Abstract
Die Gabe von Infusionen ist ein wesentlicher Bestandteil stationärer und ambulanter Behandlungen jeglicher Fachrichtungen. Im Gegensatz zu Injektionen wird hierbei über einen längeren Zeitraum eine Flüssigkeit appliziert. Man unterscheidet die Gabe von Infusionen zur Wiederherstellung der Homöostase, wozu auch die intravasale Volumentherapie zählt, von der Anwendung von Infusionen als Trägerlösung für Medikamente. Typische Indikationen für die intravasale Volumentherapie sind bspw. eine Hypovolämie bei hämorrhagischem Schock oder eine Dehydratation bei reduzierter enteraler Resorption.
Zentrale Punkte bei der Gabe von Infusionen sind die richtige Indikationsstellung, das Etablieren eines sinnvollen Applikationsweges sowie die Auswahl des am besten geeigneten Präparats in der korrekten Dosierung. Zur Erfolgskontrolle stehen verschiedene klinische Parameter zur Verfügung. In der Behandlung von Volumenmangelzuständen kommen meist kristalloide, seltener kolloidale Infusionslösungen zum Einsatz. Bei größeren Blutverlusten werden Erythrozytenkonzentrate, Frischplasmen oder Thrombozytenkonzentrate verwendet (siehe dazu: Transfusionen).
Ablauf/Durchführung
- Indikation zur Gabe einer Infusion stellen
- Auswahl der geeigneten Infusionslösung
- Auswahl der geeigneten Applikationsform, bspw.
- Intravenös (peripher- oder zentralvenös)
- Intraossär
- Intraarteriell
- Auswahl des geeigneten Zugangs
- Festlegen der Menge und Laufrate/Infusionsgeschwindigkeit
- Auswahl der Steuerung
- Schwerkraftinfusion
- Pumpengesteuerte Infusion
- Druckinfusion
- Therapie überwachen und Therapieerfolg kontrollieren
Infusionslösungen
Einteilung von Infusionslösungen bspw. möglich nach
- Dauer der Gabe: Kurzinfusion und Dauerinfusion
- Zusammensetzung: Kristalloide und kolloidale Infusionslösungen
- Weitere Unterteilung der kristalloiden Infusionslösungen nach der Osmolarität
Kristalloide Infusionslösungen [1]
- Definition: Isotone, hypotone und hypertone Infusionslösungen mit Glucose und/oder Elektrolyten , ohne Zusatz von Makromolekülen
- Wirkung: Geringer intravasaler Volumeneffekt durch rasche Verteilung im gesamten Extrazellulärraum (EZR)
- Indikation: I.d.R. Flüssigkeitsersatz und Volumenersatz
Arten kristalloider Infusionslösungen
- Vollelektrolytlösungen
- Eigenschaften: Enthalten ähnliche Elektrolytzusammensetzung und -konzentration wie Blutplasma, jedoch deutlich mehr Chlorid-Ionen
- Beispiele: Ringer-Lösung, Jonosteril® D5
- Indikation: 1. Wahl zum kurzfristigen Volumenersatz bei isotoner Dehydratation oder leichter Hypovolämie
- Balancierte Vollelektrolytlösungen
- Eigenschaften: Enthalten ähnliche Elektrolytzusammensetzung und -konzentration wie Blutplasma, Anteil an Chlorid-Ionen reduziert durch Zusatz von Anionen (Malat, Acetat oder Lactat)
- Beispiele
- Ringer-Lactat-Lösung, Ringer-Malat-Lösung, Ringer-Acetat-Lösung
- Jonosteril®
- Sterofundin®, Sterofundin® ISO
- Indikation: 1. Wahl zum kurzfristigen Volumenersatz bei isotoner Dehydratation oder leichter Hypovolämie (insb. bei größeren Infusionsmengen), bei Leberinsuffizienz Präparate mit Acetat oder Malat bevorzugen
- ⅔-, ½- und ⅓-Elektrolytlösungen
- Eigenschaften: Enthalten vergleichsweise reduzierte Natriumkonzentration bei erhöhter Kaliumkonzentration
- Beispiel: Normofundin®
- Indikation: Heutzutage selten verwendet, Indikation streng stellen
- ⅔-Elektrolytlösung: Bei isotoner Dehydratation
- ½-Elektrolytlösung und ⅓-Elektrolytlösung: Bei hypertoner Dehydratation
- Kaliumfreie Elektrolytlösungen
- Eigenschaften: Unphysiologische Elektrolytzusammensetzung und -konzentration, insb. da Kalium fehlt
- Beispiele
- Isotone Kochsalzlösung NaCl 0,9%
- Hypertone Kochsalzlösung
- Hypotone Kochsalzlösung NaCl 0,45%
- Indikation
- Isotone Kochsalzlösung: Trägerlösung für Medikamente, hypo- und isotone Dehydratation, Spülen von Zugängen, Elektrolytstörungen [2][3][4]
- Hypertone Kochsalzlösung: Kurzzeitig bei ausgeprägter Hyponatriämie
- Hypotone Kochsalzlösung: Hypernatriämie mit hypertoner Dehydratation
- Glucose-Lösungen
- Eigenschaften: Anteil an Glucose entscheidend, bspw. besitzen hypotone Lösungen (Glucose 5%) kaum intravasalen Volumeneffekt durch rasche Verteilung nach interstitiell und intrazellulär („freies Wasser“)
- Beispiele
- Hypotone Glucoselösung Glucose 5%
- Hypertone Glucoselösung
- Indikation
- Hypotone Glucoselösung: Hypernatriämie mit hypertoner Dehydratation, Trägerlösung für Medikamente, Glucosegabe bei Hypoglykämie
- Hypertone Glucoselösung: Glucosegabe bei Hypoglykämie, parenterale Ernährung
Einteilung kristalloider Infusionslösungen anhand der Osmolarität | |
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Beispiele | |
Isoton |
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Hypoton |
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Hyperton |
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Kristalloide verteilen sich im gesamten Extrazellulärraum, also auch im Interstitium! Nur ca. ¼ des Volumens verbleiben intravasal!
Als Trägerlösung für Medikamente geeignet sind bspw. Glucose 5%, Aqua ad injectabilia und NaCl 0,9%. Vollelektrolytlösungen sollten wegen ihres Calciumgehalts nicht dafür verwendet werden!
Kolloidale Infusionslösungen [1]
- Definition: Infusionslösungen mit osmotisch aktiven Makromolekülen
- Wirkung
- Plasmaersatzstoffe: Gleicher kolloidosmotischer Druck wie Blutplasma (isoonkotisch), halten Flüssigkeit intravasal
- Plasmaexpander: Größerer kolloidosmotischer Druck als Blutplasma (hyperonkotisch), ziehen Flüssigkeit nach intravasal
- Beispiele
- Hydroxyethylstärke, bspw. Voluven®, Volulyte®
- Gelatine, bspw. Gelafundin®, Gelafusal®
- Humanalbumin
- Dextrane (außer Handel)
- Indikation: Kurzfristiger Volumenersatz bei akuter Blutung
Hydroxyethylstärke (HES, HAES) [1]
- Indikation: 2. Wahl bei Hypovolämie aufgrund einer akuten Blutung
- Kurzfristiger Einsatz in niedrigster, wirksamer Dosis
- Nur bei unzureichendem Therapieerfolg kristalloider Infusionslösungen indiziert
- Bei größeren Blutverlusten: Blutprodukte verwenden , siehe: Hämorrhagischer Schock - AMBOSS-SOP
- Beachte Rote-Hand-Brief zu HES: Seit August 2018 Empfehlung zur eingeschränkten Anwendung HES-haltiger Arzneimittel unter strenger Beachtung der Indikationen und Kontraindikationen [5]
- Programm für kontrollierten Zugang: Seit April 2019 Anwendung HES-haltiger Arzneimittel nur nach Schulung und Akkreditierung gemäß den Richtlinien der Europäischen Arzneimittelagentur möglich [6]
- Kontraindikationen [5]
- Sepsis
- Verbrennungen
- Eingeschränkte Nierenfunktion, Nierenersatztherapie
- Intrakranielle/zerebrale Blutungen
- Kritisch kranke Patient:innen
- Hyperhydratation, inkl. Lungenödem
- Dehydratation
- Schwere Gerinnungsstörung
- Schwere Leberfunktionsstörungen
- Pharmakokinetik
- Mittleres Molekulargewicht zwischen 70.000–450.000 Dalton, davon abhängig sind
- Volumeneffekt und intravasale Verweildauer
- Renale Ausscheidung
-
Hydroxyethyl-Gruppen an C-Atomen
- Verlangsamen den schnellen Abbau durch Serumamylase
- Bestimmen den Substitutionsgrad
- Mittleres Molekulargewicht zwischen 70.000–450.000 Dalton, davon abhängig sind
- Nebenwirkungen
- Gerinnungsstörung bei Infusion größerer Mengen
- Pruritus
- Allergische Reaktion
- Nephrotoxizität
Die potentiellen Nebenwirkungen HES-haltiger Arzneimittel erfordern einen umsichtigen Einsatz sowie eine Dosisbegrenzung.
Übersicht gängiger Infusionslösungen
Übersicht über die Zusammensetzung gängiger Infusionslösungen | ||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
mOsm/L | pH | Na+ [mmol/L] | K+ [mmol/L] | Cl- [mmol/L] | Ca2+ [mmol/L] | Mg2+ [mmol/L] | Anionen | |
Kristalloide Infusionslösungen | ||||||||
Isotone Kochsalzlösung (NaCl 0,9%) [7] | 309 | 4,5–7 | 154 | — | 154 | — | — | — |
Ringer-Lösung [8] | 309 | 5–7 | 147 | 4 | 156 | 2,2 | — | — |
Ringer-Lactat [9][10] | 277 | 5–7 | 131 | 5,4 | 112 | 1,8 | — | Lactat |
Ringer-Acetat [11][12] | 276 | 6–8 | 130 | 5,4 | 112 | 0,9 | 1 | Acetat |
Sterofundin® ISO [13] | 309 | 5,1–5,9 | 145 | 4 | 127 | 2,5 | 1 | Acetat, Malat |
Jonosteril® [14] | 291 | 5–7 | 137 | 4 | 110 | 1,65 | 1,25 | Acetat |
Kolloidale Infusionslösungen | ||||||||
Voluven® 6% [15] | 308 | 4,0–5,5 | 154 | — | 154 | — | — | — |
Volulyte® 6% [16] | 286,5 | 5,7–6,5 | 137 | 4 | 110 | — | 1,5 | Acetat |
Zum Vergleich: Zusammensetzung des Blutplasmas | ||||||||
Blutplasma (physiologisch) | 290 | 7,35–7,45 | 135–145 | 3,5–5,1 | 97–108 | 2,2–2,6 | 0,65–1,05 | U.a. Lactat, HCO3- |
„Isotonisch“ sollte man keinesfalls gleichsetzen mit „physiologisch“! Das Blutplasma enthält weitaus mehr Elektrolyte als bspw. eine isotone Kochsalzlösung.
Vollelektrolytlösungen haben einen physiologischen pH-Wert und weisen eine dem Blutplasma ähnliche Osmolarität sowie Elektrolytkonzentration auf (bis auf den erhöhten Anteil an Cl-). Balancierte Vollelektrolytlösungen enthalten weniger Cl- und dafür Anionen (Lactat, Malat oder Acetat), welche zu Bicarbonat verstoffwechselt werden und so den Säure-Base-Haushalt ausgleichen!
Zugänge
- Generelles Prinzip: Hohe Flussrate wird v.a. erreicht durch
- Großen Lumenradius
- Kurze Katheterlänge
Die Flussrate eines Katheters unterliegt dem Hagen-Poiseuille-Gesetz: Ein halb so großes Katheterlumen führt deshalb zu einem 16-fach geringeren Durchfluss und ein halb so langer Katheter verdoppelt den Durchfluss!
Peripherer Venenverweilkatheter (PVK)
- Definition: In einer peripheren Vene befindlicher Katheter zur Applikation von Medikamenten und/oder Infusionen bzw. zur einmaligen periphervenösen Blutentnahme bei der Anlage
- Indikationen
- Geringer Volumenmangel: Einzelner Venenverweilkatheter mit moderater Durchflussrate, bspw. rosa (20 G) oder grün (18 G)
- Kritischer Volumenmangel bis Volumenmangelschock: Mehrere Venenverweilkatheter mit hoher Durchflussrate, mind. grün (18 G)
- Für Details zu Durchflussraten siehe: Farbcodierung der Venenverweilkanülen
- Anlage: Siehe Anlage eines peripheren Venenverweilkatheters
Zentraler Venenkatheter (ZVK)
- Definition: In einer zentralen Vene befindlicher Katheter zur Applikation von Medikamenten und/oder Infusionen bzw. zur wiederholten zentralvenösen Blutentnahme
- Indikationen
- Geringer Volumenmangel: Alternative zum PVK bei schlechten Venenverhältnissen
- Langzeitinfusionen (>3 Tage)
- Hypertone Infusionslösungen
- Infusionen mit gefäßwandreizenden Arzneimitteln (bspw. Zytostatika)
- Länger andauernde parenterale Ernährung
- Messung des zentralen Venendrucks (ZVD)
- Anlage
- Perkutane Punktion der V. jugularis interna oder V. subclavia
- Einführen des Katheters in die klappenlose V. cava superior
- Platzieren der Spitze des Katheters vor rechtem Vorhof
- Lagekontrolle des ZVK über EKG-Ableitung: Veränderung der P-Welle
- Siehe auch: Anlage eines zentralen Venenkatheters
Shaldon-Katheter und High-Flow-Katheter
- Definition: Großlumiger Doppellumenkatheter zur Applikation größerer Infusionsmengen oder zur Dialyse
- Indikationen
- Kritischer Volumenmangel bis Volumenmangelschock
- Dialyse
- Anlage: Punktionsort und Anlagetechnik analog zum kleinlumigen ZVK
Intraossärer Zugang
- Definition: In der Markhöhle eines Knochens befindlicher Zugang zur dringlichen Applikation von Medikamenten und/oder Infusionen (als temporäre Alternative zu venösen Gefäßzugängen im Notfall)
- Indikationen: Kritischer Volumenmangel bis Volumenmangelschock in der Notfallmedizin
- Anlage: Siehe Anlage eines intraossären Zugangs
Vollimplantierbarer Venenkatheter (Port-System)
- Definition: Subkutan implantiertes Kathetersystem mit einer von außen über die Haut punktierbaren Kammer als längerfristiger Gefäßzugang, bspw. zur parenteralen Ernährung, Chemotherapie oder Schmerztherapie
- Indikationen: Notwendigkeit des längerfristigen Gefäßzuganges, bspw. zur
- Anlage
- Erfolgt in Allgemeinanästhesie oder Lokalanästhesie
- Einführen des Katheters in das zu infundierende Gefäß (V. jugularis interna, V. subclavia)
- Kammer wird anschließend subkutan an den Thorax gelegt (bevorzugt über der Pektoralisfaszie)
Arterieller Katheter
- Definition: In einer peripheren Arterie befindlicher Katheter zur (kontinuierlichen) invasiven Blutdruckmessung und/oder zur wiederholten Durchführung einer arteriellen BGA
- Indikationen
- Invasive Blutdruckmessung
- Wiederholte Durchführung einer arteriellen BGA (siehe: Indikationen für eine arterielle Blutentnahme)
- Pulskonturanalyse (erweitertes hämodynamisches Monitoring)
- Intraarterielle Infusion von Medikamenten
- Anlage
- Punktion einer Arterie während Allgemeinanästhesie oder mit Lokalanästhesie
- Einführen des Katheters, bspw. in Seldinger-Technik
- Fixieren des Katheters
- Siehe auch: Anlage eines arteriellen Katheters
Volumenersatztherapie
Diagnostik des Volumenmangels [17]
- Anamnese
- Auslösende Faktoren
- Medikamentenanamnese
- Subjektive Symptome einer Dehydratation
- Körperliche Untersuchung
- Vitalparameter: Hypotension, Tachykardie
- Hautturgor
- Inspektion der Zungenschleimhaut
- Füllung der Halsvenen sowie der Venen am Handrücken prüfen
- Rekapillarisierungszeit
- Auskultation der Lunge, Perkussion des Thorax
- Palpation und Perkussion des Abdomens
- Inspektion der unteren Extremität
- Siehe auch: Klinik der Dehydratation
- Volumenreagibilität überprüfen
- Lagerungsmanöver zur Autotransfusion (bevorzugt)
- Oder Volumengabe als Bolus (alternativ)
- Reaktion prüfen: Durch Messung des Blutdrucks, oder Messung von dynamischen Vorlastparametern oder Herzschlagvolumen
- Laborchemische Analyse
- Lactat, Base Excess (BE)
- Hämatokrit
- Lactat-Clearance
- Zentralvenöse Sauerstoffsättigung
- Harnstoff-Kreatinin-Verhältnis: Abschätzung des Volumenverlusts
- Natrium: Insb. wichtig bei schwerer Dehydratation
- Ggf. erweiterte Diagnostik
Bei der Diagnostik eines Volumenmangels ist eine orientierende körperliche Untersuchung obligat zur Abklärung wichtiger Differentialdiagnosen, insb. Sepsis, Blutung und Dehydratation [17]!
Therapie des Volumenmangels [17][18]
- Auswahl der geeigneten Infusion
- Primärer Volumenersatz mit balancierten Vollelektrolytlösungen
- Isotone Kochsalzlösung nicht empfohlen
- Bei Gabe kolloidaler Infusionslösungen: Patienteneigene Risikofaktoren berücksichtigen
- Überwachung des Therapieerfolgs
- Klinische Beurteilung
- Hämodynamisches Monitoring
- Laboruntersuchungen
- Zusätzliche Aspekte bei periinterventioneller Volumentherapie
- Vorbestehenden Volumenmangel möglichst präinterventionell behandeln
- Bei akuter Hypovolämie können kolloidale Infusionslösungen erwogen werden (6% HES, Gelatine oder Humanalbumin)
- Zusätzliche Aspekte bei intensivmedizinischer Volumentherapie
- Keine Gabe HES-haltiger Arzneimittel bei kritisch Kranken empfohlen [5]
- Bei akuter Hypovolämie und Therapieversagen kristalloider Infusionslösungen: Gelatine und Humanalbumin erwägen
- Bei schwerem Schädelhirntrauma: Keine hyperosmolaren Lösungen verwenden
- Bei SAB und zerebralem Vasospasmus: Wiederholte Gabe von kolloidalen Infusionslösungen erwägen
Hämodynamisches Monitoring
Basisparameter zur Kontrolle der Volumentherapie
- Herzfrequenz: Kontinuierliches EKG-Monitoring
- Blutdruck: Nichtinvasive Blutdruckmessung
- Sauerstoffsättigung (spO2): Pulsoxymetrie
- Urinausscheidung: Bilanzierung der Ein- und Ausfuhr von Volumen
- Zentraler Venendruck (ZVD): Bei vorhandenem ZVK
Der zentrale Venendruck (ZVD) soll nicht als primärer Parameter zur Diagnose eines Volumenmangels und Steuerung einer Volumentherapie eingesetzt werden. (DGIM - Klug entscheiden in der internistischen Intensivmedizin)
Erweitertes hämodynamisches Monitoring
- Allgemeine Indikationen
- Hämodynamische Instabilität mit Notwendigkeit einer Katecholamintherapie
- Kritisch Kranke, bspw.
- Respiratorische Insuffizienz und maschinelle Beatmung notwendig
- Drohendes Organversagen
- Längerfristig bestehender Bedarf von großen Infusionsmengen
- Anwendungsprinzipien
- Basismonitoring ausschöpfen
- Invasivität beachten
- Interpretationsprinzipien
- Zusammenschau der Parameter und der Klinik
- Keine Entscheidung nach Einzelparametern
Alle Formen des erweiterten hämodynamischen Monitorings sind nur in der Zusammenschau mit dem klinischen Gesamtbild interpretierbar - universelle Handlungsempfehlungen lassen sich nicht ableiten!
Konventionelle intensivmedizinische Methoden
- Invasive arterielle Blutdruckmessung (Standardverfahren): Fortlaufende Registrierung des Blutdrucks über einen arteriell eingelegten Katheter (i.d.R. Arteria radialis)
- Indikation: Entsprechend den allgemeinen Indikationen übliche und am weitesten verbreitete invasive Methode mit geringer Komplikationsrate
- Interpretation: Volumen- bzw. Katecholamintherapie kann bspw. nach der Höhe des mittleren arteriellen Druckes (MAP) gesteuert werden
- Anheben der Beine (Passive Leg Raising Test): Sehr einfache und aussagekräftige Methode zur Abschätzung des Volumenbedarfs
- Indikation: Jede Fragestellung nach einem erhöhten Volumenbedarf
- Kontraindikation: Rechtsherzversagen
- Interpretation: Nach Anheben der Beine Anstieg des mittleren arteriellen Blutdrucks (MAP) >10% zum Ausgangswert →Volumenbedarf
- Echokardiographie: Beurteilung der kardialen Leistungsfähigkeit und zahlreichen Kreislaufparametern, Nachteil: Spezielle Qualifikation erforderlich
- Indikation
- Bei allen hämodynamisch instabilen Patient:innen auf Intensivstation: Transthorakale Echokardiographie (TTE)
- Bei speziellen Fragestellungen (intrakardiale Thromben und Raumforderungen, Endokarditis): Zusätzlich transösophageale Echokardiographie (TEE)
- Interpretation
- Systolische und diastolische Pumpfunktion beider Ventrikel
- Enddiastolisches Volumen des linken Ventrikels (als Maß der Vorlast)
- Erfassung von Herzklappenvitien und Erkrankungen des Perikards mit Einfluss auf die Herzleistung
- Abschätzung des pulmonalarteriellen Drucks
- Regionale Wandbewegungsstörungen (bspw. bei Myokardinfarkt und kardiogenem Schock)
- Indikation
- Venöse Oxymetrie: Indirekte Parameter zur Beurteilung des Herzminutenvolumens
- Indikation: Jeder hämodynamisch instabile Patient auf Intensivstation in regelmäßigen zeitlichen Abständen
- Formen
- Venöse Sauerstoffsättigung (SvO2): Blutgasanalyse aus periphervenösem Blut (SvO2)
- Zentralvenöse Sauerstoffsättigung (ScvO2, Standardverfahren): Blutgasanalyse nach Blutentnahme aus der V. cava superior über einen zentralen Venenkatheter
- Gemischtvenöse Sauerstoffsättigung (SgvO2): Blutgasanalyse nach Blutentnahme aus der Arteria pulmonalis
- Interpretation: ScvO2 <70% (bzw. SgvO2<65%) sind Zeichen für eine verminderte kardiale Auswurfleistung (Herzinsuffizienz, kardiogener Schock), einen Mangel an Sauerstoffträgern (Anämie) oder einen septischen Schock mit Verteilungsstörung (Distributiver Schock)
- Lactat-Erhöhung: Ein erhöhtes Lactat kann auf einen Volumenmangel und Minderperfusion der Gewebe hindeuten, sodass eine Volumengabe bis zur Normalisierung von Lactat erfolgt - es bestehen jedoch Einschränkungen dieser Vorgehensweise
Zusätzliche apparative Methoden
- Rechtsherzkatheteruntersuchung (Pulmonaliskatheter): Einführen eines speziellen Rechtsherzkatheters (bspw. Swan-Ganz-Katheter) über eine periphere Vene und Vorschub der Katheterspitze in den rechten Vorhof bzw. bestimmte Messpositionen
- Messparameter
- Direkte Messung der Druckverhältnisse im rechten Herzen und der Lungenstrombahn
- Herzzeitvolumen (durch Nutzung einer pulmonalarteriellen Thermodilution )
- Gemischtvenöse Sauerstoffsättigung (SgvO2)
- Indirekte Messung des enddiastolischen Druckes im linken Vorhof (PCWP)
- Indikationen
- Kardiogener Schock und Rechtsherzversagen
- Pulmonale Hypertonie
- Nachteil: Hohe Invasivität mit Komplikationsmöglichkeiten (Herzrhythmusstörungen, Herzklappenverletzungen)
- Messparameter
- Pulskonturanalyse: Methode zur Bestimmung des Herzzeitvolumens durch mathematische Analyse der Pulskurve einer invasiven arteriellen Blutdruckmessung
- ± Transpulmonale Thermodilution (bspw. PICCO®-System)
- Prinzip
- Verabreichung eines Bolus von 5–10 mL gekühlter Kochsalzlösung (4–10 °C) durch einen ZVK in das rechte Herz
- Nach Durchtritt dieses Bolus: Messung der Temperaturdifferenz mit einem zur Temperaturmessung geeigneten arteriellen Katheter
- Mathematische Berechnung von Parametern, u.a. Herzzeitvolumen und kardiale Vorlast
- Systeme: Bei Verfahren mit zusätzlicher Thermodilutionsanalyse ist ein spezieller arterieller Katheter notwendig, dieser kann
- Kombination aus Pulskonturanalyse + Kalibrierung durch transpulmonale Thermodilution: Bspw. PICCO®
- Unkalibrierte Pulskonturanalyse: Bspw. FloTrac® und Vigileo®
- Prinzip
- Parameter des Kreislaufmonitorings mit Pulskonturanalyse: Berechnung der Parameter durch Analyse der arteriellen Pulsdruckkurve und der Thermodilutionskurve (am Beispiel des PICCO®-Systems)
- Herzzeitvolumen: Herzindex (HI), Schlagvolumenindex (SVI)
- Kardiale Vorlast: Globaler enddiastolischer Volumenindex (GEDI)
- Volumenreagibilität
- Schlagvolumenvariation (SVV, stroke volume variation)
- Pulsdruckvariation (PPV, pulse pressure variation)
- Kardiale Nachlast: Systemischer vaskulärer Widerstandsindex (SVRI)
- Pumpfunktion des Myokards: Globale Auswurffraktion (GEF), Kardialer Funktionsindex (CFI), Cardiac Power Index (CPI), Linksventrikuläre Kontraktilität (dPmx)
- Beurteilung eines Lungenödems : Extravaskulärer Lungenwasserindex (ELWI), Extravaskuläres Lungenwasser (EVLW), Pulmonalvaskulärer Permeabilitätsindex (PVPI)
- ± Transpulmonale Thermodilution (bspw. PICCO®-System)
Gegenüberstellung hämodynamischer Monitoring-Verfahren | ||
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Pulmonaliskatheter | Pulskonturanalyse und transpulmonale Thermodilution | |
Herzzeitvolumen |
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Vorlast |
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Nachlast |
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Volumenreagibilität |
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Oxymetrie |
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Pro & Contra |
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Keine Einzelmethode des erweiterten hämodynamischen Monitorings ist perfekt. Über Art und Ausmaß des anzuwendenden Monitorings muss im Einzelfall unter Berücksichtigung der therapeutischen Bedürfnisse und der Patienteneigenschaften entschieden werden.
Studientelegramme zum Thema
- Studientelegramm 31-2018-2/3: Big RELIEF – Liberale perioperative Flüssigkeitsgabe ist nicht schädlich
- Studientelegramm 18-2018-2/3: Kochsalz- oder balancierte Kristalloide?
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