Zusammenfassung
In diesem Kapitel wird die große Gruppe blasenbildender Autoimmundermatosen zusammengefasst.
Eine seltene Erkrankung ist der Pemphigus vulgaris, bei dem insb. an druckexponierten Körperstellen spontan schlaffe Blasen auftreten, die im Verlauf platzen und größere, konfluierende Läsionen hinterlassen. Der Pemphigus vulgaris kann paraneoplastischer Genese sein, was differenzialdiagnostisch bedacht werden muss.
Die häufigste blasenbildende Autoimmunerkrankung ist das bullöse Pemphigoid (BP), das gehäuft ältere Menschen betrifft und zur Ausbildung großer, stabiler Blasen auf dem Boden erythematöser Haut führt. Das Pemphigoid gestationis, eine Sonderform des bullösen Pemphigoids, tritt bei Schwangeren zumeist im zweiten oder dritten Trimenon auf und kann auch nach der Geburt fortbestehen oder wieder auftreten. Es besteht ein erhöhtes Risiko für Frühgeburtlichkeit und Small for Gestational Age (SGA); das Neugeborene kann darüber hinaus ein neonatales Pemphigoid entwickeln, das ebenso wie das Pemphigoid der Mutter i.d.R. folgenlos abheilt.
Die seltene Dermatitis herpetiformis Duhring betrifft typischerweise die Streckseiten der Extremitäten und ist durch ein vielfältiges Bild an Effloreszenzen gekennzeichnet. Sie ist eine Variante der glutensensitiven Enteropathie (Zöliakie), weshalb die grundlegende Therapiemaßnahme eine lebenslange glutenfreie Diät ist.
Definition
- Blasenbildende Autoimmundermatosen: Autoantikörper gegen Haut und/oder Schleimhaut führen zur Spalt- und Blasenbildung der Haut
- Einteilung nach Hautschicht
- Spaltbildung innerhalb der Epidermis
- Pemphigus-Erkrankungen: Pemphigus vulgaris, Pemphigus foliaceus
- Spaltbildung in der dermoepidermalen Junktionszone (Basalmembranzone zwischen Epidermis und Dermis)
- Spaltbildung innerhalb der Epidermis
Allgemeine Diagnostik
Antikörpernachweis [1]
- Die Autoantikörper der bullösen Autoimmundermatosen richten sich gegen verschiedene Zielantigene der jeweiligen Hautschicht
- Nachweisverfahren: I.d.R. werden beide durchgeführt
- Direkte Immunfluoreszenz (DIF)
- Goldstandard zur Sicherung der Diagnose blasenbildender Autoimmundermatosen
- Material
- Probebiopsie aus periläsionaler bzw. gesunder Haut
- Material muss in flüssigem Stickstoff gelagert bzw. transportiert werden (spezielle Probenbehälter!); Aufarbeitung des Gewebes am Gefrierschnitt
- Indirekte Immunfluoreszenz (IIF)
- Material: Patientenserum
- Substrat: Affen-/Meerschweinchenösophagus oder humane Spalthaut
- ELISA: Anschließend Klassifizierung spezifischer Antikörper und Titerbestimmung
- Direkte Immunfluoreszenz (DIF)
Zielantigene bei bullösen Autoimmundermatosen
Intraepidermale Spaltbildung | Zielantigen |
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Spaltbildung in der dermoepidermalen Junktionszone | Zielantigen |
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Dermolytische Spaltbildung | Zielantigen |
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Ermittlung der Spaltebene
- Spaltebene wird über verschiedene klinische Tests und histologisch ermittelt
- Nikolski-Phänomen I („Nikolski-Phänomen“): Schiebedruck löst Blasen an klinisch gesunder Haut aus , positiv bei
- Pemphigus-Erkrankungen (bspw. Pemphigus vulgaris)
- Stevens-Johnson-Syndrom
- Staphylococcal Scalded Skin Syndrome
- Verbrühungen
- Nikolski-Phänomen II („Pseudo-Nikolski-Phänomen"): Seitliche Verschiebbarkeit bereits bestehender Blasen
- Unspezifisch für bullöse Dermatosen
- Tzanck-Test in der Exfoliativzytologie
- Positiv = Nachweis akantholytischer Riesenzellen (Tzanck-Zellen) in der May-Grünwald-Färbung
- Negativ
- Histologie
- Material: Probebiopsie einer kleinen intakten Blase, alternativ: Randbereich einer Blase mit anteiliger periläsionaler Haut
- Ebene der Spaltbildung: Intraepidermal oder subepidermal
„Zanken ist vulgär“ – Ein positiver Tzanck-Test ergibt sich nur bei Pemphigus vulgaris (innerhalb der bullösen Autoimmundermatosen).
Pemphigus vulgaris
Definition
Chronische Autoimmunerkrankung mit Blasenbildung der (Schleim‑)Haut durch suprabasale Spaltbildung in der Epidermis (intraepidermal)
Epidemiologie [1][2]
- Inzidenz: Selten, 1–2 Fälle/1.000.000 Einwohner pro Jahr
- Altersgipfel: 30–60 Jahre
- Geschlecht: ♀ = ♂
Ätiologie und Pathogenese [1][2]
- Autoimmunologische Genese: IgG-Autoantikörper-Bildung („Pemphigus-Antikörper“) gegen Desmoglein 3 und ggf. Desmoglein 1 → Kontaktverlust der Keratinozyten zueinander (Akantholyse) → Intraepidermale Spaltbildung → Dünne bedeckende Hautschicht → Ablösen der Epidermis durch mechanische Reize → Erosionen, selten Blasen
- IgG-Autoantikörper ausschließlich gegen Desmoglein 3 → Intraepidermale Spaltbildung der Schleimhaut
- IgG-Autoantikörper gegen Desmoglein 3 und Desmoglein 1 → Intraepidermale Spaltbildung der Haut und Schleimhaut
- Mögliche Triggerfaktoren
- Medikamente, bspw. ACE-Hemmer, Antibiotika, Diuretika
- Verbrennungen, UV-Exposition oder Röntgenbestrahlung
- Assoziation
- Myasthenia gravis
- Lupus erythematodes
- Neoplasien: Thymome, Lymphome, Karzinome
Symptome/Klinisches Bild [1][2]
- Schleimhautbefund
- Erosionen, Ulzerationen
- Blasenbildung selten
- Hautbefund
- Erosionen und Krusten, teilweise konfluierend
- Ggf. Bildung schlaffer Blasen mit klarem Inhalt, die leicht platzen
- Prädilektionsstellen
- Fast immer Schleimhautbefall: In >50% der Fälle Beginn an der Mundschleimhaut, seltener auch ösophageal oder anogenital
- Druckexponierte Körperstellen (bspw. intertriginös, gluteal)
- Kopf
- Selten: Nagelbefall
- Weitere Symptome
- Brennende Schmerzen
- Nasenbluten (Beteiligung der Nasenschleimhaut)
- Heiserkeit und Schluckstörungen (Beteiligung des Larynx und Pharynx)
Diagnostik [1][2]
- Klinische Zeichen
- Nikolski-Phänomen I: Positiv
- Nikolski-Phänomen II: Positiv
- Tzanck-Test: Positiv
- Histopathologie
- Intraepidermale, suprabasale Akantholyse mit Abhebung der darüberliegenden Epidermisschichten und Einbeziehung der Adnexstrukturen
- Akantholytische Zellen („Pemphiguszellen“) im Blasenlumen
- „Tombstone Pattern“: Basalzellen sind grabsteinartig entlang der Basalmembran angeordnet und ragen ins Blasenlumen
- Nachweis eosinophiler Granulozyten in der Dermis und im Blasenlumen
- Immunfluoreszenz
- Direkte Immunfluoreszenz: Intraepidermale interzelluläre Ablagerungen von IgG-Autoantikörpern und/oder Komplementfaktor C3, seltener IgM/IgA
- Indirekte Immunfluoreszenz: Nachweis zirkulierender IgG-Autoantikörper im Serum
- ELISA: IgG-Autoantikörper gegen Desmoglein 3 (Schleimhautbefall) und ggf. Desmoglein 1 (Hautbefall)
- Diagnosestellung: Bei entsprechendem klinischem Bild und
- Positiver direkter Immunfluoreszenz
- Oder positivem ELISA
- Oder passender Histopathologie und positiver indirekter Immunfluoreszenz
Autoantikörpertiter korrelieren mit der Krankheitsaktivität und werden zur Verlaufskontrolle und Therapieanpassung verwendet!
Bei therapierefraktärem Verlauf und/oder ausgeprägter Stomatitis sollte an einen paraneoplastischen Pemphigus gedacht werden und eine weitere Abklärung erfolgen!
Differenzialdiagnosen [2]
- Andere blasenbildende Autoimmundermatosen
- Lichen ruber mucosae
- Erythema exsudativum multiforme
- Stevens-Johnson-Syndrom
- Toxische epidermale Nekrolyse
Therapie des Pemphigus vulgaris [1][2]
Allgemeine Maßnahmen
- Beseitigung potenzieller Triggerfaktoren: Absetzen auslösender Medikamente
- Intensivpflege: Bei schwerem, großflächigem Pemphigus vulgaris [3]
- Isolierung der Betroffenen und Hygienemaßnahmen für Personal und Besucher
- Lagerung auf Metallfolie, Blasen steril eröffnen
- Regelmäßige Kontrollen von i.v. Zugängen zur Vermeidung von Infektionen
- Kontrolle von Temperatur und Feuchtigkeit der Raumluft
- Flüssigkeitsbilanzierung
- Nach Stabilisierung hochkalorische Flüssignahrung, dann auf zerkleinerte ungewürzte Speisen ohne Fruchtsäure umstellen
- Tägliche bakterielle Abstriche der Wundflächen
- Infusionstherapie
Lokaltherapie
- Schleimhaut
- Antiseptika
- Topische Glucocorticoide , alternativ Calcineurininhibitoren (Off-Label Use!)
- Lokalanästhetika bei starker Schmerzhaftigkeit
- Pflege mit Dexpanthenol-haltiger Lösung
- Haut
- Antiseptika
- Topische Glucocorticoide , alternativ Calcineurininhibitoren (Off-Label Use!)
Systemtherapie
- Ziel: Kontrolle der Krankheitsaktivität
- Induktionstherapie: Empfohlene Therapieregimes
- Bei mildem, moderatem oder schwerem Verlauf: Glucocorticoide plus Immunsuppressivum (Azathioprin, Mycophenolat-Mofetil, Mycophenolsäure)
- Bei moderatem oder schwerem Verlauf: Glucocorticoide plus Rituximab
- Therapiealternativen
- Konsolidierungstherapie: Sobald keine neuen Läsionen auftreten und bestehende abheilen
- Glucocorticoide schrittweise reduzieren , bei anhaltender Remission (>6 Monate) absetzen
- Immunsuppressiva auf minimal notwendige Erhaltungsdosis reduzieren, bei stabiler Remission absetzen
- Bei Rezidiv während der Konsolidierungstherapie
- Glucocorticoiddosis um zwei Schritte erhöhen
- Rituximabgabe wiederholen
- Kann Krankheitskontrolle nicht erreicht werden: Rückkehr zur initialen Glucocorticoiddosis und Umstellung des Immunsuppressivums erwägen
- Wirkstoffe und Dosierungen
- Glucocorticoide
- Prednisolon p.o.
- Alternativ Dexamethason i.v. als Pulstherapie
- Immunsuppressiva
- Azathioprin
- Mycophenolat-Mofetil bzw. Mycophenolsäure (beides Off-Label Use!)
- Anti-CD20-Antikörper: Rituximab
- Weitere Therapiealternativen
- Glucocorticoide
Komplikationen [2]
- Infektionen bis zur Sepsis
- Elektrolytentgleisungen
- Kachexie
Prognose [2]
- Akuter bis chronischer Verlauf
- Unter Anti-CD20-Antikörper Remissionsrate ca. 90% [4]
- Bei Komplikationen (insb. Infektion und Schwäche) letale Verläufe möglich , Letalität: 5–10% [2]
- In der Schwangerschaft: Diaplazentäre Übertragung von IgG-Autoantikörpern auf das Ungeborene → Auftreten eines Pemphigus beim Neugeborenen (Pemphigus neonatorum) → Abheilung des Pemphigus beim Neugeborenen i.d.R. innerhalb von Wochen
Pemphigus foliaceus
Definition [3]
Chronische Autoimmunerkrankung mit Blasenbildung der Haut (ohne Schleimhautbeteiligung) durch subkorneale Spaltbildung in der Epidermis (intraepidermal)
Epidemiologie [3]
- Inzidenz: Sehr selten, 0,5–1 Fall / 1 Million Einwohner pro Jahr
- Altersgipfel: 30–60 Jahre
Ätiologie [2]
- Variante des Pemphigus vulgaris mit ausschließlich Autoantikörpern gegen Desmoglein 1
- Autoimmunologische Genese: IgG-Autoantikörper-Bildung („Pemphigus-Antikörper“) gegen desmosomale Strukturproteine von Keratinozyten (ausschließlich Desmoglein 1)
- Mögliche Triggerfaktoren: Insb. Stress und UV-Exposition
Symptome/Klinisches Bild [2]
- Hautbefund
- Oberflächliche Erosionen
- Blätterteigartige Krusten
- Bildung von Blasen in der Epidermis, die sich aufgrund ihrer subkornealen (also oberflächlichen) Lage meist spontan öffnen
- Prädilektionsstellen
- Kopf, insb. seborrhoische Zonen des Gesichts und behaarte Kopfhaut
- Vordere und hintere Schweißrinne
- Keine Schleimhautbeteiligung (im Gegensatz zum Pemphigus vulgaris)
Im Gegensatz zum Pemphigus vulgaris ist beim Pemphigus foliaceus die Schleimhaut nie betroffen!
Diagnostik [1][2]
- Klinische Zeichen
- Nikolski-Phänomen I: Positiv
- Nikolski-Phänomen II: Positiv
- Tzanck-Test: Positiv
- Histopathologie
- Subkorneale (intraepidermale) Akantholyse im Stratum granulosum mit dünner, selten intakter Blasendecke
- Auftreten von Exsudateinschlüssen und neutrophilen Granulozyten [5]
- In frühen Stadien eosinophile Spongiose möglich
- Immunfluoreszenz
- Direkte Immunfluoreszenz: Interzelluläre Ablagerungen von IgG im Bereich der mittleren und oberen Epidermisschichten
- Indirekte Immunfluoreszenz: Nachweis zirkulierender Autoantikörper im Serum
- ELISA: IgG gegen Desmoglein 1
Autoantikörpertiter korrelieren mit der Krankheitsaktivität und werden zur Verlaufskontrolle und Therapieanpassung verwendet!
Differenzialdiagnosen [2]
Therapie [1]
- Siehe: Therapie des Pemphigus vulgaris
- Zusätzliche systemische Therapiealternativen
- Glucocorticoid plus Cyclophosphamid [6]
- Glucocorticoid plus Dapson
Prognose [2]
- Besser als beim Pemphigus vulgaris
- Bei Erwachsenen oft chronische Verläufe, bei Kindern meist Spontanremission
Bullöses Pemphigoid
Definition
- Autoimmunerkrankung des älteren Menschen mit Bildung großer, fester, zum Teil hämorrhagischer, subepidermaler Blasen
- Varianten
- Pemphigoid gestationis
- Schleimhautpemphigoid
- IgA-lineare Dermatose
Epidemiologie [1]
- Häufigkeit: Häufigste blasenbildende Autoimmunerkrankung Mitteleuropas
- Inzidenz: 1–2/100.000 Einwohner pro Jahr weltweit
- Altersgipfel: >60 Jahre
- Geschlecht: ♂ > ♀
Ätiologie [1][3]
- Autoimmunologische Genese: Autoantikörper gegen Strukturproteine in der Basalmembranzone (BP230, BP180)
- I.d.R. spontanes Auftreten
- Mögliche Triggerfaktoren
- UV-Licht (UVB, UVA/PUVA)
- Medikamenteneinnahme, bspw. Spironolacton, Schleifendiuretika (insb. Furosemid) und Dipeptidylpeptidase-4-Hemmer (Gliptine)
- Assoziation
- Neurologische Erkrankungen, insb. Demenz, Morbus Parkinson, Schlaganfall, Epilepsie, Multiple Sklerose
- Autoimmunerkrankungen, bspw. Polymyositis, Colitis ulcerosa, chronische Polyarthritis (rheumatoide Arthritis)
- Ggf. Neoplasien, bspw. Prostatakarzinom, Bronchialkarzinom, hämatologische Malignome
Pathophysiologie [2]
- IgG-Autoantikörper gegen hemidesmosomale Strukturproteine (BP180, BP230) von basalen Keratinozyten, die die Epidermis mit der Basalmembran verankern → Komplementaktivierung und Inflammation durch Einwandern von Leukozyten und Mastzellen → Freisetzung von Proteasen → Zerstören der dermoepidermalen Haftung → Spaltbildung in der Lamina lucida und Ansammlung seröser Flüssigkeit → Aufwölbung der Epidermis → Klinisch sichtbare Blasenbildung
Symptome/Klinisches Bild [1]
- Prodromalstadium: Juckende, papulöse, ekzematöse oder urtikarielle Hauterscheinungen (Wochen bis Monate vor Blasenbildung)
- Hautbefund
- Inhomogene Effloreszenzen: Erytheme, urtikarielle Exantheme, Kokarden
- Stabile, große Blasen auf erythematöser oder unauffälliger Haut, bei mechanischer Einwirkung hämorrhagischer Verlauf mit gelblichen Krusten
- Abheilung i.d.R. ohne Narbenbildung
- Prädilektionsstellen
- Intertrigines und Beugeseiten der Extremitäten
- Schleimhaut (insb. Mundschleimhaut) in 10–20% der Fälle betroffen
- Weitere Symptome
Diagnostik [1][2]
- Klinische Zeichen
- Nikolski-Phänomen I: Negativ
- Nikolski-Phänomen II: Positiv
- Tzanck-Test: Negativ
- Histopathologie
- Subepidermale Spalt- und Blasenbildung
- Eosinophile Granulozyten im Blasenlumen und in der oberen Dermis
- Dermales Ödem
- Immunfluoreszenz
- Direkte Immunfluoreszenz: Lineare Ablagerung von Autoantikörpern (insb. IgG, seltener IgA und IgM) und Komplement (C3) an der dermoepidermalen Junktionszone
- Indirekte Immunfluoreszenz: Nachweis zirkulierender Autoantikörper im Serum
- ELISA: Nachweis von zirkulierendem IgG gegen BP180 (Anti-BP180-NC16A-IgG) und BP230
- Diagnosestellung: Bei entsprechendem klinischen Bild und
- Positiver direkter Immunfluoreszenz und positivem ELISA
- Positiver direkter Immunfluoreszenz und positiver indirekter Immunfluoreszenz auf Spalthaut
- Positiver indirekter Immunfluoreszenz und positivem ELISA
- Passender Histopathologie und positiver indirekter Immunfluoreszenz auf Spalthaut
- Passender Histopathologie und positivem ELISA
- Stark positivem ELISA (>3-fache Reaktivität mit BP180)
Die Serumspiegel der Anti-BP180-NC16A-IgG korrelieren mit der Krankheitsaktivität und werden zur Verlaufskontrolle und Therapieanpassung verwendet.
Die Serumspiegel der indirekten Immunfluoreszenz korrelieren nicht mit der Krankheitsaktivität.
Abgesehen von Medikamenten wird die Suche nach Auslösern bzw. Ursachen nicht empfohlen. Die Diagnose eines bullösen Pemphigoids allein stellt keine Indikation für eine Tumorsuche dar. [1]
Differenzialdiagnosen [2]
- Andere blasenbildende Autoimmunerkrankungen (bspw. Pemphigus vulgaris)
- Erythema exsudativum multiforme
- Kontaktekzem
- Impetigo bullosa
- Blasenbildende Arzneimittelexantheme
- Bullöse Iktusreaktionen
Therapie [1][2]
Allgemeine Maßnahmen
- Beseitigung potenzieller Triggerfaktoren: Absetzen auslösender Medikamente
- Steriles Abpunktieren der Blasen unter Erhalt des Blasendachs (Infektionsschutz!)
- Verwendung atraumatischer Wundauflagen bei größeren Wundflächen
Lokaltherapie
- Indikation
- Als Monotherapie bei mildem Verlauf (betroffene Körperoberfläche <10%)
- In Kombination mit systemischer Therapie bei mittelschwerem (betroffene Körperoberfläche 10–30%) bis schwerem Verlauf (betroffene Körperoberfläche >30%)
- Haut
- Antiseptika, z.B. Octenidin
- Topische Glucocorticoide
- Mundschleimhaut
- Antiseptika
- Glucocorticoide , alternativ Calcineurininhibitoren (Off-Label Use!)
- Lokalanästhetika: Bei starker Schmerzhaftigkeit
- Pflege mit Dexpanthenol-haltiger Lösung
Systemtherapie
- Indikation: Bei mittelschwerem (betroffene Körperoberfläche 10–30%) bis schwerem Verlauf (betroffene Körperoberfläche >30%)
- Ziel: Kontrolle der Krankheitsaktivität
- Induktionstherapie: Empfohlene Therapieregimes
- Glucocorticoide als Monotherapie oder in Kombination mit Immunsuppressivum (Azathioprin, Dapson, MTX, Mycophenolat-Mofetil, Mycophenolsäure) oder Doxycyclin
- Immunsuppressivum (Dapson, MTX) oder Doxycyclin als Monotherapie
- Therapiealternativen bei fehlendem Ansprechen
- Glucocorticoide plus Rituximab
- Intravenöse Immunglobuline
- Immunapherese
- Glucocorticoide plus Cyclophosphamid
- Monoklonaler Anti-IgE-Antikörper
- Konsolidierungstherapie: Sobald keine neuen Läsionen auftreten und bestehende abheilen
- Glucocorticoide schrittweise reduzieren , bei anhaltender Remission (>3–6 Monate) absetzen
- Immunsuppressiva auf minimal notwendige Erhaltungsdosis reduzieren, bei stabiler Remission absetzen
- Bei Rezidiv während der Konsolidierungstherapie
- Glucocorticoiddosis um zwei Schritte erhöhen
- Rituximabgabe wiederholen
- Kann Krankheitskontrolle nicht erreicht werden: Rückkehr zur initialen Glucocorticoiddosis und Ergänzung/Umstellung des Immunsuppressivums erwägen
- Wirkstoffe und Dosierungen
- Glucocorticoide: Prednisolon p.o.
- Immunsuppressiva
- Azathioprin
- Mycophenolat-Mofetil bzw. Mycophenolsäure (beides Off-Label Use!)
- Dapson
- Methotrexat (Off-Label Use!)
- Doxycyclin (Off-Label Use!)
- Ggf. in Kombination mit Nicotinamid
- Weitere Therapiealternativen
- Anti-CD20-Antikörper Rituximab (Off-Label Use!)
- Hochdosierte intravenöse Immunglobuline (Off-Label Use!)
- Immunapherese
- Cyclophosphamid (Off-Label Use!)
- Monoklonaler Anti-IgE-Antikörper (Off-Label Use!) [7]
Prognose [2]
- Deutlich bessere Prognose als Pemphigus vulgaris
- Unbehandelt oft schubartiger Verlauf über Monate oder Jahre
- Bei Komplikationen (insb. Infektion und Schwäche) letale Verläufe möglich
Die Prognose des bullösen Pemphigoids korreliert nicht mit der Ausprägung der Blasenbildung!
Pemphigoid gestationis
Synonyme [2]
Definition [2]
Selbstlimitierend verlaufende Schwangerschaftsdermatose, die dem bullösen Pemphigoid ähnelt
Epidemiologie
- Inzidenz: Ca. 2/1.000.000 Einwohner pro Jahr in Deutschland [2]
Ätiologie und Pathogenese [3][8][9]
- Pathogenese analog zum bullösen Pemphigoid
- Autoimmunologische Genese: Autoantikörper-Bildung gegen BP180, in 20% auch gegen BP230, mit klinisch nahezu identischer Symptomatik wie beim bullösen Pemphigoid
- Auslöser ist möglicherweise eine Pathologie der Plazenta, Hinweise hierfür sind:
- Auftreten der Symptomatik ausschließlich bei Schwangerschaft, Chorionkarzinom und Blasenmole
- Nachweis der Autoantikörper auch an Basalmembran von Chorion- und Amnionepithel
- Im 2. Trimenon Nachweis von BP180 im Amnionepithel
- Erstmanifestation: Meist bei der ersten Schwangerschaft, bei Erkrankung während erneuten Schwangerschaften progrediente Ausprägung
- Assoziation
- HLA-DR3 und -DR4
- Autoimmunthyreoiditis
- Perniziöse Anämie
- Alopecia areata
Symptome/Klinisches Bild [8][9]
- Beginn im 2. und 3. Trimenon; in ca. 20% der Fälle Manifestation kurz vor oder nach der Entbindung
- Hautbefund
- Erythematöse, urtikarielle oder papulöse Hautveränderungen, eher kleine Blasen, die ggf. auch fehlen können
- Gruppierte Vesiculae treten meist erst im späteren Verlauf auf
- Prädilektionsstellen
- I.d.R. periumbilikaler Beginn, im Verlauf ganzes Abdomen möglich
- Extremitäten
- Seltener an Hand- und Fußflächen sowie thorakal und im Gesicht
- Schleimhäute sind fast nie betroffen!
- Weitere Symptome
Diagnostik [3][8][9]
- Labor: Eosinophilie
- Histologie (analog zum bullösen Pemphigoid): Subepidermale Spaltbildung mit eosinophilenreichem Entzündungsinfiltrat
- Immunfluoreszenz
- Direkte Immunfluoreszenz: Lineare Ablagerung von IgG und Komplement (C3) an der dermoepidermalen Junktionszone, seltener IgA- und IgM-Ablagerungen (ca. 33%)
- Indirekte Immunfluoreszenz: Nachweis von Autoantikörpern auf NaCl-separierter humaner Spalthaut, die im Dach der artifiziellen Blase binden [9]
- ELISA: Nachweis zirkulierender Anti-BM-IgG gegen BP180, seltener BP230
- Ggf. Salztrennmethode: 100% Reaktivität von C3 an der epidermalen Seite des Salt-Split-Präparates
Differenzialdiagnosen [3][9]
- Andere Schwangerschaftsdermatosen
- PUPPP
- Fast ausschließlich Erstgebärende
- Keine Rezidivneigung bei erneuten Schwangerschaften
- Kein Antikörpernachweis
- Keine Beteiligung der Periumbilikalregion
- Erythema exsudativum multiforme
- Andere blasenbildende Autoimmundermatosen (bspw. bullöses Pemphigoid)
- Ekzemerkrankungen
- Arzneimittelexantheme
Therapie [8][9]
- Allgemeine Maßnahmen
- Kühles Abduschen
- Wirkstofffreie, kühlende Externa
- Lokale Glucocorticoide: Hydrocortison
- Bei starkem Juckreiz: Systemische Antihistaminika
- Bei sehr schweren Verläufen: Systemische Glucocorticoide unter strenger Risiko-Nutzen-Abwägung wie Prednisolon
- Bei ausbleibender Remission postpartal: Immunglobuline, Immunsuppressiva, Cyclophosphamid oder Dapson sowie Durchführung einer Plasmapherese zu erwägen
- Weiteres Vorgehen
- Engmaschige Überwachung der Schwangerschaft
- Entbindung in einem Krankenhaus mit neonatologischer Intensiveinheit anstreben
Komplikationen und Prognose [8][9]
- Prognose der Mutter
- I.d.R. selbstlimitierender Verlauf mit spontanem Abheilen innerhalb von 1–2 Monaten nach Entbindung
-
Rezidive möglich
- Spontan postpartal
- Bei der ersten Menstruation
- Bei Einnahme gestagen- oder östrogenhaltiger Kontrazeptiva
- Bei erneuter Schwangerschaft
- Prognose des Ungeborenen
- Neonatales Pemphigoid
- Auftreten bei ca. 5–10% der betroffenen Neugeborenen
- Leichtes, selbstlimitierendes Krankheitsbild analog zum Pemphigoid gestationis der Mutter
- Erhöhte Rate für:
- Frühgeburtlichkeit
- SGA (Small for Gestational Age) infolge Plazentainsuffizienz
- I.d.R. keine erhöhte Rate für Fehlbildungen oder Säuglingssterblichkeit
- Neonatales Pemphigoid
Schleimhautpemphigoid
Synonyme [3]
- Dermatitis mucocutanea chronica
- Pemphigus conjunctivae bzw. okuläres Schleimhautpemphigoid
- Vernarbendes Pemphigoid [9]
- Veraltet: Vernarbendes Schleimhautpemphigoid
Definition [3]
Chronisch-progrediente, blasenbildende Autoimmunerkrankung, die vornehmlich an Schleimhäuten auftritt und charakteristischerweise narbig abheilt
Epidemiologie [8]
- Inzidenz: Selten, 0,8–1,0 Fälle/1 Mio. Einwohner pro Jahr in Europa [3]
- Alter: Insb. ältere Menschen >60 Jahre, jedoch in jedem Alter möglich
- Geschlecht: ♀ > ♂ (3:2)
Ätiologie und Pathogenese [8]
- Pathogenese wahrscheinlich analog zum bullösen Pemphigoid, wobei die Ursache der Vernarbung ungeklärt ist
- Autoimmunologische Genese: Autoantikörper-Bildung gegen Basalmembranbestandteile
- Sonderformen
- Paraneoplastisches Pemphigoid: Variante des benignen Schleimhautpemphigoids mit Antikörpern gegen Laminin 5, die in 35% mit Malignomen einhergeht (ca. 20–30% aller benignen Schleimhautpemphigoide)
- Okuläres Schleimhautpemphigoid: Variante des Schleimhautpemphigoids bzw. vernarbenden Pemphigoids, die vornehmlich die Konjunktiven betrifft und über eine chronische Konjunktivitis mit zunehmender Vernarbung der Hornhaut und Schrumpfung der Bindehaut zur Erblindung und kompletter Bewegungsunfähigkeit des Augapfels führt [10]
- Schleimhautpemphigoid Typ Brunsting-Perry: Variante des Schleimhautpemphigoids bzw. vernarbenden Pemphigoids, ohne Schleimhautbeteiligung, mit ausschließlichem Hautbefall (selten)
Symptome/Klinisches Bild [8][9]
- Haut-/Schleimhautbefund und Prädilektionsstellen: Chronisch-rezidivierende Läsionen, insb. der hautnahen Schleimhäute mit narbiger Abheilung, intakte Blasen im Schleimhautbereich eher selten
- Mundschleimhaut: Immer betroffen, Erytheme, Erosionen, im Verlauf narbenbedingte Mikrostomie
-
Konjunktiva: In 75% der Fälle betroffen, narbige Synechien und Entropien, im Verlauf Hornhautveränderungen und Erblindung
- Bei (fast) ausschließlichem Konjunktivenbefall: Okuläres Schleimhautpemphigoid
- Nasenschleimhaut und Pharynx: Häufig betroffen, nasale Blutung und Obstruktion, Schluckschmerzen, im Verlauf narbige Stenosen
- Seltenere Manifestationen
- Hautbeteiligung: In ca. 25–30% der Fälle, Blasenbildung ebenfalls mit starker Vernarbungsneigung
- Bei ausschließlichem Hautbefall: Schleimhautpemphigoid Typ Brunsting-Perry (selten) [8]
- Anogenitalbereich: Erosionen, im Verlauf narbige Stenosen (bspw. Phimose, Vaginal-, Urethral- und Analstenose)
- Larynx: Erosionen, Heiserkeit, im Verlauf Stimmverlust
- Trachea: Obstruktion
- Ösophagus: Schluckbeschwerden, im Verlauf narbige Stenose
- Hautbeteiligung: In ca. 25–30% der Fälle, Blasenbildung ebenfalls mit starker Vernarbungsneigung
Diagnostik [8][9]
- Histologie : Entsprechend dem bullösen Pemphigoid
- Immunfluoreszenz
- Direkte Immunfluoreszenz (Untersuchung von periläsionaler Haut): Lineare Ablagerung von Autoantikörpern (IgG- und/oder IgA) und Komplement (C3) in der dermoepidermalen Junktionszone
-
Indirekte Immunfluoreszenz (Untersuchung von Serum)
- Nachweis von Autoantikörpern auf NaCl-separierter humaner Spalthaut, die im Dach (BP180) oder im Boden (Laminin 332) der artifiziellen Blase binden [9]
- Nachweis nur in etwa 20–30% der Fälle mit niedrigen Titern
Differenzialdiagnosen [8][9]
- Andere blasenbildende Autoimmundermatosen (bspw. bullöses Pemphigoid)
- Systemischer Lupus erythematodes
- Erythema exsudativum multiforme
- Morbus Behçet
- Organspezifische vernarbende Prozesse
- Auge (bspw. Trachom)
- Genitale (bspw. Lichen sclerosus)
Therapie [8][9]
- Schmerztherapie: Paracetamol, Ibuprofen
-
Paracetamol
- Erwachsene
- Kinder
- Für genauere Dosierungsanweisungen siehe: Paracetamol (pädiatrisch)
-
Ibuprofen
- Erwachsene
- Kinder
- Für genauere Dosierungsanweisungen siehe: Ibuprofen (pädiatrisch)
-
Paracetamol
- Lokale Therapie (bei geringem Komplikationsrisiko, bspw. bei ausschließlichem Mundschleimhautbefall)
- Glucocorticoide lokal
- Dexpanthenol lokal
- Bei Therapieresistenz zusätzlich:
-
Ciclosporin A lokal
- Dosierung
- Rezeptur [3]
- Tacrolimus lokal
-
Ciclosporin A lokal
- Bei Beteiligung der Konjunktiven zusätzlich Lokaltherapie, bspw. mit Tränenersatzmitteln und Glucocorticoid-haltigen Augentropfen
- Siehe auch: Okuläres Schleimhautpemphigoid
- Systemische immunsupprimierende Therapie (bei hohem Risiko für Vernarbung, Strikturen oder Erblindung)
- Systemische Glucocorticoide
- plus systemische Immunsuppressiva
-
Azathioprin p.o. [3]
- Für weitere Informationen siehe auch: Azathioprin
- oder Ciclosporin A p.o. (Erwachsene) [3]
- Für weitere Informationen siehe auch: Ciclosporin A
- Ggf. Rituximab, Etanercept
-
Azathioprin p.o. [3]
- plus Magenschutz, bspw. Omeprazol (Erwachsene)
- Auslassversuch: Frühestens nach fünf Monaten unter engmaschiger Kontrolle, dabei erst Azathioprin, dann Prednisolon absetzen
- Bei Rezidiv: Erneutes Beginnen mit mittelhoher Dosis
- Prednisolon
- plus Azathioprin
- Operative Therapie (bei starken Vernarbungen)
Komplikationen und Prognose [8][9]
- Chronisch-progrediente Erkrankung
- Prognose abhängig von Verlauf und Therapie, häufig trotz maximaler Therapie unbeeinflusst fortschreitend
- In ca. 20% aller Fälle Erblindung [3], häufig Strikturen
- Bei Nachweis von Anti-Laminin-5-Antikörpern: Erhöhtes Malignomrisiko [3]
Lineare IgA-Dermatose (LAD)
Synonym [3][8]
Definition [9]
Junktionale blasenbildende Autoimmundermatose
Epidemiologie [9]
- Inzidenz: 0,02–0,05 Fälle/100.000 Einwohner pro Jahr [3]
- Altersgipfel: Häufigste blasenbildende Autoimmundermatose des Kindesalters
- Geschlecht: ♂ = ♀ [3]
Ätiologie und Pathogenese [9]
- Autoimmunologische Genese: IgA-Autoantikörper-Bildung gegen die extrazelluläre Domäne von BP180 (= LAD1) → Spaltbildung und Blasenbildung in der dermoepidermalen Junktionszone
- Mögliche Triggerfaktoren: Medikamenteneinnahme (bspw. Vancomycin)
- Assoziation: Colitis ulcerosa [3]
Symptome/Klinisches Bild [9]
- Hautbefund
- Erytheme und Quaddeln
- Ringförmig angeordnete Blasen („juwelenartig“)
- Prädilektionsstellen
- Häufig Befall der Schleimhäute (ca. 50% der Fälle)
- Seltener: Beteiligung der Konjunktiven
- Weitere Symptome
- Juckreiz [3]
Diagnostik [9]
- Histologie: Subepidermale Spalt- und Blasenbildung mit neutrophilenreichem Infiltrat
- Immunfluoreszenz
- Direkte Immunfluoreszenz (Untersuchung von periläsionaler Haut): Lineare Ablagerung von IgA-Autoantikörpern in der dermoepidermalen Junktionszone
- Indirekte Immunfluoreszenz (Untersuchung von Serum): Nachweis von IgA-Autoantikörpern auf NaCl-separierter humaner Spalthaut
- Western Blot: Nachweis von Autoantikörpern gegen BP180 (LAD-1)
Differenzialdiagnosen [9]
- Bei Kindern: Insb. bullöse Impetigo und hereditäre Epidermolysen
- Bei Erwachsenen: Andere blasenbildende Autoimmundermatosen (bspw. bullöses Pemphigoid)
Therapie [9]
- Schmerztherapie
-
Paracetamol
- Erwachsene
- Kinder
- Für genauere Dosierungsanweisungen siehe: Paracetamol (pädiatrisch)
-
Ibuprofen
- Erwachsene
- Kinder
- Für genauere Dosierungsanweisungen siehe: Ibuprofen (pädiatrisch)
-
Paracetamol
- Lokale Therapie
- Glucocorticoide lokal
- Tannosynt lokal
- Systemische immunsupprimierende Therapie [3]
- Systemische Immunsuppressiva
- Initial plus systemische Glucocorticoide
- Verlauf: Bei Befundverbesserung Dapson als Monotherapie, bei Verschlechterung erneute zusätzliche Gabe von Prednisolon
- Bei Therapieresistenz
- Prednisolon systemisch
- plus Azathioprin systemisch
- Für weitere Informationen siehe auch: Azathioprin
- Alternativen: Cyclophosphamid, Mycophenolatmofetil, Colchicin, Methotrexat und Ciclosporin A
- Systemische Antihistaminika (bei starkem Juckreiz)
- Operative Therapie (bspw. bei Entropium)
Komplikationen und Prognose [9]
- Bei Kindern: Ausheilung innerhalb weniger Jahre
- Bei Erwachsenen: Oft chronischer Verlauf
- Bei Beteiligung der Konjunktiven: Vernarbung und Erblindung möglich
Dermatitis herpetiformis Duhring
Definition [11]
Durch Gluten induzierte, chronische Autoimmundermatose mit Bildung subepidermaler Blasen, insb. an den Streckseiten der Extremitäten
Epidemiologie
- Häufigkeit: Seltene Erkrankung
- Altersgipfel: 25–55 Jahre, Kinder selten betroffen [3]
- Geschlecht: ♂ > ♀ (2–6:1)
Ätiologie und Pathogenese
- Autoimmunologische Genese: Bildung von Immunkomplexen aus IgA und epidermaler Transglutaminase → Spaltbildung und Blasenbildung in der dermoepidermalen Junktionszone
- Assoziation
- HLA-DQ2 (85%) und HLA-DQ8 (15%)
- Schilddrüsenantikörper und/oder Schilddrüsenerkrankungen (bspw. Hashimoto-Thyreoiditis)
- Iodempfindlichkeit
- Malignome
- Kutane Manifestation der Zöliakie (glutensensitive Enteropathie)
- Bei allen Personen mit Dermatitis herpetiformis Duhring zeigen sich zöliakietypische Veränderungen in der Dünndarmbiopsie
- Häufig keine oder milde gastrointestinale Beschwerden
- Nur etwa 5% der Personen mit Zöliakie entwickeln eine Dermatitis herpetiformis Duhring
Symptome/Klinisches Bild
- Hautbefund
- Disseminierte, ggf. gruppiert stehende, exkoriierte, tiefrote, stecknadelkopfgroße, urtikarielle Papeln, Papulovesikel
- Symmetrische Ausbreitung
- „Synchrone Polymorphie“
- Prädilektionsstellen
- Extremitätenstreckseiten (insb. Knie, Ellenbogen, Schultern), Glutealregion, behaarter Kopf
- I.d.R. keine Schleimhautbeteiligung
- Weitere Symptome
- Extremer Juckreiz
- Ggf. Brennen
Diagnostik [2][11]
- Klinische Zeichen
- Nikolski-Phänomen I: Negativ
- Nikolski-Phänomen II: Negativ
- Tzanck-Test: Negativ
- Laborchemische Untersuchungen
- Differenzialblutbild: Eosinophilie, makrozytäre Anämie
- Schilddrüsenwerte, TPO-AK, TG-AK, Gesamt-IgA, ANA, Transaminasen, Eisen, Vitamin B12 und Folsäure
- Histopathologie [2][5]
- Fokale subepidermale Spaltbildung über den verbreiterten Papillarkörpern
- Neutrophilenreiche Mikroabszesse in den dermalen Papillarkörpern (sog. Papillarkörperabszesse)
- Papillarkörperödem
- Oberflächliches perivaskuläres gemischtzelliges Infiltrat u.a. mit neutrophilen Granulozyten
- Immunfluoreszenz
- Direkte Immunfluoreszenz
- Goldstandard
- Granuläre Ablagerungen von IgA (seltener C3-Komplement, IgG- und IgM-Ablagerungen) in den Papillenspitzen
- Indirekte Immunfluoreszenz: Nachweis von IgA gegen das Endomysium
- ELISA: Nachweis von IgA gegen die epidermale und gewebsständige Transglutaminase
- Direkte Immunfluoreszenz
- Dünndarmbiopsie: Zottenatrophie bis zum kompletten Zottenverlust mit hyperplastischen Krypten
- Diagnosestellung: Bei entsprechendem klinischen Bild und positiver direkter Immunfluoreszenz
Differenzialdiagnosen
- Andere blasenbildende Autoimmundermatosen
- Erythema exsudativum multiforme
- Chronische Urtikaria
Therapie [2][11]
Allgemeine Maßnahmen
- Strikte lebenslange glutenfreie Diät
- Ggf. Substitution von Eisen, Vitamin B12, Folsäure und Vitamin D3
Lokaltherapie
Systemtherapie
- Indikationen
- Schwere Hautbeteiligung
- Fehlendes Ansprechen einer glutenfreien Diät
- Glutenfreie Diät kann nicht durchgeführt werden oder wird nicht akzeptiert
- 1. Wahl: Dapson
- Therapiealternative: Bei fehlendem Ansprechen oder Unverträglichkeit Sulfasalazin (Off-Label Use!)
Prognose [3]
- Chronischer Verlauf, Schübe über Wochen bis Jahre, dazwischen ebenso lange Remissionsphasen möglich
- Spontanheilung in ca. 10% der Fälle
Überblick: Pemphigus vulgaris, bullöses Pemphigoid und Dermatitis herpetiformis Duhring
Pemphigus vulgaris | Bullöses Pemphigoid | Dermatitis herpetiformis Duhring | ||
---|---|---|---|---|
Häufigkeitsgipfel |
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Symptome/Klinik | Effloreszenz |
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Symptomatik |
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Prädilektionsstellen |
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Schleimhautbeteiligung |
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Narbige Abheilung |
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Diagnostik | Autoantikörper gegen |
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Nikolski-Phänomen |
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Tzanck-Test |
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Immunhistopathologie |
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Besonderheiten |
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Epidermolysis bullosa acquisita
Definition
Seltene, erworbene bullöse Autoimmundermatose mit Bildung dermolytischer subepidermaler Blasen
Epidemiologie [8]
- Inzidenz: 2 Fälle/1.000.000 Einwohner pro Jahr
- Altersgipfel: 30–50 Jahre
Ätiologie und Pathogenese [8][9]
- Autoimmunologische Genese
- Inflammatorische Form: Autoantikörper-Bildung gegen Typ-VII-Kollagen (Ankerfibrillen) → Komplementaktivierung und Leukotaxis → Blasenbildung in der dermoepidermalen Junktionszone
- Akrale mechanobullöse Form: Autoantikörper-Bildung gegen Typ-VII-Kollagen (Ankerfibrillen) → Direkte mechanische Interferenz → Blasenbildung in der dermoepidermalen Junktionszone
- Assoziation: Andere Autoimmunerkrankungen
Symptome/Klinisches Bild [8][9]
- Inflammatorische Form (am häufigsten): Klinik ähnlich dem bullösen Pemphigoid, jedoch mit Schleimhautbeteiligung und narbiger Abheilung
- Akrale mechanobullöse Form (klassische Form): Pralle Blasen an Stellen vermehrter mechanischer Belastung ohne entzündliche Beteiligung, mit narbiger Abheilung sowie ggf. Alopezie und Nagelverlust
- Schleimhautpemphigoid-artige Form (seltenste Form): Klinik ähnlich dem Schleimhautpemphigoid
- Schleimhautbeteiligung immer möglich
Diagnostik [9]
- Histologie: Subepidermale Spaltbildung
- Ausprägung des neutrophilenreichen Infiltrats: Häufiger bei der inflammatorischen als bei der mechanobullösen Form
- Basallamina im Blasendach
- Reduktion der Ankerfibrillen
- Immunfluoreszenz
-
Direkte Immunfluoreszenz (Untersuchung von erkrankter Haut)
- Lineare Ablagerung von IgG-Autoantikörpern (und ggf. IgM- und IgA-AK sowie C3) in der dermoepidermalen Junktionszone und in der obersten Dermis
-
Indirekte Immunfluoreszenz (Untersuchung von Serum)
- Nachweis von Autoantikörpern im Boden der artifiziellen Blase (auf NaCl-separierter Spalthaut)
- Zirkulierende Ak (in 20–50% der Fälle)
-
Direkte Immunfluoreszenz (Untersuchung von erkrankter Haut)
Therapie [3][8][9]
Allgemeine Maßnahmen
- Vermeidung von mechanischen Reizen
Medikamentöse Therapie [3]
- Schmerztherapie: Paracetamol, Ibuprofen
-
Paracetamol
- Erwachsene
- Kinder
- Für genauere Dosierungsanweisungen siehe: Paracetamol (pädiatrisch)
-
Ibuprofen
- Erwachsene
- Kinder
- Für genauere Dosierungsanweisungen siehe: Ibuprofen (pädiatrisch)
-
Paracetamol
- Lokale Therapie
- Glucocorticoide lokal
- Antiseptika lokal (Erwachsene und Kinder)
- Systemische immunsupprimierende Therapie (bei schwerem Verlauf, insb. bei inflammatorischer Form)
- Systemische Glucocorticoide
- plus systemische Immunsuppressiva
-
Azathioprin systemisch
- Für weitere Informationen siehe auch: Azathioprin
- oder Cyclophosphamid p.o. (Erwachsene)
- Für weitere Informationen siehe auch: Cyclophosphamid
- oder Dapson systemisch
- oder Ciclosporin A systemisch (Erwachsene)
- Für weitere Informationen siehe auch: Ciclosporin A
- oder Colchicin systemisch (Erwachsene)
- Für weitere Informationen siehe auch: Colchicin
-
Azathioprin systemisch
- plus Magenschutz, bspw. Omeprazol (Erwachsene)
- Versuchsweise zusätzlich: Vitamin E hochdosiert
Prognose [8]
- Chronischer, oft therapieresistenter Verlauf
- Selten selbstlimitierender Verlauf
Epidermolysis bullosa hereditaria
Definition
Seltene Gruppe genetischer Erkrankungen, bei denen schon geringe mechanische Traumen zur Entstehung von Blasen und Erosionen der Haut sowie der Schleimhäute führen.
Epidemiologie
Ätiologie
- Genmutationen führen zur fehlerhaften Synthese von Adhäsions- und Strukturproteinen → Schädigung des mechanischen Zusammenhalts der Basalmembranzone der Haut → Blasenbildung in der dermoepidermalen Junktionszone
Formen
Epidermolysis bullosa hereditaria simplex | Epidermolysis bullosa hereditaria junctionalis | Epidermolysis bullosa hereditaria dystrophicans | |
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Erbgang |
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Lokalisation der Blasenbildung |
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Manifestationsalter |
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Symptome/Klinisches Bild |
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Verlauf |
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Therapie
Allgemeine Maßnahmen
- Vermeiden von mechanischen Reizen und Irritationen
- Extrem vorsichtiges „Handling“, gute Polsterung beanspruchter Körperareale, weiche Kleidung, Vermeiden rauer Nähte etc.
- Keine klebebeschichteten Verbände, Pflaster oder bspw. EKG-Elektroden verwenden
- Blasen steril aufstechen und entleeren
- Ggf. Hauttransplantationen, Sondenkost (bspw. bei starkem Schleimhautbefall) und chirurgische Maßnahmen
Medikamentöse Therapie
- Überwachung und Behandlung von Sekundärinfektionen
- Hautpflege (bspw. mit harnstoffhaltigen Lotionen), Wundversorgung, reinigende, ggf. desinfizierende Bäder bei Erosionen, sterile Verbände etc.
- Bei Sekundärinfektionen: Breitband-Antibiotikatherapie, sobald möglich nach Antibiogramm
-
Schmerztherapie (Paracetamol, Ibuprofen)
- Paracetamol
- Erwachsene
- Kinder
- Für genauere Dosierungsanweisungen siehe: Paracetamol (pädiatrisch)
- Ibuprofen
- Erwachsene
- Kinder
- Für genauere Dosierungsanweisungen siehe: Ibuprofen (pädiatrisch)
- Paracetamol
Meditricks
In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.
Pemphigus vulgaris
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
Bullöse Dermatosen (L10–L14)
- Exklusive: Pemphigus (chronicus benignus) familiaris [Hailey-Hailey] (Q82.8), Staphylococcal scalded skin syndrome [SSS-Syndrom] (L00.‑), Toxische epidermale Nekrolyse [Lyell-Syndrom] (L51.2‑)
L10.-: Pemphiguskrankheiten
- Exklusive: Pemphigus acutus neonatorum (L00.‑)
- L10.0: Pemphigus vulgaris
- L10.1: Pemphigus vegetans
- L10.2: Pemphigus foliaceus
- L10.3: Brasilianischer Pemphigus [fogo selvagem]
- L10.4: Pemphigus erythematosus
- Senear-Usher-Syndrom
- L10.5: Arzneimittelinduzierter Pemphigus
- L10.8: Sonstige Pemphiguskrankheiten
- L10.9: Pemphiguskrankheit, nicht näher bezeichnet
L11.-: Sonstige akantholytische Dermatosen
- L11.0: Erworbene Keratosis follicularis
- Exklusive: Dyskeratosis follicularis vegetans (angeboren) [Darier] (Q82.8)
- L11.1: Transitorische akantholytische Dermatose [Grover]
- L11.8: Sonstige näher bezeichnete akantholytische Dermatosen
- L11.9: Akantholytische Dermatose, nicht näher bezeichnet
L12.-: Pemphigoidkrankheiten
- Exklusive: Herpes gestationis (O26.4), Impetigo herpetiformis (L40.1)
- L12.0: Bullöses Pemphigoid
- L12.1: Vernarbendes Pemphigoid
- L12.2: Chronisch-bullöse Dermatose des Kindesalters
- L12.3: Erworbene Epidermolysis bullosa
- Exklusive: Epidermolysis bullosa (angeboren) (Q81.‑)
- L12.8: Sonstige Pemphigoidkrankheiten
- L12.9: Pemphigoidkrankheit, nicht näher bezeichnet
L13.-: Sonstige bullöse Dermatosen
- L13.0: Dermatitis herpetiformis [Duhring]
- L13.1: Pustulosis subcornealis [Sneddon-Wilkinson]
- L13.8: Sonstige näher bezeichnete bullöse Dermatosen
- L13.9: Bullöse Dermatose, nicht näher bezeichnet
L14*: Bullöse Dermatosen bei anderenorts klassifizierten Krankheiten
Q81.-: Epidermolysis bullosa
- Q81.0: Epidermolysis bullosa simplex
- Exklusive: Cockayne-Syndrom (Q87.1)
- Q81.1: Epidermolysis bullosa atrophicans gravis
- Herlitz-Syndrom
- Q81.2: Epidermolysis bullosa dystrophica
- Q81.8: Sonstige Epidermolysis bullosa
- Q81.9: Epidermolysis bullosa, nicht näher bezeichnet
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.