ambossIconambossIcon

Azyanotische angeborene Herzfehler

Letzte Aktualisierung: 9.1.2025

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Angeborene Herzfehler betreffen etwa 1% aller Neugeborenen, wobei der Ventrikelseptumdefekt mit Abstand am häufigsten ist. Eine Zyanose wird als Unterscheidungskriterium für angeborene Herzfehler herangezogen (zyanotische vs. azyanotische Herzfehler). Azyanotische Herzfehler gehen pathophysiologisch überwiegend auf einen Links-rechts-Shunt (bspw. Ventrikel- und Atriumseptumdefekt) oder eine Obstruktion, insb. des ventrikulären Ausflusses (bspw. Aortenisthmusstenose), zurück. Im Langzeitverlauf kann ein unbehandelter Herzfehler mit Links-rechts-Shunt durch einen irreversiblen Umbau der Lungengefäße zu einer fixierten pulmonal-arteriellen-Hypertonie mit Shuntumkehr (Rechts-links-Shunt) und zentraler Zyanose führen (Eisenmenger-Reaktion).

Die Symptome angeborener Herzfehler sind meist unspezifisch (bspw. Gedeihstörung, Schwitzen beim Trinken oder Tachydyspnoe), teils treten jedoch charakteristische Herzgeräusche auf. Diagnostisches Mittel der Wahl ist die Echokardiografie, mit der einige schwere Herzfehler auch schon pränatal diagnostiziert werden können. Die Therapie richtet sich nach dem Schweregrad der Fehlbildung und reicht von einer Beobachtung des Spontanverlaufs bis hin zu einer frühzeitigen operativen Korrektur.

Dieses Kapitel beschäftigt sich mit den azyanotischen Herzfehlern. Für Inhalte zu den übrigen Herzfehlern siehe: Zyanotische Herzfehler und Fallot-Tetralogie.

Zu diesem Kapitel gibt es einen kostenfreien CME-Refresher-Kurs, für den du 4 CME-Punkte erhältst (siehe: Tipps & Links)!

Du möchtest diesen Artikel lieber hören als lesen? Wir haben ihn für dich im Rahmen unserer studentischen AMBOSS-Audio-Reihe vertont. Den Link findest du am Kapitelende in der Sektion „Tipps & Links“.

Dieses Kapitel ist im Rahmen unserer Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie und Angeborene Herzfehler e.V. (DGPK) unter Mitautorenschaft von Prof. Dr. med. Robert Dalla Pozza entstanden.

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Angeborene Herzfehler - Überblicktoggle arrow icon

Häufigkeit und Einteilung

Häufigkeit angeborener Herzfehler [1]
Herzfehler Häufigkeit Azyanotisch Zyanotisch
Persistierendes Foramen ovale Ca. 25% der Gesamtbevölkerung(!)
Ventrikelseptumdefekt ≤49% (✓)
Atriumseptumdefekt ≤17% (✓)
Pulmonalstenose Ca. 6%
Persistierender Ductus arteriosus Botalli Ca. 4% (✓)
Aortenisthmusstenose Ca. 4%

(✓)

Atrioventrikulärer Septumdefekt Ca. 2,5% (✓)
Fallot-Tetralogie Ca. 2,5%
Transposition der großen Arterien Ca. 2,5%
Aortenklappenstenose Ca. 2%
Trikuspidalatresie Ca. 1–2% [2]
Hypoplastisches Linksherzsyndrom Ca. 1%
Truncus arteriosus communis Ca. 0,5%
Koronararterienanomalien ≤0,5% (Bland-White-Garland-Syndrom)
Ebstein-Anomalie Ca. 0,4%

Die Anfangsbuchstaben zyanotischer Herzfehler kann man sich mit „THEFT“ merken. Sie bestehen zudem alle nur aus horizontalen und vertikalen Strichen: [T]ransposition, [H]ypoplastisch, [E]bstein, [F]allot, [T]rikuspidal!

Epidemiologie

Ca. 1 von 100 Neugeborenen hat einen angeborenen Herzfehler!

Pathophysiologie

Shuntformen

Eisenmenger-Reaktion [3][4]

Durch einen irreversiblen Umbau der Lungengefäße bei persistierender pulmonaler Hypertonie kann sich ein Links-rechts-Shunt im Langzeitverlauf zu einem Rechts-links-Shunt mit zentraler Zyanose umkehren (Eisenmenger-Reaktion)!

Von einer Schwangerschaft ist bei Eisenmenger-Syndrom aufgrund der hohen fetalen und maternalen Mortalität unbedingt abzuraten!

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Azyanotische Herzfehler - Überblicktoggle arrow icon

Symptome

Die Symptome eines angeborenen Herzfehlers sind überwiegend unspezifisch!

Symptome einer chronischen Herzinsuffizienz im Kindesalter [5]

Befunde einer chronischen Herzinsuffizienz im Kindesalter [5]
Altersgruppe Altersspezifisch Altersunabhängig
Häufig Seltener
Säuglinge und Kleinkinder
Kinder und Jugendliche

Diagnostisches Vorgehen

Nur bei ca. ⅓ der Neugeborenen, bei denen ein Herzgeräusch auskultierbar ist, liegt ein Herzfehler vor!

Differenzialdiagnosen bei V.a. azyanotische Herzfehler

Besondere Patientengruppen

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Ventrikelseptumdefekt (VSD)toggle arrow icon

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Atriumseptumdefekt (ASD)toggle arrow icon

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Persistierendes Foramen ovale (PFO)toggle arrow icon

Definition

Epidemiologie [1]

Pathophysiologie [3][7]

Bei einem isolierten PFO ist i.d.R. kein relevanter Shunt zu erwarten!

Klinische Befunde

Diagnostik

Differenzialdiagnosen

Therapie [7]

Prognose [3][9]

Bei persistierendem Foramen ovale besteht ein erhöhtes Risiko für paradoxe Embolien!

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Persistierender Ductus arteriosus Botalli (PDA)toggle arrow icon

Definition

Epidemiologie

Pathophysiologie

Bei einigen angeborenen Herzfehlern, bspw. dem hypoplastischen Linksherzsyndrom, ist das Offenbleiben des Ductus arteriosus überlebenswichtig!

Klinische Befunde und Klassifikation

Klassifikation des persistierenden Ductus arteriosus Botalli (PDA)
Größe Hämodynamik Herzgeräusch Weitere Symptome und Befunde
Sehr klein
  • Irrelevant
  • I.d.R. keins
  • I.d.R. keine
Klein
  • Systolisch, häufig uncharakteristisch
Groß
  • Initial systolisch
  • Später kontinuierlich systolisch-diastolisch
Sehr groß

Ein PDA jenseits des Neugeborenenalters ist durch einen systolisch-diastolischen Links-rechts-Shunt charakterisiert!

Bei ausgeprägter pulmonalarterieller Druckerhöhung kann eine pulmonalvaskuläre Erkrankung mit Widerstandserhöhung und Shuntumkehr resultieren!

Diagnostik

Auskultation

  • In den ersten Lebenstagen : Systolikum mit p.m. in 2./3. ICR links parasternal mit Ausstrahlung in den Rücken
  • Nach den ersten Lebenstagen : Kontinuierliches, systolisch-diastolisches Herzgeräusch (sog. „Maschinengeräusch“) im 1./2. ICR links parasternal

Echokardiografie mit Farbdoppler

  • Methode der Wahl (zur Diagnosesicherung)
  • Ziele
    • Darstellung der Ductusanatomie
    • Evaluation der Hämodynamik
    • Ausschluss weiterer kardialer Anomalien
  • Befunde
    • Morphologie des PDA: Drittes Gefäß im Bereich der Pulmonalisbifurkation neben den beiden Pulmonalarterienästen („Pulmonalis-Trifurkation“)
      • Viele Varianten möglich: Von schmal und kurz über tubulär und lang bis zu sehr weit und kurz (sog. „window type“)
    • Perfusion peripherer Arterien (A. cerebri media, Truncus coeliacus) : Verringerter diastolischer Fluss
    • Bestimmung der Shuntrichtung
Bestimmung der Shuntrichtung in der Echokardiografie bei PDA
Shuntrichtung Bildmorphologischer Befund
Links-rechts-Shunt
  • (Sehr) kleiner PDA
    • Kontinuierlicher, schmaler systolisch-diastolischer Einstrom aus dem distalen Aortenbogen in den Pulmonalarterienstamm
    • Deutliche Druckdifferenz (>50% des systolischen Blutdrucks) zwischen systemischem und pulmonalem Kreislauf
  • (Sehr) großer PDA
    • Kontinuierlicher systolisch-diastolischer Einstrom aus dem distalen Aortenbogen in den Pulmonalarterienstamm
    • Geringe Druckdifferenz zwischen systemischem und pulmonalem Kreislauf
    • Volumenbelastung der Lunge und des linken Herzens
    • Verhältnis zwischen pulmonalem zu systemischem Fluss (Qp:Qs) ≥1,5:1
Bidirektionaler Shunt
Rechts-links-Shunt
  • Ausstrom aus dem Pulmonalarterienstamm in den distalen Aortenbogen

Die Diagnosesicherung des PDA erfolgt echokardiografisch mit Darstellung seiner hämodynamischen Relevanz: Linksvolumenbelastung, aortopulmonale Druckdifferenz, Abschätzung der pulmonalen Druckverhältnisse und Erfassung der Shuntrichtung.

Ein weit offener Ductus kann eine relevante Aortenisthmusstenose maskieren!

Weitere diagnostische Maßnahmen

Differenzialdiagnosen

Therapie: PDA-Verschluss

Im Neugeborenenalter sind vor Verschluss eines PDA ductusabhängige Herzfehler auszuschließen!

Komplikationen

Verlauf und Prognose

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Aortenisthmusstenosetoggle arrow icon

Definition

Pathophysiologie

Bei kritischer Aortenisthmusstenose kann der Ductusverschluss zu einer akuten linksventrikulären Dekompensation führen!

Klinische Befunde

Abgeschwächte Femoralispulse und eine Differenzialzyanose beim Neugeborenen sind typische Zeichen einer kritischen Aortenisthmusstenose!

Diagnostik

Sauerstoffsättigung und Blutdruck sind bei einer Aortenisthmusstenose am rechten Arm höher als am Bein!

Differenzialdiagnosen

Therapie

Medikamentös

Bei V.a. eine kritische Aortenisthmusstenose muss der Ductus arteriosus mittels Prostaglandin-E1-Dauerinfusion offengehalten werden!

Die Gabe von zusätzlichem Sauerstoff sollte vermieden werden!

Operativ

Interventionell

Prognose

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Pulmonalstenosetoggle arrow icon

Definition

Epidemiologie [1]

Schweregradeinteilung

Schweregrade der Pulmonalstenose [12]
Schweregrad Maximaler systolischer Doppler-Gradient Behandlung
Geringgradig <40 mmHg Nicht notwendig
Mittelgradig 40–60 mmHg Kann erfolgen
Schwergradig >60 mmHg Sollte erfolgen

Pathophysiologie

Bei kritischer Pulmonalstenose ist die Lungendurchblutung ductusabhängig!

Klinische Befunde

Eine nicht-kritische Pulmonalstenose ist häufig lange asymptomatisch!

Eine kritische Pulmonalstenose kann nach Verschluss des Ductus arteriosus zu einer lebensbedrohlichen Hypoxämie führen!

Diagnostik

Differenzialdiagnosen

Therapie

Prognose

  • Pulmonalklappenstenose
    • Spontanverlauf: Abhängig vom Druckgradienten
      • Druckgradient <50 mmHg
        • I.d.R. keine Zunahme der Stenose
        • Normale Belastbarkeit
      • Druckgradient ≥50 mmHg
        • I.d.R. Progression der Stenose
        • Eingeschränkte Belastbarkeit
    • Bei erfolgreicher Therapie
      • Sehr gute Prognose
      • Körperliche Belastbarkeit abhängig vom Restbefund
Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Doppelter Aortenbogentoggle arrow icon

Definition

Epidemiologie

Pathophysiologie

Klinische Befunde

Inspiratorischer Stridor und Dysphagie sind Leitsymptome des doppelten Aortenbogens!

Körperliche Belastung kann zu einer lebensbedrohlichen Hypoventilation oder Apnoe führen!

Diagnostik

Differenzialdiagnosen

Therapie

  • Konservativ (als Überbrückung bis zur OP): Oberkörperhochlagerung, bei Infekten ggf. abschwellende Maßnahmen
  • Operativ
    • Indikation: Auftreten von Symptomen
    • Zugangsweg: Linkslaterale Thorakotomie
    • Maßnahme: Durchtrennung des kleineren (meist linken) Aortenbogens
    • Mortalität: <1%

Prognose

  • Postoperativ: Sehr gut
    • Symptompersistenz (insb. Stridor) über Wochen bis Monate möglich
    • I.d.R. normale körperliche Belastbarkeit
Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Angeborene Koronararterienanomalientoggle arrow icon

Definition

  • Angeborene Ursprungs-, Verlaufs- oder Mündungsanomalien einer oder mehrerer Koronararterien

Einteilung

Klinische Befunde

Diagnostik

Therapieoptionen

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Bland-White-Garland-Syndromtoggle arrow icon

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025toggle arrow icon

Q20.-: Angeborene Fehlbildungen der Herzhöhlen und verbindender Strukturen

Q21.-: Angeborene Fehlbildungen der Herzsepten

Q22.-: Angeborene Fehlbildungen der Pulmonal- und der Trikuspidalklappe

Q23.-: Angeborene Fehlbildungen der Aorten- und der Mitralklappe

Q24.-: Sonstige angeborene Fehlbildungen des Herzens

Q25.-: Angeborene Fehlbildungen der großen Arterien

Q26.-: Angeborene Fehlbildungen der großen Venen

  • Q26.0: Angeborene Stenose der V. cava
    • Angeborene Stenose der V. cava (inferior) (superior)
  • Q26.1: Persistenz der linken V. cava superior
  • Q26.2: Totale Fehleinmündung der Lungenvenen
  • Q26.3: Partielle Fehleinmündung der Lungenvenen
  • Q26.4: Fehleinmündung der Lungenvenen, nicht näher bezeichnet
  • Q26.5: Fehleinmündung der Pfortader
  • Q26.6: Fistel zwischen V. portae und A. hepatica (angeboren)
  • Q26.8: Sonstige angeborene Fehlbildungen der großen Venen
    • Azygos-Kontinuation der V. cava inferior
    • Fehlen der V. cava (inferior) (superior)
    • Persistenz der linken V. cardinalis posterior
    • Scimitar-Anomalie
  • Q26.9: Angeborene Fehlbildung einer großen Vene, nicht näher bezeichnet
    • Anomalie der V. cava (inferior) (superior) o.n.A.

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Meditrickstoggle arrow icon

In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.

Fallot-Tetralogie

Angeborene Herzfehler

Angeborene Herzfehler – Teil 1: Systematik angeborener Herzfehler

Angeborene Herzfehler – Teil 2: Gemeinsamkeiten

Inhaltliches Feedback zu den Meditricks-Videos bitte über den zugehörigen Feedback-Button einreichen (dieser erscheint beim Öffnen der Meditricks).

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Probiere die Testversion aus und erhalte 30 Tage lang unbegrenzten Zugang zu über 1.400 Kapiteln und +17.000 IMPP-Fragen.
disclaimer Evidenzbasierte Inhalte, von festem ärztlichem Redaktionsteam erstellt & geprüft. Disclaimer aufrufen.