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Reanimation (Cardiopulmonary resuscitation…)
Abstract
Unter kardiopulmonaler Reanimation (engl.: Cardiopulmonary Resuscitation, CPR) sind die Maßnahmen zusammengefasst, die zur Beendigung eines Herz-Kreislaufstillstandes durchgeführt werden. Dabei gilt es, Basismaßnahmen (Basic-Life-Support, BLS) von erweiterten Maßnahmen (Advanced-Life-Support, ALS) zu unterscheiden.
Die Basismaßnahmen umfassen das Erkennen der Situation, Hilfe rufen, Freimachen der Atemwege, Herzdruckmassage, Beatmung und (soweit vorhanden) den Einsatz eines automatisierten externen Defibrillators (AED). Diese Maßnahmen können auch von Laienhelfern durchgeführt werden.
Die erweiterten Maßnahmen der kardiopulmonalen Reanimation beinhalten neben den grundlegenden Maßnahmen der CPR (wie bei BLS) weiterführende, durch Fachpersonal auszuführende Maßnahmen wie Medikamentengabe (vor allem Adrenalin), eine weitere Sicherung der Atemwege (ggf. Intubation) sowie ggf. spezifische Maßnahmen entsprechend der angenommenen Ursache (z.B. Entlastungspunktion bei Spannungspneumothorax).
Die wichtigste Grundlage einer Reanimation ist die ohne Zeitverlust konsequent durchgeführte Herzdruckmassage.
Ablauf/Durchführung
Überlebenskette
Die Überlebenskette beschreibt die Maßnahmen, die bei einem Patienten mit Kreislaufstillstand durchgeführt werden sollten, um das Überleben zu sichern.
- Rasches Erkennen und um Hilfe rufen
- Frühzeitige kardiopulmonale Reanimation
- Frühzeitige Defibrillation
- Postreanimationsphase
Unverzügliche kardio-pulmonale Reanimation, Minimierung der Thoraxkompressionspausen und frühzeitige Defibrillation sind die wichtigsten Grundlagen einer erfolgreichen Reanimation!
Basismaßnahmen / Basic-Life-Support (BLS)
Die Basismaßnahmen beschreiben die Ersthelfermaßnahmen, die nach Auffinden einer bewusstlosen Person möglichst ohne jegliche Zeitverzögerung durchgeführt werden sollten.
Maßnahmen bei Auffinden eines bewusstlosen Patienten | Erklärung |
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Ansprache, Testen der Reaktion |
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Prüfen der Atmung |
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Notruf absetzen (lassen): 112 und AED holen lassen | |
Herzdruckmassage und Beatmung |
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Sofern AED verfügbar: Alle 2min Rhythmuskontrolle, ggf. Defibrillation |
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Fortführen der kardiopulmonalen Reanimation bis professionelle Hilfe eintrifft, der Patient reagiert oder der Ersthelfer erschöpft ist |
Zu Beginn eines Kreislaufstillstandes findet sich in bis zu 40% der Fälle eine Schnappatmung, die jedoch wie eine fehlende Atmung bewertet werden sollte und somit eine Indikation für den Beginn einer CPR darstellt!
Erweiterte Maßnahmen / Advanced-Life-Support (ALS)
Die erweiterten Maßnahmen der kardiopulmonalen Reanimation (Advanced-Life-Support, ALS) umfassen neben den grundlegenden Maßnahmen der CPR (wie bei BLS) weiterführende – durch Fachpersonal durchzuführende – Maßnahmen wie Defibrillation, Medikamentengabe und ggf. Intubation.
- Beginn der Reanimation wie bei BLS, währenddessen zusätzlich
- Erfahrene Mitarbeiter dürfen für max. zehn Sekunden lang versuchen, den Karotispuls zu tasten, während zeitgleich auf Lebenszeichen geachtet wird.
- Adäquate Sauerstoffversorgung gewährleisten, Kapnographie und Sicherung der Atemwege (Beatmung mit 100%igem Sauerstoff, ggf. mittels Beatmungsbeutel, Guedeltubus, endotrachealer Intubation)
- Gefäßzugänge (venös oder intraossär)
- Medikamente
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Defibrillierbarer Rhythmus
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Adrenalin (1 mg)
- Nach der 3. erfolglosen Defibrillation, danach alle 3–5 Minuten (ERC-Leitlinie, 2015) oder
- Vor der 3. Defibrillation, danach alle 3–5 Minuten (DGK-Leitlinie, 2011)
- Amiodaron (300 mg) ebenfalls nach der 3. erfolglosen Defibrillation (danach evtl. nochmals 150 mg)
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Adrenalin (1 mg)
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Nicht-defibrillierbarer Rhythmus
- Adrenalin (1 mg) sobald Gefäßzugang vorhanden ist, anschließend alle 3–5 Minuten
- Natriumbikarbonat nur bei Hyperkaliämie oder Überdosierung von trizyklischen Antidepressiva
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Defibrillierbarer Rhythmus
- Reversible Ursachen ausfindig machen und behandeln
- 4 „H's“: Hypoxie, Hypovolämie, Hypo-/Hyperkaliämie, Hypothermie
- 4 „T's“: Tamponade, Toxine, Thrombose (der Lungenarterien oder Herzkranzgefäße), Tension (=(Spannungs‑)Pneumothorax)
- Bei hochgradigem Verdacht auf Lungenembolie kann eine Lysetherapie erwogen werden
- Möglichst Minimierung der Thoraxkompressionspausen (nur während Rhythmuskontrolle, Defibrillation, Intubation etc.)
Patienten, die nach einem Herzstillstand infolge Kammerflimmern erfolgreich reanimiert wurden, sollen nach aktueller Studienlage eine milde Hypothermiebehandlung für 12–24 Stunden erhalten (32–34 °C Körperkerntemperatur)!
Technik der Herzdruckmassage
- Seitlich vom Patienten knien
- Platzierung der Hände mittig auf dem Sternum (beide Hände übereinander)
- Arme gestreckt halten
- Thoraxkompressionen
- Kompressionstiefe: Mindestens 5 cm, aber möglichst nicht tiefer als 6 cm
- Nach jeder Kompression vollständige Entlastung des Brustkorbs (ohne Verlassen des Druckpunktes)
- Frequenz: 100–120/Minute
Technik der Defibrillation
- Voraussetzung zur Defibrillation: Defibrillierbarer Rhythmus
- Ablauf
- Herzdruckmassage → Klebeelektroden aufbringen → „Hands-Off“ zur Notfall-EKG-Diagnostik → Herzdruckmassage wieder aufnehmen → Aufladen → „Hands-Off“ → 1× Schockabgabe → Sofortige Fortsetzung der Herzdruckmassage
- Bei beobachtetem Auftreten von Kammerflimmern : präkordialer Faustschlag und ggf. sofortige Defibrillation ohne vorangehende Herzdruckmassage bis zu 3× (3er-Salve)
- Position der Elektroden: Sternal-apikal oder anterior-posterior
- Bei Patienten mit Herzschrittmacher: Mindestens 8 cm Abstand zum Aggregat einhalten
- Energiemenge
- Monophasisch: 360 Joule bei allen Schockabgaben
- Biphasisch: 150–200 Joule bei der ersten Schockabgabe, 150–360 bei allen weiteren Schockabgaben
- Bei Kindern: Mono- und biphasisch: 4 Joule/kgKG
Die Herzdruckmassage darf für maximal fünf Sekunden unterbrochen werden – beim Aufladen des Defibrillators darf die Herzdruckmassage dementsprechend nicht pausiert werden!
Die Defibrillation kann bei den Helfern Kammerflimmern auslösen! Bei der Schockabgabe darf deswegen keiner der Helfer den Patienten oder elektrisch leitfähige Teile (z.B. Beatmungsbeutel) berühren!
Wiedereinsetzen des Spontankreislaufs („return of spontaneous circulation“, ROSC)
- Zeichen
- Wiedererfühlen des Pulses, Zurückkommen des Blutdrucks
- Früher Hinweis bei intubierten Patienten: Anstieg des exspiratorischen CO2 in der Kapnographie
Interpretation/Befund
Notfall-EKG-Diagnostik
EKG | Folge | |
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Defibrillierbare Rhythmen | ||
Pulslose ventrikuläre Tachykardie |
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Kammerflimmern |
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Nicht-defibrillierbare Rhythmen | ||
Asystolie |
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Pulslose elektrische Aktivität (PEA) |
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Komplikationen
- Rippenfrakturen
- Verletzungen von Bauchorganen/Brustorganen mit inneren Blutungen (abdominell/thorakal/Hämatoperikard) → Schneller Nachweis durch Sonographie von Abdomen und Thorax
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Posthypoxische Myoklonien: Unwillkürliche, kurze, arrhythmische Zuckungen
- Generalisiert oder seltener lokal (z.B. nur Gesicht oder eine Extremität)
- Treten die Myoklonien unmittelbar nach einer Reanimation auf, ist dies ein prognostisch ungünstiges Zeichen für eine hypoxische Enzephalopathie
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Besondere Patientengruppen
Neugeborene und Kinder
Teilweise gelten für die kardiopulmonale Reanimation von Neugeborenen und Kindern andere Regeln als für Erwachsene, wobei der CPR-Algorithmus, der bei Erwachsenen angewendet wird, im Zweifel auch bei Kindern genutzt werden kann. Im Folgenden sind einige grundlegende Unterschiede genannt, für genauere Informationen diesbezüglich siehe Fachliteratur, z.B. CPR Guidelines 2010 und 2015 des European Resuscitation Council (unter „Tipps & Links“ zum Thema).
- Bei Kindern und Neugeborenen steht die Beatmung stärker im Vordergrund als bei Erwachsenen
- Neugeborene
- Initial fünf Beatmungen, erneute Überprüfung der Atmung, ggf. erneut fünf Beatmungen, erst anschließend Thoraxkompressionen (Kompressionsfrequenz 100–120/min)
- Verhältnis Thoraxkompressionen zu Beatmung → 3:1
- Technik der Herzdruckmassage: Zweifingertechnik (Einzelhelfer) oder thoraxumschließende Zweidaumentechnik (≥ zwei Helfer)
- Kinder ab dem 1. Lebensjahr
- Initial fünf Beatmungen, erst anschließend Thoraxkompressionen (Kompressionsfrequenz 100–120/min)
- Verhältnis Thoraxkompressionen zu Beatmung
- Laienhelfer → 30:2
- Professionelle Helfer → 15:2
- Das weitere Vorgehen ist ähnlich dem bei Erwachsenen
- Neugeborene
- Beatmung in „Schnüffelstellung“ mit nur mäßiger Reklination (nicht so starke Überstreckung des Kopfes wie beim Erwachsenen)
Sonstiges
- In den ersten Sekunden eines beobachteten Herz-Kreislaufstillstandes kann ein präkordialer Faustschlag durchgeführt werden.
Studientelegramme zum Thema
- Studientelegramm 41-2018-1/3: Under Pressure – Adrenalin bei Reanimationen?
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