Abstract
Die Gastrektomie ist das chirurgische Verfahren zur operativen Entfernung des Magens. In Kooperation mit unserem Partner webop bieten wir an dieser Stelle eine Schritt-für-Schritt-Darstellung der Gastrektomie für chirurgisch interessierte Nutzer an. Neben einer Darstellung der Operationsvorbereitung werden die Lagerung, anatomische Grundlagen und die Operationstechnik mit Illustrationen und Videosequenzen erörtert. Mehr Informationen zu unserer Kooperation mit webop findest du unter Tipps & Links.
Indikation
- Magenkarzinom (häufigste Indikation!)
- OP-Indikation durch Tumor-Staging zu klären
- Bei V.a. Peritonealkarzinose: Laparoskopische Exploration
- Ggf. prä- und/oder perioperative Chemotherapie erforderlich (Port-Implantation)
- OP-Indikation durch Tumor-Staging zu klären
- Weitere mögliche Indikationen
-
Palliative Resektion bei:
- Blutungen, Stenosen und/oder Perforationen eines Karzinoms
- Lokaler Peritonealkarzinose
-
Palliative Resektion bei:
Kontraindikation
Das Magenkarzinom als häufigste Indikation zur Gastrektomie tritt häufig bei älteren und multimorbiden Patienten auf. Präoperativ ist daher die Operabilität des Patienten zu prüfen, ggf. müssen bestehende kardiovaskuläre Komorbiditäten nach internistischer Konsultation in ihrer Behandlungsweise optimiert werden.
- Kontraindikationen der Allgemeinanästhesie
- Bspw. schwere kardiopulmonale Komorbidität
- Krankheitsspezifische Kontraindikationen
- Bspw. reduzierter Allgemeinzustand bei Tumorkachexie oder im Rahmen der präoperativen Chemotherapie
Es werden die wichtigsten Kontraindikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Vorbereitung
Aufklärung des Patienten
- Allgemeine OP-Risiken
- Thrombose, Lungenembolie
- Pneumonie
- Heparinunverträglichkeit, HIT
- Harnwegsinfekt
- Spezielle OP-Risiken
- Letalität zwischen 2 und 10%
- Endgültige Entscheidung über das Resektionsverfahren erst intraoperativ
- Verletzung innerer Gefäße und Organe (auch Pleura!)
- Anastomoseninsuffizienz
- Duodenalstumpfinsuffizienz
- Interponatnekrose
- Endoluminale und/oder intraabdominelle Blutung
- Minderdurchblutung des Ersatzmagens
- Intraabdomineller Abszess
- Pankreatitis bzw. Pankreasfisteln
- Wundheilungsstörung
- Narbenbruch
Anästhesie-Vorstellung
- Narkoseart: Intubationsnarkose
- Weitere Erforderlichkeiten
- Magensonde
- ZVK (Zentraler Venenkatheter)
- PDK (Periduralkatheter)
- Harnblasenkatheter (transurethral bzw. intraoperative suprapubische Blasenkatheterisierung)
Präoperativer Tag
- Kostform: Klare Brühe
- Darmreinigung: Geeignete abführende Maßnahmen (CAVE: Stenosen)
- Labordiagnostik: Aktuelles Blutbild, Gerinnungslaborwerte und Entzündungszeichen
- Transfusionsbedarf: Blutgruppe bestimmen und Erythrozytenkonzentrate anfordern
- Thromboseprophylaxe: I.d.R. mit NMH
Allgemeine Hinweise
- Für allgemeine Hinweise zum präoperativen Management siehe
- Für darmchirurgische Besonderheiten siehe
OP-Setup
Lagerung des Patienten
- Rückenlagerung
- Rechter Arm angelagert
- Linker Arm ausgelagert
Aufstellung des OP-Teams
- Operateur rechts vom Patienten
- 1. Assistent links vom Patienten
- 2. Assistent rechts, kopfwärts vom Operateur
- Instrumentierende OP-Pflegekraft links, fußwärts vom 1. Assistenten
- Ggf. 3. Assistent links, kopfwärts vom 1. Assistenten
Chirurgische Anatomie des Magens
Ablauf/Durchführung
Quere Oberbauchlaparotomie
- Oberbauchquerlaparotomie mit oberer Medianlaparotomie (“umgekehrtes T“)
- Durchtrennung der Subcutis mittels Diathermie, Durchtrennung der Rektusmuskulatur auf der Holzrinne
- Exploration der Bauchhöhle
Absetzen des Omentum minus, Präparation des gastroösophagealen Überganges
- Lösen von pericholezystischen Verklebungen
- Absetzen des Omentum minus lebernah von distal nach proximal unter Schonung des Ligamentum hepatoduodenale
- Präparation des gastroösophagealen Überganges und Anschlingen des Ösophagus
Mobilisation nach Kocher
- Mobilisation nach Kocher, nachdem die Adhäsiolyse der pericholezystitischen Verklebungen erfolgt ist
Ligamentum hepatoduodenale
- Lymphadenektomie am Lig. hepatoduodenale (LK-Gruppe 12)
- Die A. hepatica communis wird angezügelt
- Absetzen der A. gastrica dextra
Absetzen des großen Netzes und der gastroepiploischen Gefäße
- Abpräparation des Omentum majus vom Colon transversum und vollständige Eröffnung der Bursa omentalis
- Zentrales Absetzen der rechten gastroepiploischen Gefäße
Absetzen des Duodenums
- Präparation des proximalen Duodenums und Absetzen des Duodenums ca. 3 cm postpylorisch mit dem linearen Nahtgerät (GIA 75)
- Serosierende Einzelknopfnähte des Duodenalstumpfes
Lymphadenektomie
- Fortführung der Lymphadenektomie (LAD) entlang der A. hepatica communis (hier angezügelt) zum Truncus coeliacus
- Zentrales Absetzen von A. und V. gastricae sinistrae
Mobilisierung des Ösophagus, LAD entlang der Milzarterie
- Mobilisierung des Ösophagus (angeschlungen)
-
Lymphadenektomie über die A. lienalis zum Milzhilus und Mobilisierung des Magens
- Bei Milzerhalt: Absetzen der kurzen Magengefäße unter Schonung der Milz
- Bei Splenektomie: Ventrale LK-Dissektion zum Milzhilus und Absetzen der Milzgefäße am Pankreasschwanz (im Film nicht dargestellt)
- An der Hinterwand des Magens werden kleinere Gefäße und auch die A. gastrica posterior durchtrennt bzw. ligiert, ebenso die Pars densa des Omentum minus
- Der Magen ist nun komplett mobilisiert und es erfolgt die trunculäre Vagotomie. Der Film zeigt am Ende des OP-Schrittes das Präparat noch in situ
Absetzen des Präparates
- Absetzen des Präparates am abdominalen Ösophagus, intraoperative Schnellschnittuntersuchung!
- Der Film zeigt das Präparat in toto, aufgeschnitten und vergrößert
Jejunalschlinge
- Übersicht über den Situs nach dem Absetzen des Präparates. Angeschlungen ist hier noch die A. hepatica communis
- Unter Diaphanoskopie werden die Mesenterialgefäße etwa 20–30 cm aboral der Flexura duodenojejunalis dargestellt
- Asymmetrische Gefäßstielung nach oral. Die Durchblutung sollte vor allem von aboral erfolgen
- Durchtrennung des Jejunum mit linearem Nahtgerät (GIA)
- Serosierung des aboralen Jejunumschenkels
- Retrokolische Transposition der ausgeschalteten aboralen Jejunalschlinge, die durch einen Mesoschlitz in den Oberbauch verlagert wird
Terminolaterale Ösophagojejunostomie
- Antimesenteriale Inzision von 3 bis 5cm Länge der retrokolisch in den Oberbauch verlagerten Jejunalschlinge und Ösophagojejunostomie in End-zu-Seit-Technik
- Handnaht mit Einzelknopftechnik, resorbierbares Nahtmaterial der Stärke 4/0, z.B. Vicryl (transmural am Ösophagus, seromuskulär am Jejunum)
- Alternativ: Zirkuläres Nahtgerät (EEA, 25mm)
- Platzierung der naso-enteralen Sonde nach Fertigstellung der Hinterwand der Ösophagojejunostomie (im Film nicht dargestellt)
Fußpunktanastomose
- Situs nach Rekonstruktion mit einer nach Roux ausgeschalteten Jejunalschlinge und Jejunojejunostomie
- End-zu-Seit handgenäht in fortlaufender Nahttechnik mittels resobierbarem Nahtmaterial der Stärke 4/0, z.B. Vicryl etwa 40cm aboral der Ösophagojejunostomie
- Somit Wiederherstellung der Kontinuität
- Es erfolgt der Verschluss des Mesoschlitzes (im Film nicht dargestellt)
Verschluß des Abdomens
- Nach Drainageeinlage erfolgt der Bauchverschluss mittels durchgreifender fortlaufender Fasziennaht
- Nicht- oder langsam-resorbierbares Nahtmaterial der Stärke 0, z.B. PDS
- Hautverschluss nach ausreichender Blutstillung mit Einzelknopfnähten
Intraoperative Komplikationen und Versorgung
- Verletzung von Gefäßen: Übernähung
- Verletzung von Gallengängen: Übernähung, ggf. T-Drainage
- Verletzung des Pankreas: Übernähung und ausgiebige Drainage
- Verletzung der Milz: Koagulation mittels Argonbeamer, Kompression mittels Bauchtüchern
- Ultima ratio: Splenektomie
- Verletzung der Pleura bzw. des Zwerchfells: Übernähung, Einlage einer Thoraxdrainage
Postoperative interdisziplinäre Behandlung
- Intensivstationäre Überwachung: Minimum 24 Stunden, Monitoring bezüglich Blutung und Organfunktionen
- Postoperative Analgesie: Mittels PDA (Periduralanästhesie), supportiv Analgesie i.v.
- Postoperative Anweisungen
- Drainagen: Entfernung der intraabdominellen Zieldrainagen je nach Fördermenge
- Anastomosenkontrolle: Um den 5. postoperativen Tag erfolgen Röntgenaufnahmen der Magen-Darm-Passage, die Magensonde kann entfernt werden, wenn dabei keine Anastomoseninsuffizienz nachweisbar ist
- Kostaufbau: Initial parenterale Ernährung und Flüssigkeitssubstitution, enterale Ernährung ab 1. bis 4. postoperativem Tag über Magensonde, feste Kost erst nach Dichtigkeitsnachweis der Anastomose (Anastomosenkontrolle)
- Stuhlregulierung: Setzt der Stuhlgang nach 3 – 4 Tagen nicht von alleine ein, kann mit einem leichten Abführmittel nachgeholfen werden
- Fadenzug: Zwischen 10. und 12. postoperativem Tag
- Mobilisation: Körperliche Schonung bis zum Abschluss der Wundheilung
- Krankengymnastik: Frühmobilisation, Atemgymnastik
- Thromboseprophylaxe: ATS (Antithrombosestrümpfe), NMH (niedermolekulares Heparin)
- Nachsorge
- Arbeitsunfähigkeit: I.d.R. mindestens 4 Wochen
- Rehabilitation und Anschlussheilbehandlung
- Vitaminsubstitution: Eisen und Vitamine (Vitamin B12, Folsäure, Vitamin D) im späteren postoperativen Verlauf (ca. ab 3. postop. Monat)
- Für allgemeine Hinweise zum postoperativen Management siehe: Postoperatives Management
- Für darmchirurgische Besonderheiten siehe
Postoperative Komplikationen
Frühe postoperative Komplikationen
- Allgemeine postoperative Komplikationen
- Bei Auftreten von Thrombose, Lungenembolie, Pneumonie, Harnwegsinfektion: Interdisziplinäre Behandlung
- Insuffizienz der Ösophagojejunostomie (3–10%)
- Therapie: Bei Auftreten innerhalb der ersten 2 Tage Reoperation mit Übernähung, ggf. Neuanlage, danach endoluminale Schienung (Stent), z.B. endoskopisch mit Einbringen einer Sonde zur enteralen Ernährung
- Duodenalstumpfinsuffizienz (<3%)
- Therapie: Meist operative Revision indiziert
- Insuffizienz der Jejunojejunostomie (<1%)
- Therapie: I.d.R. operative Revision erforderlich
- Interponatnekrose bzw. Minderdurchblutung des Ersatzmagens
- Therapie: Reoperation mit Resektion und Neuanlage
- Endoluminale Blutung
- Therapie: Im Bereich der Ösophagojejunostomie primär endoskopische Blutstillung, Blutungen an der Fußpunktanastomose erfordern die operative Revision
- Wundheilungsstörungen
- Therapie: Wunderöffnung, Wundtoilette, sekundäre Wundheilung (siehe auch: Nosokomiale Wundinfektion)
- Intraabdominelles Hämatom bzw. Abszess (insb. in der Milzloge nach Splenektomie)
- Therapie: Sonografisch oder CT-gesteuerte Punktion und Drainage
- Pankreatitis bzw. Pankreasfistel
- Therapie: Ausreichend lange Nahrungskarenz, ggf. medikamentöse Therapie
Späte postoperative Komplikationen
Leitsätze zur Evidenz
- Anhand der histomorphologischen Zuordnung des Tumortyps nach Laurén lässt sich bereits präoperativ das Ausmaß der Resektion planen.
- Bei Adenokarzinomen des ösophagogastralen Übergangs (AEG II/III) sollte insb. bei lokal fortgeschrittenen Tumoren sowie nach präoperativer Chemotherapie eine Schnellschnittuntersuchung der proximalen Resektionsebene erfolgen.
- Durch Entfernung einer ausreichenden Anzahl auch an nicht karzinombefallenen Lymphknoten lässt sich ein Benefit erzielen.
- Der Stellenwert der laparoskopischen Resektion kann aufgrund fehlender randomisierter Studien derzeit nicht beurteilt werden Die postulierten Vorteile eines Erhaltes der Duodenalpassage haben sich nicht nachweisen lassen. Die Bildung eines Ersatzmagens bzw. eine Pouchbildung wird befürwortet, obgleich wenig aussagekräftige Studien vorliegen.
Siehe auch: Tipps & Links