlauf: Eher Monate als Wochen nach Therapiebeginn auftretend, häufig selbstlimitierende Verläufe, ggf. Übergang in eine Hypothyreose
Differenzialdiagnostik
Differenzialdiagnostik der Typ-I- und Typ-II-Hyperthyreose | ||
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Diagnostik | Typ-I-Hyperthyreose | Typ-II-Hyperthyreose |
Sonografie |
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Thyreoglobulin i.S. |
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Interleukin-6 i.S. |
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Szintigrafie |
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Eine Differenzialdiagnostik sollte nach Möglichkeit immer durchgeführt werden, jedoch bei schweren Verläufen nie den Therapiebeginn verzögern!
Therapeutisches Vorgehen
- Therapiebeginn: Bei diagnostisch unklarer Form in der Praxis initiale Kombination aus Thiamazol und Glucocorticoiden sowie Absetzen von Amiodaron (nach kardiologischer Rücksprache)
- Nach Differenzialdiagnostik
- Typ-I-Hyperthyreose: Thyreostatika sind effektiv
- Typ-II-Hyperthyreose: Glucocorticoide sind effektiv
- Bei thyreotoxischer Krise: Sofortige entspr. Therapieeinleitung
- Ultima Ratio: Thyreoidektomie bei therapieresistenter Hyperthyreose und kardiologischer Unverzichtbarkeit der Amiodaron-Therapie
Lithium-induzierte Hypothyreose
- Häufigkeit: Ca. 20% der mit Lithium behandelten Patienten
- Pathophysiologie: Lithium-Anreicherung in den Follikelepithelzellen → Hemmung der Produktion und Freisetzung von L-Thyroxin, der Iodaufnahme sowie der TSH-Wirkung
- Therapie: L-Thyroxin-Substitution, großzügige Indikationsstellung bereits ab latenter Hypothyreose
Weitere Medikamenten-induzierte Funktionsstörungen der Schilddrüse
- Therapeutische Relevanz: Bei (Dauer‑)Therapie mit einem der folgenden Medikamente sollte verstärkt auf Symptome geachtet werden, die auf eine veränderte Schilddrüsenfunktion hindeuten
Weitere Medikamenten-induzierte Funktionsstörungen der Schilddrüse | ||
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Gruppe bzw. Wirkstoff | Funktionsstörung | Therapeutische Konsequenz |
Atypische Antipsychotika, insb. Clozapin und Quetiapin |
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Carbamazepin |
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Tyrosinkinaseinhibitoren, insb. Imatinib und Sunitinib | ||
Gruppe der CTLA4-Antikörper, z.B. Ipilimumab |
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Alemtuzumab |
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Interferon-α |
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Pathophysiologie
- Physiologisch
- Hypothalamus schüttet TRH aus → TSH-Freisetzung im Hypophysenvorderlappen → Bildung und Sekretion der Schilddrüsenhormone T3 und T4
- Anstieg von T3/T4 hemmt Freisetzung von TSH und TRH (negative Rückkopplung)
- Hypothyreose
- Primäre Hypothyreose: Periphere Störung (Bildungsstörung oder Sekretionsstörung) → T3/T4↓ (fehlende Bildung) → TSH↑ (kompensatorischer Anstieg)
- Sekundäre Hypothyreose: Hypophysäre Störung → TSH↓ → T3/T4↓
- Tertiäre Hypothyreose: Hypothalamische Störung → TRH↓ → TSH↓ → T3/T4↓
Symptome/Klinik
Erworbene Hypothyreose [3]
- Allgemeinsymptome
- Gesteigerte Ermüdbarkeit, schnelle Erschöpfung, Verlangsamung
- Antriebsarmut, Teilnahmslosigkeit, Depressivität
- Kälteintoleranz
- Gewichtszunahme
- Obstipation
- Haut, Haar und Gesicht
- Kühle, trockene Haut
- Brüchiges, trockenes Haar
- Haarausfall
- Hypohidrose
- Hertoghe-Zeichen
- Kardiologisch: Bradykardie, ggf. Herzinsuffizienz
- Neurologisch: Neuromuskuläre Erregbarkeit↓
- Hyporeflexie und verlangsamte Erholung der Reflexe
- Gut zu prüfen anhand des Achillessehnenreflexes!
- Gynäkologisch: Sekundäre Amenorrhö bzw. Zyklusanomalien
Bei Patienten mit depressiven Symptomen sollte zu Beginn der Abklärung stets die Schilddrüsenfunktion geprüft werden!
Die Hypothyreose kann bei älteren Menschen oligosymptomatisch verlaufen und einer Depression oder Demenz ähneln!
Generalisiertes Myxödem
- Klinische Charakteristika
- Teigig geschwollene, trockene Haut
- Manifestation insb. an Augenlidern, Händen, Füßen, Lippen und Zunge
- Ggf. Heiserkeit durch ödematös verdickte Stimmbänder bzw. raue Stimme, langsame und mühsame Sprache
- Kardiale Beteiligung: Myxödemherz mit Herzvergrößerung, Bradykardie, ggf. Herzinsuffizienz
- Myxödemkoma: Seltene, aber lebensbedrohliche Komplikation der schweren Hypothyreose
- Differenzialdiagnose Myxödem bei Morbus Basedow
- Manifestation insb. prätibial, meist bilateral [4] , seltener Akropachie
- Therapie: Verbände mit steroidhaltigen Salben, Glucocorticoid-Injektionen in die betroffenen Stellen
Diagnostik
Erworbene Hypothyreose
Diagnostik der erworbenen Hypothyreose | |||
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Zentrale Hormone | Periphere Hormone | ||
Manifeste Hypothyreose | Primäre Hypothyreose |
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Sekundäre Hypothyreose |
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Latente Hypothyreose |
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- TSH-Laboranalytik: TSH-Bestimmung unterliegt sowohl interindividuellen (bis zu 40%) als auch laborspezifischen Schwankungen
- Zur Optimierung der Vergleichbarkeit und Aussagekraft erhobener Werte gilt
- Bei Erstdiagnose: Bei einmaliger Erhöhung des TSH-Wertes über 4,0 mU/L ohne auffällige Anamnese sollte zur Erhärtung der Diagnose die Untersuchung wiederholt werden
- Bei Kontrollen: Blutentnahme möglichst immer unter vergleichbaren Bedingungen
- Zur Optimierung der Vergleichbarkeit und Aussagekraft erhobener Werte gilt
- Akutdiagnostik: Bei schweren Hypothyreosen können akute behandlungspflichtige Begleitsymptome vorliegen
- Blutzuckerbestimmung: Hypoglykämie, insb. bei insulinpflichtigen Diabetikern (verminderter Insulinbedarf)
- Screening auf Elektrolytstörungen, insb. Hyponatriämie
- Abklärungsdiagnostik
- Schilddrüsen-Antikörper: Insb. Anti-TPO und Thyreoglobulin-Antikörper
- Schilddrüsensonografie: Bei auffälligem Palpationsbefund oder bei Hashimoto-Thyreoiditis
- Metabolisches Monitoring
- Screening auf Hyperlipidämie, Hypercholesterinämie (Gesamt-Cholesterin, LDL, HDL, Triglyzeride)
- Bei Diabetes mellitus: Engmaschigere Überwachung des Blutzuckers und Anpassung der Therapie (verminderter Insulinbedarf)
Ein normaler TSH-Spiegel schließt eine Hypo- oder Hyperthyreose mit hoher Wahrscheinlichkeit aus und ist damit der entscheidende Screening-Parameter!
Differenzialdiagnosen
Low-T3-Syndrom (Euthyroid-Sick-Syndrom, Non-Thyroidal-Illness-Syndrom) [5]
- Definition: Störung der Schilddrüsenhormonkonzentration, i.d.R. mit vermindertem fT3 und normalem oder seltener erniedrigtem TSH einhergehend
- Vorkommen: Bei ca. 60% der schwer kranken, intensivpflichtigen Patienten im Krankheitsverlauf, insb. bei
- Sepsis
- Polytrauma
- Verbrennungen
- Akuter Pankreatitis
- Hungerzuständen
- Myokardinfarkt
- Langzeitbeatmung
- Pathophysiologische Aspekte
- Zytokin-vermittelte (Interleukin-6) Dysregulation der Deiodasen mit konsekutiv verminderter Umwandlung von T4 in T3 bzw. vermehrtem Abbau von T4 und T3
- Dysregulation des hypothalamisch-hypophysären Feedback-Mechanismus bei schweren Erkrankungen
- Bindung der Schilddrüsenhormone an Transportproteine (Thyreoglobulin) bzw. an die nukleären Rezeptoren gestört
- Labor
- Therapie: Nicht notwendig, da für eine Substitution von Schilddrüsenhormonen bisher kein Nutzen nachgewiesen wurde
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Therapie
Erworbene Hypothyreose [6][7]
- Manifeste Hypothyreose: Lebenslange L-Thyroxin-Substitution unter regelmäßiger Kontrolle der relevanten Laborparameter
- Latente Hypothyreose: Indikationsstellung für eine Behandlung (L-Thyroxin-Substitution) anhand folgender Kriterien
- Bei TSH ≤10 mU/L
- Keine generelle Empfehlung einer Hormonsubstitution
- Therapie bei
- Kinderwunsch
- Schwangerschaft
- TSH ≥6 mU/L und Nachweis von TPO-Antikörpern
- Vorgehen: Zunächst versuchsweise Substitution, bei deutlicher Symptombesserung Fortführung der Therapie
- Bei TSH >10 mU/L
- Patienten ≤70 Jahren: Indikation für eine Therapie
- Patienten >70 Jahren: Substitution von L-Thyroxin nur bei hohem vaskulären Risiko oder ausgeprägter Klinik
- Bei Therapieverzicht: Innerhalb der ersten 2 Jahre nach Erstdiagnose halbjährliche Kontrollen der Schilddrüsenhormone, bei stabilen Werten anschließend jährliche Kontrollen
- Bei TSH ≤10 mU/L
L-Thyroxin-Substitution
- Substitution i.d.R. nur mit L-Thyroxin-Präparaten (syn. Levothyroxin, entspricht dem körpereigenen T4)
- Manifeste Hypothyreose
- Latente Hypothyreose
- Normalisierung des TSH-Wertes dauert bis zu 2 Monate
- Anhand regelmäßiger TSH-Kontrollen sowie des klinischen Befindens wird die korrekte Dosierung überwacht
- Nach Therapiebeginn und nach jeder Dosisanpassung: Kontrolle der Schilddrüsenhormone (nach frühestens 2 Monaten)
- Nach Etablierung der Erhaltungsdosis: Zunächst halbjährliche, später jährliche Kontrollen der Schilddrüsenhormone
- CAVE bei gleichzeitiger Einnahme von Biotin: Verfälschte Schilddrüsenparameter möglich [8]
L-Thyroxin-Substitution | ||
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TSH | Stoffwechsellage | T4-Dosierung |
↑ | Hypothyreot | Erhöhen |
✓ | Euthyreot | Beibehalten |
↓ | Hyperthyreot | Reduzieren |
Komplikationen
Myxödemkoma [9]
Diese extrem seltene Dekompensation des bestehenden Schilddrüsenhormonmangels kann u.a. durch Infekte, Operationen und Traumen ausgelöst werden.
- Klinik
- Hypothermie und gleichzeitiges Myxödem (Leitsymptome)
- Hypoventilation mit Hyperkapnie
- Hypotonie und Bradykardie
- Hyporeflexie
- Schocksymptomatik
- Therapie: Intensivmedizinische supportive Behandlung mit balancierter Zufuhr von Flüssigkeit, Elektrolyten und ggf. Ernährungstherapie
- L-Thyroxin i.v.
- Glucocorticoide
- Langsame Erwärmung
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Kongenitale Hypothyreose
Epidemiologie [10][11]
- Inzidenz: ca. 1:4.000 Neugeborene, häufigste kongenitale Endokrinopathie
- Meistens primäre Form (Pathologie auf Schilddrüsenebene), selten zentrale Form (Defekt auf Hypothalamus-/Hypophysenebene)
Formen
- Permanente primäre kongenitale Hypothyreose
- Entwicklungsstörung des Schilddrüsengewebes (85% der Fälle)
- Ektopie des Schilddrüsengewebes (mit 70% häufigste Entwicklungsstörung)
- Athyreose
- Hypoplasie/Hemiagenesie
- Gendefekte in der Hormonsynthese (15% der Fälle, hier ggf. Strumabildung möglich)
- Entwicklungsstörung des Schilddrüsengewebes (85% der Fälle)
- Transiente primäre kongenitale Hypothyreose
- Häufigste Ursache: Iodmangel während der Schwangerschaft
- Akuter Iodexzess (z.B. Desinfektionsmittel)
- Maternale Schilddrüsen-Autoantikörper
- Maternale Thyreostatikatherapie
Die kongenitale Hypothyreose ist weltweit eine der häufigsten vermeidbaren Ursachen für eine Intelligenzminderung und geht meist auf einen Iodmangel zurück!
Symptomatik
- Nach der Geburt: Hypothermie, Apathie, Trinkfaulheit, verlängerter Neugeborenenikterus, Muskelhypotonie, Obstipation, Nabelhernie
- Im weiteren Verlauf: Gedeihstörungen (u.a. Kleinwuchs, verzögerter Fontanellenschluss, verzögerte Skelettentwicklung), Intelligenzminderung, Hirnschäden, schwere Innenohrhörstörung
- Äußere Zeichen: Struppiges Haar, teigige Haut, Makroglossie
Diagnostik
- Neugeborenenscreening am 3. Lebenstag: TSH↑
- Unverzüglich Bestätigungsdiagnostik bei erhöhten TSH-Werten im Screening
- Serum-TSH, -fT4 bzw. Gesamt-T4 , ggf. Thyreoglobulin, Schilddrüsen-Autoantikörper
-
Schilddrüsen-Sonografie
- Bei vorhandener Schilddrüse: Am ehesten transiente Form, Bestimmung von Schilddrüsen-Autoantikörpern, Anamnese bzgl. Iodkontamination
- DD Hormonsynthesedefekt: Ggf. genetische Untersuchung
- Bei fehlender Schilddrüse: Permanente Form → Bestimmung von Thyreoglobulin zur Unterscheidung von Ektopie (Thyreoglobulin↑) vs. Athyreose (Thyreoglobulin↓)
- Bei vorhandener Schilddrüse: Am ehesten transiente Form, Bestimmung von Schilddrüsen-Autoantikörpern, Anamnese bzgl. Iodkontamination
- Ggf. Schilddrüsenszintigrafie (nur bei unklarem Sonografiebefund erforderlich)
- Röntgen des Knies: Fehlende Epiphysenfugen als Hinweis auf schwere intrauterine Hypothyreose beim Termingeborenen
Durch die plazentäre Aufnahme des mütterlichen Schilddrüsenhormons sind die meisten Kinder bei der Geburt unauffällig. Deshalb hat das Neugeborenenscreening trotz fehlender Symptomatik eine hohe Relevanz!
Therapie der kongenitalen Hypothyreose
-
L-Thyroxin-Substitution
- Schneller Therapiebeginn direkt nach Diagnosebestätigung durch die Serumwerte, möglichst in den ersten 14 Lebenstagen
- Ziel: Normalisierung der TSH- und T4-Werte innerhalb von 14 Tagen
- Unbehandelt kommt es zum Vollbild des Kretinismus mit irreversiblen Hirnschäden
-
Regelmäßige Laborkontrollen und ggf. Anpassung der L-Thyroxin-Dosis
- Zunächst 1, 2 und 4 Wochen nach Therapiebeginn
- <2 Jahre: Alle 3 Monate
- >2 Jahre: Alle 6 Monate
- >6 Jahre: Jährlich
- Nach jeder Dosisanpassung Laborkontrollen nach 4–6 Wochen
- Testung der kognitiven Entwicklung und des Hörvermögens in den ersten zwei Jahren sowie vor der Einschulung
- Auslassversuch nach dem 2. oder 3. Lebensjahr nach endokrinologischer Konsultation möglich (bei sonografisch unauffälligem Befund und normwertigen TSH-Werten)
- Falls TSH und T4 normwertig bleiben: Transiente Form der kongenitalen Hypothyreose
- Bei TSH-Anstieg: Lebenslange L-Thyroxin-Substitution
- Bei Z.n. Iodkontamination: Ggf. Auslassversuch bereits nach 3 Monaten möglich
- Prävention: Iodsupplementation aller Schwangeren (insb. im 1. Trimenon!) und stillenden Müttern
Allen Schwangeren soll eine Iodsupplementation angeboten werden!
Eine unentdeckte Hypothyreose führt im Verlauf zur Intelligenzminderung (Kretinismus). Über eine frühzeitige, angemessene Therapie ist diese irreversible Komplikation vermeidbar!
Studientelegramme zum Thema
- DGIM-Studientelegramm 1-2019-3/8: Kein Vorteil einer L-Thyroxin-Therapie bei älteren Patienten mit latenter Hypothyreose
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Patienteninformationen
Meditricks
In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.
L-Thyroxin
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2023
- E03.-: Sonstige Hypothyreose
- Exklusive: Hypothyreose nach medizinischen Maßnahmen (E89.0), Jodmangelbedingte Hypothyreose (E00–E02)
- E03.0: Angeborene Hypothyreose mit diffuser Struma
- Struma congenita (nichttoxisch): parenchymatös
- o.n.A.
- Exklusive: Transitorische Struma congenita mit normaler Funktion (P72.0)
- E03.1: Angeborene Hypothyreose ohne Struma
- Angeboren:
- Atrophie der Schilddrüse
- Hypothyreose o.n.A.
- Aplasie der Schilddrüse (mit Myxödem)
- Angeboren:
- E03.2: Hypothyreose durch Arzneimittel oder andere exogene Substanzen
- E03.3: Postinfektiöse Hypothyreose
- E03.4: Atrophie der Schilddrüse (erworben)
- Exklusive: Angeborene Atrophie der Schilddrüse (E03.1)
- E03.5: Myxödemkoma
- E03.8: Sonstige näher bezeichnete Hypothyreose
- E03.9: Hypothyreose, nicht näher bezeichnet
- Myxödem o.n.A.
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2023, DIMDI.