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Akute Angina tonsillaris

Letzte Aktualisierung: 5.4.2023

Abstracttoggle arrow icon

Die akute Angina tonsillaris oder akute Tonsillitis ist eine Entzündung der Gaumenmandeln (Tonsilla palatina) und betrifft insb. Kinder und junge Erwachsene. Sie tritt häufig gemeinsam mit einer Entzündung des Rachens (Tonsillopharyngitis) in Erscheinung. Viren oder β-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A sind typischerweise auslösende Erreger der Erkrankung, die durch Halsschmerzen und Schluckbeschwerden symptomatisch wird. I.d.R. ist der Verlauf selbstlimitierend. Bei starkem Krankheitsgefühl und protrahiertem Verlauf sollte bei Verdacht auf eine bakterielle Genese eine Antibiotikatherapie (in erster Linie mit Penicillin V) erfolgen, um insb. immunogene Folgekrankheiten wie die akute Poststreptokokken-Glomerulonephritis (APSGN) oder das akute rheumatische Fieber (ARF) zu verhindern. Bei rezidivierenden akuten Tonsillitiden kann eine operative Therapie in Erwägung gezogen werden, deren Indikation heutzutage zurückhaltend gestellt wird.

Definitiontoggle arrow icon

Laut Leitlinie soll bei Patienten mit akuten Halsschmerzen mit und ohne Schluckbeschwerden immer die Festlegung auf eine Diagnose „akute Tonsillitis“, „akute Pharyngitis“ oder „akute Tonsillopharyngitis“ erfolgen [1][2]

  • Akute Tonsillitis (auch: akute Angina tonsillaris): Entzündung der Tonsillen über das physiologische Maß hinaus, also mit zusätzlich bestehender klinisch relevanter Symptomatik wie Schmerzen und/oder Fieber
  • Akute Pharyngitis: Entzündung des Rachenraumes ohne Entzündung der Tonsillen
  • Akute Tonsillopharyngitis: Kombinierte Entzündung von Rachenraum und Tonsillen (mit zusätzlich bestehender klinisch relevanter Symptomatik)
  • Rezidivierende (akute) Tonsillitis: Wiederholtes Auftreten akuter Tonsillitiden mit beschwerdefreien oder -armen Intervallen
    • Eine genaue Anzahl an Tonsillitiden ist hierbei nicht festgelegt
    • Wiederholte akute Tonsillitiden führen zur Fibrosierung der Tonsille, Ausbreitung der Entzündung auf das Peritonsillargewebe („Peritonsillitis“) und zur Fixierung der Tonsille in ihrem Bett → Fehlende Luxierbarkeit
    • Tonsillengröße hat kaum Bedeutung im Hinblick auf die Diagnose einer rezidivierenden akuten Tonsillitis

Epidemiologietoggle arrow icon

  • Altersgipfel: Im Schulkindalter, generell in jedem Alter möglich
  • Inzidenzzahlen: Nicht vorhanden
  • Prävalenzzahlen: Nicht vorhanden

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

Ätiologietoggle arrow icon

Der Nachweis pathologischer Erreger ist nur bei 50–66% aller Tonsillitiden möglich.

Ätiologie der akuten Streptokokken-Tonsillitistoggle arrow icon

Klassifikationtoggle arrow icon

Die akute Tonsillitis wird anhand ihres Ausbreitungsstadiums unterteilt .

Sind toxinbildende Gruppe-A-Streptokokken (Streptococcus pyogenes) Auslöser, können deren Toxine zu Scharlach führen.

Symptome/Kliniktoggle arrow icon

Es können sich unterschiedliche, oft unspezifische Symptome zeigen, die meist nicht auf den Auslöser schließen lassen.

Für weitere Informationen siehe auch: Differenzialdiagnosen der akuten Tonsillitis

Diagnostiktoggle arrow icon

Weiterführende Diagnostiktoggle arrow icon

Diagnostische Verfahren [1]

  • Rachenabstrich
    • Indikation: Bei positivem Centor-/McIsaac-Score von ≥3
    • Zum Nachweis von β-hämolysierenden Streptokokken der Lancefield-Gruppe A (Streptococcus pyogenes)
      • Streptokokken-A-Schnelltest
        • Durchführung: Dabei wird Rachensekret mit einer Reagenzlösung gemischt und auf ein Testkit aufgebracht
          • Nach wenigen Minuten ist das Ergebnis ablesbar
        • Interpretation: Der Schnelltest ist hochspezifisch, aber wenig sensitiv
          • Ein negatives Ergebnis schließt eine Infektion somit nicht aus
          • Ein positives Ergebnis in Kombination mit entsprechender Klinik bestätigt jedoch eine Infektion
        • Nachteilig: Hohe Kosten, die deutlich über den Kosten für eine mikrobiologische Untersuchung liegen
      • Bakteriologische Kultur
    • EBV-PCR in Ausnahmefällen
    • Multiplex-PCR oder Schnelltestverfahren auf virale Tonsillitiserreger sind prinzipiell möglich, aber aufgrund fehlender therapeutischer Konsequenz i.d.R. nicht sinnvoll
  • Besonderheiten bei Verdacht auf EBV
    • Erregerspezifische Serologie
    • Erregernachweis
  • Besonderheiten bei Verdacht auf Diphtherie
  • Nicht empfohlen werden

Bei Risikofaktoren (chronische Systemerkrankungen, Immunsuppression, ARF/APSGN in der Eigen- oder Familienanamnese, V.a. Scharlach oder sehr hoher Inzidenz von GAS-Infektionen) sollten fallorientiert Laboruntersuchungen erfolgen und die Indikation zur Antibiotikatherapie großzügig gestellt werden! [4]

Eine asymptomatische Person hat auch bei positiven paraklinischen Parametern keine β-hämolysierende Streptokokken-Tonsillitis. Sie wird als Träger bezeichnet!

Scoring-Systeme zur Differenzierung einer Tonsillitis

  • Trotz des günstigen Verlaufes der akuten, nicht-obstruierenden Tonsillitis wird beim Verdacht auf eine Infektion mit β-hämolysierenden Streptokokken eine antibiotische Therapie empfohlen
  • Differenzierung zwischen viraler und durch β-hämolysierende Streptokokken ausgelöster Tonsillitis soll anhand klinischer Scores erfolgen
  • Auswertung: Empfohlener Algorithmus ab dem Alter von 3 Jahre [1]
    • McIsaac-/Centor-Score ≤2 Punkte: Wahrscheinlich virale Genese
      • Bei günstigem Spontanverlauf: Keine weitere Diagnostik und symptomatische Therapie
      • Bei fehlender Spontanremission, relevanter Krankheitsschwere oder unilateralem Befall: Rachenabstrich mit Schnelltest bzw. Kultur
      • Bei Streptokokken-A-Nachweis zusätzlich Antibiotikatherapie (s.u.)
    • McIsaac-/Centor-Score ≥3 Punkte: Wahrscheinlich Streptokokken-A-Tonsillitis
      • Rachenabstrich mit Schnelltest bzw. Kultur → Immer symptomatische Therapie
      • Bei Nachweis oder V.a. Streptokokken-A-Tonsillitis zusätzlich Antibiotikatherapie (s.u.)

Diphtherie ist ein Sonderfall: Jeder klinische Verdacht auf Diphtherie ist ein Notfall und erfordert die unmittelbare stationäre Einweisung und Abklärung ohne Abwägung mittels Scoring-System!

Einfacher Centor-Score: Geeignet für Patienten ≥15 Jahre

Symptom Punkte
Körpertemperatur (in der Anamnese) >38 °C 1
Kein Husten 1
Zervikale Lymphknotenschwellung 1
Tonsillenschwellung oder -exsudat 1
Centor-Score

Punktsumme

Wahrscheinlichkeit: β-hämolysierende Streptokokken im Rachenabstrich

0 ∼2,5%
1 ∼6–7%
2 ∼15%
3 ∼30–35%
4 ∼50–60%

Centor-Score (Rechner)

Modifizierter Centor-Score (McIsaac-Score): Geeignet für Patienten ≥3 Jahre

Symptome Punkte
Körpertemperatur (in der Anamnese) >38 °C 1
Kein Husten 1
Zervikale Lymphknotenschwellung 1
Tonsillenschwellung oder -exsudat 1
Alter 3–14 Jahre 1
Alter 15–44 Jahre 0
Alter ≥45 Jahre -1
Modifizierter Centor-Score (McIsaac-Score)

Punktsumme

Wahrscheinlichkeit: β-hämolysierende Streptokokken im Rachenabstrich

-1 oder 0 1%
1 10%
2 ∼17%
3 ∼35%
4 oder 5 ∼50%

McIsaac-Score (Rechner)

Vorgehen NACH akuter β-hämolysierender Streptokokken-A-Tonsillitis

Entgegen der weit verbreiteten Auffassung gilt nach aktueller Leitlinie die Empfehlung:

  • Keine routinemäßigen Verlaufskontrollen des Rachenabstrichs
  • Keine routinemäßigen Blut- und Urinuntersuchung oder kardiologische Diagnostik (EKG)

Pathologietoggle arrow icon

Histologische Grundlagen: Tonsillae palatinae (Gaumenmandeln) [1][2]

Aufbau

Funktion

Akute Tonsillitis

Rezidivierende akute Tonsillitis

  • Wiederholte akute Tonsillitiden führen zur
    • Fibrosierung der Tonsille
    • Ausbreitung der Entzündung auf das Peritonsillargewebe („Peritonsillitis“)
    • Fixierung der Tonsille in ihrem Bett: fehlende Luxierbarkeit
  • Tonsillengröße hat kaum Bedeutung im Hinblick auf die Diagnose einer rezidivierenden akuten Tonsillitis

Differenzialdiagnosentoggle arrow icon

Klassische Form der akuten Tonsillitis

Erreger/Ätiologie Lokalbefund Klinische Besonderheiten

Akute Tonsillitis

(Angina tonsillaris)

  • Angina catarrhalis (Rötung und Schwellung der Tonsillen ohne Beläge)
  • Angina follicularis (gelb-weißliche Stippchen)
  • Angina lacunaris (größere, fleckartige Beläge)
  • Variable Klinik
  • Eine reine Tonsillitis ohne Pharyngitis liegt selten vor

Häufige Differenzialdiagnosen der akuten Tonsillitis

Erreger/Ätiologie Lokalbefund Klinische Besonderheiten

Akute Pharyngitis [3]

  • Erregerspektrum wie Angina tonsillaris
  • Variable Klinik
Seitenstrangangina
  • Erregerspektrum wie Angina tonsillaris
  • Rötung der Plica salpingopharyngea (enthält die sog. Seitenstränge)
  • Gerötete granulierende Rachenschleimhaut
  • Ggf. eitrige Stippchen
  • Variable Klinik
  • Sonderform der (Tonsillo‑)Pharyngitis
  • Vor allem bei bereits tonsillektomierten Patienten

Herpangina

(Zahorsky-Krankheit)

  • Herpesähnliche Bläschen (multiple kleine Bläschen mit rotem Hof) im gesamten Rachenraum und an den Tonsillen
  • Besonders betroffen: Vordere Gaumenbögen
  • Im Verlauf fibrinbedeckte Ulzerationen
  • Grippeartiger Verlauf mit reduziertem Allgemeinzustand
  • Hohes Fieber
  • Hals- und Schluckschmerzen
  • Häufig im Schul- und Jugendalter (meist im Sommer) [5]
  • Therapie: Symptomatisch
Angina durch Infektiöse Mononukleose
Tonsillenhyperplasie
  • Meist beidseitig
  • Keine Beläge

Sonderformen der akuten Tonsillitis

Erreger/Ätiologie Lokalbefund Klinische Besonderheiten
Angina agranulocytotica
Angina durch Candida albicans
  • Entzündung der Mundschleimhaut und der Tonsillen mit weißlichen, abstreifbaren Belägen („Soor“)
Tonsillitis bei Tuberkulose
  • Verkäsende, ulzerierende Gaumentonsillen (flache Ulzera mit granulierenden Rändern)
  • Sehr selten

Angina specifica (Tonsillen-Lues)

  • Stadium 1: Bläschen in der Mundhöhle, ulzeriert im Verlauf
  • Stadium 2: Schwellung und rote Verfärbung der Tonsillen, kleine dunkelrote Enantheme, später Papeln
  • Stadium 3: Schmerzloses Gumma
Mandel- bzw. Rachen-Diphtherie
  • Angina tonsillaris mit Pseudomembranen
  • Entzündung überschreitet meist Tonsillen und blutet leicht
  • Faulig-süßlicher Mundgeruch
Angina Plaut-Vincenti
  • Ausgeprägter Lokalbefund
  • Meist einseitige ulzeröse Veränderung der Gaumenmandel mit Schluckbeschwerden
  • Starker Foetor ex ore

Weitere Differenzialdiagnosen

Erreger/Ätiologie Lokalbefund Klinische Besonderheiten

Angina Ludovici

Peritonsillarabszess

  • Häufig aerob-anaerobe Mischinfektion
  • Meist einseitiger Befund
  • Asymmetrie bei Inspektion mit Verdrängung der Uvula zur Gegenseite
  • Schwellung lateral der Gaumenmandel mit Verlagerung derselben nach medial
  • Kurz vor Spontanperforation durchschimmernder Abszess
  • Rasch progrediente Schluckschmerzhaftigkeit bis zur Schluckunfähigkeit
  • Kloßige Sprache
  • Eingeschränkte Mundöffnung, Schmerzen beim Kauen

Malignom

(insb. Lymphom)

  • Meist einseitige Schwellung

Eine sichere Differenzierung zwischen viraler und bakterieller Genese der Tonsillitis kann nur unter Berücksichtigung von anamnestischen Angaben, klinischen Symptomen und Laborbefunden erfolgen!

Siehe auch: Sonderformen und Differenzialdiagnosen der Angina tonsillaris

AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Therapietoggle arrow icon

Konservativ

Wird klinisch eine EBV-Tonsillitis mit einer bakteriellen Tonsillitis verwechselt und fälschlicherweise ein Aminopenicillin gegeben, wird dadurch häufig ein Arzneimittelexanthem ausgelöst!

Operativ

Postoperativ dürfen aufgrund des Blutungsrisikos keine gerinnungshemmenden Schmerzmedikamente wie Acetylsalicylsäure (ASS) gegeben werden!

Konservatives Managementtoggle arrow icon

Symptomatische Therapie der akuten Tonsillitis

Wird klinisch eine EBV-Tonsillitis mit einer bakteriellen Tonsillitis verwechselt und fälschlicherweise ein Aminopenicillin gegeben, kann dadurch ein Arzneimittelexanthem ausgelöst werden!

Antibiotikatherapie bei Streptokokken-Tonsillopharyngitis [1]

Der Spontanverlauf der akuten nicht-obstruierenden Tonsillopharyngitis ist i.d.R. günstig, mit und ohne Nachweis von β-hämolysierenden Streptokokken. Die Indikation einer Antibiotikatherapie sollte daher kritisch gestellt und dabei folgende Punkte bedacht werden.

Penicillin V (z.B. Infectocillin®)

  • Indikation: Mittel der 1. Wahl
  • Darreichungsformen
    • Saft
    • Trinktabletten
    • Tabletten
  • Dosierungsempfehlungen
    • Zugelassen ab dem Geburtsalter (nicht zugelassen für Frühgeborene)
    • Kinder 3–14 Jahre [2]
    • Kinder ≥15 Jahre und Erwachsene
  • Zu beachten

Benzathin-Penicillin V (Phenoxymethylpenicillin-Benzathin) (z.B. Infectobicillin®)

  • Indikation: Alternative (nur bei Kindern von 3–14 Jahre empfohlen)
  • Darreichungsform Saft
  • Dosierungsempfehlungen
    • Zugelassen ab dem Geburtsalter (nicht zugelassen für Frühgeborene)
    • Kinder 3–14 Jahre
  • Zu beachten

Cephalosporin der 1. Generation (z.B. Cefadroxil) (z.B. Grüncef®, Cefadroxil Hexal®)

  • Indikation: Bei Therapieversagen von Penicillin V, häufigen Rezidiven oder Indikationen, die einer zuverlässigen Eradikation von β-hämolysierenden Streptokokken bedürfen
  • Darreichungsformen
    • Saft
    • Tabletten
  • Dosierungsempfehlungen
    • Zugelassen ab dem Alter von 28 Lebenstagen
    • Kinder 3–14 Jahre
    • Kinder ≥15 Jahre und Erwachsene
  • Zu beachten

Clindamycin (z.B. Sobelin®)

  • Indikation: Bei Penicillinallergie (1. Wahl) [1][7] [6]
  • Darreichungsformen
    • Saft
    • Tabletten
    • Injektionslösung
  • Dosierungsempfehlungen:
    • Zugelassen ab dem Alter von 1 Monat
    • Orale Applikation
      • Kinder 1 Monat–12 Jahre
      • Kinder ≥13 Jahre und Erwachsene
    • Intravenöse Applikation
      • Kinder 1 Monat–12 Jahre
      • Kinder ≥13 Jahre und Erwachsene
  • Zu beachten

Azithromycin (z.B. Zithromax®) [7][8]

  • Indikation: Bei Penicillinallergie (2. Wahl)
  • Darreichungsformen
    • Saft
    • Tabletten
    • Injektionslösung (keine Zulassung für Kinder!)
  • Dosierungsempfehlung
    • Zugelassen ab dem Alter von 3 Monaten
    • Kinder 3 Monate–12 Jahre
    • Kinder >45 kgKG und Erwachsene
  • Zu beachten

Clarithromycin (z.B. Klacid®, Clarithromycin-Hikma®) [7][9]

  • Indikation: Bei Penicillinallergie (2. Wahl)
  • Darreichungsformen
    • Suspension
    • Tabletten
    • Injektionslösung
    • CAVE: Im Kindesalter nur orale Applikation!
  • Zulassung: Orale Applikation zugelassen ab dem Geburtsalter (für Frühgeborene nicht zugelassen), intravenöse Applikation zugelassen ab 18 Jahre
  • Dosierungsempfehlung
    • Kinder ab Geburt12 Monate
    • Kinder >1–12 Jahre
    • Kinder >12 Jahre und Erwachsene
  • Zu beachten

Erythromycin (z.B. Infectomycin®) [7]

  • Indikation: Bei Penicillinallergie im Kindes- und Jugendalter
  • Darreichungsformen
    • Orale Applikation als Saft , Tabletten oder Granulat
    • Intravenöse Applikation nach Aufbereitung der Trockensubstanz zur Infusion
  • Zulassung: Ab dem Geburtsalter
  • Dosierungsempfehlung
    • Orale Applikation
      • Kinder 3 Monate–12 Jahre
      • Kinder >12 Jahre und Jugendliche
    • Intravenöse Applikation
      • Kinder 3 Monate–12 Jahre
      • Kinder >12 Jahre und Jugendliche
  • Zu beachten
    • Nicht anzuwenden bei Allergie gegen den Wirkstoff, andere Makrolidantibiotika oder andere Bestandteile sowie bei schwerer Leber- oder Niereninsuffizienz, QT-Verlängerung, Hypokaliämie
    • Nicht anzuwenden bei gleichzeitiger Einnahme von Ticagrelor, Ranolazin, Ergotamin-Derivaten, Midazolam, Statinen oder QT-Zeit-verlängernden Medikamenten
    • Ab Serum-Kreatinin ≥2,0 mg/dL bei Jugendlichen >14 Jahre und Erwachsenen: Dosisreduktion bis Tagesmaximaldosis 2 g
    • Bei Anwendung in den ersten Lebenswochen: Möglicherweise erhöhtes Pylorusstenosenrisiko, regelmäßige kinderärztliche Kontrolle und Aufklärung der Eltern
    • I.v. Applikation als langsame Kurzinfusion vermindert Phlebitisrisiko
    • Bei Übelkeit und Erbrechen: Antiemetikagabe möglich
    • Erythromycin stearat wird aufgrund der deutlich schlechteren Verträglichkeit kaum verwendet

Nicht empfohlen werden

Bei Beschwerdepersistenz >48 h nach Beginn der Antibiotikatherapie

Die Beratung von Patienten bzw. Eltern ist wichtig für die Compliance und den Therapieerfolg: Eine Symptombesserung ist nicht gleichbedeutend mit einer Bakterienelimination; daher sollte die Therapie immer bis zum Ende fortgeführt werden!

Operatives Managementtoggle arrow icon

Tonsillektomie (TE)

Indikationen [1][10]

  • Rezidivierende akute Tonsillitis
    • Entscheidungsgrundlage
      • Zahl der Episoden in den letzten 12 Monate
        • <3 Episoden: Tonsillektomie ist keine Option
        • 3–5 Episoden: Tonsillektomie ist eine mögliche Option, wenn sich innerhalb der nächsten 6 Monate weitere Episoden ereignen sollten und die Zahl 6 (innerhalb von 12 Monaten) erreicht wird
        • ≥6 Episoden: Tonsillektomie ist eine therapeutische Option
    • Paradise-Kriterien (obsolete Kriterien zur Indikationsstellung der TE bei rezidivierender akuter Tonsillitis)
      • ≥7 Episoden im vorausgegangenen Jahr oder
      • ≥5 Episoden in jedem der beiden vorausgegangenen Jahre oder
      • ≥3 Episoden in jedem der drei vorausgegangenen Jahre
      • Eine Tonsillitisepisode wird hier wie folgt definiert
  • Weitere Indikationen (unabhängig vom Vorliegen einer rezidivierenden akuten Tonsillitis) [10]

Operatives Vorgehen

Postoperative Beschwerden und Komplikationen nach Tonsillektomie [2]

Eine Tonsillektomie sollte aufgrund des Nachblutungsrisikos stets stationär erfolgen! Die Möglichkeit, zeitnah chirurgisch intervenieren zu können, ist lebenswichtig!

Jede Nachblutung bedarf einer Krankenhauseinweisung mittels RTW! Auch eine initial leichtgradige Blutung kann innerhalb kurzer Zeit dramatisch werden. Das Legen eines i.v. Zugangs und das Bereitstellen von Blutkonserven sollte immer sofort erfolgen!

Postoperativ dürfen aufgrund des Blutungsrisikos keine gerinnungshemmenden Schmerzmedikamente wie Acetylsalicylsäure (ASS) gegeben werden!

Tonsillotomie (TT) [1]

Klassifikation der Tonsillengröße nach Brodsky
Brodsky-Grad Einengung des Oropharynxdurchmessers um
0 0%
1 <25%
2 <50%
3 <75%
4 >75%

Indikationen

Trotz zahlreicher Vorteile dieses Verfahrens wird die Tonsillotomie insgesamt immer noch seltener durchgeführt als die Tonsillektomie.

  • Rezidivierende akute Tonsillitis: Tonsillengröße >Brodsky-Grad 1
    • Entscheidungsgrundlage
      • Zahl der Episoden in den letzten 12 Monate
        • <3 Episoden: Tonsillotomie ist keine Option
        • 3–5 Episoden: Tonsillotomie ist eine mögliche Option, wenn sich innerhalb der nächsten 6 Monate weitere Episoden ereignen sollten und die Zahl 6 (innerhalb von 12 Monate) erreicht wird
        • ≥6 Episoden: Tonsillotomie ist eine therapeutische Option
  • Massive Tonsillenhyperplasie („kissing tonsils“)
    • Auftreten insbesondere im Kindesalter
    • Indikationskriterien in der klinischen Praxis [2]
      • Obstruktion der Atemwege durch extreme Tonsillenhypertrophie mit daraus resultierender alveolärer Hypoventilation
      • Gestörtes kraniofaziales (oder Zahn‑)Wachstum infolge Atemwegsobstruktion
      • Obstruktives Schlafapnoesyndrom (sog. OSAS) ggf. mit daraus folgender Tagesmüdigkeit
      • Gedeih- und Entwicklungsstörung durch Schluckbeeinträchtigung

Weitere Aspekte

  • Eine Altersbeschränkung für die TT lässt sich nicht rechtfertigen
  • Stattgehabte Tonsillitiden sind keine Kontraindikation [10]
  • Trotz inkompletter Tonsillenentfernung zeigt sich keine niedrigere Reduktionsrate der Halsschmerzepisoden bei jugendlichen Erwachsenen im Vergleich zur TE
  • Abszedierungen im verbleibenden Tonsillengewebe sind nicht typisch
  • Rezidive von Tonsillenhyperplasie oder Tonsillitiden innerhalb des ersten postoperativen Jahres <10%

Operatives Vorgehen

  • Es stehen unterschiedliche Methoden zur Teilentfernung (Volumenreduktion) der Gaumenmandel zur Verfügung, bei denen die Tonsillenkapsel erhalten bleibt. Die Überlegenheit eines bestimmten Verfahrens war bisher nicht nachweisbar.
    • Tonsillotomie (TT)
    • Subtotale/intrakapsuläre/partielle Tonsillektomie (SIPT)
    • Radiofrequenz-induzierte Thermotherapie (RFITT) und Tonsillenablation (TA)

Vorteile der Tonsillotomie gegenüber der Tonsillektomie

  • Kürzere OP-Zeit
  • Geringerer intraoperativer Blutverlust
  • Kürzeres Zeitintervall bis zum Kostaufbau
  • Geringere postoperative Schmerzen und kürzerer Zeitraum der Analgetikaeinnahme
  • Niedrigere postoperative Komplikationsrate (wie Dehydratation, revisionspflichtige Blutungen)

Eine Tonsillotomie sollte aufgrund des Nachblutungsrisikos stets stationär erfolgen! Die Möglichkeit, zeitnah chirurgisch intervenieren zu können, ist lebenswichtig!

Jede Nachblutung bedarf einer Krankenhauseinweisung mittels RTW! Auch eine initial leichtgradige Blutung kann innerhalb kurzer Zeit dramatisch werden. Das Legen eines i.v. Zugangs und das Bereitstellen von Blutkonserven sollte immer sofort erfolgen!

Postoperativ dürfen aufgrund des Blutungsrisikos keine gerinnungshemmenden Schmerzmedikamente wie Acetylsalicylsäure (ASS) gegeben werden!

Komplikationentoggle arrow icon

Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

Prognosetoggle arrow icon

Meldepflichttoggle arrow icon

Gemäß dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) besteht keine bundesweite Meldepflicht für die Tonsillitis im Allgemeinen. Es gibt jedoch eine amtliche Meldepflicht für einige Situationen und Erreger.

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Patienteninformationentoggle arrow icon

Kodierung nach ICD-10-GM Version 2023toggle arrow icon

J03.-: Akute Tonsillitis

J35.-: Chronische Krankheiten der Gaumenmandeln und der Rachenmandel

Tonsillitis-Sonderformen

Akute Pharyngitis

Chronische Pharyngitis

J36: Peritonsillarabszess

Mundbodenphlegmone

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2023, DIMDI.

Quellentoggle arrow icon

  1. S2k-Leitlinie Therapie entzündlicher Erkrankungen der Gaumenmandeln – Tonsillitis.Stand: 1. August 2015. Abgerufen am: 11. August 2016.
  2. Hoppe, Knuf:Tonsillektomie und Tonsillotomie. HNO-ärztliche und pädiatrische SichtIn: Monatsschrift Kinderheilkunde. Band: 160, 2012, doi: 10.1007/s00112-012-2806-2 . | Open in Read by QxMD p. 1251-1264.
  3. Reiß: Facharztwissen HNO-Heilkunde: Differenzierte Diagnostik und Therapie. 1. Auflage Springer 2009, ISBN: 978-3-540-89440-7.
  4. Wigger, Stange: Medikamente in der Pädiatrie: Inklusive Neonatologie/ Intensivmedizin. 4. Auflage Urban & Fischer 2013, ISBN: 3-437-21454-3.
  5. S2K-Leitlinie Antibiotikatherapie bei HNO-Infektionen.Stand: 1. November 2019. Abgerufen am: 17. September 2020.
  6. Fachinformation - Zithromax Trockensaft.. Abgerufen am: 5. November 2021.
  7. Fachinformation - Klacid Saft 125mg/5ml bis 20 kg.. Abgerufen am: 5. November 2021.
  8. Mayatepek: Pädiatrie. 1. Auflage Urban & Fischer 2007, ISBN: 3-437-43560-4.
  9. Zepp et al.: PädiatrieUpdate: Handbuch Pädiatrie 2016. Med Publico 2016, ISBN: 978-3-863-02300-3.
  10. Wolf et al.:Lymphocyte–White Blood Cell Count Ratio A Quickly Available Screening Tool to Differentiate Acute Purulent Tonsillitis From Glandular FeverIn: Archives of Otolaryngology Head and Neck Surgery. Band: 133, Nummer: 1 , 2006, doi: 10.1001/archotol.133.1.61 . | Open in Read by QxMD p. 61-64.
  11. Strutz et al.: Praxis der HNO-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie. 2. Auflage Thieme 2009, ISBN: 978-3-131-16972-3.
  12. Berner et al.: DGPI-Handbuch: Infektionen bei Kindern und Jugendlichen. 6 . Auflage Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) 2013, ISBN: 978-3-131-44716-6.
  13. Leitlinie Halsschmerzen.Stand: 1. Oktober 2009. Abgerufen am: 15. August 2016.
  14. Zenner: Praktische Therapie von HNO-Krankheiten . Schattauer 2008, ISBN: 3-794-52264-8.
  15. Hahn: Checkliste Innere Medizin. 7. Auflage Thieme 2013, ISBN: 978-3-131-07247-4.
  16. Reineke et al.: Facharztprüfung Hals-Nasen-Ohrenheilkunde: 1000 kommentierte Prüfungsfragen. 1 . Auflage Thieme 2007, ISBN: 3-131-43821-5.
  17. Stuck et al.:Die Tonsillektomie im KindesalterIn: Deutsches Ärzteblatt. Band: 105, Nummer: 49, 2008, doi: 10.3238/arztebl.2008.0852 . | Open in Read by QxMD p. 852-860.
  18. Herold et al.: Innere Medizin 2020. Herold 2020, ISBN: 978-3-981-46609-6.

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