Abstract
Diese SOP behandelt primär die endotracheale Intubation bei Erwachsenen.
- Für die praktische Durchführung der Rapid Sequence Induction siehe: Rapid Sequence Induction - AMBOSS-SOP
- Für die praktische Durchführung der fiberoptischen Wachintubation siehe: Fiberoptische Wachintubation - AMBOSS-SOP
Material und Medikamente
Basismaterial
- Laryngoskop bzw. Videolaryngoskop
- Macintosh-Spatel in verschiedenen Größen (Größen 3 und 4 als Standard für Erwachsene)
- Optional weitere Spatel (bspw. Miller-Spatel, McCoy-Spatel)
- Endotrachealtuben
- Orale Intubation: Murphy-Tuben in verschiedenen Größen (Innendurchmesser ♀ 7,5 mm und ♂ 8,0 mm als Standard für Erwachsene)
- Nasale Intubation: Woodbridge-Tuben in verschiedenen Größen (Innendurchmesser ♀ 6,0 mm und ♂ 6,5 mm als Standard für Erwachsene)
- Optional weitere Endotrachealtuben nach Indikation (bspw. Doppellumentubus)
- Absaugung
- Zusätzlich bei nasaler Intubation
- Magill-Zange
- Absaugkatheter als Führungsschiene
Material für das Management von Atemwegskomplikationen
- Hilfsmittel zum Freihalten der oberen Atemwege
- Supraglottische Atemwegshilfen
- Flexibles Endoskop (Bronchoskop)
- Alternativ: Starres Endoskop (bspw. Intubationsendoskop nach Bonfils®)
- Material für eine Koniotomie im Notfall
- Siehe auch: Koniotomie - AMBOSS-SOP
Bei erwartet schwierigem Atemweg und erforderlicher Vollnarkose soll nach Möglichkeit eine fiberoptische Wachintubation durchgeführt werden!
Basismedikamente (Auswahl nach Situation und Klinikstandard)
Narkoseeinleitung und -aufrechterhaltung
- Analgetikum
- Hypnotikum
- Muskelrelaxans
- Nicht-depolarisierend
- Depolarisierend: Succinylcholin
- Zusätzlich bei nasaler Intubation
- Xylometazolin-Nasentropfen 0,1%
- (Lokalanästhesierendes) Gleitgel
- Optional bei Verzicht auf Muskelrelaxierung
Medikamente für die erweiterte Therapie und den Notfall
- Medikamente zur Kreislaufunterstützung: Theodrenalin/Cafedrin (Akrinor®) bzw. Noradrenalin
- Medikamente zur Antagonisierung der Muskelrelaxans-Wirkung
- Weitere Medikamente: In Abhängigkeit vom Risikoprofil, bspw. bei
- Multiplen Allergien (siehe auch: Perioperative Prophylaxe mit Antihistaminika)
- MH-Disposition (siehe auch: Anästhesiologisches Management: Patient mit MH-Disposition)
Vorbereitung
Material und Geräte
- Laryngoskop bzw. Videolaryngoskop: Lichtquelle bzw. Bildschirm testen
- Endotrachealtubus: Dichtigkeitsprüfung des Cuffs
- Absaugung: Funktionsprüfung
- Beatmungsgerät
- Gerätecheck nach MPBetreibV bzw. Kurzcheck des Narkosegerätes nach Empfehlung DGAI
- Voreinstellung der Beatmungsparameter überprüfen
Patient
- Basismonitoring anschließen
- Gefäßzugänge legen
- Peripherer Venenkatheter (alternativ intraossärer Zugang)
- Siehe auch: Anlage eines peripheren Venenverweilkatheters
- Siehe auch: Intraossäre Punktion
- Indikation für weitere Gefäßzugänge prüfen (bspw. arterieller oder zentralvenöser Katheter)
- Siehe auch: Arterieller Katheter - Klinische Anwendung
- Siehe auch: Zentraler Venenkatheter - Klinische Anwendung
- Peripherer Venenkatheter (alternativ intraossärer Zugang)
- Lagerung
- Oberkörperhochlagerung zur Präoxygenierung erwägen
- Schnüffelposition (verbesserte Jackson-Position) zur Intubation
- Identifikation des geeigneten Nasenlochs (nur bei nasaler Intubation erforderlich)
Ablauf/Durchführung
Sicherheitscheck
- Patientenidentität und Eingriff korrekt?
- Chirurgische und anästhesiologische Aufklärung vorhanden?
- Nüchternheit gegeben und Allergiestatus geklärt?
- Grad der Mundöffnung und Kopfreklination?
- Mallampati-Klassifikation und Zahnstatus?
- Laborwerte und Blutprodukte erforderlich bzw. vorhanden?
Topische nasale Vasokonstriktion
- Nur bei nasaler Intubation erforderlich
- Xylometazolin-Nasentropfen
Präoxygenierung
- Beatmungsmaske möglichst dicht anlegen (Kontrolle über Kapnographie)
- FiO2 = 1,0 mit einem Fluss von >10 L/min
- Spontanatmung über 3–5 min bzw. bis zum Erreichen einer FeO2 >0,9
- Anwendung einer milden NIV erwägen (bspw. PEEP von 5 cmH2O, Druckunterstützung mit 8 cmH2O)
Narkoseeinleitung
- Ziel: Erreichen des Toleranzstadiums, Optimieren der Intubationsbedingungen
- Sequentielle Gabe Analgetikum → Hypnotikum → Muskelrelaxans
- Bei aktueller bzw. ehemaliger Opioidabhängigkeit ggf. Hypnotikum → Analgetikum → Muskelrelaxans
- Gabe eines Analgetikums (i.d.R. Opioid), bspw.
- Fentanyl
- Sufentanil
- Alfentanil
- Remifentanil (typischerweise kontinuierliche Gabe via Spritzenpumpe)
- Gabe eines Hypnotikums bei einsetzender Opioid-Wirkung, bspw.
- Gabe eines Muskelrelaxans nach Erlöschen des Lidreflexes, bspw.
- Rocuronium
- Atracurium
- Cis-Atracurium
- Mivacurium
- Succinylcholin (bis auf wenige Ausnahmen für elektive Eingriffe kontraindiziert)
Sonderfälle (individuelle Indikationsstellung)
- Verwendung von Ketamin bzw. Esketamin
- Bspw. bei hämodynamisch instabilen Patienten
- Sequentielle Gabe Midazolam → Ketamin bzw. Esketamin → Muskelrelaxans, bspw.
- Midazolam
- Ketamin bzw. Esketamin
- Muskelrelaxans nach Erlöschen des Lidreflexes (Medikamente und Dosierungen analog zum Standardvorgehen)
- Inhalative Narkoseeinleitung
- Häufig in der Kinderanästhesie durchgeführt
- Anwendung auch beim Erwachsenen möglich
- Vorteil: Langer Erhalt der Spontanatmung
- Inhalationsanästhetikum der Wahl: Sevofluran (Kombination mit Lachgas möglich)
- Maskenbeatmung und Anlage eines Infusionszugangs nach inhalativer Narkoseeinleitung
- Zur Intubation typischerweise zusätzliche Gabe eines i.v. Hypnotikums und Muskelrelaxans
- Verzicht auf Muskelrelaxierung
- Mögliche Indikationen: Hereditäre Myopathie oder Allergie gegen Muskelrelaxantien
- Bei adäquater Narkosetiefe häufig ähnlich gute Intubationsbedingungen
- Optional: Verwendung von Adjuvanzien zur potentiellen Verbesserung der Intubationsbedingungen, bspw.
Maskenbeatmung und Intubation
- Maskenbeatmung
- Ziel: Sicherstellung der Oxygenierung bis zur definitiven Atemwegssicherung
- Durchführung: Siehe Maskenbeatmung - Praktische Anwendung
- Orale Intubation
- Vollständige Muskelrelaxierung abwarten (Kontrolle über Relaxometrie)
- Einstellen der Stimmbandebene mittels direkter oder indirekter Laryngoskopie
- Vorsichtige Passage der Stimmbänder mit Endotrachealtubus
- Cuff sollte ca. 2–3 cm unterhalb der Stimmbandebene liegen
- Korrekte Einführtiefe bei vielen Endotrachealtuben über Strichmarkierung angegeben
- Cuff blocken (25–30 cmH2O)
- Lagekontrolle (bspw. durch Kapnometrie, Auskultation der Lunge)
- Siehe auch: Intubationszeichen
- Falls erforderlich: Lagekorrektur
- Ösophageale Fehllage: Korrektur über erneuten Intubationsversuch
- Bronchiale Fehllage: Korrektur über vorsichtigen Rückzug des Endotrachealtubus (Cuff vorher entblocken)
- Tubusfixierung (Klinikstandard beachten)
- Dokumentation (bspw. Laryngoskopie- und Auskultationsbefund, Zahnstatus nach Intubation)
- Nasale Intubation
- Optional Nasenloch mit Wendl-Tubus vorsondieren (Gleitgel verwenden)
- Absaugkatheter in Endotrachealtubus einführen
- Einstellen der Stimmbandebene mittels direkter oder indirekter Laryngoskopie
- Endotrachealtubus in ein Nasenloch einführen (Gleitgel verwenden)
- Sanfter Vorschub bis in den Oropharynx (ggf. Absaugkatheter als Führungsschiene verwenden)
- Endotracheale Intubation häufig durch weiteres Vorschieben erfolgreich
- Alternativ: Absaugkatheter bzw. Endotrachealtubus mit Magill-Zange dirigieren (Beschädigung des Cuffs dabei vermeiden!)
- Vorsichtige Passage der Stimmbänder mit Endotrachealtubus (ggf. Absaugkatheter als Führungsschiene verwenden)
- Cuff sollte ca. 2–3 cm unterhalb der Stimmbandebene liegen
- Korrekte Einführtiefe bei vielen Endotrachealtuben über Strichmarkierung angegeben
- Zur Prävention einer intraoperativen Dislokation Endotrachealtubus ggf. 1–2 cm tiefer einführen
- Cuff blocken (25–30 cmH2O)
- Lagekontrolle (bspw. durch Kapnometrie, Auskultation)
- Siehe auch: Intubationszeichen
- Falls erforderlich: Lagekorrektur
- Ösophageale Fehllage: Korrektur über erneuten Intubationsversuch
- Bronchiale Fehllage: Korrektur über vorsichtigen Rückzug des Endotrachealtubus
- Tubusfixierung (Klinikstandard beachten)
- Dokumentation (bspw. Laryngoskopie- und Auskultationsbefund, Zahnstatus nach Intubation)
Für alle genannten Medikamente sind die entsprechenden unerwünschten Arzneimittelwirkungen und Kontraindikationen zu beachten!
Komplikationen
Unerwartet schwieriger Atemweg
- Frühzeitig Hilfe holen (insb. bei schwieriger oder unmöglicher Maskenbeatmung)
- Max. zwei Intubationsversuche mit direkter Laryngoskopie
- Vorgehen nach Algorithmus zum unerwartet schwierigen Atemweg
- Bei Entscheidung zur Antagonisierung von Rocuronium: Sugammadex
Laryngospasmus bzw. Bronchospasmus
- Atemwegsmanipulation beenden und Narkose vertiefen
- Siehe auch: Laryngospasmus - Therapie
- Siehe auch: Bronchospasmus - Therapie
Blutung im Bereich der oberen Atemwege
- Beeinträchtigung der Sicht unter Laryngoskopie möglich
- In Abhängigkeit vom Ausmaß: Zügige Atemwegssicherung anstreben
- Aspiration von Blut vermeiden
- Einlage einer Tamponade nach erfolgreicher Atemwegssicherung erwägen
- Siehe auch: Allgemeine Sofortmaßnahmen bei Nasenbluten
Zahnschaden
- Aspiration von Zahnmaterial unbedingt verhindern
- Asservierung in speziellem Nährmedium erwägen (sog. Zahnrettungsbox)
- Zahnärztliches Konsil postoperativ
- Siehe auch: Fremdkörperaspiration - AMBOSS-SOP
Regurgitation von Mageninhalt und Aspiration
- Umgehendes Absaugen des Oropharynx
- Zügige Atemwegssicherung und endotracheales Absaugen
- Großzügige Indikation für die Aufnahme auf eine Überwachungsstation (IMC, ICU)
- Siehe auch: Aspiration - Therapie
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Extubation
- Vorgehen nach Algorithmus bei geplanter Extubation
- Extubationskriterien erfüllt?
- Vorliegen von Risikofaktoren für die schwierige Extubation?
- Personelle und materielle Bedingungen adäquat?
- Durchführung: Siehe Praktisches Vorgehen bei der Extubation
Etwa ein Drittel aller schwerwiegenden Atemwegskomplikationen treten im Rahmen der Extubation auf!