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Altersbedingte Makuladegeneration

Letzte Aktualisierung: 22.11.2023

Abstracttoggle arrow icon

Die altersbedingte Makuladegeneration (AMD) ist in den Industriestaaten die häufigste Erblindungsursache des höheren Lebensalters. Ursächlich ist eine fortschreitende Degeneration der Makula durch eine Stoffwechselstörung der Fotorezeptoren und des retinalen Pigmentepithels, welche zur Ansammlung und Ablagerung von Stoffwechselendprodukten in den Pigmentepithelzellen und der Bruch-Membran führt. Durch den Befall der Makula ist das zentrale Sehen eingeschränkt, während das periphere Sehen erhalten bleibt. Es wird die nicht-exsudative von der exsudativen AMD unterschieden. Die nicht-exsudative AMD ist gekennzeichnet durch Sehstörungen (Beeinträchtigung der Sehschärfe, ggf. Metamorphopsien) und das Auftreten von Drusen. Bei der exsudativen AMD kann es durch Neovaskularisationen, seröse Abhebung der Makula und Blutungen zur Verstärkung der Metamorphopsien und zum massiven Visusverlust kommen. Therapeutisch wird versucht das Voranschreiten der Erkrankung zu verhindern, eine kausale Therapie ist nicht möglich.

Definitiontoggle arrow icon

Progrediente degenerative Veränderungen der Makula im Alter durch Alterungsprozesse des retinalen Pigmentepithels

Epidemiologietoggle arrow icon

  • ca. 4,5 Millionen Erkrankte in Deutschland
  • Erkrankungsalter meist >60 Jahre
  • In den Industriestaaten häufigste Ursache für Erblindung bei Personen >65 Jahren

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

Ätiologietoggle arrow icon

Klassifikationtoggle arrow icon

  • Nicht-exsudative (trockene) AMD (ca. 80% der AMD)
  • Exsudative (feuchte) AMD
    • Drusen und chorioidale Neovaskularisationen
    • (Sub‑)Retinale Exsudationen und Blutungen
    • Bildung von Gefäßmembranen unter der Netzhaut
    • Schnelle Progredienz der Symptome

Pathophysiologietoggle arrow icon

  • Ablagerung von Stoffwechselprodukten (Drusen) zwischen retinalem Pigmentepithel und der Bruch-Membran
  • Zelluntergang und Hypoxie führen zu ungünstigen reaktiven Prozessen und chorioidalen Neovaskularisationen

Symptome/Kliniktoggle arrow icon

  • Insbesondere das zentrale Sehen (z.B. Lesefähigkeit) ist beeinträchtigt Das periphere Sehen bleibt auch im fortgeschrittenen Stadium erhalten
  • Häufig beidseitig
  • Grauer Schatten im zentralen Gesichtsfeld
  • Abnahme der Sehschärfe
    • Bei nicht exsudativer AMD → Langsam progredient
    • Bei exsudativer AMD → Rasch
    • Bei Blutungen → Plötzlicher Visusverlust
    • Bis zum kompletten Verlust des zentralen Sehens
  • Metamorphopsien
  • Abnahme des Kontrastempfindens

Diagnostiktoggle arrow icon

  • Amsler-Karte
  • Ophthalmoskopie
    • Frühe Stadien der AMD
    • Späte Stadien der AMD
      • Nicht-exsudativ (trocken)
      • Exsudative (feuchte) AMD
        • Seröse Abhebung der Retina und des retinalen Pigmentepithels
        • Risse des retinalen Pigmentepithels
        • Sub- und intraretinale Blutungen
        • Exsudate
        • Fibröse Narbe im Endstadium
  • Fundusfotografie zur Verlaufskontrolle
  • Fluoreszenzangiografie (Goldstandard zur Diagnosesicherung einer exsudativen AMD)
    • Nicht-exsudative AMD
      • Scharf begrenzte Hyperfluoreszenz des veränderten retinalen Pigmentepithels
    • Exsudative AMD
      • Chorioidale Neovaskularisationen und Exsudationen (diffuse Hyperfluoreszenz) im Bereich der Makula
  • Optische Kohärenz-Tomografie (OCT)
    • Darstellung von subfovealen chorioidalen Neovaskularisationen, intra- oder subretinaler Flüssigkeitseinlagerung, Ablagerung von hyperreflektivem subretinalem Material und von Pigmentepithelabhebungen
    • Zur Diagnosesicherung einer exsudativen AMD vor Therapieentscheidung; außerdem gut geeignet zur Verlaufskontrolle

Zum Vergleich: Normbefunde

Therapietoggle arrow icon

Ziele der Therapie

  • Erhaltung oder evtl. Verbesserung der vorhandenen Sehschärfe
  • Frühzeitige Erkennung von behandlungsbedürftigen Stadien (durch Vorsorgeuntersuchung der Bevölkerung ab dem 55. Lebensjahr, Untersuchung der Makula bei suspekten Sehverschlechterungen und Aufklärung der Patienten über Verlauf und Bedeutung der AMD)

Therapieansätze

  • Keine kausale Therapie bekannt
  • Allgemeine Maßnahmen
    • Aufklärung des Patienten
    • Aufklärung des Patienten über Selbstkontrolle mittels Amsler-Karte
    • Vergrößernde Seh- und Lesehilfen (Lupen)
    • Empfehlung einer Rauchentwöhnung
    • Blutdruckeinstellung
    • Substitution von Antioxidantien, Zinkoxid und Kupferoxid kann positiven Effekt haben
  • Etablierte Behandlungsmöglichkeiten bei Auftreten von chorioidalen Neovaskularisationen
    • Intravitreale operative Medikamentenapplikation (IVOM): Injektion von VEGF-Inhibitoren (bspw. Ranibizumab oder Bevacizumab ) in den Glaskörper
      • Durchführung
        • Unter sterilen OP-Bedingungen
        • Präoperative Desinfektion der Fornices, Karunkel, Wimpern und des Bindehautsacks i.d.R. mit 5%iger Povidon-Iod-Lösung
        • I.d.R. topische Anästhesie mittels Tropfen
        • I.d.R. keine prä- bzw. postoperative Antibiotikagabe
        • Postoperative Kontrolle (Häufigkeit je nach OP-Befund und injiziertem Medikament)
      • Rote-Hand-Brief zu Lucentis® (Fertigspritze mit Wirkstoff Ranibizumab): Potenzielle Fehldosierungen durch schwergängigen Spritzenkolben [1][2]
    • Seit Einführung der IVOM nur noch selten: Verödung von Neovaskularisationen per Lasertherapie oder photodynamischer Therapie
  • Chirurgischer Therapieansatz bei fortgeschrittener AMD (experimenteller Charakter): Makulatranslokation/Netzhautrotation

Prognosetoggle arrow icon

  • Chronisch progredienter Verlauf
  • Übergang von nicht-exsudativer AMD zu exsudativer AMD möglich
  • Wichtigste Komplikation der exsudativen AMD: Subretinale Blutung
    • Häufig bei Patienten mit hohem kardiovaskulären Risikoprofil
    • Erhöhtes Risiko bei Dauertherapie mit Antikoagulanzien (bspw. NOAKs wie Rivaroxaban, Phenprocoumon)
    • Therapie subretinaler Blutungen je nach Schwere und Lokalisation [3]
      • Fortführen der intravitrealen Anti-VEGF-Injektionen
      • Ggf. intravitreale Injektion von rTPA und Gas
      • Bei massiver Blutung: Vitrektomie und Entfernung des subretinalen Blutkoagels via Retinotomie
  • Im Endstadium Verlust des zentralen Sehens

Patienteninformationentoggle arrow icon

Kodierung nach ICD-10-GM Version 2023toggle arrow icon

  • H35.-: Sonstige Affektionen der Netzhaut
    • H35.3: Degeneration der Makula und des hinteren Poles
      • Drusen (degenerativ)
      • Fältelung
      • Gefäßähnliche Streifen [Angioid streaks]
      • Loch
      • Zyste
      • Kuhnt-Junius-Degeneration
      • Senile Makuladegeneration (atrophisch) (exsudativ)
      • Toxische Makulaerkrankung

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2023, DIMDI.

Quellentoggle arrow icon

  1. Rote-Hand-Brief zu Lucentis® 10 mg/ml Injektionslösung in einer Fertigspritze (Ranibizumab): Schwergängigkeit des Spritzenkolbens.Stand: 29. August 2019. Abgerufen am: 6. September 2019.
  2. Rote-Hand-Brief zu Lucentis® 10 mg/ml Injektionslösung in einer Fertigspritze (Ranibizumab): Schwergängigkeit des Spritzenkolbens (Aktualisierung).Stand: 15. November 2019. Abgerufen am: 18. November 2019.
  3. Agostini et al.:Coronavirus Susceptibility to the Antiviral Remdesivir (GS-5734) Is Mediated by the Viral Polymerase and the Proofreading ExoribonucleaseIn: mBio. Band: 9, Nummer: 2, 2018, doi: 10.1128/mbio.00221-18 . | Open in Read by QxMD.
  4. Grehn: Augenheilkunde. 29. Auflage Springer 2005, ISBN: 3-540-25699-7.
  5. Lang et al.: Augenheilkunde. 4. Auflage Thieme 2008, ISBN: 978-3-131-02834-1.
  6. Walter, Plange: Basiswissen Augenheilkunde. Springer 2017, ISBN: 978-3-662-52800-6.

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