Abstract
Das Zervixkarzinom ist weltweit(!) das zweithäufigste gynäkologische Karzinom der Frau (nach dem Mammakarzinom). In Deutschland ist durch die Einführung von Früherkennungsmaßnahmen die Inzidenz jedoch deutlich zurückgegangen. Die überwiegende Zahl der Zervixkarzinome sind Plattenepithelkarzinome, die meist auf dem Boden einer Infektion mit High-Risk-Typen der humanen Papillomaviren (HPV) entstehen. Die wichtigsten Risikofaktoren sind daher auch die HPV-Infektion sowie Faktoren, die eine HPV-Infektion begünstigen wie früher erster Geschlechtsverkehr, häufig wechselnde Geschlechtspartner und unzureichende Genitalhygiene.
Der Entwicklung eines Zervixkarzinoms gehen Karzinomvorstufen, sog. zervikale intraepitheliale Neoplasien (CIN), voraus, die sich i.d.R. gut im Rahmen der Früherkennung mittels Abstrichzytologie erkennen lassen. Diese sog. Pap-Abstriche werden in Deutschland im Rahmen der Krebsfrüherkennungsuntersuchung jährlich ab dem 20. Lebensjahr empfohlen. Seit wenigen Jahren ist zu dieser Präventionsmaßnahme eine Impfung gegen die wichtigsten HPV-Typen hinzugekommen, die von der STIKO für Mädchen und Jungen im Alter von 9 bis 14 Jahren empfohlen wird.
Der Früherkennung und Prävention kommen beim Zervixkarzinom eine besondere Bedeutung zu, da die Erkrankung i.d.R. keine Frühsymptome zeigt. Erst im fortgeschrittenen Stadium treten vaginale Blutungen oder Schmerzen im Beckenbereich auf. Diagnostisch ist neben der Abstrichzytologie die Kolposkopie von großer Bedeutung. Wird dabei eine höhergradige CIN festgestellt, kann eine Heilung mittels Konisation erreicht werden. Die Therapie des manifesten Zervixkarzinoms erfolgt abhängig von der FIGO-Klassifikation und dem Lymphknotenstatus entweder operativ oder per kombinierter Radio(chemo)therapie.
Epidemiologie
- Weltweit (Stand 2012) [1]
-
Inzidenz
- Vierthäufigstes Karzinom der Frau
- Zweithäufigstes gynäkologisches Karzinom der Frau
-
Inzidenz
- Deutschland (Stand 2012) [1][2][3]
-
Inzidenz: 11:100.000 Frauen pro Jahr
- Zwölfthäufigstes Karzinom der Frau
- Vierthäufigstes gynäkologisches Karzinom der Frau
-
Prävalenz: Etwa 4600 Erkrankungsfälle (2012)
- Schwergradige Präkanzerosen: Ca. 1% aller Frauen [4]
- Mittleres Erkrankungsalter: 55 Jahre [3]
- Stadium bei Diagnosestellung: In >85% der Fälle erfolgt die Erstdiagnose im Stadium T1 oder T2
-
Inzidenz: 11:100.000 Frauen pro Jahr
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
Die Entstehungsursachen des Zervixkarzinoms sind nicht eindeutig geklärt. Bisher sind zahlreiche genetische und nicht-genetische Risikofaktoren bekannt, sodass von einer multifaktoriellen Genese ausgegangen werden kann.
Risikofaktoren
Humane Papillomaviren können bei nahezu allen malignen Veränderungen an der Zervix nachgewiesen werden und sind damit der Hauptrisikofaktor für Zervixkarzinome. Die Erkrankung steht somit in engem Zusammenhang mit Geschlechtsverkehr, da es vorwiegend auf diesem Wege zu einer HPV-Infektion kommen kann. Daneben gehen Präkanzerosen und Dysplasien immer mit dem Risiko der Entstehung eines invasiven Karzinoms einher.
- Hauptrisikofaktoren
- Infektion mit High-Risk-HPV-Typen (16, 18, 31, 33, 35, 39, 45, 51, 52, 56, 58, 59) → >95% aller Zervixkarzinome sind HPV-positiv
- Präkanzerosen/Dysplasien (zervikale intraepitheliale Neoplasien und Carcinoma in situ)
- Weitere Risikofaktoren
- Früher erster Geschlechtsverkehr
- Promiskuität
- Orale Kontrazeptiva (Langzeiteinnahme) [3]
- Schlechte Genitalhygiene und andere Genitalinfektionen (Herpes simplex, Chlamydien)
- Niedriger sozioökonomischer Status
- Rauchen
- Immunsuppression, z.B. durch HIV
- Genetische Variationen
Klassifikation
Klassifikation des invasiven Zervixkarzinoms nach TNM und FIGO (International Federation of Gynecology and Obstetrics)
Die Einteilung des invasiven Zervixkarzinoms erfolgt v.a. auf Basis der TNM-Klassifikation. Die Einteilung nach FIGO ist optional, bildet jedoch die Grundlage für die Therapieentscheidung. Im Großen und Ganzen kann man ausschließlich histologisch sichtbare mikroinvasive Tumoren (bis Stadium T1a2) von makroinvasiven Tumoren (ab Stadium T1b) unterscheiden.
TNM-Klassifikation (FIGO-Stadium) | Tumorausbreitung |
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Tis |
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T1 (FIGO I) | |
T2 (FIGO II) | |
T3 (FIGO III) |
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T4 (FIGO IVA) | |
M1 (FIGO IVB) |
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N1 |
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Die FIGO-Stadien entsprechen beim Zervixkarzinom weitestgehend den T-Stadien der TNM-Klassifikation!
Stadieneinteilung der UICC (Union for International Cancer Control)
Die Stadieneinteilung des Zervixkarzinoms erfolgt anhand der UICC-Stadien. Für das therapeutische Vorgehen hat diese Einteilung jedoch keine Konsequenz.
UICC-Stadium | TNM-Klassifikation | ||
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0 |
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I | IA | IA1 |
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IA2 | |||
IB | IB1 |
| |
IB2 | |||
II | IIA | IIA1 |
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IIA2 | |||
IIB | |||
| |||
III | IIIA |
| |
IIIB |
| ||
IV | IVA |
| |
IVB |
|
Bis zum UICC-Stadium IIIA entspricht das Stadium immer der T-Klassifikation ohne Lymphknoten- oder Fernmetastasen!
Klassifikation und Differentialtherapie präinvasiver Läsionen (CIN)
Zervikale intraepitheliale Neoplasie (CIN)
Die zervikale intraepitheliale Neoplasie (CIN) ist der Vorläufer eines invasiven Zervixkarzinoms. Die Einteilung erfolgt anhand der Zervixzytologie nach Papanicolaou (Pap-Abstrich) und anhand des Biopsiebefundes histologisch nach der CIN-Klassifikation der zervikalen intraepithelialen Neoplasien.
CIN-Klassifikation (Histologie) | Dysplasiegrad | Bethesda-System (Zytologie) | Münchner Nomenklatur III (Zytologie) | Konsequenz [5] |
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CIN 1 |
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CIN 2 |
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CIN 3 |
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Eine zervikale intraepitheliale Neoplasie (CIN) kann bereits im frühen Erwachsenenalter auftreten!
Therapeutische Optionen
Gemäß der Münchner Nomenklatur III wäre bei Vorliegen einer CIN 1 oder CIN 2 zunächst ein abwartendes Verhalten mit regelmäßigen Kontrollen indiziert. Bei Befundpersistenz oder Vorliegen einer CIN 3 wird hingegen eine operative Maßnahme notwendig. Durch die komplette Entfernung des präkanzerösen Gewebes kann eine CIN aber kurativ therapiert werden.
- Grundprinzip: Es gilt, das präkanzeröse Gewebe vollständig zu entfernen unter größtmöglichem Erhalt des gesunden Gewebes
- Vorgehen: Zytologie und Differentialkolposkopie mit Biopsie (Portio-PE) zur korrekten Indikationsstellung in Abhängigkeit der Befundausbreitung
- Therapieoptionen
- Exzisionsverfahren: Konisation
- Goldstandard: Schlingenexzision und Laserexzision
- Messerkonisation
- Ablationsverfahren: Laservaporisation
- Exzisionsverfahren: Konisation
Konisation
- Indikation
- Vorbereitung: Darstellung der Portio über Spekulumeinstellung und Markierung des zu entfernenden Gewebes mittels Schiller-Iodprobe
- Durchführung: Entnahme eines Gewebekegels (Konus) aus der Zervix, der das gesamte veränderte (jodnegative) Gewebe der Portiooberfläche und des Zervikalkanales enthält
- Vorgehen: Exzision mittels elektrischer Schlinge (Goldstandard ), alternativ Messer- oder Laserkonisation
-
Transformationszone muss vollständig entfernt werden
- Prämenopausal: Transformationszone auf der Portio (ektozervikal) → Flacher Konus
- Postmenopausal: Transformationszone im Zervikalkanal (endozervikal) → Steiler Konus
-
Transformationszone muss vollständig entfernt werden
- Komplikationen
- (Nach‑)Blutung
- Sterilität aufgrund narbiger Verwachsung des Zervikalkanals
- Zervixinsuffizienz in der Schwangerschaft
- Postoperatives Management
- Wundtamponade für 24 h
- Wundheilungsdauer ca. 6 Wochen
- Befundkontrolle mittels Zytologie und Kolposkopie nach ca. 6 Monaten
Laservaporisation
- Indikation: CIN 1 (–2) der Ektozervix
- Wichtig: Diagnostik muss komplett abgeschlossen sein → Keine histologische Aufarbeitung möglich
- Vorbereitung: Darstellung der Portio über Spekulumeinstellung und Markierung des zu entfernenden Gewebes mittels Schiller-Iodprobe und Essigsäureprobe
- Durchführung: Gewebeablation durch Hitze (Vaporisation)
- Kontraindikation: Ausbreitung in nicht beurteilbare Bereiche (Übergang Endo- zu Ektozervix)
- Postoperatives Management
- Wundheilung ca. 6 Wochen
- Befundkontrolle mittels Zytologie und Kolposkopie nach ca. 6 Monaten
Pathophysiologie
Der Entstehung des Zervixkarzinoms geht in nahezu allen Fällen eine Infektion mit einem High-Risk-HPV-Typ voraus .
- Karzinomentstehung: Infektion mit High-Risk-HPV-Typen (nahezu ausschließlich über Geschlechtsverkehr) → Örtliche Infektion der Stammzellen der Basalzellschicht → Proliferation und Auswanderung einiger virusinfizierter Tochterzellen in die suprabasale Zellschicht → Dysregulation des Zellzyklus und Stimulation der Zellproliferation durch HPV → Weitere Faktoren, die die Ausheilung der Infektion verhindern → Entstehung präinvasiver Läsionen (zervikale intraepitheliale Neoplasien) → Karzinomentstehung
- Latenzzeit vom Übergang einer präinvasiven in eine invasive Läsion: I.d.R. mehrere Jahre bis Jahrzehnte [6]
- Prädilektionsstelle: Transformationszone
Symptome/Klinik
- Frühstadium (CIN und frühes Zervixkarzinom): I.d.R. asymptomatisch oder nur geringe Symptomatik
- Fortgeschrittenes Karzinom
- Vaginale Blutungen
- Kontaktblutungen (Kohabitationsblutungen)
- Zwischenblutungen (Metrorrhagien)
- Schmierblutungen
- Postmenopausale Blutungen
- Fluor: Übelriechender, z.T. blutiger vaginaler Ausfluss
- Hydronephrose: Harnstau durch Komprimierung der Harnleiter (FIGO III)
- Lymphödem: Kompression von Venen oder Lymphgefäßen im Becken mit Stauungssymptomen im Bein
- Schmerzen: Meist lumbosakral ausstrahlende Unterleibsschmerzen
- Miktions-/Defäkationsbeschwerden
- Vaginale Blutungen
Diagnostik
Anamnese
- Typische Symptome (vaginale Blutungen, auffälliger Fluor vaginalis, Spätsymptome)
- Risikofaktoren (Promiskuität, Geschlechtskrankheiten, Immunsuppression, bekannte HPV-Infektion, Rauchen, schlechte Genitalhygiene)
- Letzte Vorsorgeuntersuchung (Zeitpunkt, auffällige Histologie oder Zytologie in der Vorgeschichte)
- Kinderwunsch (bzw. Schwangerschaft, Menopausenstatus)
Gynäkologische Untersuchung
Spekulumeinstellung
- Darstellung und makroskopische Beurteilung der Portio
- Mögliche suspekte Befunde: Makroskopisch sichtbares Tumorgewebe, Leukoplakien, Ulzerationen, Erosionen, Kondylome als Hinweis auf eine HPV-Infektion
Zytologie (Gynäkologische Abstrichentnahme)
- Entnahme eines Pap-Abstrichs
- 1. Abstrich von der Portiooberfläche (insb. von suspekten Arealen, falls vorhanden)
- 2. Abstrich aus dem Zervikalkanal
- Allgemeine Beurteilungskriterien
- Kernmorphologie (z.B. polymorph- oder mehrkernig, Mitosefiguren, Chromatinveränderungen)
- Auffälligkeiten im Zytoplasma (z.B. Vakuolen, Anisozytose)
- Verschiebung der Kern-Plasma-Relation (großer Kern mit geringem Plasmasaum)
- Mögliche suspekte/pathologische Befunde
- Koilozyten: HPV-befallene, morphologisch veränderte Plattenepithelzellen
- Pap III-V (siehe: Münchner Nomenklatur III)
- Zusätzlich mögliche Diagnostik: HPV-Test (siehe: Prävention des Zervixkarzinoms)
Die Portio uteri darf nicht unmittelbar vorher berührt worden sein, deswegen sollte die Palpation erst nach(!) der Abstrichentnahme erfolgen!
Bimanuelle Palpation und rektovaginale Untersuchung
- Beurteilung von
- Mobilität des Uterus: Portioverschieblichkeit, Portioschiebeschmerz
- Palpable Raumforderung: Primärtumor, auffällige Parametrien oder Beckenwände
Kolposkopie
- Beurteilung der Transformationszone der Portio uteri
- Essigsäureprobe: Minderung der Portiodurchblutung und Koagulation des Zervixschleims zur besseren Beurteilung der Portiooberfläche
- Mögliche suspekte/pathologische Befunde: Nachweis atypischer Zellen (essigweiße Bezirke), z.B. bei HPV-Befall
- Schiller-Iodprobe: Anfärbung des glykogenreichen, physiologischen Plattenepithels mit Iod
- Mögliche suspekte/pathologische Befunde: Iodnegative Bezirke (atypische Epithelzellen)
- CAVE: Auch physiologisches Zylinderepithel zeigt sich iodnegativ, wodurch dieser Befund typisch, aber nicht beweisend für eine Dysplasie ist!
- Mögliche suspekte/pathologische Befunde: Iodnegative Bezirke (atypische Epithelzellen)
- Essigsäureprobe: Minderung der Portiodurchblutung und Koagulation des Zervixschleims zur besseren Beurteilung der Portiooberfläche
- Mögliche suspekte/pathologische Befunde
- Exophytisch wachsender Tumor, der bei Berührung leicht blutet
- Punktierung bzw. atypische, evtl. korkenzieherartige Gefäße
- Mosaik- oder netzartige Felderung
- Keratosen
- Kondylome (Hinweis auf HPV-Infektion)
- Vorgehen bei auffälligem Befund: Portio-PE
Zum Vergleich: Normalbefund
Staging-Diagnostik bei invasivem Zervixkarzinom
- Labor
- Übliche prätherapeutische Laboruntersuchung (BB, Elektrolyte, Gerinnung) in Abhängigkeit von Begleiterkrankungen und Therapieoptionen, plus:
- Nierenwerte (Kreatinin, Clearance)
- Leberwerte (Transaminasen, AP, γ-GT)
- CRP
- Prätherapeutische Bestimmung von Tumormarkern
- Plattenepithelkarzinom: SCC
- Adenokarzinom: CEA und CA-125
- Übliche prätherapeutische Laboruntersuchung (BB, Elektrolyte, Gerinnung) in Abhängigkeit von Begleiterkrankungen und Therapieoptionen, plus:
- Ausbreitungsdiagnostik
- Gynäkologische Untersuchung mit Spekulumeinstellung und bimanueller vaginaler und rektaler Tastuntersuchung
- Transvaginale Sonographie: Eindringtiefe des Tumors inkl. Beurteilung der Umgebungsstrukturen (z.B. Blasenwand)
-
Sonographie der Nieren: Hydronephrose?
- Ggf. weiterführende Maßnahmen wie i.v. Pyelographie
- Ggf. weiterführende Untersuchungen
- Zystoskopie und Rektoskopie: Ausschluss eines Tumoreinbruchs in Harnblase oder Rektum
- Palpatorische und sonographische Untersuchung der Skalenusregion: Lymphknotenbeurteilung ggf. mit Probenentnahme
- Bei endozervikalem Prozess: Kürettage von Zervix und Uterus, evtl. mit Hysteroskopie
- MRT-Becken: Zur Beurteilung der lokoregionären Tumorausbreitung ab FIGO IB2 indiziert
- Ausschluss von Fernmetastasen
- CT-Thorax und -Abdomen ab FIGO IB2
- Alternativ: Röntgen-Thorax (2 Ebenen) und Lebersonographie (wird zunehmend verlassen)
- PET-CT: Nur bei Rezidivsituation oder persistierendem Karzinom und geplanter Salvage-Operation
- Operatives Staging mit intraoperativer Entscheidung
- Indikation: Ab FIGO IA1 mit mind. zwei Risikofaktoren (siehe: Therapierelevante Risikofaktoren des Zervixkarzinoms)
- Durchführung: I.d.R. laparoskopische Evaluation der lokoregionären Tumorausbreitung inkl. Lymphknotenentnahme vor der eigentlichen Therapie
- Ziel: Staging in Hinblick auf den Lymphknotenstatus (N0/N1) bzw. der Metastasierung (M0/M1) zur besseren Therapieplanung
- Beurteilung der pelvinen (iliakalen) Lymphknoten (N-Status)
- Beurteilung der paraaortalen Lymphknoten sowie Befall von Blase und Rektum (M-Status)
Nach erfolgter Diagnostik sollten alle Patientinnen mit Zervixkarzinom in einer interdisziplinären Tumorkonferenz vorgestellt und anschließend abteilungsübergreifend behandelt werden!
Pathologie
Das Zervixkarzinom entsteht meist in der Transformationszone als Plattenepithelmetaplasie des zervikalen Zylinderepithels . Die histopathologische Tumortypisierung erfolgt anhand der WHO-Klassifikation von 2014. [7]
-
Ca. 80% Plattenepithelkarzinome
- Ausgangsgewebe: Plattenepithel der Portio (ektozervikal) oder Plattenepithelmetaplasie des zervikalen Zylinderepithels im Bereich der Transformationszone (endo- oder ektozervikal )
- Wachstum: Exophytisch-blumenkohlartig, endophytisch-infiltrierend oder ulzerierend
- Histologische Subtypen: Häufig verhornend (=squamös), seltener nicht verhornend
- Ca. 20% Adenokarzinome (Inzidenz steigend )
- Ausgangsgewebe: Zervikales Zylinderepithel (endozervikal)
- Wachstum: Exophytisch, endophytisch oder ulzerierend
- Histologische Subtypen: Häufig muzinöse Tumoren vom endozervikalen, intestinalen oder endometrioiden Typ, seltener seröse oder klarzellige Tumoren
- Selten Mischformen (z.B. adenosquamös), neuroendokrine Tumoren oder klarzellige bzw. serös-papilläre Karzinome
Eine HPV-Infektion kann sowohl zum Plattenepithel- als auch zum Adenokarzinom führen!
Zum Vergleich: Normalbefunde
Therapie
Grundsätze der Therapieentscheidung
- Tumorkonferenz: Interdisziplinäre Therapieentscheidung in der Tumorkonferenz anhand des (operativen) Stagings und des histologisch gesicherten Tumors
- Das Zervixkarzinom wird auch weiterhin klinisch klassifiziert. Daher bildet die Diagnostik zunächst die Grundlage zur Entwicklung einer Therapiestrategie
- Individuelle Beratung und Therapieentscheidung: Vor jeder Therapieentscheidung ist eine ausführliche Aufklärung der Patientin über Krankheitssituation, Therapieoptionen und Therapieziele (palliativ vs. kurativ) sinnvoll
- Insb. in die Therapieplanung miteinzubeziehen sind ggf. folgende Faktoren
- Potenzieller Kinderwunsch
- Bestehende Schwangerschaft
- Menopausenstatus für die Entscheidung des Ovarerhalts
- Allgemeinzustand und Therapiefähigkeit (ECOG)
- Therapierelevante Risikofaktoren des Zervixkarzinoms
- Insb. in die Therapieplanung miteinzubeziehen sind ggf. folgende Faktoren
Therapierelevante Risikofaktoren des Zervixkarzinoms
- Leitlinienbewertungen: Die hier aufgeführten Risikofaktoren sind im Zusammenhang der Leitlinienempfehlungen der S3-Leitlinie zum Zervixkarzinom zu verstehen – stadienabhängig kann je nach Risikokonstellation für oder gegen eine Therapieform entschieden werden
- Histopathologische Risikofaktoren des Zervixkarzinoms: Sollten bei Kann-Entscheidungen immer als eine Entscheidungsgrundlage hinzugezogen werden
- Lymphgefäßinfiltration und/oder Veneninvasion: Nur bei ausgeprägter Infiltration, jedoch nicht als alleiniger Risikofaktor zu werten
- Tiefe Stromainvasion: Eine tiefe und ausgeprägte Stromainvasion erhöht das Risiko, ist jedoch nicht als alleinstehender Risikofaktor zu werten
- Grading (nur bei FIGO >IA): Ein Grading ≥G3 ist ein Risikofaktor für einen komplizierten Verlauf und sollte eher zu einer radikaleren Therapieentscheidung bewegen
- Nicht-tumorfreie Resektionsränder nach initialer Konisation (R1)
- Allgemeine Klassifikationsdaten: Das Risiko erhöht sich entsprechend dem Stadium des Tumorleidens
- Tumorstadium: Je höher das Stadium, desto höher das Risiko eines komplizierten Verlaufs
- Tumortyp: Zervixkarzinome mit neuroendokriner Histologie haben die schlechteste Prognose
- Lymphknotenmetastasen und Fernmetastasen verschlechtern die Prognose massiv
- Resektionsränder: Eine R0-Resektion ist immer anzustreben; alle anderen Konstellationen erhöhen das Risiko eines komplizierten Verlaufs
Therapieentscheidung nach Staging
Stadium nach FIGO | Therapeutisches Vorgehen |
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Leitprinzipien |
|
Stadien IA1, IA2 und IB1 (+ggf. IIA und IIB) |
|
Stadium ≥III |
Im operativen Staging makroskopisch sichtbar befallene pelvine bzw. paraaortale Lymphknoten werden immer (auch bei Abbruch und Indikationsstellung zur Radiochemotherapie) entfernt!
Das Vorhandensein von Lymphknotenmetastasen, eine Beckenwandinfiltration, eine tumorbedingte Hydronephrose oder eine Infiltration des unteren Vaginaldrittels sprechen in aller Regel gegen die Möglichkeit einer definitiven operativen Therapie (R0-Resektion)!
Operationsverfahren
- Einfache Trachelektomie: Zervixamputation
- Radikale Trachelektomie : Entfernung von etwa ⅔ der Zervix, der zervixnahen Parametrien und einer Scheidenmanschette nach laparoskopischem Ausschluss pelviner und paraaortaler Lymphknotenmetastasen
- Kann bis FIGO-Stadium IB1 als fertilitätserhaltende OP-Methode bei Kinderwunsch durchgeführt werden
- Onkologische Hysterektomie
- OP-Verfahren (vereinfacht)
- Radikale Hysterektomie (Piver II–III, früher auch Operation nach Wertheim-Meigs): Entfernung des Uterus, der Parametrien sowie des oberen Scheidendrittels (Piver II), ggf. als En-Bloc-Resektion unter Mitnahme des umliegenden Gewebes (Piver III)
- Erweiterte radikale Hysterektomie: Wie radikale Hysterektomie, aber radikalere Resektion der Scheide (bis zu ¾) und Herauslösung der Ureteren aus dem Lig. pubovesicale (Piver IV)
- OP-Verfahren (vereinfacht)
- Siehe auch: Operative Verfahren der Hysterektomie
Klassifikation der Operationen beim Zervixkarzinom nach Piver
Klassifikation nach Piver | Beschreibung |
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Piver I |
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Piver II |
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Piver III |
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Piver IV |
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Piver V |
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Klassifikation nach GCG-EORTC
Klassifikation nach GCG-EORTC | Beschreibung |
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Einfache Hysterektomie (Typ I) |
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Modifiziert radikale Hysterektomie (Typ II) |
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Radikale Hysterektomie (Typ III) |
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Erweiterte radikale Hysterektomie (Typ IV) |
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Partielle Exenteration (Typ V) |
|
Simultane Radiochemotherapie des Zervixkarzinoms
- Primäre Radiochemotherapie: Indiziert ab FIGO III bzw. bei:
- FIGO IIB: Bevorzugte Therapieform - es sei denn, das operative Staging zeigt eine Operabilität
- Jeglichem Tumorbefall pelviner Lymphknoten (N+)
- Jeglichem Befall paraaortaler Lymphknoten bzw. anderer Fernmetastasierung
- FIGO IIA als definitive Therapieoption auch bei tumorfreiem pelvinem Lymphknotenstatus
- Adjuvante Strahlentherapie
- Bei primärer Operation und 1–2 postoperativen Risikofaktoren : Einzelfallentscheidung
- Wenn R1-Resektion oder postoperativ ≥3 Risikofaktoren: Adjuvante Radio(chemo)therapie mit Cisplatin inkl. pelvinem Lymphabflussgebiet
- Neoadjuvante Radio(chemo)therapie: Lediglich in Studien durchgeführt, keine allgemein etablierte Therapiemaßnahme
- Therapieschema: Cisplatin als Radiosensitizer und eine primäre perkutane Bestrahlung des Primärtumors inkl. der pelvinen Lymphknoten sowie eine anschließende MRT-geplante Brachytherapie
- Anämie vermeiden: Bei einem Hb-Wert <12 g/L ist die Effektivität der Radiochemotherapie eingeschränkt. Daher sind regelmäßige Kontrollen und ggf. eine Korrektur durch Transfusion von Erythrozytenkonzentraten indiziert.
Supportive Therapie
- Leitliniengerechte bzw. symptomatisch-präventiv orientierte Behandlung der Therapienebenwirkungen
- Insb. antiemetische Therapie (Cisplatin ist hoch emetogen)
- Symptomatische Behandlung weiterer Komplikationen der Radiochemotherapie bei Zervixkarzinom
- Frühe Einbeziehung palliativer Therapiekonzepte bei anzunehmend inkurablen Verläufen (psychoonkologische Betreuung, Sozialdienst, Palliativpflege, Hospiz)
Differentialtherapie und perioperatives Management
Präoperatives Management
- Generell gilt: Bei Eingriffen mit größerem Blutungsrisiko immer Blutgruppenbestimmung und Bereitstellung von Blutkonserven, ggf. Anmeldung auf Intensivstation
- Siehe auch: Bereitstellung von Blutprodukten und Präoperative Gerinnungsdiagnostik
- Labor (siehe: Sektion Diagnostik und Präoperative Diagnostik und Laboruntersuchungen)
- Präoperative Antibiotikaprophylaxe (z.B. Cefuroxim)
- Siehe auch: Perioperative Antibiotikaprophylaxe
- Für allgemeine Hinweise zum präoperativen Management siehe: Elektive OP-Vorbereitung und Unmittelbar perioperatives Management
Stadiengerechte Differentialtherapie des Zervixkarzinoms [3]
Die Empfehlung der Leitlinie richtet sich nach dem FIGO-Stadium. Allerdings müssen Lymphknotenstatus, Kinderwunsch und Menopausenstatus der Patientin ebenfalls beachtet werden!
FIGO-Stadium IA1 mit ≤1 Risikofaktor
- Operative Therapie ohne Lymphonodektomie ausreichend
- Bei Kinderwunsch: Konisation inkl. Zervixkürettage
- Ggf. sekundäre Hysterektomie nach Schwangerschaft je nach Risikofaktoren und Patientenwunsch
- Bei R1-Situation: Erneute Konisation oder Trachelektomie mit Permanentcerclage
- Kein Kinderwunsch: Einfache Hysterektomie
- Bei Kinderwunsch: Konisation inkl. Zervixkürettage
FIGO-Stadium IA1 mit ≥2 Risikofaktoren und IA2 mit ≤1 Risikofaktor
- Operative Therapie bei negativen pelvinen Lymphknoten (N0) im operativen Staging, sonst Operationsabbruch nach operativem Staging (mit paraaortaler Lymphonodektomie) und Radiochemotherapie!
- Bei Kinderwunsch und N0-Situation
- Konisation inkl. Zervixkürettage oder radikale Trachelektomie mit Permanentcerclage
- Bei postoperativ ≥3 Risikofaktoren muss eine adjuvante Radiochemotherapie empfohlen werden → Kein Fertilitätserhalt möglich
- Ggf. sekundäre Hysterektomie nach Schwangerschaft je nach Risikofaktoren und Patientenwunsch
- Kein Kinderwunsch und N0-Situation: Hysterektomie nach Piver I
- Ggf. mit Adnexektomie bds. oder bei prämenopausalen Patientinnen Ovariopexie zum Erhalt der Ovarialfunktion
- Bei Kinderwunsch und N0-Situation
- Radiochemotherapie
FIGO-Stadium IA2 mit ≥2 Risikofaktoren
- Operative Therapie bei negativen pelvinen Lymphknoten (N0) im operativen Staging, sonst Operationsabbruch nach operativem Staging (mit Lymphonodektomie) und Radiochemotherapie!
- Eingeschränkt-radikale Hysterektomie nach Piver II
- Ggf. Adnexektomie bds. oder bei prämenopausalen Patientinnen Ovariopexie zum Erhalt der Ovarialfunktion
- Ein Fertilitätserhalt bei Kinderwunsch über eine Trachelektomie mit Permanentcerclage ist ggf. möglich
- Bei postoperativ ≥3 Risikofaktoren muss eine adjuvante Radiochemotherapie empfohlen werden → Kein Fertilitätserhalt möglich
- Radiochemotherapie
FIGO-Stadium IB1 und IIA1
- Operative Therapie bei negativen pelvinen Lymphknoten (N0) im operativen Staging, sonst Operationsabbruch nach operativem Staging (mit Lymphonodektomie) und Radiochemotherapie!
- Eingeschränkt-radikale Hysterektomie nach Piver II
- Postmenopausal Adnexektomie bds. oder prämenopausal Ovariopexie zum Erhalt der Ovarialfunktion
- Eingeschränkt-radikale Hysterektomie nach Piver II
- Radiochemotherapie
- Ein Fertilitätserhalt bei Kinderwunsch über eine Trachelektomie mit Permanentcerclage ist bei Tumoren <2 cm ohne Risikofaktoren noch möglich
- Sekundäre Hysterektomie nach Schwangerschaft
FIGO-Stadium IB2, IIA2 und IIB
- Operative Therapie: Bei negativen pelvinen und paraaortalen Lymphknoten (N0, M0) im operativen Staging und Stadium IB2 bzw. IIA2, sonst primäre Radiochemotherapie nach operativem Staging und Lymphonodektomie!
- Prämenopausal bei Plattenepithelkarzinom: Prätherapeutisch Ovariopexie zum Erhalt der Ovarialfunktion (vor Radio(chemo)therapie und auch im Rahmen der OP, falls adjuvante Therapie geplant ist)
- Postmenopausal + prämenopausal bei Adenokarzinom: Adnexektomie bds.
- Bei Scheidenbefall: (Partielle) radikale Kolpektomie
- Radiochemotherapie
FIGO-Stadium III
- Primäre Radio(chemo)therapie als Goldstandard nach operativem Staging
FIGO-Stadium IVA
- Primäre Radio(chemo)therapie als Goldstandard
- In Einzelfällen primäre Exenteration: Diese kann auch palliativ sinnvoll sein, wenn ein solcher Eingriff risikoarm möglich ist und dadurch Komplikationen (z.B. durch Kloakenbildung) verhindert werden können
FIGO-Stadium IVB
- Symptomorientierte Therapie
- Palliative Therapie, ggf. Radio(chemo)therapie oder operative Therapie zur Symptomverbesserung
Vorgehen bei Rezidiv
-
Individuelles Vorgehen nach erneutem Staging, ggf. symptomatische operative Therapie und Radiochemotherapie, falls zuvor keine erfolgt ist
Bei Zufallsbefund nach Hysterektomie sollte im Anschluss eine stadiengerechte Therapie komplettiert werden!
Postoperatives Management
Für allgemeine Hinweise zum postoperativen Management siehe: Postoperatives Management
Nachsorge
Leitliniengerecht wird ein Nachsorgeschema über 5 Jahre nach Diagnosestellung befolgt.
Obligate Nachsorgeuntersuchungen
- Intervalle
- 1.–3. Jahr nach Diagnosestellung: Kontrollen alle 3 Monate
- 4.–5. Jahr nach Diagnosestellung: Kontrollen alle 6 Monate
- Durchzuführende Untersuchungen
- Anamnese: Allgemeine Anamnese sowie therapie- und tumorbezogene spezifische Anamnese
- Klinische Untersuchung
- Spekulumeinstellung inkl. Vaginalzytologie sowie bei Z.n. organerhaltender Therapie oder primärer Bestrahlung auch zervikale Zytologie (Pap-Abstrich von Portio und Zervikalkanal)
- Bimanuelle rektovaginale Tastuntersuchung
- Palpation inguinaler sowie zervikaler Lymphknoten bds.
Fakultative Nachsorgeuntersuchungen (situationsabhängig)
- Kolposkopie: Im selben Intervall wie obligate Nachsorgeuntersuchung
- Vaginal-/Nierensonographie: Alle 6 Monate möglich
- Portspülung: Alle 6 Monate
- HPV-Test: Nur bei speziellen Fragestellungen
- Tumormarker: Nicht in Routine
- Histologische Sicherung bei V.a. Lokalrezidiv
- Weitere bildgebende Verfahren: Bei klinischem V.a. Rezidiv
Komplikationen
- Direkte Komplikationen des Zervixkarzinoms
- Ureterummauerung mit Harnstau → Hydronephrose → Chronische Niereninsuffizienz
- Ausbildung von Fisteln (rektovaginal, vesikovaginal, urethrovaginal) bei lokal fortgeschrittenem Karzinom
- Kompression von Venen oder Lymphgefäßen im kleinen Becken mit Rückstau in die untere Extremität
- Komplikationen der Radiochemotherapie bei Zervixkarzinom
- Übelkeit mit ggf. Erbrechen
- Sexuelle Funktionsstörung
- Lokoregionäre Nebenwirkungen
- Vaginalstenose/-fibrose
- Radiogene Zystitis/Proktitis/Vulvovaginitis
- Ausbildung von Fisteln
Metastasierung
Es kommt v.a. zu einer lokalen Ausbreitung per continuitatem in Vagina, Blase, Rektum und Parametrien. Lymphogene und hämatogene Metastasen finden sich in späten Stadien.
- Lokale Infiltration (per continuitatem): Häufigster Ausbreitungsweg
- Angrenzende Strukturen: Parametrien, Septum vesicovaginale und rectovaginale
- Angrenzende Organe: Vagina, Uterus, Blase, Rektum
- Lymphogene Metastasierung: Zweithäufigster Ausbreitungsweg
- Lymphknoten der Fossa obturatoria, entlang der Iliakalgefäße und paraaortal bis zu den Skalenuslymphknoten
- Hämatogene Metastasierung: Sehr selten
- Leber, Lunge, Knochen (insb. Becken, Wirbelkörper), Gehirn
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Prognose
- Relative 5-JÜR: 69% [2][9]
- Siehe auch: Therapierelevante Risikofaktoren des Zervixkarzinoms
Prävention
Beim Zervixkarzinom steht insb. die Früherkennung der Erkrankung (Sekundärprävention) im Vordergrund. Eine jährliche Vorsorgeuntersuchung für Frauen ab dem 20. Lebensjahr wird als Kassenleistung angeboten. Gleichzeitig handelt es sich beim Zervixkarzinom um eines der wenigen Karzinome, bei denen eine spezifische Primärprävention möglich ist. Aufgrund der starken Assoziation mit einer HPV-Infektion kann eine Impfung zur Verhinderung der Krankheitsentstehung beitragen.
Primärprävention: Vermeidung einer HPV-Infektion
HPV-Impfung [5][10][11]
-
Die STIKO empfiehlt die HPV-Grundimmunisierung für alle Mädchen und (seit Juni 2018) Jungen im Alter von 9–14 Jahren als Standardimpfung (Nachholimpfung bis 17 Jahre) [12]
- Die aktuelle Leitlinie empfiehlt keinen vorherigen HPV-Test [5]
- Durchführung möglichst vor dem ersten Geschlechtsverkehr
- Impfstoff (siehe auch: HPV-Impfstoffe)
- Bivalenter Totimpfstoff (Cervarix®): Schützt gegen die High-Risk-HPV-Typen 16 und 18
- Nonavalenter Totimpfstoff (Gardasil® 9): Schützt gegen die High-Risk-HPV-Typen 16, 18, 31, 33, 45, 52 und 58 sowie gegen die Low-Risk-HPV-Typen 6 und 11
- Gardasil® und Silgard® gegen HPV 6, 11, 16 und 18 sind seit August 2017 in Deutschland nicht mehr verfügbar
- Grundimmunisierung
- Alter 9–14 Jahre: 2 Impfdosen im Abstand von 5–12 Monaten
- Alter ≥15 Jahre: Immer 3 Impfdosen (innerhalb 1 Jahres)
- 1. Impfdosis Tag 0
2. Impfdosis im Mindestabstand von 1 Monat zur 1. Impfdosis
3. Impfdosis 4–12 Monate nach der 1. Impfdosis
- 1. Impfdosis Tag 0
- Auffrischungsimpfung: Derzeit nicht empfohlen
Weitere Maßnahmen
- Verwendung von Kondomen beim Geschlechtsverkehr
- Sexuelle Abstinenz
Sekundärprävention [3][5]
- Primärscreening
- Patientinnen im Alter von 20–35 Jahren: Jährliche Teilnahme an der Krebsfrüherkennungsuntersuchung inkl. Pap-Abstrich (Kassenleistung) [5]
- Ab 35 Jahren: Alle 3 Jahre kombinierte Untersuchung aus Pap-Abstrich und HPV-Test [5][13]
- Siehe auch: HPV-Diagnostik
Auch geimpfte Frauen sollten an der Früherkennung teilnehmen, da die verfügbaren Impfstoffe nicht gegen alle High-Risk-HPV-Typen schützen! [5]
Besondere Patientengruppen
Schwangere
- Eine Abstrichzytologie von der Zervix gehört zu den vorgeschriebenen Vorsorgeuntersuchungen in der Schwangerschaft. Diese sollte möglichst früh im ersten Trimenon erfolgen
- Bei suspektem oder pathologischem Befund: Immer Abklärung per Differentialkolposkopie und Biopsieentnahme
- In ca. jeder 6.000. Schwangerschaft wird ein Zervixkarzinom diagnostiziert, die Prognose bleibt dabei von der Schwangerschaft unbeeinflusst
- I.d.R. ist das Zervixkarzinom in der Schwangerschaft asymptomatisch
- (Laser‑)Konisation nur bei Invasion indiziert: Häufige Komplikationen
- Staging
- Sonographie
- MRT (ab dem 2. Trimenon)
- CT: In Ausnahmefällen nach ausführlicher Nutzen-/Risikoabwägung
- Therapie [3]
- Therapeutisches Dilemma: Stadiengerechte Therapie mit potentiellen Schäden oder Absterben des Fötus vs. Verzögerung der Therapie bis zur Lungenreife und Prognoseverschlechterung für die Schwangere
- CIN-Läsionen: Engmaschige Befundkontrolle (alle 8–12 Wochen), i.d.R. finale Reevaluation 6–8 Wochen postpartum
- FIGO IA1 und IA2: Kein einheitliches Vorgehen, i.d.R. keine Indikation für die Termination der Schwangerschaft
- Bis 14. SSW: Konisation
- Ab 14. SSW: Kolposkopische Befundkontrollen alle 4–8 Wochen
- 6 Wochen postpartum: Stadiengerechte Therapie
- FIGO IB und IIA
- Bis zur 16. SSW: Therapie der Mutter hat Priorität → Meist Schwangerschaftsabbruch (Berücksichtigung des Patientenwunsches)
- Diagnose im 2. Trimenon: Abwarten der fetalen Lungenreife möglich, evtl. Chemotherapie bis zur 35. SSW
- Höhere Stadien
- Seltene Erstdiagnose in Schwangerschaft
- Therapie der Mutter hat Priorität → Meist Schwangerschaftsabbruch mit darauffolgender Radio(chemo)therapie (Berücksichtigung des Patientenwunsches)
- Bei Erstdiagnose im 2. Trimenon: Abwarten der fetalen Lungenreife mit darauffolgender Sectio und Radio(chemo)therapie
- Geburtsmodus: Abhängigkeit vom Stadium der Läsion
- Präinvasive Läsion: Spontanpartus
- Mikroinvasives Karzinom (FIGO IA1) (wenn R0 nach Konisation): Spontanpartus oder Sectio
- Mikroinvasives Karzinom (R1 bzw. ohne Konisation) oder makroinvasives Karzinom: Sectio mit anschließender Therapie
- Mögliche Maßnahmen zum Fertilitätserhalt bei Frauen mit Kinderwunsch
- Fertilitätserhaltender Operationsmodus (Konisation, Trachelektomie)
- Ovariopexie
- Kryokonservierung von Ovarialgewebe (mit anschließender Reimplantation)
- Kryokonservierung von befruchteten oder unbefruchteten Eizellen
Studientelegramme zum Thema
- GynOnko-Studientelegramm 2019/20: Therapie des Zervixkarzinoms
- GynOnko-Studientelegramm 2018/19: Therapie des Zervixkarzinoms
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Patienteninformationen
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2021
C53.-: Bösartige Neubildung der Cervix uteri
- C53.0: Endozervix
- C53.1: Ektozervix
- C53.8: Cervix uteri, mehrere Teilbereiche überlappend
- C53.9: Cervix uteri, nicht näher bezeichnet
D06.-: Carcinoma in situ der Cervix uteri
- Inklusive: Zervikale intraepitheliale Neoplasie [CIN] III. Grades, mit oder ohne Angabe einer hochgradigen Dysplasie
- Exklusive: Hochgradige Dysplasie der Cervix uteri o.n.A. (N87.2), Melanoma in situ der Cervix uteri (D03.8)
- D06.0: Endozervix
- D06.1: Ektozervix
- D06.7: Sonstige Teile der Cervix uteri
- D06.9: Cervix uteri, nicht näher bezeichnet
N87.-: Dysplasie der Cervix uteri
- Exklusive: Carcinoma in situ der Cervix uteri (D06.‑)
- N87.0: Niedriggradige Dysplasie der Cervix uteri
- Niedriggradige squamöse intraepitheliale Läsion [LSIL]
- Zervikale intraepitheliale Neoplasie [CIN] I. Grades
- N87.1: Mittelgradige Dysplasie der Cervix uteri
- Zervikale intraepitheliale Neoplasie [CIN] II. Grades
- N87.2: Hochgradige Dysplasie der Cervix uteri, anderenorts nicht klassifiziert
- Hochgradige zervikale Dysplasie o.n.A.
- Exklusive: Zervikale intraepitheliale Neoplasie [CIN] III. Grades, mit oder ohne Angabe einer hochgradigen Dysplasie (D06.‑)
- N87.9: Dysplasie der Cervix uteri, nicht näher bezeichnet
O34.-: Betreuung der Mutter bei festgestellter oder vermuteter Anomalie der Beckenorgane
- Inklusive: Aufgeführte Zustände als Grund für Beobachtung, stationäre Behandlung oder sonstige geburtshilfliche Betreuung der Mutter oder für Schnittentbindung vor Wehenbeginn
- Exklusive: Aufgeführte Zustände im Zusammenhang mit Geburtshindernis (O65.5)
- O34.4: Betreuung der Mutter bei sonstigen Anomalien der Cervix uteri
-
Betreuung der Mutter bei
- Polyp der Cervix uteri
- Striktur oder Stenose der Cervix uteri
- Tumor der Cervix uteri
- Vorangegangenem chirurgischen Eingriff an der Cervix uteri
-
Betreuung der Mutter bei
Z01.-: Sonstige spezielle Untersuchungen und Abklärungen bei Personen ohne Beschwerden oder angegebene Diagnose
- Inklusive: Routineuntersuchung eines bestimmten Körpersystems
- Exklusive: Spezielle Screeninguntersuchungen (Z11–Z13)
- Untersuchung: Aus administrativen Gründen (Z02), bei Verdacht auf Krankheitszustände, der sich nicht bestätigt (Z03.‑)
- Z01.4: Gynäkologische Untersuchung (allgemein) (routinemäßig)
- Gynäkologische Untersuchung (jährlich) (periodisch)
- Papanicolaou-Zellabstrich aus der Cervix uteri
- Exklusive: Kontrolluntersuchung bei Weiterführung kontrazeptiver Maßnahmen (Z30.4–Z30.5), Untersuchung und Test zur Feststellung einer Schwangerschaft (Z32)
Z12.-: Spezielle Verfahren zur Untersuchung auf Neubildungen
- Z12.4: Spezielle Verfahren zur Untersuchung auf Neubildung der Cervix uteri
- Exklusive: Routinemäßiger Test oder Teil einer allgemeinen gynäkologischen Untersuchung (Z01.4)
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2021, DIMDI.