Abstract
Patienten mit OSAS weisen eine erhöhte perioperative Komplikationsrate auf, weshalb stets ein Screening auf OSAS sowie eine Abschätzung des perioperativen Risikos erfolgen sollte. Die so identifizierten Risikopatienten benötigen ein angepasstes perioperatives Management und eine erweiterte Überwachung, um das Risiko für Komplikationen zu minimieren. Für allgemeine Informationen zur Prämedikationsvisite siehe auch: Prämedikation und Aufklärung in der Anästhesiologie.
Screening und Risikoeinschätzung
Die erhöhte perioperative Komplikationsrate bei Patienten mit OSAS erfordert ein gezieltes Screening sowie eine Abschätzung des damit verbundenen perioperativen Risikos. Da keine vergleichbaren Handlungsempfehlungen aus deutschen Fachgesellschaften vorliegen, beziehen sich die Angaben zum Umgang mit OSAS-Patienten größtenteils auf die Leitlinien der American Society of Anesthesiologists (ASA). [1][2][3][4]
Screening
Die Entwicklung und Implementierung eines interdisziplinären und standardisierten Protokolls kann helfen, OSAS-Patienten zu identifizieren und bestmöglich auf einen bevorstehenden operativen Eingriff vorzubereiten. [5][6]
Identifikation und Einschätzung von OSAS-Patienten gemäß der American Society of Anesthesiologists (ASA) | |
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1) Prädisponierende körperliche Eigenschaften |
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2) Anamnestische Hinweise auf Atemwegsobstruktion im Schlaf |
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3) Somnolenz/Tagesmüdigkeit | |
Bewertung |
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Durch eine systematische Anamnese können typische Risikofaktoren und Symptome eines OSAS erfasst und ein Großteil der Risikopatienten identifiziert werden!
Risikoabschätzung
Perioperative Risikoeinschätzung bei OSAS-Patienten gemäß der American Society of Anesthesiologists (ASA) | ||
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Kategorien | Punkte | |
A: OSAS-Schweregrad gemäß Polysomnografiebefund (alternativ anhand klinischer Indikatoren wie unter „Screening“ beschrieben) | ||
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B: Invasivität des operativen Eingriffs und der anästhesiologischen Maßnahmen |
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C: Erwarteter postoperativer Opioidbedarf |
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Bewertung |
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Präoperatives Management
Präoperative Optimierung
- Therapie des OSAS
- Verzicht auf medikamentöse Prämedikation
- Alternativ: Adäquate Überwachung bereits präoperativ
- α2-Agonisten erwägen
Auswahl des Narkoseverfahrens
- Problematik
- Mit Ausmaß des operativen Eingriffs und der anästhesiologischen Behandlung steigendes perioperatives Risiko
- Häufig erschwerte Intubationsbedingungen
- Siehe auch: Komplikationen der Intubation
- Vorgehen
- Stets Wahl des am wenigsten invasiven Vorgehens
- Bei geplanter Allgemeinanästhesie: Vorbereitung auf schwierige Maskenbeatmung und erschwerte Intubationsbedingungen
Intraoperatives Management
Narkoseeinleitung
- Ausgiebige Präoxygenierung (3–5 min), ggf. mit CPAP (10 cm H2O)
- Oberkörperhochlagerung (25–30°)
- Muskelrelaxierung bevorzugt mit kurz- bis mittellangwirksamen Substanzen
- Relaxometrie bei Muskelrelaxierung obligat
- Alternativ: Verzicht auf Muskelrelaxierung erwägen
- Verwendung supraglottischer Atemwegshilfen erwägen (bspw. Larynxmaske)
- Invasive Blutdruckmessung erwägen
Narkoseführung
- Kurzwirksame Substanzen bevorzugen
- Adäquater PEEP (insb. bei adipösen Patienten) [7]
- Kapnografie bei Analgosedierung
- Dexamethason erwägen
Narkoseausleitung
- Unbedingt Muskelrelaxantien-Überhang ausschließen
- Recruitmentmanöver vor Extubation erwägen
- Extubation in Oberkörperhochlagerung (25–30°) [1]
- Nachbeatmung erwägen
Bedingt durch einen engen oberen Atemweg und eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Sedativa kommt es bei Patienten mit OSAS häufig zu Intubationsschwierigkeiten und postoperativen Atemwegsobstruktionen!
Patienten mit OSAS haben ein erhöhtes Risiko für sekundäre Atemwegsverlegungen bis hin zur Entwicklung eines pulmonalen Unterdrucködems!
Postoperatives Management
Die Art und Dauer der postoperativen Überwachung richtet sich stark nach dem individuellen Risikoprofil und sollte idealerweise klinikintern klar geregelt sein .
-
Schmerztherapie
- Regionalanästhesie-Verfahren bevorzugen
- Opioide vermeiden
- Flache Rückenlage meiden
- Sauerstoffgabe
- Zielwert: Individuelle präoperative Sättigung
- Nicht-invasive Beatmung (CPAP)
- Überwachung
- Kontinuierliche Pulsoxymetrie
- Intensivstation/Intermediate Care Station erwägen
- Mögliche Spätkomplikationen beachten
Die Verlegung von Patienten mit OSAS in eine Umgebung ohne kontinuierliche Überwachung sollte erst erfolgen, wenn kein Risiko einer postoperativen Atemdepression mehr vorhanden ist!
Sonderfall: Ambulante Anästhesie
Patienten mit OSAS können prinzipiell auch ambulant versorgt werden. Das praktische Vorgehen in Deutschland ist jedoch uneinheitlich und entspricht nicht immer den Leitlinien der American Society of Anesthesiologists (ASA). [8]
Entscheidungskriterien
- OSAS-Schweregrad und Form der Therapie
- Anatomische und physiologische Abnormitäten
- Schweregrad und Therapiestatus der Begleiterkrankungen [9]
- Art des Eingriffs und der erforderlichen Anästhesieform
- Sonderfall: Operation an den Atemwegen in Allgemeinanästhesie
- Bedarf für postoperative Opioidgabe
- Alter des Patienten [9]
- Adäquate Überwachungsmöglichkeit nach Entlassung
- Ausreichende Ausstattung der behandelnden Klinik
Entscheidung über Risikoscore
- Bei Patienten mit einem Risikoscore von >4 Punkten sollte ein Eingriff nicht ambulant durchgeführt werden
- Zum perioperativen Risikoscore siehe auch: Perioperative Risikoeinschätzung bei OSAS-Patienten
Postoperative Besonderheit
- Erweiterte Überwachung notwendig