- Arzt
Eradikation von Helicobacter pylori - klinische Anwendung
Abstract
Helicobacter pylori ist ein gramnegatives Stäbchen, das u.a. an der Pathogenese der gastroduodenalen Ulkuskrankheit, des Magenkarzinoms und weiterer Erkrankungen des Magens beteiligt ist. Daher ist es wichtig zu wissen, in welchen Fällen und mittels welcher Therapieschemata eine Infektion therapiert werden sollte. Zur Eradikation von Helicobacter pylori wird klassischerweise ein Protonenpumpeninhibitor in Kombination mit mehreren (meistens zwei) Antibiotika gegeben. Der Einsatz mehrerer Antibiotika erfolgt ähnlich wie bei der Behandlung der Tuberkulose, um der übermäßigen Resistenzentwicklung bei Monotherapien vorzubeugen und die Wirksamkeit zu verbessern. Neben Kombinationstherapien mit gleichzeitiger Gabe aller Wirkstoffe bestehen auch sequentielle Therapieschemata mit nachfolgender Gabe der Antibiotika. Für den Fall eines Therapieversagens sind alternative Vorgehensweisen etabliert.
Indikation
- Obligate Indikationen
- Gastroduodenale Ulkuskrankheit
- MALT-Lymphom: In Stadium I durch alleinige HP-Eradikation heilbar (80% Erfolgsquote), in Stadium II Teil des Therapiekonzepts
- Diffuses großzelliges B-Zell-Lymphom des Magens (DLBCL): In den Stadien I bis II, wenn kein Ansprechen auf die Eradikation feststellbar Einleitung einer Chemotherapie
- Fakultative Indikationen
- Grundsätzliches Vorgehen
- Individuelle Risiko-Nutzen-Abwägung und Beratung des Patienten
- Orientierungshilfen für die Entscheidung können sein:
- Eher großzügige Indikationsstellung bei:
- Karzinompräventiven Indikationen
- Korpusdominante HP-Gastritis bzw. Pangastritis im histologischen Befund
- Patienten, in deren erstgradiger Verwandtschaft ein Magenkarzinom vorliegt
- Magenkarzinom in der Anamnese bzw. aktueller Nachweis von Adenomen und hyperplastischen Polypen
- Atrophie und intestinaler Metaplasie der Magenschleimhaut
- Riesenfaltengastritis
- Operiertem Magen nach Billroth-II
- NSAR-Dauermedikation (z.B. bei Z.n. Myokardinfarkt, Schlaganfall, rheumatologischen Erkrankungen)
- SSRI-Komedikation (höheres Blutungsrisiko)
- Antikoagulation im therapeutischen Bereich (z.B. bei Lungenembolie, Vorhofflimmern)
- Lymphozytäre Gastritis
- Histologischer Nachweis einer hochgradigen Entzündungsaktivität
- Gastrale Metaplasie des Duodenums
- Extraintestinalen Krankheitsbildern
- Idiopathische thrombozytopenische Purpura (ITP)
- Chronische Urtikaria
- Karzinompräventiven Indikationen
- Eher zurückhaltende Indikationsstellung bei:
- Asymptomatischer Typ-B-Gastritis, insb. wenn keine zusätzlichen schleimhautschädlichen Faktoren wie NSAR, Nikotin und Alkohol vorliegen
- Dyspeptischem Symptomkomplex (Non-ulcer-dyspepsia)
- Ungeklärter Eisenmangelanämie
- Gastroösophagealer Refluxkrankheit
- Grundsätzliches Vorgehen
Therapieschemata und praktische Hinweise
Auswahl der Therapie
- Eradikationsraten: Die in Deutschland empfohlenen Therapieschemata weisen Eradikationsraten von >80% auf
- Beachtung der Resistenzsituation (Stand 2012, Angaben aus der DGVS-Leitlinie 2016) [1]
- Clarithromycin-Resistenzen in Deutschland bei ca. 11%
- Metronidazol-Resistenzen in Deutschland bei ca. 30–40%
- Für Amoxicillin sind praktisch keine Resistenzen beschrieben
- Standard-Erstlinientherapie: In Deutschland sind die bewährten Standardschemata (französische oder italienische Triple-Therapie) weiterhin zu empfehlen
- Bismut-Quadrupeltherapie als Alternative: Bei allen Patienten kann als gleichwertige Alternative in der Erstbehandlung die Bismut-haltige Quadrupeltherapie eingesetzt werden
- Bismut-haltige Quadrupeltherapie insbesondere vorzuziehen bei:
-
Clarithromycin-Resistenzen: In Regionen mit einer Resistenzrate von >20% für Clarithromycin (Schlüsselantibiotikum) ist primär eine Bismut-haltige Quadrupeltherapie anzuwenden
- Alternativ kann die „konkomittierende Vierfachtherapie“ zum Einsatz kommen
- Versagen der französischen oder italienischen Triple-Therapie
-
Clarithromycin-Resistenzen: In Regionen mit einer Resistenzrate von >20% für Clarithromycin (Schlüsselantibiotikum) ist primär eine Bismut-haltige Quadrupeltherapie anzuwenden
- Bismut-haltige Quadrupeltherapie insbesondere vorzuziehen bei:
- Zweitlinientherapie: Fluorchinolon-Tripeltherapie (s. Prüfung des Therapieerfolgs und Vorgehen bei Therapieversagen)
Erstlinientherapien zur Helicobacter-pylori-Eradikation (nach Leitlinie der DGVS 2016)[1][2] | ||
---|---|---|
Name | Medikamente | Dauer |
Französische Tripeltherapie |
| 7–14 Tage |
Italienische Tripeltherapie |
| |
Bismut-Quadrupeltherapie |
| 10 Tage |
Vierfachtherapie („Konkomittierende Vierfachtherapie“) |
| 7 Tage |
* Äquivalenzdosierungen der PPI | ||
Omeprazol 20 mg, Pantoprazol 40 mg, Lansoprazol 30 mg, Esomeprazol 20 mg, Rabeprazol 20 mg |
Praktische Hinweise zur Therapie
- Rauchkarenz während Eradikation: Rauchen verschlechtert die Eradikationsraten und sollte daher möglichst unterlassen werden
- Ausmaß der Säurehemmung: Eine zu niedrig dosierte PPI-Therapie kann den Eradikationserfolg einschränken. Die Äquivalenzdosierungen der PPI sind zu beachten
- Einnahme vor oder nach dem Essen: Individuell zu entscheiden
- Parenterale Therapie meiden: Grundsätzlich sollte die Eradikationstherapie p.o. erfolgen
- Ausnahmen: Patienten mit Resorptionsstörungen (z.B. Kurzdarm, M. Crohn), mit Stenosen im oberen Gastrointestinaltrakt, Patienten auf Intensivstation
- Mögliche parenterale Eradikationstherapien (über 7 Tage)
- Pantoprazol 40 mg i.v. 1-0-1 + Ampicillin 1000 mg i.v. 1-1-1 + Metronidazol 500 mg i.v. 1-1-1
- Pantoprazol 40 mg i.v. 1-0-1 + Clarithromycin 500 mg i.v. 1-0-1 + Metronidazol 500 mg i.v. 1-1-1
Prüfung des Therapieerfolgs und Vorgehen bei Therapieversagen
- Prüfung des Therapieerfolges: 4–6 Wochen nach einer Eradikation wird der Therapieerfolg geprüft, PPI sollten 2 Wochen vor der Prüfung abgesetzt worden sein
- Bei Patienten, die ohnehin eine Kontrollendoskopie benötigen (jedes Ulcus ventriculi, komplizierte Ulcera duodeni, MALT-Lymphom): Erneute Biopsien mit Histologie und Urease-Schnelltest
- Bei Patienten ohne Indikation zur Kontrollendoskopie: Nichtinvasive Methoden wie der 13C-Atemtest oder der Stuhlantigentest
- Ursachen eines Therapieversagens
- Häufig: Compliance-Probleme
- Seltener: Resistenzen (i.d.R. erst nach einer oder insb. mehreren vorausgegangenen Eradikationsversuchen)
- Praktisches Vorgehen bei Therapieversagen: Bei Persistenz von Helicobacter pylori muss auf ein alternatives Therapieverfahren umgeschwenkt werden. Dafür sollte man natürlich wissen, welche Therapie vorausgegangen und fehlgeschlagen ist.
- Bei Versagen einer Standard-Tripeltherapie: Anwendung der Bismut-Quadrupeltherapie
- Bei Versagen der Bismut-Quadrupeltherapie: Anwendung einer Fluorchinolon-haltigen Tripeltherapie
- Bei zweimaligem Therapieversagen: Resistenztestung und Verordnung einer alternativen Therapie nach Resistogramm
- HP-Resistenztestung: Kulturelle Anzucht des Erregers in speziellem Nährmedium, es bestehen spezielle Anforderungen an Lagerung (2–8°C), Transport (binnen 24 h) und Probengewinnung
- Nützliche Hinweise bei problematischer Eradikation
- Resistenzspektrum beachten: Kein wiederholter Einsatz von Clarithromycin und Metronidazol
- Therapiedauer: I.d.R. sind 10 Tage vorzuziehen
- Nebenwirkungen als mögliche Ursache für Compliance-Probleme erfragen
- Höhere PPI-Dosierung probieren: Manche Patienten profitieren erst in höheren Dosierungen von den PPI (z.B. Omeprazol 40 mg 1-0-1).
- Kein willkürlicher Ersatz von Wirkstoffen: Antibiotika sollten nicht durch ähnliche Wirkstoffe aus der gleichen Gruppe ersetzt werden
- Alternative Therapieschemata sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst
HP-Eradikation - Alternative Therapieschemata bei Therapieversagen | ||
---|---|---|
Zweitlinientherapie nach Versagen der franz. oder ital. Tripeltherapie | Therapiedauer | |
Bismut-Quadrupeltherapie |
| 10 Tage |
Zweitlinientherapie nach Versagen der Bismut-Quadrupeltherapie | ||
Fluorchinolon-Tripeltherapie |
| 10 Tage |
Penicillinfreie Fluorchinolon-Tripeltherapie |
| 10 Tage |
Weitere alternative Therapieschemata | ||
Sequenztherapie |
| 10 Tage |
Duale Hochdosistherapie |
| 14 Tage |
* Äquivalenzdosierungen der PPI | ||
Omeprazol 20 mg, Pantoprazol 40 mg, Lansoprazol 30 mg, Esomeprazol 20 mg, Rabeprazol 20 mg |