Zusammenfassung
Photodermatosen sind Erkrankungen, bei denen infolge einer Lichteinwirkung Hautveränderungen entstehen. Die häufigste Entität stellt dabei die polymorphe Lichtdermatose dar, bei der es vor allem bei der ersten UV-A-Exposition nach den Wintermonaten zu Hautveränderungen kommt. Diese variieren dabei von Patient zu Patient und sind durch eine spontane Abheilung gekennzeichnet, weshalb die Therapie vor allem aus der Vermeidung von UV-A-Bestrahlung besteht. Weiterhin können phototoxische Substanzen (z.B. bei Wiesengräserdermatitis) die Lichtsensibilität erhöhen.
Auch die Dermatitis solaris („Sonnenbrand“) wird zumeist zu den Photodermatosen gezählt (akute Photodermatose). Diese entzündliche Reaktion der Haut kann nach übermäßiger UV-Exposition prinzipiell jeden Menschen betreffen.
Dermatitis solaris („Sonnenbrand“)
- Definition: Akute Entzündungsreaktion der Haut nach einer Exposition gegenüber UV-Strahlung
- Epidemiologie: Insb. hellhäutige Menschen (Hauttypen I und II ) betroffen
- Ätiologie: Übermäßige Exposition gegenüber UV-B-Strahlen (Wellenlänge 280–320 nm)
- Pathogenese: UV-Strahlung → Schädigung der Epidermis → Freisetzung von Entzündungsmediatoren (u.a. Chemokine, Prostaglandine) → Stunden nach UV-Exposition zusätzlich Entzündung der Dermis
- Klinisches Bild
- Streng auf die exponierten Areale begrenzt
- Zunächst Pruritus und Schmerzen, dann Rötung und Schwellung
- Beginn 6–8 h nach Exposition, Maximum nach 12–24 h, Abklingen meist innerhalb einer Woche
- Bei schwerem Sonnenbrand zusätzlich Blasenbildung, bei großer Ausdehnung Allgemeinsymptome wie Fieber
- Therapie
- Allgemein: Feuchte Umschläge und kühlende Externa
- Schwerer Sonnenbrand oder große Ausdehnung: Systemische NSAR (z.B. Diclofenac), ggf. feuchte Umschläge mit antiseptischen Zusätzen
- Prognose
- Leichter Sonnenbrand: Übergang in Hyperpigmentierung
- Schwerer Sonnenbrand mit Blasenbildung: Bildung depigmentierter Narben möglich
- Prophylaxe: UV-Schutz
- Chemisch/Physikalisch: Sonnenschutzmittel mit Lichtschutzfaktor zum Auftragen auf die Haut
- Physikalisch: Bspw. Fensterglas , Textilien
Ein schwerer Sonnenbrand mit Blasenbildung (entsprechend einer Verbrennung 2. Grades), der über 10% der Körperoberfläche bei Erwachsenen (bei Kindern bereits ab 5%) betrifft, kann zu einem Kapillarleck und somit zu einem Volumenmangelschock führen!
Polymorphe Lichtdermatose ("Sonnenallergie")
- Definition: Stark juckende, individuell unterschiedliche („polymorphe“) Hautveränderung nach UV-Exposition
- Epidemiologie: Häufig, Prävalenz ca. 20%
- Ätiologie: Unbekannt
- Pathogenese
- Hautreaktion ähnelt histomorphologisch einer allergischen Reaktion vom Spättyp
- Reaktion erfolgt vermutlich auf Autoantigene, welche bei UV-Belastung entstehen (v.a. UV-A, seltener UV-B)
- Klinisches Bild
- Typischerweise Auftreten mehrere Stunden bis Tage im Anschluss an erste UV-A-Exposition nach den Wintermonaten
- Hautveränderungen
- Ohne weitere Sonnenexposition: Heilung innerhalb etwa einer Woche
- Diagnostik
- Typische Anamnese
- Testbestrahlung mit UV-A möglich
- Therapie
- Vermeidung von UV-A-Bestrahlung
- Bei Sonnenexposition: Konsequenter Lichtschutz, Kombination eines UV-Filters mit einem Antioxidans (α-Glucosylrutin)
- Lichtgewöhnung (4–6 Wochen vor stärkerer UV-Exposition)
- Langsam ansteigende Ganzkörperbestrahlung mit UV-B, eventuell systemische Therapie mit PUVA in schweren Fällen
- Lokale Glucocorticoide zur Behandlung frischer Hautveränderungen
- Evtl. Antihistaminika zur Juckreizlinderung
Phototoxische Reaktion
- Definition: Hautschädigung, die durch direkten Hautkontakt mit Photosensibilisatoren bei gleichzeitiger UV-Exposition ausgelöst wird
- Typische Photosensibilisatoren
- Pflanzen (z.B. Wiesengräser, Bärenklau)
- Medikamente (z.B. Diuretika, NSARs, Antibiotika, Antipsychotika, Antidepressiva, Kardiaka, zytotoxische Medikamente)
- Klinisches Bild: Akute Entzündung der exponierten Haut
- Erythem, Ödem
- Bläschen bzw. Blasen
- Im Verlauf Hyperpigmentierung möglich
- Selten phototoxische Onycholyse
- Diagnostik: Meist klinisches Bild und Anamnese ausreichend, ggf. Photopatch-Test bzw. Photoprovokation
- Therapie
- Meidung der auslösenden Substanz
- Symptomatisch topische Glucocorticoide , zinkhaltige Externa
- Bei großflächigen Blasen: Therapie wie bei Verbrennungen 2. Grades
Sonderformen
Wiesengräserdermatitis (Dermatitis pratensis)
- Definition: Dermatitis mit Hyperpigmentierung infolge einer Exposition gegenüber Pflanzenbestandteilen und anschließender UV-A-Bestrahlung
- Epidemiologie: Auftreten von Frühsommer bis Herbst
- Ätiologie: Aus der Pflanze stammender Photosensibilisator bewirkt nach Hautkontakt und UV-A-Bestrahlung eine phototoxische Hautreaktion
- Klinisches Bild
- Streifige oder netzartige Dermatitis, dem Kontakt mit der Pflanze entsprechend
- 24–48h nach Kontakt: Rötung, Blasenbildung mit Maximum nach 3 Tagen
- Nach 2–4 Wochen: Abheilen unter Hyperpigmentierung, die monatelang bleibt
Berloque-Dermatitis (Photodermatitis pigmentaria)
- Auftreten bei schwacher Lichtexposition und (Bergamottöl enthaltender) Duftstoffanwendung
- Langfristig persistierende Hyperpigmentierung, ggf. ohne vorhergehende entzündliche Phase
Photoallergische Reaktion
- Definition: Allergische Reaktion infolge einer Exposition gegenüber einer spezifischen Substanz (Photoallergen) in Kombination mit UV-A-Strahlung (nach vorheriger Sensibilisierung)
- Ätiologie
- T-Zell-vermittelte Immunreaktion vom Spättyp (Typ-IV-Allergie) nach spezifischer Sensibilisierung gegen Photoallergen durch epikutanen oder oralen Kontakt
- Mögliche Photoallergene: Duftstoffe, Bestandteile von Sonnenschutzpräparaten (z.B. Octocrylen), Konservierungsstoffe, Medikamente (z.B. Hydrochlorothiazid, Fenofibrat, Sulfonamide)
- Klinisches Bild
- Die Hauterscheinungen beschränken sich i.d.R. auf Körperpartien, die lichtexponiert waren und mit dem Photoallergen in Kontakt gekommen sind
- Effloreszenz wie bei der allergischen Kontaktdermatitis (Erytheme und Papulovesikel, selten auch Blasen)
- Diagnostik
- Ausführliche Anamnese
- Photopatch-Test bzw. Photoprovokation
- Therapie
- Meidung des spezifischen Photoallergens
- Lichtschutz durch Kleidung und/oder Sonnenschutzmittel
- Im akuten Stadium: Topische Glucocorticoide
Chronische aktinische Dermatitis
- Definition: Photoallergische Kontaktdermatitis, die auch unter Allergenkarenz persistiert
- Ätiologie: Entsteht auf dem Boden einer chronifizierenden photoallergischen Dermatitis
- Klinisches Bild
- Ausgeprägtes, persistierendes Ekzem mit deutlicher Lichenifikation, verdickter Haut, Juckreiz, Schuppung und Erosionen
- Ausgeprägte Empfindlichkeit gegenüber sichtbarem Licht, UV-A und UV-B
Hydroa vacciniforme
- Definition: Sehr seltene Photodermatose, die mit Ausbildung pockenähnlicher Hautveränderung einhergeht
- Epidemiologie: Meist Kinder betroffen
- Klinisches Bild: Livid-rötliches Erythem, darauf seröse oder hämorrhagische Blasen, sekundäre Vernarbung
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- L55.-: Dermatitis solaris acuta
- Inklusive: Sonnenbrand
- L55.0: Dermatitis solaris acuta 1. Grades
- L55.1: Dermatitis solaris acuta 2. Grades
- L55.2: Dermatitis solaris acuta 3. Grades
- L55.8: Sonstige Dermatitis solaris acuta
- L55.9: Dermatitis solaris acuta, nicht näher bezeichnet
- L56.-: Sonstige akute Hautveränderungen durch Ultraviolettstrahlen
- L56.0: Phototoxische Reaktion auf Arzneimittel
- L56.1: Photoallergische Reaktion auf Arzneimittel
- L56.2: Phototoxische Kontaktdermatitis
- L56.3: Urticaria solaris
- L56.4: Polymorphe Lichtdermatose
- L56.8: Sonstige näher bezeichnete akute Hautveränderungen durch Ultraviolettstrahlen
- L56.9: Akute Hautveränderung durch Ultraviolettstrahlen, nicht näher bezeichnet
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.